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Sonett
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Bausteine
Mit seinem ▪
Sonett ▪
Goethe, einem Widmungsgedicht,
das ▪ August Wilhelm Schlegel (1767-1845)
in seine Sammlung »"Gedichte"
unter den darin zusammengestellten 62 »Sonetten
aufgenommen hat, wollte Schlegel offenbar seiner Wertschätzung und
Bewunderung des fast zwanzig Jahre Älteren literarisch Ausdruck
verleihen, der von den Romantikern wie ein "ldol" (Strobel
2017, S.13) verehrt und bei den Schlegels zu einer Art "Goethe-Hörigkeit"
(ebd.,
S.55)
Am 23.3. 1800
schickte er die Sammlung an ▪
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832). Wenige Tage
später war Schlegel bei Goethe in Weimar zu Gast und es kann
angenommen werden, dass sie sich auch über dieses, andere und das Sonett
als lyrische Kunstform an sich unterhielten,
über die sie sich in der Folge auch brieflich ausgetauscht haben.
Goethe
hatte in der Tradition der Aufklärung, die das Sonett als im
Allgemeinen als zu artifiziell angesehen hatte, gegenüber der romantischen Wiederbelebung dieser Form zunächst einmal deutliche
Vorbehalte, zumal ihm das Ganze zu einer
regelrechten »Sonettenwut« ausartete, die auch ihn unter Druck
setzte, solche Gedichte zu verfassen.
Die Romantiker (▪
Romantik (1798-1835), insbesondere »August Wilhelm Schlegel
(1767-1845) stilisierten dagegen das Sonett zur idealen lyrischen Form,
indem er die formale Gliederung des Sonetts in Quartette und Terzette
dialektisch ausdeutete. (vgl.
Borgstedt 2007a, S.448).
Unter Umständen als
Reflex auf den mit A. W. Schlegel geführten Diskurs schrieb Goethe
selbst wohl etwas später sein Gedicht "Das Sonett" (wahrscheinlich
1800), in dem er sich kritisch, zumindest in einer Art skeptischer
Distanz, über die Kunstform äußerte, zumal ihm der Druck, in dieser
Form zu dichten, offenbar ziemlich gegen den Strich ging. In seinem
Gedicht kommen Gegner und Befürworter des Sonetts, wenn man so will,
die Klassiker und die Romantiker, zu Wort.
Allerdings hat er
mit seinem wohl kurz danach entstandenen Gedicht
▪
Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen,
seine Skepsis wohl überwunden. Dieses Sonett kann als eine Art
Gegengedicht zum vorangegangen gelesen werden kann, weil es darin um
"den klassischen Ausgleich der Gegensätze" geht. (Metzler
Goethe Lexikon 2016, S.202). In der Folge hat Goethe auch eine
Reihe eigener »Sonette
gestaltet.
Dass Goethe seine
ablehnende Haltung gegenüber dem Sonett aufgab, lag aber wohl daran,
dass er mit den Vertretern der Jenaer Romantik, z. B. »August
Wilhelm Schlegel (1767-1845), »Friedrich
Schlegel (1772-1829)oder »Ludwig
Tieck (1773-1835) immer wieder persönlich in Kontakt kam oder mit
ihnen, wie dies in dieser Zeit üblich war, in Briefen über
ästhetische und philosophische Fragen kommunizierte.
▪ Friedrich Schiller (1749-1805)
stand der sogenannten »Jenaer
Romantiker-Wohngemeinschaft, zu der neben mit seiner Ehefrau »Caroline
(1763-1809) auch sein Bruder »Friedrich
Schlegel (1772-1829), der dort in "wilder Ehe" mit »Dorothea
Veit (1764-1869) lebte, auf Kriegsfuß. Er lehnte die romantische
Ästhetik, vor allem die von Friedrich Schlegel ab, weil sie seiner
Ansicht nach alle Poesie töte. Seine außerordentliche ▪ "Gereiztheit"
(Safranski
2004, S.424) ihm gegenüber hatte verschiedene Gründe, bewegte
sich aber in der ▪
gegenseitigen Beurteilung beider stets zwischen Abneigung und
Bewunderung. Dass die Romantiker Schillers ▪
Lied von der
Glocke wegen ihres Spießertums und der darin zum Ausdruck
kommenden "geradezu primitive(n) Geschlechterphilosophie" (Hofmann
2005a, S.289) regelrecht verhöhnten, hat er ihnen, wenn ihm das
zu Gehör gebracht worden ist, sicher nicht mehr verziehen. Und
Friedrich Schlegels Rezension von Schillers Gedicht ▪ "Würde
der Frauen im Musen-Almanach von 1796, in der jener dem Gedicht
jede ästhetische Qualität absprach und das Frauenbild und
bürgerliche Pathos ihres Dichters öffentlich kritisierte, ging
Schiller so auf die Nerven, dass er ihn einmal einen "unbescheidenen kalten Witzling"
nannte (vgl.
ebd., S.423).
Genau besehen aber bestätigte sich damit eigentlich die seit ihrer ersten Begegnung
unüberwindlichen Antipathien,
die zwischen beiden Männern bestanden.
Goethe hingegen traf
sich immer wieder mit den Schlegels. Vor allem schätzte er den
älteren der beiden Brüder, »August
Wilhelm (1767-1845), der ja auch zeitweise an ▪
Schillers
Zeitschrift »Die Horen"
(1795 -1797)
mitarbeitete. So besuchte er schon im Jahre Juli 1796 das Ehepaar August
Wilhelm und ▪
Caroline
Schlegel (1763-1809) in Jena und empfing beide ein paar Monate
später im Dezember in Weimar.
Ein reger Briefwechsel zwischen Goethe
und A. W. Schlegel zeigt, dass Goethe über Jahre hinweg einen regen
Gedankenaustausch mit dem fast 20 Jahre jüngeren Professor für
Philologie an der Universität Jena pflegte, bis ihr Verhältnis
deutlich abkühlte. Weil dieser nach der Veröffentlichung des
Briefwechsels zwischen Goethe und Schiller Goethe geradezu verhöhnt
hatte, brach Goethe am Ende mit den Schlegel-Brüdern und urteilte
über sie, sie seien "bey so vielen schönen Gaben unglückliche
Menschen ihr Leben lang [...] wollten mehr vorstellen als ihnen von
Natur gegönnt war und mehr wirken als sie vermochten. daher haben
sie in Kunst und Literatur viel Unheil angerichtet." (Brief Goethes
an Zelter, 20.10.1831, zit. n.
Metzler Goethe-Lexikon 2016, S.384)