teachSam- Arbeitsbereiche:
Arbeitstechniken - Deutsch - Geschichte - Politik - Pädagogik - PsychologieMedien - Methodik und Didaktik - Projekte - So navigiert man auf teachSam - So sucht man auf teachSam - teachSam braucht Werbung


deu.jpg (1524 Byte)

 

Textauswahl

Die Vorrede - Erstausgabe 1781

Schiller zu den "Räubern" - Selbstzeugnisse

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Friedrich Schiller Biographie
Werke Dramatische Werke [ Die Räuber Didaktische und methodische Aspekte Überblick Gesamttext /Recherche/Leseversion) Entstehungsgeschichte des Dramas Stoffgeschichte Verschiedene Fassungen Schiller zu den "Räubern"  Komposition des Dramas Handlungsverlauf Figurenkonstellation Einzelne Figuren Weitere Aspekte der Analyse Sprachliche Form Rezeptionsgeschichte Textauswahl • Bausteine Links ins Internet ]Maria Stuart Lyrische Werke Sonstige Werke Bausteine Links ins Internet  Schreibformen Rhetorik Operatoren im Fach Deutsch
 

docx-Download - pdf-Download

(Mit dieser Vorrede ersetzte • Friedrich Schiller während der Vorarbeiten zur Drucklegung seines Dramas •"Die Räuber"  seine so genannte • "unterdrückte Vorrede". die dadurch von im   zurückgezogen wurde)

