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Baustein: Texterfassung bei
vorbereitender Lektüre des 2. Teils
Äußere und innere Handlung des
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Dritten Teils
des Romans • »Der Vorleser« von •
Bernhard Schlink
lassen sich in Form des nachfolgenden Kurzüberblicks darstellen, der
auch Erzählstrukturen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - umfasst.
* Genaue Jahresangaben, die sich erst aus der Gesamtlektüre ermitteln
lassen, sind in runde Klammern gesetzt.
3. Teil |
S. 159 - 207 |
Kap. |
Auf einen Blick |
Inhalt |
1 |
Michael in den ersten beiden Jahren nach Hannas Prozess
(S. 159 -163) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Sommer 1966/Sommer 1968 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): -
Handlung
(H):
-
Nach Hannas (Ha) Verurteilung vergräbt sich Michael Berg
(Mi) während des Sommersemesters im Lesesaal seiner Uni, kapselt sich
von seinen Bekannten ab und zieht zu Hause aus.
-
Mi verharrt damit in seiner Betäubung.
-
An Weihnachten ist Mi erstmals wieder mit Freunden zusammen auf
einer Skihütte
-
Ich-Erzähler glaubt Zustand der Betäubung durch selbst herbeigeführte
Krankheit (Lungenentzündung) überwunden zu haben.
-
Während der Studentenbewegung im Sommer 1968 bleibt Mi
weitgehende distanziert.
-
Reflexion des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über die Studentenbewegung als Ausdruck des Generationenkonflikts.
-
Reflexion des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über Kollektivschuld und eigene Scham gegenüber der NS-Vergangenheit,
unbewältigter Vergangenheit und antijüdischen Aktionen in der
bundesrepublikanischen Gegenwart
-
Erkenntnis des
erzählenden
Ichs (erz-Ich):
Leiden an seiner Liebe zu Hanna als Schicksal seiner Generation, als
deutsches Schicksal
|
2 |
Michaels Heirat, Scheidung und späteren Frauenbeziehungen
(S.164 - 166) |
Erzählte Zeit (eZ)*: 1969 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): -
Handlung
(H):
-
Michael (Mi) beginnt 1969 sein Referendariat
-
Mi heiratet die Jura-Studentin Gertrud, die er auf der
Skihütte kennen gelernt hat, als sie ein Kind von ihm erwartet
-
Tochter namens Julia;
-
Reflexion des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über sein anhaltendes Vergleichen von Hanna (Ha) und Gertrud
-
Mi erzählt Gertrud nichts von Ha
-
1973/74 nach fünf Jahren Ehe Scheidung
-
Reflexion des Erzählers über die Folgen der Scheidung für die
fünfjährige Tochter Julia
-
In seinen späteren Frauenbeziehungen zu (Helen, Gesina, Hilke) erzählt
Mi viel von Ha; dies findet aber nicht die von ihm gewünschte
Aufnahme, so dass er das Erzählen über Ha wieder einstellt.
|
3 |
Michael auf der Beerdigung des Professors aus dem KZ-Seminar
(S.167 - 170) |
Erzählte Zeit (eZ)*: kalter Herbsttag 1969/70 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): - Straßenbahnfahrt zum Bergfriedhof, Bergfriedhof
Handlung
(H):
-
Nach anfänglichem Zögern vor dieser "Verabredung mit der
Vergangenheit" entscheidet sich Mi, an der Beerdigung des Professors aus
dem KZ-Seminar teilzunehmen.
-
erstmals Fahrt mit der Straßenbahn;
-
Gedanken und Beobachtungen des
erlebenden
Ichs (erl-Ich) über Schaffner und Schaffnerinnen rufen
ihm Erinnerungen an die Fahrt nach Schwetzingen an Ostern 1959 in
Erinnerung
-
Begegnung mit einem ehemaligen Teilnehmer des KZ-Seminars am Grab
(szenische Darstellung)
-
Michaels Gesprächspartner erinnert an Michaels Verhalten während
des Prozesses und will wissen, weshalb er seinerzeit an einer der
Angeklagten offenbar so großes Interesse gehabt habe, dass er sie ständig
angestarrt habe.
-
Mi verleugnet Ha, weicht aus und entzieht sich dem
weiteren Gespräch ohne Antwort durch "Flucht" in die Straßenbahn.
|
4 |
Michael nach dem Referendariat
(S.174 - 176) |
Erzählte Zeit (eZ)*: 1970ff. - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): -
Handlung
(H):
-
Nach dem Referendariat hat Mi Schwierigkeiten, eine juristische
Berufsrolle als Anwalt, Richter o. ä. anzunehmen.
-
Mi arbeitet zunächst bei einem Professor für Rechtsgeschichte,
später forscht er selbst über Rechtsgeschichte der Aufklärung an einem
rechtsgeschichtlichen Institut.
