•
Stereotype Deutungsansätze vs.
Analyse von Codes
Es gibt einen Pluralismus toleranter Interpretationen
Heute gilt, dass ein literarischer Text
wie ▪ Franz
Kafkas "▪
Heimkehr"
keine fest umrissene Bedeutung besitzt. Der in den "Daten" eines Textes
verborgene Textsinn lässt sich nämlich auch bei bestem Willen im Text
nicht finden, denn "welchen Sinn, welche Bedeutung man mit literarischen
Texten verbindet, ist ... eine Entscheidung, die der Interpret fällt." (Horst
Steinmetz 1995, S.475). Dementsprechend sind auch alle derartigen Interpretationsansätze
legitim, ohne jedoch auch
gleichermaßen überzeugend oder
schlüssig zu
sein.
Das schließt auch ein, dass, vor
allem bei •
modernen Parabeln, sich nicht
alle Elemente des Bildbereichs einer widerspruchsfreien Übertragung und
einem globalen (Gesamt-)Sinn des
Sachbereichs fügen müssen, wenn der Text keinerlei
Sinnversprechen geben kann und will. Nicht immer lassen sich in
derartigen Texten die diese als Gattung konstituierenden •
impliziten Textsignale entnehmen und oft befindet sich auch der
Strukturzusammenhang von •
Bild- und Sachbereich in Auflösung.
Wenn bei der modernen Parabel die Bezugsrahmen von Bild- und
Sachbereich nicht mehr auf einem von Erzähler und Leser im Wesentlichen
geteilten, geschlossenen und konsistenten Menschen- und Weltbild beruhen
und sich dieses Faktum auch in beiden Bereichen zeigt, muss auch die
▪
schulische Interpretation von Parabeln
sehr "offen" gestaltet werden.
Unter literaturdidaktischen Aspekten betrachtet kann dabei der
•
Zugang über das Gattungswissen auch bei diesem Text durchaus
fruchtbar sein, sofern über den Vergleich unterschiedlicher Texte,
die zur weiteren
Textsortenverwandtschaft zählen, das eigenständige
Generieren von
(Familien-)Ähnlichkeiten
ermöglicht wird. Das gilt auch für den Vergleich mit Texten Kafkas,
die gemeinhin als gute Vertreter der Parabel gelten wie z. B.
nach der Auflistung von
Zymner
(2010, S.456): •
Der neue Advokat,
▪
Der
Schlag ans Hoftor
▪ Der Aufbruch,
•
Der Geier,
▪
Der Schlag ans Hoftor,•
Die
Prüfung, •
Ein altes Blatt, •
Eine kaiserliche Botschaft,
•
Ein Hungerkünstler, •
Ein
Landarzt, •
Der Steuermann,
• Die Brücke,
•
Gibs auf
und ▪
Vor dem Gesetz.

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Engels (2010)
•
Ansatz einer historisch-hermeneutischen Literaturwissenschaft
(ebd.,
S.425) verzichtet auf der Grundlage seines
• Lektüremodells des absoluten Bildes darauf,
sich auf einen bestimmten Interpretationsansatz festzulegen, der
dann mit mehr oder weniger überzeugenden
Kotexten und Kontexten
unter Vernachlässigung anderer Aspekte durchgezogen wird.
Stattdessen greift er bestimmte Textelemente auf – er
bezeichnet sie als Codes –, die Kafkas Texte einzeltextübergreifend kennzeichnen und
auch in den verschiedenen gängigen Interpretationsansätzen eine
tragende Rolle spielen.
Engel unterscheidet sechs solcher Codes, die
in den einzelnen Texten in verschiedener Weise z. b. als dominierend
oder nicht, auftreten können:

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Statt einen dieser Codes, wie es die gängigen
Interpretationsansätze zu tun pflegen, zu einer Art "Supercode" zu
erklären, geht es in Engels Lektüremodell darum,
die auf der
Textoberfläche erkennbaren Hierarchien der in einem Text vorhandenen
Codes zu erfassen, Dominanzen zu beschreiben und davon ausgehend
Entscheidungen darüber zu treffen, "wie die textspezifischen Codes
und ihre textspezifische Relation im Einzelnen zu deuten ist."