"Man nehme dieses Schauspiel für nichts anders als eine dramatische Geschichte, die die Vorteile der dramatischen Methode, die Seele gleichsam bei ihren geheimsten Operationen1 zu ertappen, benutzt, ohne sich übrigens in die Schranken eines Theaterstücks einzuzäunen, oder nach dem so zweifelhaften Gewinn bei theatralischer Verkörperung zu geizen. Man wird mir einräumen, daß es eine widersinnige Zumutung ist, binnen drei Stunden drei außerordentliche Menschen zu erschöpfen, deren Tätigkeit von vielleicht tausend Räderchen abhänget, so wie es in der Natur der Dinge unmöglich kann gegründet sein, daß sich drei außerordentliche Menschen auch dem durchdringendsten Geisterkenner2 innerhalb vierundzwanzig Stunden entblößen. Hier war Fülle ineinandergedrungener Realitäten vorhanden, die ich unmöglich in die allzu engen Palisaden3 des Aristoteles4 und Batteux5 einkeilen konnte.
Nun ist es aber nicht sowohl die Masse meines Schauspiels als vielmehr sein Inhalt, der es von der Bühne verbannet. Die Ökonomie6 desselben machte es notwendig, daß mancher Charakter auftreten mußte, der das feinere Gefühl der Tugend beleidigt und die Zärtlichkeit unserer Sitten empört. Jeder Menschenmaler ist in diese Notwendigkeit gesetzt, wenn er anders eine Kopie der wirklichen Welt und keine idealische Affektationen7, keine Kompendienmenschen8 will geliefert haben. Es ist einmal so die Mode in der Welt, daß die Guten durch die Bösen schattiert werden und die Tugend im Kontrast mit dem Laster das lebendigste Kolorit9 erhält. Wer sich den Zweck vorgezeichnet hat, das Laster zu stürzen und Religion, Moral und bürgerliche Gesetze an ihren Feinden zu rächen, ein solcher muß das Laster in seiner nackten Abscheulichkeit enthüllen und in seiner kolossalischen Größe10 vor das Auge der Menschheit stellen - er selbst muß augenblicklich seine nächtlichen Labyrinthe durchwandern, - er muß sich in Empfindungen hineinzuzwingen wissen, unter deren Widernatürlichkeit sich seine Seele sträubt.
Das Laster wird hier mitsamt seinem ganzen innern Räderwerk entfaltet. Es löst in Franzen all die verworrenen Schauer des Gewissens in ohnmächtige Abstraktionen auf, skelettisiert die richtende Empfindung und scherzt die ernsthafte Stimme der Religion hinweg. Wer es einmal so weit gebracht hat (ein Ruhm, den wir ihm nicht beneiden), seinen Verstand auf Unkosten seines Herzens zu verfeinern, dem ist das Heiligste nicht heilig mehr - dem ist die Menschheit, die Gottheit nichts - Beide Welten sind nichts in seinen Augen. Ich habe versucht, von einem Mißmenschen dieser Art ein treffendes lebendiges Konterfei11 hinzuwerfen, die vollständige Mechanik12 seines Lastersystems auseinanderzugliedern - und ihre Kraft an der Wahrheit zu prüfen. Man unterrichte sich demnach im Verfolg dieser Geschichte, wie weit ihrs gelungen hat - Ich denke, ich habe die Natur getroffen.
Nächst an diesem stehet ein anderer, der vielleicht nicht wenige meiner Leser in Verlegenheit setzen möchte. Ein Geist, den das äußerste Laster nur reizet um der Größe willen, die ihm anhänget, um der Kraft willen, die es erheischet, um der Gefahren willen, die es begleiten. Ein merkwürdiger, wichtiger Mensch, ausgestattet mit aller Kraft, nach der Richtung, die diese bekömmt, notwendig entweder ein Brutus13 oder ein Catilina14 zu werden. Unglückliche Konjunkturen15 entscheiden für das zweite, und erst am Ende einer ungeheuren Verirrung gelangt er zu dem ersten. Falsche Begriffe von Tätigkeit und Einfluß, Fülle von Kraft, die alle Gesetze übersprudelt, mußten sich natürlicherweise an bürgerlichen Verhältnissen zerschlagen, und zu diesen enthusiastischen Träumen von Größe und Wirksamkeit durfte sich nur eine Bitterkeit gegen die unidealische Welt gesellen, so war der seltsame Don Quixote16 fertig, den wir im Räuber Moor verabscheuen und lieben, bewundern und bedauern. Ich werde es hoffentlich nicht erst anmerken dörfen, daß ich dieses Gemälde so wenig nur allein Räubern vorhalte, als die Satire17 des Spaniers18 nur allein Ritter geißelt.