-
Gertrud macht Mi Vorwürfe wegen seiner Flucht vor der Herausforderung
und Veranwortung des Lebens.
-
Reflexion des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über Flucht als Handlungsmotiv, das keine echte "Heimkehr" ermöglicht
-
Mi liest die Odyssee nicht als Geschichte einer Heimkehr,
sondern als in sich widersprüchliche Bewegung zwischen Zielgerichtetheit
und Ziellosigkeit, Erfolg und Aussichtslosigkeit.
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5 |
Michael liest Hanna auf Kassetten vor
(S.174 - 176) |
Erzählte Zeit (eZ)*: 1970f./1973/74 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R):
Handlung
(H):
-
Etwa 1973/74 (im 8. Jahr von Hannas Haft) beginnt Mi für Ha
Bücher auf Kassetten vorzulesen (beginnt mit der Odyssee, dann Schnitzler,
Tschechow, Keller, Fontane, Heine, Mörike).
-
In den 10 Jahren (bis zum 18. Haftjahr Hannas), in denen Mi für
Ha auf Kassetten liest, fügt er keine persönlichen Bemerkungen
hinzu.
-
Später liest Mi Ha auch seine eigenen Werke vor und macht Ha zu
einer kritischen Instanz für deren Qualität.
-
Reflexion des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über die Liste der Bücher und deren Auswahl
|
6 |
Hanna schreibt den ersten Brief an Michael
(S.177-180) |
Erzählte Zeit (eZ)*: ca. 1978 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R):
Handlung
(H):
-
Im vierten Jahr ihres Kontakts (ca. 1978) erhält Mi von Ha
erstmals Antwort auf seine Kassettensendungen, und zwar in Form eines
kurzen, von Ha selbst unter sehr viel Mühe abgefassten Briefs.
-
Reflexion des
erlebenden
Ichs (erl-Ich) über Analphabetismus im Allgemeinen
("Analphabetismus ist Unmündigkeit) und Ha Analphabetismus, dessen
Überwindung Mi mit Stolz erfüllt.
-
Bericht des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über weitere, stets kurz gehaltene Briefe Hannas in den folgenden Jahren
mit Bemerkungen zu den Autoren der vorgelesenen Bücher oder zur deren
Handlung. (auch: allgemeine Bemerkungen zu Naturbeobachtungen aus dem
Gefängnis).
-
Auch während eines einjährigen USA-Aufenthalts bespricht Mi
Kassetten und sendet sie an Ha.
-
Kommentar des
erzählenden
Ichs (erz-Ich):
"Das Vorlesen war meine Art zu ihr, mit ihr zu sprechen." (Begründung
dafür, dass er selbst während dieser Zeit niemals einen Brief an Ha
geschrieben hat.)
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7 |
Michael erhält einen Brief der Gefängnisleitern, der Hannas baldige
Entlassung aus der Haft ankündigt
(S.181 - 183) |
Erzählte Zeit (eZ)*: ca. 1983 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R):
Handlung
(H):
-
Im neunten Jahr ihres Kontakts erhält Mi einen Brief der
Gefängnisleiterin, der Hannas Haftentlassung im nächsten Jahr
ankündigt.
-
Bitte der Gefängnisleiterin an Mi, für Ha eine kleine
Wohnung und Arbeit zu suchen und sie bei der Reintegration in die
Gesellschaft zu unterstützen; dazu: Aufforderung an Mi, Ha
vor ihrer Entlassung zu besuchen.
-
Mi kümmert sich wie selbstverständlich um Wohnung und Arbeit für Ha,
schiebt Besuch im Gefängnis aus Angst vor Erinnerungen und verdrängten
Problemen fast ein Jahr hinaus.
-
Eine Woche vor der Haftentlassung von Ha erhält Mi einen
Anruf der Gefängnisleiterin, die ihn nochmals auffordert, ins Gefängnis zu
kommen.
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8 |
Michael besucht Hanna im Gefängnis
(S.184 - 188) |
Erzählte Zeit (eZ)*: nächstfolgender Sonntag nach dem
Telefonanruf der Gefängnisleiterin im Sommer 1984 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): Hof des Gefängnisses von Hanna, nahe der Stadt,
wo ihr der Prozess gemacht worden war
Handlung
(H):
-
Mi betritt einen Sonntag nach dem Anruf der Gefängnisleiterin
erstmals überhaupt ein Gefängnis, als er Ha besucht.
-
Mi begegnet Ha auf einer Bank im Außenbereich des
Gefängnisses.
