Die
▪ Handlung der
Szene II,9
(9. Auftritt im ▪
2. Akt von
▪ Schillers
▪ Drama ▪»Maria
Stuart« spielt im Palast von Westminster.
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>
5.Akt
< II,8
Leicester
reagiert sichtlich erschrocken auf die ankommende
Elisabeth.
Auf ihre besorgte Frage nach der Ursache seiner offenkundigen
Betretenheit reagiert, greift Leicester zur Lüge. Mit schmeichelnden
Worten über Elisabeths außerordentliche Schönheit gesteht er ihr
gegenüber offen ein, dass ihm die französische Brautwerbung um die
englische Königin sehr zusetze. Im Gegensatz zu den rein
machtpolitisch-dynastischen Überlegungen die Elisabeth einen König
als Gemahl zuführen sollten, stünden seine Gefühle, seine Liebe zu
ihr, die er ausdrücklich bekennt. Elisabeth bittet Leicester um
Verständnis und versichert ihm ihrerseits ihre Zuneigung, auch wenn
eine Liebesheirat mit ihm nach Lage der Dinge keine realistische
Option sei. Ihre Bereitschaft, eigene Gefühle hintanzustellen,
unterscheide sie von
Maria Stuart,
die sich herausgenommen habe, nach dem Lustprinzip zu leben. Maria
Stuart habe ohne Rücksicht auf die öffentliche Meinung nur mit ihrer
erotischen Ausstrahlung Politik gemacht, den Männern nach Belieben den
Kopf verdreht und deren sexuelle Triebhaftigkeit, wie sogar das
Beispiel Shrewsburys zeige, für ihre Ziele ausgenutzt. Als Elisabeth
von Leicester wissen will, was denn an der sprichwörtlichen Schönheit
Marias dran sei, kann der Lord sein Doppelspiel fortführen. Maria
könne gerade auch an weiblicher Schönheit nicht im entferntesten mit
der englischen Königin mithalten. Bei einer persönlichen Begegnung mit
ihr könne sich Elisabeth, gerade jetzt, da ihr die französische
Brautwerbung besondere Ausstrahlung verleihe, davon selbst überzeugen.
In einer derartigen Begegnung gelänge es Elisabeth daher, Maria darin
zu treffen, worin sie sich immer so überlegen geglaubt habe und einen
endgültigen, aber keinen blutbefleckten Sieg über die ungeliebte
Konkurrentin zu erringen. Die Gunst des Augenblicks nutzend, legt
Leicester ihr nahe, Maria noch am gleichen Tag gegenüberzutreten.
Elisabeth, die sichtlich um Worte ringt, zögert. Sie will sich mit
Burleigh
beraten. Doch Leicester lässt nicht locker. Statt abstrakter
Staatsräson kämen bei der Beurteilung der Chancen und Risiken einer
solchen Begegnung eigentlich nur die ureigensten und rein persönlichen
Empfindungen Elisabeths in Betracht. Dass sich die Begegnung mit Maria
darüber hinaus auch noch öffentlichkeitswirksam als großmütige
Tat der englischen Königin verkaufen lasse, schränke ihre für alle
Entwicklungen offenen Handlungsmöglichkeiten im Fall der Maria Stuart
nicht im Geringsten ein. Als Leicester ihr dazu noch erklärt, dass
sich ein Zusammentreffen bei der nachmittäglichen Jagd bei Schloss
Fotheringhay wie zufällig arrangieren lasse, willigt Elisabeth ein,
auch wenn sie davon nicht wirklich überzeugt ist. Mit einem zärtlichen
Blick für Leicester ist sie für den Augenblick nur und ganz Frau und
damit für die "Grille" Leicesters empfänglich.
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