Auch ist itzo der große Geschmack, seinen Witz auf Kosten der Religion spielen zu lassen, daß man beinahe für kein Genie19 mehr passiert, wenn man nicht seinen gottlosen Satyr20 auf ihren heiligsten Wahrheiten sich herumtummeln läßt. Die edle Einfalt der Schrift muß sich in alltäglichen Assembleen21 von den sogenannten witzigen Köpfen mißhandeln und ins Lächerliche verzerren lassen; denn was ist so heilig und ernsthaft, das, wenn man es falsch verdreht, nicht belacht werden kann? - Ich kann hoffen, daß ich der Religion und der wahren Moral keine gemeine Rache verschafft habe, wenn ich diese mutwillige Schriftverächter in der Person meiner schändlichsten Räuber dem Abscheu der Welt überliefere.
Aber noch mehr. Diese unmoralische Charaktere, von denen vorhin gesprochen wurde, mußten von gewissen Seiten glänzen, ja oft von seiten des Geistes gewinnen, was sie von seiten des Herzens verlieren. Hierin habe ich nur die Natur gleichsam wörtlich abgeschrieben. Jedem, auch dem Lasterhaftesten, ist gewissermaßen der Stempel des göttlichen Ebenbilds aufgedrückt, und vielleicht hat der große Bösewicht keinen so weiten Weg zum großen Rechtschaffenen als der kleine; denn die Moralität hält gleichen Gang mit den Kräften, und je weiter die Fähigkeit, desto weiter und ungeheurer ihre Verirrung, desto imputabler22 ihre Verfälschung.
Klopstocks23 Adramelech24 weckt in uns eine Empfindung, worin Bewunderung in Abscheu schmilzt. Miltons25 Satan26 folgen wir mit schauderndem Erstaunen durch das unwegsame Chaos. Die Medea27 der alten Dramatiker28 bleibt bei all ihren Greueln noch ein großes, staunenswürdiges Weib, und Shakespeares29 Richard30 hat so gewiß am Leser einen Bewunderer, als er auch ihn hassen würde, wenn er ihm vor der Sonne stünde. Wenn es mir darum zu tun ist, ganze Menschen hinzustellen, so muß ich auch ihre Vollkommenheiten mitnehmen, die auch dem Bösesten nie ganz fehlen. Wenn ich vor dem Tiger gewarnt haben will, so darf ich seine schöne, blendende Fleckenhaut nicht übergehen, damit man nicht den Tiger beim Tiger vermisse. Auch ist ein Mensch, der ganz Bosheit ist, schlechterdings kein Gegenstand der Kunst und äußert eine zurückstoßende Kraft, statt daß er die Aufmerksamkeit der Leser fesseln sollte. Man würde umblättern, wenn er redet. Eine edle Seele erträgt so wenig anhaltende moralische Dissonanzen, als das Ohr das Gekritzel eines Messers auf Glas.
Aber eben darum will ich selbst mißraten haben, dieses mein Schauspiel auf der Bühne zu wagen. Es gehört beiderseits, beim Dichter und seinem Leser, schon ein gewisser Gehalt von Geisteskraft dazu; bei jenem, daß er das Laster nicht ziere, bei diesem, daß er sich nicht von einer schönen Seite bestechen lasse, auch den häßlichen Grund zu schätzen. Meinerseits entscheide ein Dritter - aber von meinen Lesern bin ich es nicht ganz versichert. Der Pöbel31, worunter ich keineswegs die Gassenkehrer allein will verstanden wissen, der Pöbel wurzelt (unter uns gesagt) weit um und gibt zum Unglück - den Ton an. Zu kurzsichtig, mein Ganzes auszureichen, zu kleingeistisch32, mein Großes zu begreifen, zu boshaft, mein Gutes wissen zu wollen, wird er, fürcht ich, fast meine Absicht vereiteln, wird vielleicht eine Apologie33 des Lasters, das ich stürze, darin zu finden meinen und seine eigene Einfalt den armen Dichter entgelten lassen, dem man gemeiniglich alles, nur nicht Gerechtigkeit widerfahren läßt.
Es ist das ewige Dacapo34 mit Abdera35 und Demokrit36, und unsre gute Hippokrate37 müßten ganze Plantagen Nieswurz erschöpfen, wenn sie dem Unwesen durch ein heilsames Dekokt38 abhelfen wollten. Noch so viele Freunde der Wahrheit mögen zusammenstehen, ihren Mitbürgern auf Kanzel und Schaubühne Schule zu halten, der Pöbel hört nie auf, Pöbel zu sein, und wenn Sonne und Mond sich wandeln und Himmel und Erde veralten wie ein Kleid. Vielleicht hätt ich, den Schwachherzigen zu frommen, der Natur minder getreu sein sollen; aber wenn jener Käfer, den wir alle kennen, auch den Mist aus den Perlen stört, wenn man Exempel hat, daß Feuer verbrannt und Wasser ersäuft habe, soll darum Perle - Feuer - und Wasser konfisziert werden?
Ich darf meiner Schrift zufolge ihrer merkwürdigen Katastrophe mit Recht einen Platz unter den moralischen Büchern versprechen; das Laster nimmt den Ausgang, der seiner würdig ist. Der Verirrte tritt wieder in das Geleise der Gesetze. Die Tugend geht siegend davon. Wer nur so billig gegen mich handelt, mich ganz zu lesen, mich verstehen zu wollen, von dem kann ich erwarten, daß er - nicht den Dichter bewundere, aber den rechtschaffenen Mann in mir hochschätze.
Geschrieben in der Ostermesse39. 1781.
Der Herausgeber.

