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Historisch-hermeneutische Deutung

Franz Kafka (1883-1924)Kafka als ErzählerWissenschaftliche Interpretationsansätze und Lesarten

 
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Stereotype Deutungsansätze vs. Analyse von Codes

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Dass einem diese Texte "schräg" vorkommen, ist ganz normal ...

Manfred Engel (2010, S.424-426) hat mit seinem Ansatz einer (integrativen) historisch-hermeneutischen Literaturwissenschaft (ebd., S.425) den Versuch unternommen, zu einer Verringerung des Dissenses zwischen den verschiedenen in Konkurrenz um die "Deutungshoheit" stehenden wissenschaftlichen Ansätze beizutragen und sich, statt dem fortwährenden Prozess immer wieder neu aktualisierender allegorischer Interpretationen hinterherzulaufen, mit einem anderen Lesemodell wieder stärker dem Text zuzuwenden.


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Das Lesemodell des "absoluten Bildes" als Ausweg einer historisch-hermeneutisch ausgerichteten Interpretation

Als einen Ausweg aus der Abgrenzungsproblematik und dem ständig Dissens produzierenden Geltungsanspruch, den die jeweiligen Ansätze erheben, bietet sich allen jenen, die an deren Überwindung interessiert sind, nach Engel (2010, S.414, 434f.) zunächst einmal ein Lektüremodell an, das "die auf der Textoberfläche dargestellten Konstellationen als eine abstrakte Modellsituation (also quasi ‹wörtlich‹)" nimmt und "(...) sich bei der Deutung darauf (beschränkt), diese mit Hilfe der im Text vorgegebenen Leitbegriffe zu verallgemeinern." (ebd., S.414)

Das "Wörtlich-Nehmen" bedeutete hingegen nicht, den Verstehensprozess auf die Inhalte und Strukturen der Textoberfläche zu beschränken, was zu einer trivialisierenden Lektüre mit allzu einfachen handwerklichen Deutungen führen könne (ebd., S.426), sondern den Text als absolute Metonymie zu behandeln, d. h. "als ein Bild-Modell, dessen Deutung sich über eine Verallgemeinerung des Bild-Einfalls ergibt." (ebd.)

Der Begriff der absoluten Metonymie grenzt sich ab von der in der modernen Lyrik immer wieder zu findenden absoluten Metapher als Modell uneigentlicher Rede. So paradox die Vorstellung auch ist, dass eine den Merkmalen metaphorischer Rede folgende Darstellung ohne einen mehr oder weniger gut erkennbaren Ähnlichkeitsbezug zu dem Gemeinten in dem von ihr gestalteten Bild auskommt, verzichtet diese Form uneigentlicher, metaphorisch gestalteter Rede darauf, irgendeine Sachhälfte zu markieren. Hier gibt es also keinen Hinweis mehr darauf, was ursprünglich mit dem metaphorischen Ausdruck erfasst worden ist und diesem in irgendeiner Art und Weise ähnelt.

Solche Textpassagen gehören allerdings, das liest der Leser heraus, zu der oder den ›Bild-Welten‹, die in einem Text gestaltet werden. Ein Leser erkennt dies gewöhnlich daran, dass die Darstellung von seinem Alltags- bzw. Weltwissen abweicht. Zugleich spürt er aber auch, dass er von der sonst mit Metaphern verbundenen Bedeutungsübertragung (Wortsemantik) mit Hilfe eines Analogieschlusses entlastet ist. Er sieht sich damit auch der Aufgabe entbunden ist, einen bestimmten Bildbereich zu konstruieren. Was bleibt ist lediglich ein "textprägende(r) Erzähleinfall"  (ebd., S.414), der als ›Bild‹ im Text "Realitätsstatus" (ebd.) besitzt. Die von absoluten Metaphern erzeugten Bilder sind in diesem Sinne real.

In den Texten Franz Kafkas spielen im Unterschied zur modernen Lyrik im Allgemeinen nicht mehrere absolute Setzungen dieser Art eine Rolle. In modernen lyrischen Texten schafft ihre größere Anzahl und Verbreitung ein ganzes Bündel von Konnotationen, die in verschiedenen Korrespondenz- und Kontrastbeziehungen zueinander stehen.

Bei Kafka ist es, so Engel, hingegen im Allgemeinen ein einzelnes, den Text durchziehendes "zentrales Bild bzw. ein Bildkomplex" (ebd.), das/der den gesamten Text zu einer Art "Makrozeichen" (ebd.) macht. Zudem lässt sich, so Engel weiter, in Kafkas Texten eine "abstrakte Begriffsebene" erkennen, mit deren Hilfe "der Leser als Stellvertreter einer eigentlichen Aussageebene" agieren kann. (ebd.)

Das oben erwähnte Lektüremodell zielt darauf, "einen Mittelweg zwischen ›absoluter Metaphorik‹ und ›Parabolik‹ zu gehen" (ebd.). Ihm geht es nicht primär darum, die absoluten Bilder (bzw. absoluten Metaphern) in Franz Kafkas Texten irgendwie zu transformieren bzw. zu übersetzen, sondern es lässt sie in gewisser Weise als zu verallgemeinernde absolute Metonymien stehen, die nicht mehr von Analogierelationen zwischen Gesagtem und Gemeinten bestimmt werden, sondern durch Kontiguitätsbeziehungen. Das sind "Nachbarschaften" innerhalb eines Bedeutungsfeldes bzw. Sachbereichs als Relation zwischen einem Teil und einem Ganzen, einem Teil und einem anderen Teil, einem Behälter für den Inhalt, einem Ort für eine Person oder für ein Ereignis, für eine Institution für Angehörige der Institution etc.