(ebd.,
S.426)
Dass
Kafkas ▪
Parabel ▪
»Heimkehr«
auf der Textoberfläche Elemente enthält, die einem biografischen
Code zuzuordnen sind, ergibt sich daraus, das in dem Text mehrfach
von der Vater-Sohn-Beziehung die Rede ist. Auch wenn der Vater weder
in der Erzählung in Erscheinung tritt, noch vom Ich-Erzähler in
seinen kurzen Reflexionen persönlich adressiert wird, wird er als
Besitzer des Bauernhofes (›meines
Vaters alter Hof‹, ›meines
Vaters Haus‹) und Vater es Ich-Erzählers (›des
alten Landwirts Sohn‹) ausdrücklich erwähnt. Nicht nur das lässt
es zu, den Text durchaus mit einer Dominanz des biografischen Codes
zu lesen. Auch wenn der Vater im Text keine aktive Rolle spielt, als
paternalistische Vaterfigur und Oberhaupt des ländlichen Haushaltes
(sprachlich unnahbar gemacht durch die Verwendung distanzierender
Genitivkonstruktionen) ist er für den Ich-Erzähler genau so
unerreichbar, wie es Hermann Kafka für seinen Sohn Franz zeitlebens
gewesen ist. Und doch übt er einen ungeheuren Einfluss auf den
Ich-Erzähler aus, der sich verunsichert fragt, welchen
Nutzen er für
die hinter der Küchentüre vermutlich Sitzenden hat. In die gleiche
Richtung geht die Anklage, die Franz gegen seinen Vater in dem
wenige Monate zur im November 1919 verfassten • Brief an den Vater
formuliert hat. Auch wenn dieser einen "Zwitterstatus" zwischen faktualem und
fiktionalen Erzählen einnimmt (vgl. Weidner
2010, S.294), ist es für Kafka doch sein Leben lang ein Problem
von seinem übermächtigen Vater nicht so gesehen und akzeptiert zu
werden, wie er nun einmal war.
Die Anerkennung und
Zuwendung seines Vaters • Hermann Kafka,
dem er nur dann hätte "nützen" können, wenn er in in dessen
Geschäft, dessen "Tempel"
gearbeitet hätte, kann der in seinen jungen Jahren kontaktscheue und
schwächlich wirkende Sohn, der aus unterschiedlichen Gründen nie
eine vollständige Ablösung vom Elternhaus vollziehen konnte, mit
seinen ›Büchern‹
und ݟberspannten
Ideen‹ jedenfalls nie erlangen. Hinzu kommt noch das Scheitern
aller Versuche des Sohnes, sich zu verheiraten und damit eine sozial
akzeptierte Lebensform zu begründen. Ferner zeigt sich auch in der Zeit, in der er ▪
»Heimkehr«
verfasst, erneut, dass auch seine •
Beziehung zu Milena Jesenská-Pollak
(1896-1944)
scheitern wird. Mit der verheirateten Milena Pollak hatte
sich während seines Meranaufenthalts per Briefwechsel binnen kurzer Zeit eine erstaunliche Beziehung
entwickelt, in der "beide
Protagonisten, so scheint es, (...) entschlossen (sind), das soziale
Vorspiel zu überspringen"
(Stach
2011/42015, Kafka - Die Jahre der Erkenntnis,
kindle-Version, S.475): "zwei Menschen, die sich für wenige Stunden im
Caféhaus begegnet sind, breiten nach wenigen Tagen des Briefverkehrs ihre
Lebensängste und Zukunftssorgen, ihr körperliches Selbstbild, ihre
Vorstellungen von Einsamkeit und Gemeinschaft, von Liebe und Sexualität, Ehe
und Ehebruch wechselseitig voreinander aus, als existierte für sie keine
andere Form der Verständigung jenseits der intimen Kommunikation." (Alt
2005/22008, S.540) 1920 jedenfalls sieht alles so aus, dass
die Beziehung, wie seine anderen Verlobungen enden und ihm wieder
nicht "die ersehnte Selbständigkeit vom Elternhaus" bringen und "zu seinem
Ausgangspunkt, seinem wirklichen Zuhause werde zurückkehren müsse(n)." (Binder
1975/31982, S.240f)
Die Situation, in der sich das erzählende Ich befindet und wie es
damit umgeht, kann in einer parabolischen Deutung des Textes unter
einer existenzialistischen Perspektive
sowohl mit einem religiösen, •
christlich-existenzialistischen Ansatz
als auch mit dem Ansatz eines •
atheistisch
fundierten Existenzialismus gedeutet werden. Beide gehen von
ähnlichen Prämissen aus und machen die Sinnsuche in einer sinnlos
erscheinenden Welt zum wesentlichen Problem der Daseinsbewältigung. Dafür sprechen sicher etliche Gründe,
aber auch manches dagegen. Was sie grundlegend voneinander
unterscheidet, ist ihr Verständnis des menschlichen Daseins und die
Richtung, die sie diesem geben wollen.