[Schiller: Die Räuber. Schiller: Werke, S. 940-946 bzw. Schiller-SW Bd. 1, S. 484-488)

Wort- und Sacherklärungen:

1 Verrichtungen,Tätigkeiten
2 Personen mit Menschenkenntnis und Kenntnissen und Erfahrungen der Seelenkunde
3 Palisaden: eigentl. Pfähle, Pfahlzaun, Wand aus Palisaden als hohes Hindernis; hier gemeint: Einschränkungen dramatischer Gestaltung durch die
Die Lehre von den drei Einheiten u. ä. m.
4 »Aristoteles (griechisch Ἀριστoτέλης, * 384 v. Chr. in »Stageira (Stagira) auf der Halbinsel »Chalkidike; † 322 v. Chr. in »Chalkis auf der Insel »Euboia) gehört zu den bekanntesten und einflussreichsten Philosophen;  Begründer zahlreicher Disziplinen und maßgeblich Einfluss auf etliche andere, darunter Wissenschaftstheorie, Logik, Biologie, Physik, Ethik, Dichtungstheorie und Staatslehre. Aus seinem Gedankengut entwickelte sich der »Aristotelismus; seine Theorie der Dichtung, niedergelegt in seinem unvollendeten Werk "Poetik" (altgriechisch ποιητική [τέχνη] poiêtikê) befasst er sich mit der Dichtkunst im Allgemeinen und ihren Gattungen. Für die dramatische Gattung, insbesondere die Tragödie, wurden aus der "Poetik" u. a. die Lehre von den drei Einheiten abgleitet, wonach die Tragödie an einem Tag (Einheit der Zeit), an einem Ort (Einheit des Ortes) und konzentriert auf eine einzige Haupthandlung (Einheit der Handlung) zu gestalten ist.
5 »Charles Batteux (* 6. Mai 1713 in Alland'huy bei »Vouziers, »Ardennes; † 14. Juli 1780 in »Paris), 1750 Professor der Rhetorik und »Humaniora, später der griechischen und römischen Philosophie am »Collège Royal zu Paris, 1754 Mitglied der »Akademie der Inschriften und schönen Künste und 1761 der »Académie française; Begründer einer französischen Kunstphilosophie, die die Grundsätze der »französischen Klassik als überwunden betrachtete; Künstler sollten sich seiner Meinung nach nicht an der Kunst, sondern an der Natur orientieren. Sie sollten nicht in erster Linie die klassischen Werke nachbilden, sondern das wirkliche Leben (und damit auch etwa die kreatürlichen Äußerungen der Menschen, die in der Klassik verpönt waren). Diese Ansicht rechtfertigte Batteux durch seine Auslegung der Poetik des »Aristoteles (vgl. Anm. 4): "Ahme die Natur nach“. Aus diesem Grunde forderte er auch die strikte Einhaltung der Einheiten des Dramas, wie sie von Aristoteles abgeleitet wurden. Damit ebnete Batteux den Weg für zahlreiche Künstler und Intellektuelle, die sich von den autoritären Vorstellungen des französischen »Absolutismus lösen wollten, allen voran »Jean-Jacques Rousseau mit seinem Leitsatz "Zurück zur Natur“.
6 gemeint ist wohl die Gesamtanlage des Stücks
7 idealische Affektationen: gekünstelte, in der Wirklichkeit nicht vorkommende Geziertheiten
8 Kompendienmenschen: Menschliche Gestalten, die es nur zu Demonstrationszwecken in Lehrbüchern, nicht aber in der Realität gibt
9 Kolorit: farbige Gestaltung oder Wirkung eines Gemäldes durch Farbgebung und Farbwirkung
10 kolossalische Größe: ungeheuerliche Größe; Größe zentraler Begriff für Schiller, um Menschen/Figuren zu gestalten, die ihre Umwelt an Willen, Kraft und Genie oder an über das Menschliche hinausgehender Bosheit überragen
11 Konterfei: Bild(nis), Abbild, Porträt
12 Mechanik: spätaufklärerische Auffassung, wonach sich die psychischen Vorgänge im Menschen wie eine Maschine abspielen
13 »Brutus, gemeint ist wahrscheinlich (vgl. Grawe 1976/2002, S. 6) = »Marcus Iunius Brutus (* 85 v. Chr.; † 23. Oktober 42 v. Chr.); gilt neben seinem Freund und Schwager »Gaius Cassius Longinus als das Haupt der Verschwörung gegen Caesar; missbilligte Caesars Absichten, die Macht in seiner Hand zu vereinigen, nachdem dieser sich bereits selbst zum Diktator auf Lebenszeit ernannt hatte;  ermordet zusammen mit einer Gruppe von Senatoren Caesar nn den »Iden des März (15. März) 44 v. Chr.
14 »Lucius Sergius Catilina (* vermutlich 108 v. Chr.; † 62 v. Chr.) war ein römischer Politiker, bekannt durch die von ihm durchgeführte »Catilinarische Verschwörung, im Jahr 63 v. Chr., mit der er die Macht in der »römischen Republik an sich reißen wollte; bekannt ist die Verschwörung besonders durch »Ciceros »"Reden gegen Catilina" sowie durch »Sallusts historische Monographie »"De coniuratione Catilinae".