Das Lektüremodell des ›absoluten Bildes‹ hat gegenüber dem mit ihm konkurrierenden Modell der parabolischen Lektüre für Engel den Vorteil, dass sie nicht zwanghaft "auf eindeutige Auflösbarkeit" bildlicher Rede angelegt ist und sich damit auch von der "Suche nach einer eindeutigen, vom Bild ablösbaren ›Botschaft‹ oder ›Lehre‹" (ebd.) entlastet. Indem das Modell die Textoberfläche, so wie sie ist, ernst nehme, begreife es auch moderne Literarizität als "Sprechen in Bildern und Geschichten" (ebd.).

Nicht nur aus diesem Grunde werden damit die Vorstellungen der älteren Parabelinterpretation mit ihren metaphorisch, allegorischen Analogieschlüssen bei der Übertragung von einem Bild- in einen Sachbereich hinwegeskamotiert, zumal der • Verweisungszusammenhang von Bild- und Sachbereich bei modernen Parabeln ohnehin in Auflösung begriffen ist oder gar nicht mehr existiert.

Trotzdem erhebt Engel nicht den Anspruch, mit seinem Modell gängigen Interpretationsansätzen ihren Erkenntniswert im Einzelnen abzusprechen. Ebenso wenig glaubt er daran, dass es ihren Rang in der zeitgenössischen Literaturwissenschaft wirklich erschüttern kann. Allerdings sieht er sich damit auf Augenhöhe mit diesen, und insistiert darauf, dass sein Ansatz zumindest als gleichberechtigte und ergänzende Alternative zu den aktualisierenden Interpretationen zu sehen sei, die immer wieder mehr oder weniger stereotyp auf die Einzeltexte angewendet werden.

Das kann, wie auch Engel hofft, die auf Dissens der Ansätze und Deutungen aufbauende bisherige literaturwissenschaftliche Interpretation konsensfähiger machen, allerdings nur für den, "an einer historischen Kafka-Interpretation und an einer Dissensreduktion zwischen den Interpretationen interessiert ist." (ebd., S.426)

Analyse von Codes statt textübergreifender vereinheitlichender allegorischer Deutung

Engels Ansatz einer historisch-hermeneutischen Literaturwissenschaft (ebd., S.425) verzichtet auf der Grundlage seines Lektüremodells darauf, sich auf einen bestimmten Interpretationsansatz festzulegen, der dann mit mehr oder weniger überzeugenden Kotexten und Kontexten unter Vernachlässigung anderer Aspekte durchgezogen wird.

Stattdessen greift er bestimmte Textelemente auf –  er bezeichnet sie als Codes –,  die Kafkas Texte einzeltextübergreifend kennzeichnen und auch in den verschiedenen gängigen Interpretationsansätzen eine tragende Rolle spielen.

Engel unterscheidet sechs solcher Codes, die in den einzelnen Texten in verschiedener Weise z. b. als dominierend oder nicht, auftreten können:


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Statt den einer dieser Codes, wie es die gängigen Interpretationsansätze zu tun pflegen, zu einer Art "Supercode" zu erklären, geht es in Engels Lektüremodell darum, die auf der Textoberfläche erkennbaren Hierarchien der in einem Text vorhandenen Codes zu erfassen, Dominanzen zu beschreiben und davon ausgehend Entscheidungen darüber zu treffen, "wie die textspezifischen Codes und ihre textspezifische Relation im Einzelnen zu deuten ist." (ebd., S.426)

Auf diese Art und Weise werde das Interpretationsspektrum und damit die Anzahl miteinander konkurrierender Deutungen eingeschränkt und die Interpretation enger an den jeweiligen Einzeltext gebunden. Wie man sich eine derartige Textanalyse und -interpretation am Beispiel eines Einzeltextes  vorstellen kann, hat Engel (ebd., S.425) am Beispiel von Franz Kafkas Erzählung • "Das Urteil (1913)" dargestellt.

Für die • Literaturdidaktik kann das von Engel entwickelte Lektüremodell große Relevanz beanspruchen, weil bei • modernen Parabeln, bei denen der enge • Verweisungszusammenhang von Bild- und Sachbereich weitgehend aufgelöst ist, eben nicht mehr als Brücke der • Sinnkonstruktion dienen kann. Die Schülerinnen und Schüler werden jedenfalls damit nicht durch die Vorgabe von stereotypen Deutungsansätzen auf eine von vornherein äußerst eingegrenzte Spurensuche geschickt, bei der sie, im Sinne einer "Nachweisdidaktik",  "nur" suchen und finden sollen, was man schon vorher weiß und dabei ausblendet, was links und rechts des vorgezeichneten Interpretationspfades liegt. Das Modell bietet dabei, hier nur anzudeutende Übergänge zur • Prototypendidaktik (vgl. u. a. Spinner 2006, Köster 2015), die bildliches Denken und das Finden von selbst generierten Ähnlichkeiten mit all ihren dabei auftretenden Unschärfen in den Mittelpunkt rückt.

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 03.02.2025

 
 

 
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