Die
▪ Handlung der
Szene II,8
(8. Auftritt im ▪
2. Akt von
▪ Schillers
▪ Drama ▪»Maria
Stuart« spielt im Palast von Westminster.
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5.Akt
< II,7
Auf Wunsch
Mortimers, der
Leicester offenbar bei seiner Vorstellung bei Hofe um ein geheimes
Treffen gebeten hat, kommen die beiden miteinander ins Gespräch. Es
dauert einige Zeit, in der beide um den heißen Brei herumreden, bis
Mortimer den ersten Schritt wagt. Wie von
Maria
gewünscht, übergibt er Leicester ihren Brief. Als dieser das
mitgesandte Bildnis Maria Stuarts vor seinen Augen küsst und es "mit
stummem Entzücken" betrachtet und danach den Brief liest, wird er von
Mortimer kritisch beobachtet. Am Ende glaubt er sich sicher, dass
Leicester ein echte Zuneigung für Maria Stuart empfindet. Doch während
Mortimer Leicester offenbar schon vertraut, will dieser sicher gehen.
Erst als Mortimer zu seiner Zufriedenheit erklären kann, aus welchen
Gründen er seinem protestantischen Glauben abgeschworen und wie er
Marias Vertrauen gewonnen hat, ist auch der Lord bereit, offen zu
sprechen. Noch aber steht die Antwort auf das von Mortimer geäußerte
Unverständnis aus, weshalb ausgerechnet er, den alle Welt als
Günstling Elisabeths kenne, Maria Rettung bringen wolle. Dies ist der
Grund, weshalb nun Leicester seinerseits erklären muss, wie seine
Gefühle für Maria zustande gekommen sind. Vor ihrer Hochzeit mit
Darnley sei ihm Maria als Ehefrau schon zugedacht gewesen. Damals habe
er sich aber wegen seines eigenen Ehrgeizes, sich mit der weitaus
mächtigeren englischen Königin zu vermählen, aller Schönheit und
Jugend Marias zum Trotz gegen eine Heirat mit der schottischen Königin
entschieden. Jetzt aber hätten sich die Dinge angesichts der
aussichtsreichen französischen Brautwerbung um
Elisabeth
entscheidend verändert. Damit sei seiner zehn Jahre anhaltenden
Werbung um Elisabeth ein für alle Mal ein Ende gemacht. Erst jetzt sei
er – von jedem Ehrgeiz erlöst –wieder fähig geworden, Liebreiz,
Ausstrahlung und Schönheit Marias an sich so herankommen zu lassen,
erst jetzt sei er zu echten Empfindungen für sie fähig. Der Brief, den
er soeben von Mortimer erhalten habe, enthalte Marias Antwort auf
seine ihr ebenso heimlich zugeleitete Mitteilung über seinen
Sinneswandel. Darin verspreche sie ihm ihre Hand, wenn es ihm gelinge,
sie zu retten. Von Mortimer muss er sich darauf allerdings seine
offenkundige Untätigkeit vorhalten lassen und den Vorwurf, dass er im
Prozess gegen die schottische Königin selbst bekanntermaßen für das
Todesurteil gestimmt habe. Dagegen stehe Mortimers eigene, göttliche
Sendung zur gewaltsamen Befreiung Maria Stuarts außer Zweifel und -
nur auf Marias ausdrücklichen Wunsch hin - sei er bereit, Leicester in
die Verschwörung einzuweihen. Eine gewaltsame Befreiungsaktion passt
jedoch ganz und gar nicht in Leicesters Konzept, der angstvoll
sondiert, ob andere schon von seiner Beziehung zu Maria Stuart wissen.
Eine solche Aktion sei seiner Ansicht viel zu gefährlich und mache die
Aussicht, mit anderen Mitteln, nämlich dem Arrangement einer Begegnung
der Königinnen, einen Gnadenakt Elisabeths zu erreichen, zunichte.
Mortimer, der Leicesters zaudernd ängstliche Bemerkungen im ganzen
Gespräch mehr als einmal ironisch kommentiert, wird dadurch vor den
Kopf gestoßen und greift nun seinerseits Leicester an. Er könne, so
hält Mortimer ihm vor, mit seinem eigenen, ihm untertänigen Adel und
Anhängern, die Maria noch immer treu seien, jederzeit zur Tat
schreiten. So könne er Elisabeth die Begnadigung Maria Stuarts
abtrotzen, vorausgesetzt er erweise sich gegenüber Elisabeth einmal
als Mann. Die Aufforderung zu offenem Aufruhr gegen Elisabeth, wie
Leicester das von Mortimer noch als edlen Ritterkampf um die Geliebte
Dargestellte sieht, zeigt Leicester, wie wenig Realitätssinn der junge
Mann hat und welche Leidenschaft er für Maria empfindet. So fordert er
von Mortimer, sich fortan seiner Führung zu unterstellen und
eigenmächtige Befreiungsaktionen zu unterlassen. In Anbetracht von
Schritten, die das Kommen Elisabeths ankündigen, will Mortimer, ehe er
abgeht, nur noch wissen, welche Botschaft hinsichtlich ihrer
Rettung er nun im Auftrag Leicesters Maria überbringen soll. Die
Aufforderung Leicesters, er solle ihr die Schwüre seiner ewigen Liebe
überbringen, verletzt Mortimer so tief, dass er dieses Ansinnen
entschieden zurückweist.
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