15 Konjunkturen, von lat. coniunctio = Verbindung, hier: Verkettungen des Schicksals
16 »Don Quixote: Titelfigur in »Miguel de Cervantes (1547-1616)  Roman »Don Quijote; als Parodie auf die Ritterwelt werden darin die Abenteuer eines bereits betagten, armen Landedelmanns erzählt, der beim Lesen von Ritterbüchern den Verstand verloren hat. "Wie verzaubert vermag er zwischen Einbildung, Wirklichkeit und Geschichte nicht mehr zu unterscheiden. Den »Wust hirnverrückter Erdichtungen«, di er liest, hält er nicht nur für »volle Wahrheit« und betrachtet alle Menschen, die sie leugnen, für bar jeder Vernunft. [...] Auf der Suche nach Abenteuern durchzieht er das Land, um selbst ritterliche Großtaten zu vollbringen, Ungerechtigkeiten zu beseitigen, Gefahren ruhmvoll zu bestehen und kommenden Zeiten als Beispiel für die Vollendung und erhabene Würde des Waffenhandwerks zu dienen [...] Für ihn sind die Großtaten aufgespart, die einen Menschheitstraum mit Hilfe von Idealen, ja von fixen Ideen verwirklichen sollen. Da dies kläglich misslingt, muss er die Wirklichkeit zu bösem Zauber erklären. Er ist »ein närrischer Kluger und Narr, der zur Klugheit neigte«." (D. Br. in Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, Bd. 2, 1989, S.773f.) (vgl. auch: → Von dem, was dem Ritter Don Quijote begegnete (Auszüge)
17 Satire: allgemein missbilligende Darstellung und Entlarvung des Kleinlichen, Schlechten, Ungesunden im Menschenleben und dessen Preisgabe an Verachtung und Lächerlichkeit, die sich allen verschiedenen Gattungen der Literatur (Epik, Dramatik, Lyrik) niederschlagen kann (Literatursatire); im Fall der »Don Quijote-Dichtung ein satirischer Roman mit didaktischem Einschlag (vgl. Wilpert 51969, S.671)
18 gemeint ist »Miguel de Cervantes (1547-1616) der Dichter des »Don Quijote (vgl. Anm. 16)
19 Genie:  Modewort der Literaturepoche des Sturm und Drang (1760-1785) die auch Geniezeit genannt wird; in diesem Zusammenhang wird unter Genie eine angeborene originale Schöpferkraft verstanden, die sich selbst Begrenzungen und Regeln setzt
20 »Satyr:  in der »griechischen Mythologie »Waldgeister, häufig in Bocksgestalt, im Gefolge des »Dionysos, nach einigen Söhne des »Hermes und der »Iphthime oder des »Silenos; wollüstige Wesen von kräftiger, ungeschlachter Gestalt, mit struppigem Haar, stumpfer, aufgeworfener Nase, zugespitzten Ohren und einem Ziegenschwänzchen oder kleinen Pferdeschweif; auf antiken griechischen Vasen oft mit Phallus dargestellt; manchmal auch Lustgreise als Satyrn bezeichnet; von Schiller hier allegorisch für Angriffe auf überkommene Wahrheiten verwendet (vgl. Grawe 1976/2002, S. 7)
21 Assembleen: frz. Versammlungen, Gesellschaften
22 imputabel: zurechnungsfähig, verantwortlich, "höher zu veranschlagen" (vgl. Grawe 1976/2002, S. 7)
23 »Friedrich Wilhelm Klopstock (* 2. Juli 1724 in »Quedlinburg; † 14. März 1803 in »Hamburg); deutscher Dichter; gab der deutschen Sprache neue Impulse und kann als Wegbereiter für die ihm folgende Generation angesehen werden; gilt als Begründer der Erlebnisdichtung und des deutschen »Irrationalismus. Sein Wirken erstreckte sich über große Teile der »Epoche der Aufklärung, speziell der »Empfindsamkeit. Des weiteren gilt Klopstock als ein bedeutender Wegbereiter für die Epoche des »Sturm und Drang. Im »"Werther" (1774) zeigt sich Klopstocks Wirkung auf »Goethe
24 Adramelech: in christlicher Dämonologie Garderobier Satans; manchmal auch Kanzler der höllischen Regionen, teuflischer Befehlshaber und Vorsitzender des hohen Rats der Teufel; .dargestellt als Mischwesen mit menschlichem Torso und einem Esel; in Klopstocks (vgl. Anm. 23) christlichem Epos "Der Messias" (1748) nach dem Satan der mächtigste und boshafteste Teufel
25 »John Milton (* 9. Dezember 1608 in »London; † 8. November 1674 in »Bunhill bei London) englischer Dichter und Staatsphilosoph;  eines seiner Hauptwerke: das christliche Epos »"Das verlorene Paradies“ (1667);  an dieser Stelle spielt Schiller wohl auf den 2. Gesang an, in dem Milton den Flug Satans durch die noch nicht gestaltete Welt schildert (vgl. Grawe 1976/2002, S. 7)
26 Satan: zentrale Gestalt in »John Miltons (vgl. Anm. 25)  christlichem Epos »"Das verlorene Paradies“ (1667);
