Das Gespräch zwischen
der Regentin
•
Margarete von Parma
und
• Machiavell
im
2. Zwischenakt/ der 2. Großszene •»Palast der Regentin« des
•
1. Aufzugs in
•
Johann
Wolfgang von Goethes Drama •
»Egmont« kreist im Wesentlichen um drei Themen, die im
nachfolgenden
•
Strukturbild
herausgearbeitet sind.

Für
größere (740px) und
große Ansicht (1000px) bitte an*klicken*tippen!
Das Gespräch zwischen der Regentin und ihrem Privatsekretär steht
funktional im Zeichen der
•
perspektivisch angelegten
Exposition
im •
1. Aufzug des Dramas. Der Zwischenakt fügt
der im beim
•
Armbrustschießen in Brüssel (1.
Zwischenakt) exponierten
•
sozialen bzw. nationalen Perspektive
auf die politische Lage und die Figur Egmonts eine
•
machtpolitische Perspektive
hinzu, die aus der Sicht der Regentin und ihres Sekretärs gestaltet wird.
Das Gespräch stellt eine Vermischung verschiedener
•
Gesprächsformen dar. Auch
wenn das Gespräch durch die
•
Aufforderung der Regentin, dass
Machiavell offen seine Meinung sagen solle, eine gewisses
Zeitlang den Eindruck hinterlässt, dass es sich um eine fast
gleichberechtigte, also
•
symmetrische Kommunikation
zwischen beiden handelt, lässt die Regentin keinen Zweifel daran, dass
Machiavell, der Privatsekretär, diesen superioren "Gunsterweis"
nicht überziehen darf. Mehrmals im Verlauf des Gesprächs •
ermahnt sie ihn, warnt ihn
davor, den Bogen nicht zu überspannen und signalisiert ihm
unmissverständlich, wer Herrin im Haus ist.
Und auch der •
soziale Gestus ihrer
Sprache, der "eigentlich leidenschaftlich", aber "gebändigt durch ihre
höfische Zucht" (Robert Petsch) ist, zeigt deutlich, wer das Heft in der
Hand zu halten beansprucht.
Diese herrschaftliche Dominanzgebärde steht dabei in einem deutlichen
Kontrast zu ihrer faktischen Hilflosigkeit in der Politik. So wundert es
zunächst auch nicht, dass Machiavell zunächst etwas kritisch bemerkt, die
Regentin habe in ihren früheren Entscheidungen schließlich auch nie auf
ihn gehört. Und mit - für die Regentin wahrscheinlich - stolzer Brust
verkündet er gar,
•
dass er die eingetretene Entwicklung
schließlich vorausgesehen habe.
Trotz der herrisch-ungeduldigen
Art, mit der die Regentin die Worte ihres Sekretärs immer dann quittiert,
wenn sie zum Grundsätzlichen kommen, beweist Machiavell jedoch immer
wieder Mut, seine nur vordergründig "machiavellistischen", also allein der
Staatsräson und dem Machterhalt utilitaristisch untergeordneten,
Positionen zu beziehen. Mit seiner •
Forderung nach einer begrenzten
religiösen Toleranz vertritt er aufklärerisch-absolutistische
Positionen und mit seinem •
Verständnis das niederländische
Strebens nach, allerdings wohl ständischer, Selbstregierung,
wagt er sich gegenüber seiner Herrin weit hervor. Dennoch das Gespräch
bleibt das Gespräch aufgrund der sozialen Unterschiede der beiden
Figuren prinzipiell •
asymmetrisch und komplementär.
Auch in der Debatte um die Person und Rolle Egmonts in der
niederländischen Politik versucht Machiavell, ganz im Gegensatz zur
Regentin, ein nüchternes Bild zu entwerfen. Er weiß, dass •
Egmont der maßgebende vom Volk
bewunderte und allseits anerkannte Führer ist, der, wenn er
sich mit Oranien zusammentut,
•
ein gefährliches Paar
bildet. Aber noch zweifelt er nicht im Geringsten an dessen
•
Loyalität gegenüber dem König.
Ob dies auch uneingeschränkt für seine Treue gegenüber der Regentin gilt,
bringt er nicht weiter zur Sprache. Margarete von Parma, die mit ihrer
Bemerkung •
"ich
fürchte Oranien, und ich fürchte für Egmont" und ihrer Äußerung
am Ende des Dialogs,
•
nicht nur sie sei empfindlich, sondern
auch Egmont, signalisiert, dass sie Sympathien, vielleicht
sogar mehr, für diesen empfindet, sieht sich von Egmont vor allem auch
persönlich, u. U, gerade als Frau, verletzt.
Dieses Motiv ist von Goethe indessen nur wenig fortgeführt worden. Es
klingt allerdings ganz deutlich wieder im
•
Gespräch zwischen Egmont und Oranien
an. Darin zeigt Egmont nämlich, dass er ihre Andeutungen über eine
möglicherweise folgende Abdankung als
•
bloßes Spiel einer Frau
auffasst, die zudem Launen unterworfen ist, und die daher zu keiner
weitreichenden Entscheidung fähig ist.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.01.2024