-
Mi "liest" den Blick freudigen, aber auch unsicheren Blick von
Ha, die ihn mit wieder mit "Jungchen" anspricht. (Körpersprache)
-
Bericht und Reflexion des
erlebenden
Ichs (erl-Ich) über den ehemals anziehenden, nun aber
abstoßend auf ihn wirkenden Geruch einer alten Frau. (Körpersprache)
-
Gespräch zwischen Ha und Mi
(szenische Darstellung)
-
Erkenntnis des Erzählers, dass er Ha nur eine kleine
Nische in seinem Leben zugebilligt hatte
-
Frage Michaels nach Hannas Verhältnis zu ihrer
NS-Vergangenheit während ihrer früheren Affäre
-
Ha billigt nur den Toten, die sie während ihrer Haftjahre
heimgesucht hätten, das Recht auf Rechenschaft zu.
-
Mi sagt Ha zu, sie ganz still aus dem Gefängnis
abzuholen.
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9 |
Michal trifft letzte Vorbereitungen für die Haftentlassung
(S.189 - 191) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Woche nach dem Besuch im Gefängnis Sommer
1984 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R):
Handlung
(H):
-
Unruhig, angespannt und nervös richtet Mi in der folgenden
Woche Hannas Wohnung ein.
-
Mi verarbeitet die Begegnung mit Ha im Gefängnis und
dabei kommen in ihm alte Schuldgefühle wieder hoch.
-
Telefongespräch mit der Leiterin des Gefängnisses, die auf die
Schwierigkeiten hinweist, die Ha nach ihrer Freilassung haben könnte.
-
Telefongespräch von Mi und Ha, indem Mi von Ha wissen
will, wie sie den Tag ihrer Haftentlassung verbringen sollen.
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10 |
Hanna begeht Selbstmord
(S.192 - 198) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Tag von Hannas Haftentlassung im Sommer
1984 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): Gefängnis von Hanna, nahe der Stadt, wo ihr der
Prozess gemacht worden war
Handlung
(H):
-
Als Mi Ha am nächsten Tag abholen will, erfährt er, dass Ha
sich umgebracht hat.
-
Gespräch zwischen Mi und der Gefängnisleiterin
(szenische Darstellung)
-
Gefängnisleiterin führt Mi in Hannas Zelle; darin:
Literatur über Konzentrationslager, Gedichte, Zeitungsphoto von Michael
auf seiner Abiturfeier 1962)
-
Mi erfährt von Gefängnisleiterin, dass Ha stets gehofft
habe, einen Brief von Mi zu erhalten.
-
Hannas Vermächtnis für die den Brand 1945 überlebende Tochter
und die testamentarische Bitte an Mi, die gesparten 7.000 DM an sie zu
übergeben,
-
Bericht der Gefängnisleiterin über die Entwicklung Hannas
während der Haft.
-
Mi vor dem Totenbett von Ha, erblickt wie bei einem alten
Ehepaar das junge Gesicht von Ha im Gesicht der alten Ha.
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11 |
Michael erfüllt Hannas Vermächtnis in New York
(S.199 - 204) |
Erzählte Zeit (eZ)*: Herbst 1984 - Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R): Boston/New York
Handlung
(H):
-
Im Herbst nach Hannas Tod reist Mi nach New York, um Hannas
Vermächtnis zu erfüllen.
-
Visionen des
erlebenden
Ichs (erl-Ich) über ein bürgerliches Leben mit Ha im
Reihenhaus auf der Fahrt von Boston nach New York.
-
Zusammentreffen Michaels mit der überlebenden Tochter
(szenische Darstellung); nach deren Weigerung, das Geld anzunehmen
(will Ha nicht vergeben), einvernehmlich Spende an eine jüdische
Stiftung gegen Analphabetismus.
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12 |
Schlussbetrachtung des erzählenden Ichs
(S.205-207) |
Erzählte Zeit (eZ)*: zehn Jahre nach Hannas Tod: Erzählergegenwart
(1994/95)
Raum (R):
Handlung
(H):
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Bericht des Erzählers über die Fragen, die ihn nach dem Tod von Ha
jahrelang beschäftigen (Verleugnungs-, Verratsproblem, Schuldproblem,
Problem fehlender Lossagung von Ha, Verantwortung für ihren Tod...)
-
Reflexion des
erzählenden
Ichs (erz-Ich)
über seine Motive, die Geschichte niederzuschreiben; ursprüngliches Motiv:
die Geschichte loswerden; dann Frieden mit der Geschichte gemacht, aber:
Schuldgefühle und die Geschichte lassen ihn nicht in Ruhe.
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Nur ein einziges Mal steht Mi an Hannas Grab.
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Abkürzungen
EGeg |
Erzählergegenwart (1994/95) |
eZ |
erzählte Zeit |
erl-Ich |
erlebendes, erinnertes Ich |
erz-Ich |
erzählendes, sich erinnerndes Ich |
Ha |
Hanna Schmitz |
Mi |
Michael Berg |
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Baustein: Texterfassung bei
vorbereitender Lektüre des 3. Teils
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
02.06.2024
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