Während religiöse,
• christlich-existenzialistische Ansätze
den Menschen auffordern, sein
Schicksal in die Hände Gottes zu legen, religiösen
Normen zu folgen und sich in einem Leben mit einem eindeutigen »eschatologischen
Daseinsbezug einzurichten, entlässt der
• atheistisch
fundierte Existenzialismus den Menschen in die volle und ganze
Verantwortung für sein Handeln und bürdet ihm allein die Suche nach und das
Finden von Sinn in einer durch keine andere Instanz irgendwie sinnhaft
gemachten Welt auf. Dadurch gerät das Subjekt in existenzialistischer
Sicht in einen permanenten Zustand existenzieller Unsicherheit, das es
die grundlegenden Fragen des Daseins "Wer bin ich?", "Wozu lebe ich
ich?", "Wo ist mein Platz in der Welt?" usw. nicht mehr beantworten
kann. So auf sich zurückgeworfen, geben ihm auch scheinbar vertraute
Orte, sozialen Beziehungen und weltanschauliche Wahrnehmungs- und
Deutungsperspektiven von Welt keine emotionale und kognitive
Orientierung mehr.
In Kafkas
»Heimkehr«
kann die Rückkehr des erzählenden Ichs von Anfang an als Gestaltung
einer Art von existenzieller Grenzerfahrung gelesen werden, da nichts,
aber auch rein gar nichts, was ihm eigentlich von Kindheit an in seinem
Elternhaus vertraut sein könnte und, eingebettet in die verlässliche
familiäre Beziehungen, Orientierung über seine eigene Identität geben
könnte, quasi im Moment der Rückkehr verflogen ist.
Für einen bibelkundigen Leser dürfte sich bei und nach der Lektüre
von Franz ▪
Kafkas ▪
»Heimkehr«
eine intertextuelle Bezugnahme auf das biblische
• Gleichnis vom verlorenen Sohn
einstellen, auch wenn Kafkas Text sich davon deutlich unterscheidet.
Seine Geschichte zeigt nämlich "eine Welt, die keine Zeichen der
Heilsgewissheit mehr birgt" (Meyer
2014, S.96), am Ende steh auch "kein fröhliches Versöhnungsfest und
keine klar erkennbare Botschaft, kein unmittelbar verständliches
Sinnangebot" (ebd.,
S.97), das einem Leser irgendwie zur Seite steht, um das Erzählte
irgendwie einzuordnen.
Auch die literaturwissenschaftliche Forschung
hat lange
Zeit nahezu unisono vertreten, dass sich die Interpretation "an der
biblischen Vorlage zu orientieren" habe, die nur im Vergleich mit
ihr Profil gewinne. (Bekes 1988a,
S.10)
Das biblische Gleichnis
mit seinen subtilen Anspielungen gilt daher immer wieder als unverzichtbarer "Bezugstext" (Meurer 1988/31998,
S.83), der zeige, "wie sehr das Motiv der Heimkehr
symbolisch besetzt ist". (Niehaus
2010, S.111)
Und auch Sudau
(2021, S.71) betont, dass der Bezug zum
• Gleichnis vom verlorenen Sohn kaum wegzudenken sei und als weiter reichender Sinn
unweigerlich mitschwinge. Dabei ziele dieser "nicht nur auf den Verlust einer
individuellen Vater- oder Familienliebe (...) sondern zusätzlich auf
den Verlust der göttlichen Vaterliebe." Dieser Deutung liegt damit
eine • christlich-existenzialistische
Deutungsperspektive zugrunde.