27 »Medea: (griech. Μήδεια Medeia) Frauengestalt der »griechischen Mythologie; in älteren Versionen des Mythos zumeist selbstbewusste und heilkundige Frau; in der Fassung des Mythos durch »Euripides ghandelt Medea aus Eifersucht und rächt sich durch die Ermordung ihrer gemeinsamen Kinder an ihrem untreuen Ehemann.
28 die alten Dramatiker: gemeint sind die beiden Dramatiker des Medea-Mythos,  der Grieche »Euripides (um 480 bia 406 v. Chr.) und der Römer »Seneca (um 4 v. Chr. bis 65 n. Chr.)
29 »William Shakespeare (* vermutlich23. April 1564 in »Stratford-upon-Avon; † 23. Apriljul./ 3. Mai 1616greg.in »Stratford-upon-Avon) englischer Dichter und einer der bedeutendsten Dramatiker der Weltliteratur;
30 »Richard: wohl "»Die Tragödie von König Richard III." (1593) (engl. The Tragedy of King Richard the Third) Drama in fünf Akten von »William Shakespeare  über den englischen König »Richard III.; schließt an »Heinrich VI., Teil 3 an und ist der letzte Teil der »York-Tetralogie.
31 Pöbel: Möglicherweise handelt es sich hier um eine Anspielung auf eine Satire »Christoph Martin Wielands (1773-1813), in der er die Oberflächlichkeit des Theaterpublikums verspottet hatte. Diese hatte insbesondere in Mannheim für Ärger gesorgt, weil man sich von dieser Kritik direkt angesprochen sah. In dieser Satire hatte sich Wieland darüber mokiert, dass das Publikum an Frisuren und Kostümen der Schauspieler und Schauspielerinnen herumnörgle, sich aber um den Gehalt eines Theaterstücks keine Gedanken mache. Als Dichter, Übersetzer und Herausgeber verschiedener Zeitschriften war er neben  neben »Gotthold Ephraim Lessing, »Georg Christoph Lichtenberg und »Immanuel Kant – der bedeutendste Schriftsteller der Aufklärung im deutschen Sprachgebiet und der Älteste des klassischen »Viergestirns von Weimar, zudem außer ihm »Johann Gottfried Herder, »Johann Wolfgang Goethe und »Friedrich Schiller zählten.
32 kleingeistisch: geistisch als Gegensatz zu körperlich, hier wohl im Sinne von zu begrenztem geistigen Horizont
33 Apologie: Verteidigung(srede)
34 Dacapo: Wiederholung
35 »Abdera: (griechisch Ἄβδηρα) antiker griechischer Stadtstaat (»Polis) an der »thrakischen Küste zum »Ägäischen Meer als deren Gründer in der Mythologie häufig »Herakles genannt; der Name Abdera leitet sich vom Heros Abderos ab; Abdera war von Beginn an demokratisch organisiert, besaß einen Rat, eine Volksversammlung und eine gut funktionierende Verwaltung; obwohl Heimatstadt berühmter griechischer Philosophen, darunter »Demokrit und »Protagoras und Wohnort des Dichters »Anakreon von »Teos, hatten die Bewohner der Stadt, die »Abderiten, einen Ruf vergleichbar dem von kleinbürgerlichen »Schildbürgern. Wer als "Abderit“ bezeichnet wurde, galt in der Antike als einfältiger Mensch. Analog dazu bezeichnet man Schildbürgertum auch mit dem Begriff Abderitismus. In Anspielung darauf lässt Christoph Martin Wieland (1773-1813) seinen satirischen Roman »Die Abderiten (1774) in Abdera spielen und stellt darin die typisierte Narrheit der Abderiten als menschliche Grundkonstante dar, die zu allen Zeiten an allen Orten zu finden, gleichsam kosmopolitisch ist.
36 Demokrit: auch Demokritos (* 460 v. Chr. in »Abdera (vgl. Anm. 18), einer ionischen Kolonie in »Thrakien; † 371 v. Chr.) griechischer Philosoph, Schüler des »Leukipp;  lebte und lehrte in der Stadt »Abdera; gehört zu den »Vorsokratikern und gilt als letzter großer Naturphilosoph.
37 »Hippokrates von Kos (altgr. Ἱπποκράτης ὁ Κῷος; * um 460 v. Chr. auf der griechischen Ägäisinsel »Kos; † um 370 v. Chr. in »Larisa, »Thessalien) der wohl berühmteste Arzt des Altertums; stammte aus dem Geschlecht der »Asklepiaden, die sich selbst auf den Heilgott »Asklepios zurückführten; Außer von seinem Vater wurde er  u. a. auch von  Herodikos von Selymbria und dem Philosophen »Demokrit (vgl. Anm. 19) von »Abdera (vgl. Anm. 18) unterrichtet; reiste er als wandernder Arzt durch Griechenland und Kleinasien; schon zu Lebzeiten hochverehrt; gilt als Begründer der Medizin als Wissenschaft.
38 Dekokt: abgekochter Trank, Absud (von Arzneimitteln)
39 Ostermesse: das Werk wird von Schiller auf den 6. Mai 1781 datiert, dem Sonntag Jubilate, an dem die Ostermesse des Buchhandels in Leipzig begann

