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Text Lessing: Nathan der Weise - 3. Akt: Szene 5

III,5 - Erste Begegnung von Saladin und Nathan: Die Frage nach der Wahrheit

III,4 « III,5 » III,6

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Literarische Gattungen Dramatische Texte Autorinnen und Autoren Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise
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Gesamttext (Recherche-/Leseversion

DRITTER AUFZUG

FÜNFTER AUFTRITT

Saladin und Nathan.

SALADIN. Tritt näher, Jude! – Näher! – Nur ganz her!
   Nur ohne Furcht!
NATHAN.            Die bleibe deinem Feinde!
SALADIN. Du nennst dich Nathan?
NATHAN.                                     Ja.
SALADIN.                                         Den weisen Nathan?1
NATHAN. Nein.
SALADIN.        Wohl! nennst du dich nicht; nennt dich das Volk.     1800
NATHAN. Kann sein; das Volk!
SALADIN.                               Du glaubst doch nicht, daß ich
   Verächtlich von des Volkes Stimme denke? –
   Ich habe längst gewünscht, den Mann zu kennen,
   Den es den Weisen nennt.
NATHAN.                            Und wenn es ihn
   Zum Spott so nennte? Wenn dem Volke weise
   Nichts weiter wär' als klug
? und klug nur der,
   Der sich auf seinen Vorteil gut versteht?2
SALADIN. Auf seinen wahren Vorteil, meinst du doch?
NATHAN. Dann freilich wär' der Eigennützigste
   Der Klügste. Dann wär' freilich klug und weise                           1810
   Nur eins
.3 
SALADIN.  Ich höre dich erweisen4, was
   Du widersprechen willst. – Des Menschen wahre
   Vorteile, die das Volk nicht kennt, kennst du.
   Hast du zu kennen wenigstens gesucht;
   Hast drüber nachgedacht: das auch allein
   Macht schon den Weisen.

NATHAN.                           Der sich jeder dünkt
   Zu sein.
SALADIN.   Nun der Bescheidenheit genug!
   Denn sie nur immerdar zu hören, wo
   Man trockene Vernunft erwartet, ekelt. (Er springt auf.)
  
Laß uns zur Sache kommen! Aber, aber                                    1820
   Aufrichtig, Jud', aufrichtig!
NATHAN.                           Sultan, ich
   Will sicherlich dich so bedienen, daß
   Ich deiner fernern Kundschaft würdig bleibe.
SALADIN. Bedienen? wie?
NATHAN.                         Du sollst das Beste haben
   Von allem; sollst es um den billigsten
   Preis haben.

SALADIN.        Wovon sprichst du? doch wohl nicht
   Von deinen Waren? – Schachern wird mit dir
   Schon meine Schwester.
(Das der Horcherin!5 ) –
   Ich habe mit dem Kaufmann nichts zu tun.
NATHAN. So wirst du ohne Zweifel wissen wollen,                        1830
   Was ich auf meinem Wege von dem Feinde,
   Der allerdings sich wieder reget, etwa
   Bemerkt, getroffen? – Wenn ich unverhohlen ...
SALADIN. Auch darauf bin ich eben nicht mit dir
   Gesteuert
6 . Davon weiß ich schon, so viel
   Ich nötig habe. – Kurz; –
NATHAN.                           Gebiete, Sultan.
SALADIN. Ich heische deinen Unterricht in ganz
   Was anderm; ganz was anderm
. – Da du nun
   So weise bist: so sage mir doch einmal –
   Was für ein Glaube, was für ein Gesetz                                    1840
   Hat dir am meisten eingeleuchtet?

NATHAN.                                         Sultan,
   Ich bin ein Jud'.
SALADIN.           Und ich ein Muselmann7 .
   Der Christ ist zwischen uns. – Von diesen drei
   Religionen kann doch eine nur
   Die wahre sein.
Ein Mann, wie du, bleibt da
   Nicht stehen, wo der Zufall der Geburt
   Ihn hingeworfen: oder wenn er bleibt,
   Bleibt er aus Einsicht, Gründen, Wahl des Bessern.

   Wohlan! so teile deine Einsicht mir
   Dann mit. Laß mich die Gründe hören, denen                             1850
   Ich selber nachzugrübeln, nicht die Zeit
   Gehabt. Laß mich die Wahl, die diese Gründe
   Bestimmt, – versteht sich, im Vertrauen – wissen,
   Damit ich sie zu meiner mache. – Wie?
   Du stutzest?8  wägst9 mich mit dem Auge? – Kann
   Wohl sein, daß ich der erste Sultan bin,
   Der eine solche Grille10  hat; die mich
   Doch eines Sultans eben nicht so ganz
   Unwürdig dünkt11 . – Nicht wahr? – So rede doch!
   Sprich! – Oder willst du einen Augenblick,                                  1860
   Dich zu bedenken
? Gut; ich geb' ihn dir. –
  (Ob sie wohl horcht? Ich will sie doch belauschen;
  Will hören, ob ichs recht gemacht.
12  –) Denk nach!
  Geschwind denk nach!
Ich säume13 nicht, zurück
  Zu kommen.
(Er geht in das Nebenzimmer, nach welchem sich Sittah begeben.)

 

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Dieses Werk (Nathan der Weise, von Gotthold Ephraim Lessing), das durch Gert Egle gekennzeichnet wurde, unterliegt keinen bekannten urheberrechtlichen Beschränkungen.

 

Worterläuterungen/Hinweise/Kommentar

1   provokative Gesprächseröffnung Saladins, die Nathan offensichtlich, wie in III,4 V 1739 zum Ausdruck gebracht, von Anfang an aufs Glatteis führen soll
2   Schließt inhaltlich an das an, was der Tempelherr im Gespräch mit Daja (I,6 V 741: "Seinem Volk ist reich und weise/Vielleicht das nämliche."
3   →Motiv der Weisheit, h: Eigennützigkeit entweder im engeren Sinne als Geschäftstüchtigkeit oder im weiteren Sinne als Egoismus
4   Saladin sieht in der Argumentation Nathans zum Thema Weisheit den Beweis für das dem Juden zugeschriebene Attribut "der Weise"
5   ad spectatores; Sittah hat nur auf Drängen Saladins das Audienzzimmer verlassen, (III,4 V 1793): Saladin, der ihr verboten hat zu lauschen, geht aber offensichtlich davon aus, dass sie sein Gespräch mit Nathan vom Nebenzimmer aus belauscht (Implizite Bühnenanweisung (→ Haupt- und Nebentext)
6   h: darauf wollte ich nicht hinaus
7   veraltete, ins Deutsche übernommene Bezeichnung für Moslem
8   Implizite Bühnenanweisung (→ Haupt- und Nebentext)
9   beobachtest/musterst mich mit einem prüfenden Blick, implizite Bühnenanweisung (→ Haupt- und Nebentext)
10  h: (seltsame, komische) Idee
11  eines Sultans unwürdig erscheint
12  vgl. Anm. 5; Implizite Bühnenanweisung (→ Haupt- und Nebentext)
13  ich werde mich nicht lange aufhalten zurückzukehren, ich komme bald wieder zurück

Textauswahl

Gesamttext (Recherche-/Leseversion

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 05.05.2021

 
 

 
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