Ganz im Sinne der • existenzialistischen
These von der
"kosmologischen Obdachlosigkeit" (Yun
Mi Kim 2012, S.22
des erzählenden Ichs akzentuiert auch Sudau die "transzendentale
Obdachlosigkeit" des von Heimat- und Familienverlust betroffenen
Ich-Erzählers, auch wenn er ansonsten diesen textexternen Bezügen im
Gegensatz zu zahlreichen anderen nicht ausführlich nachgeht.
Bekes (1988a,
S.10) sieht in der Tatsache, dass •
Kafkas
Geschichte im Gegensatz zur biblischen Parabel der
Kontext fehle, den
hauptsächlichen Unterschied zwischen beiden Texten. Weil Kafkas Text
sämtliche Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Rückkehr des
erzählenden Ichs ins Elternhaus stellen, unbeantwortet lasse und zudem eine
Sachhälfte, auf die sich der Bildbereich explizit beziehe, fehle,
überlasse er es dem Leser, diese
Unbestimmtheitsstellen zu füllen.
Die
Tatsache, dass trotz der letztlich irreführenden Titelgebung durch »Max
Brod (1884-1968), Kafkas Freund und späteren Herausgeber seiner
nachgelassenen Werke, über den einzig thematisierten Moment der Ankunft die
eigentliche Heimkehr misslinge, zeige, dass Kafka in seiner Geschichte
das "Motiv des nie ans Ziel gelangenden Helden", das das Gesamtwerk
Kafkas präge, poetisch gestaltet habe. Eine These im Übrigen, die schon
Friedrich
Beißner
(1958) formulierte, als er betonte, das durchgehende Thema Franz Kafkas
sei "die
misslingende Ankunft oder das verfehlte Ziel", das "aus der Grunderfahrung einer auswegslosen Einsamkeit"
resultiere und in der »christlichen
Eschatologie, der Lehre von den letzten Dingen und dem Jüngsten
Gericht, aufgehoben werde.

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Besondere Aufmerksamkeit verlange,
so
Bekes (1988a,
S.10)
die von Kafka in seinem Text verwendete
• Ich-Perspektive, im Sinne der •
traditionellen Erzähltheorie von »Franz
K. Stanzel (geb. 1924) die sich klar
von der • neutralen Perspektive in der biblischen Vorlage unterscheide. In
der von Kafka gewählten Perspektive bestimme die "Bewusstseinsstruktur des
Erzähler-Ichs den Fokus für das Erfassen von Wirklichkeit." (ebd.,
S.11)

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Der Moment des Ankommens, der im ersten Satz des Textes als ein "im
Perfekt vollzogenes Tun des Ich" (ebd.)
und im anschließenden zeitlosen Präsens quasi eingefroren werde, wirke
insgesamt statisch und das Ich stehe stehe damit buchstäblich auf der
Stelle. In einer Art "Detailrealismus" (ebd.)
mit dem Blick des wahrnehmenden Ichs auf die Pfütze und allerlei nutzlos
erscheinendes Gerät im Hof werde schon deutlich, dass er der Dinge, die
einmal zu seinem Leben gehört haben, nicht mehr "erneut habhaft" werden
könne.
Das erzählende Ich finde damit weder in der äußeren
Erscheinungswelt noch in seiner sozialen Mitwelt Orientierung und Halt. Aus
diesem Grunde suche es in seiner eigenen Innenwelt sein Heil und hoffe
damit Orientierung gewinnen zu können. Allerdings bleibe der
vermeintliche Widerhall »herüber aus den Kindertagen« "vage, subjektiv,
illusionär." (ebd.)
Nach einer ganzen Reihe von Fragen, die das erzählende Ich aufwerfe, und
etlichen Vermutungen, sei ihm am Ende nicht nur die äußere Wirklichkeit,
sondern auch das eigene Bewusstsein fremd (vgl.
ebd., S.12) und das Ich sei entsprechend "zum uneigentlichen
›Man‹ abstrahiert." (ebd.)