(Quelle der Wort- und Sacherklärungen überwiegend mit Hilfe von www.wikipedia.de - mit "»" gekennzeichnete Begriffe verweisen auf die entsprechenden Seiten der Internet-Enzyklopädie.)

docx-Download - pdf-Download

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 20.11.2023

    
   Arbeitsanregungen:
  1. Arbeiten Sie die Unterschiede der beiden Versionen heraus (• Die unterdrückte Vorrede 1781). - Setzen Sie sich dabei mit der These Rüdiger Safranskis (2004, S.131 ) auseinander, wonach beim Vergleich der beiden Vorreden "ein Unterschied im Gehalt nicht zu bemerken" sei.

  2. Nach Safranskis Ansicht "(weisen) die möglichen Gründe für die Unterdrückung der ersten Vorrede (...) alle darauf hin, dass Schiller seinem Stück im letzten Augenblick noch den Weg auf die Bühne erleichtern wollte." -  Versuchen Sie Belege für diese Hypothese zu finden.

 
   
 

 
ARBEITSTECHNIKEN und mehr
Arbeits- und ZeitmanagementKreative ArbeitstechnikenTeamarbeit ▪ Portfolio ● Arbeit mit Bildern  Arbeit mit Texten Arbeit mit Film und VideoMündliche KommunikationVisualisierenPräsentationArbeitstechniken für das Internet Sonstige digitale Arbeitstechniken 
 

 
  Creative Commons Lizenzvertrag Dieses Werk ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International License (CC-BY-SA)
Dies gilt für alle Inhalte, sofern sie nicht von
externen Quellen eingebunden werden oder anderweitig gekennzeichnet sind. Autor: Gert Egle/www.teachsam.de
-
CC-Lizenz