Die
▪ Handlung
der Szene IV,10
(10. Auftritt) im 4. Akt von
Schillers
Drama »Maria
Stuart« spielt im Zimmer der Königin im Palast von Westminster.
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< IV,10
Nach dem Abgang der Lords verschafft sich
Elisabeth in einem Monolog Luft. Gerade weil ihr klar ist, dass
ihr Thron einzig und allein von der Volksgunst abhängt, hasst sie über
alle Maßen, sich immer wieder dem Willen des Pöbels unterwerfen zu
müssen. Sie weiß, dass sie sich erst dann als Königin fühlen kann,
wenn sie ihre Entscheidungen autonom fällen kann. Dazu räche sich in
der aktuellen Lage ihr Gerechtigkeitssinn, mit dem sie jeder Willkür
bis dahin entgegengewirkt habe. Denn damit habe sie sich selbst die
Hände so gebunden, dass sie sich scheue, die erste offensichtlich
willkürliche Gewalttat zu begehen. Doch schnell wird ihr auch klar,
dass auch die von ihr vertretene Gerechtigkeit nicht das Ergebnis
ihrer freien Entscheidung war, sondern ihr als Bedingung für
Thronbesteigung und Thronerhalt vom Volk abgefordert worden ist.
Darüber hinaus drohe ihr von allen Seiten Gefahr. Das ganze Ausland,
allen voran der Papst mit seinem Bannfluch, dazu Frankreich und
Spanien träten an gegen eine wehrlose Frau an. Wehrlos sei sie, weil
sie statt autonomer Herrscherwillkür, ihre Herrschaft mit hohen
Tugenden ausüben müsse, um ihre illegitime Abkunft von Heinrich
VIII. zu kompensieren. Dies ist die Stelle, an der ihr das eigene
Schicksal mit dem
Maria Stuarts
unauflöslich verknüpft zu sein scheint. So gewinnt sie die
Überzeugung, dass nur der Tod Marias ihr Frieden verschaffen kann.
Dazu spürt sie wieder, wie sie auch als Frau von Maria Stuart verletzt
worden ist, denn sie zeigt sich überzeugt davon, dass Leicester den
Verführungskünsten der schottischen Königin erlegen ist. Der Gedanke
an diesen Raub des Geliebten und Bräutigams verbindet sich mit ihrer
nachträglichen Wut über die höhnische Haltung Maria Stuarts bei ihrer
Begegnung miteinander. Noch immer hallen ihr die letzten Worte Maria
Stuarts in den Ohren, die sie als Bastard verhöhnt hatten, als sie
ihren Namenszug unter das ausgefertigte Todesurteil setzt. Auch wenn
sie noch einmal, wie um sich selbst Mut zu machen, ausspricht, dass
dies der einzige Weg sei, den Makel der illegitimen Geburt von sich zu
nehmen, schreckt sie doch zurück, als sie ihre Unterschrift wahrnimmt.
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