Dieses ›Man‹ sei indessen nicht als Verallgemeinerung im Sinne
konventioneller Parabolik zu verstehen, sondern zeige an, "dass die in
die Isolation geratene Subjektivität sich auch nicht mehr durch und in
sich selbst vergewissern kann." (ebd.)
So gingen auch die in den beiden Schlussätzen vom Ich geäußerten
Erwartungen völlig an der Realität vorbei und blieben "irreale
Projektionen (›Wie wäre es‹), die die eigene Fremdheit, Ohnmacht und
Abgründigkeit durch den vermeintlichen Rückgriff auf Individuation zu
kaschieren" (ebd.)
versuche.
Niehaus (2010,
S.111) gestaltet Kafka in seinem Text die sein Werk immer wieder
kennzeichnende Schwellensituation,
und zwar eine Situation vor der Schwelle, die zu überwinden
den jeweiligen Protagonisten nicht gelingt. Zugleich stelle die
Rückkehr ins Vaterhaus "eine menschliche Grundsituation" dar, "deren symbolische Überhöhung die Heimkehr eines Verlorenen ist, der
wieder in die Abfolge der Generationen eintritt, oder aber die
Rückkehr des Retters, der die Ordnung des Vaterhauses
wiederherstellt. In jedem Falle setzt sich das Subjekt in ein
Verhältnis zu der Ordnung, die es hervorgebracht hat." (ebd.,
S.112)
Im
Hinblick auf den Bezug zum •
biblischen Gleichnis betont
Niehaus (2010),
dass der Text Kafkas "in fast allen Punkten vom biblischen Schema
abweicht." (ebd.,
S.111) Dennoch, nicht zuletzt durch die Titelgebung durch Max Brod,
wurde und werde der Text immer wieder vor dem Hintergrund des
biblischen Textes gelesen. Im biblischen Gleichnis
hingegen komme diese Schwellensituation überhaupt nicht vor, weil
der Vater sie überbrücke. Im Unterschied zu Kafkas Geschichte sei
der Moment der Rückkehr der Höhepunkt der biblischen Geschichte.
(vgl. ebd.,
S.111)
Auch Meurer
(1988/31998, S.83) betont im Vergleich von Kafkas Text
mit der biblischen Vorlage, die Einbettung des biblischen Texts in
den Kontext und die ausgesprochene Gleichnisfunktion. Das Gleichnis
solle "Gottes verzeihende Gnade" zeigen, die dem reuigen Sünder
zuteil werde, selbst wenn er noch so spät umkehre und keinerlei gute
Werke vorzuweisen habe. In dem im Präteritum und der dritten Person
erzählten Text bilde zudem die dialogisch gestaltete Begrüßungsszene
den Höhepunkt.
Kafkas ▪
»Heimkehr«
gestalte hingegen nur einen bestimmten Moment der Heimkehr des
Sohnes, der in der Ich-Form erzählt werde. Dabei sei "die
Redeweise" in Kafkas Text im Grunde beschreibend. Dabei nutze der
Erzähler den inneren Monolog um zu Beginn die äußere und danach die
innere Situation zu schildern. Im Unterschied zum biblischen
Gleichnis werde die Geschichte, abgesehen von der im Perfekt
dargestellten Tatsache der schon vollzogenen Rückkehr ( ›Ich bin
zurückgekehrt, ich habe den Flur durchschritten‹, ›Ich bin angekommen‹,
im Präsens dargeboten. Nur einmal ziehe das erzählende Ich die
mögliche Zukunft mit in seine Überlegungen ein (›Wer
wird mich empfangen?‹). Vor allem aber teile Kafkas Text im
Unterschied zum biblischen Gleichnis explizit keine Lehre mit, "es
sei denn, dass man den einzigen Aussagesatz, in dem die Ich-Form
durch das verallgemeinernde ›man‹ abgelöst wird, so versteht." (ebd.)
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Moderne Parabel
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Parabel interpretieren
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
08.05.2025
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