Der
•
1. Aufzug von
•
Johann Wolfgang von Goethes Drama
• »Egmont«
lässt sich im
•
Szenenschema wie folgt darstellen. Der Aufzug besteht aus 3
"Zwischenakten" bzw. Großszenen, die an unterschiedlichen Orten und
zu unterschiedlicher Zeit spielen:
•
Platz in Brüssel (Hinweis
darauf findet sich im Personenverzeichnis),
•
Palast der Regentin,
•
Bürgerhaus)
Goethe hält sich im
• »Egmont« nicht an die herkömmliche,
•
klassische Lehre von den drei
Einheiten, sondern bevorzugt eine Akt- und
Szenengestaltung, die an den Auffassungen und Techniken von »William
Shakespeares (1564-1616)
orientiert ist. In den Akten findet immer wieder ein
Schauplatzwechsel statt, so auch im
1. Aufzug..
Diese Schauplatzwechsel werden mit Szenentiteln im
•
Nebentext signalisiert.
Unterhalb dieser Großszenen wird von Goethe selbst im Text keine
Gliederungseinheit nach dem Muster herkömmlicher Auftritte im Nebentext
mit Szenentitel signalisiert. Aus den Auf- und Abtritten der Figuren lässt
sich die herkömmliche Szeneneinteilung aber durchaus gewinnen, wenn man
die entsprechenden Bemerkungen im Nebentext zugrunde legt. Dies ist für
die Analyse des
•
Handlungsverlaufs aber durchaus sinnvoll, da sie die
jeweilige •
Konfiguration
und die ihre zugrunde liegenden
Konfigurationswechsel
verdeutlicht.
In der
nachfolgenden Darstellung werden die
Auftritte der Szene (•
Armbrustschießen (1/13) als jeweils eigene
szenische Einheit aufgelistet.
(I,1)
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größere Ansicht bitte an*klicken*tippen!
Re
= Margarete von Parma, Tochter Karls des Fünften, Regentin der
Niederlande
Eg = Graf Egmont, Prinz von Gaure
Or = Wilhelm von Oranien
Al = Herzog Alba
Ma =
Machiavell, im Dienst der Regentin
Ri =
Richard, Egmonts Geheimschreiber
Si =
Silva, unter Alba dienend
Go =
Gomez, unter Alba dienend
Kl =
Klärchen, Egmonts Geliebte |
Mu =
Mutter von Klärchen
Br = Brackenburg, ein Bürgersohn
Fe =
Ferdinand, natürlicher Sohn Albas
So = Soest, Krämer, Bürger von Brüssel
Je = Jetter, Schneider, Bürger von Brüssel
Zi =
Zimmermann, Bürger von Brüssel
Se =
Seifensieder, Bürger von Brüssel
Bu =
Buyck, Soldat unter Egmont
Ru =
Ruysum, Invalide und taub
Va =
Vansen, ein Schreiber
An = Andere (Volk, Gefolge, Wachen usw.) |
In der Rubrik An = andere
Figuren, werden sämtliche Figuren, die bei Bürgeransammlungen namenlos
mit oder ohne gesprochenem Text auftreten, sowie Bedienste, Gefolge
und Wachen zusammengefasst. |
Zwischenakt / Großszenen |
Figuren |
Handlung |
1
Armbrust-schießen, Soldaten und Bürger mit Armbrüsten
Platz in Brüssel |
Soest
(Soe),
Jetter (Je),
Buyck (Bu, gesprochen: Beuk), Ruysum (Ru, gesprochen: Reusum), weitere
Soldaten und Bürger mit Armbrüsten (An) |
Auf einem Platz in »Brüssel
veranstalten Bürger ein Armbrust-Wettschießen.
Während des geselligen Treibens loben sie etliche
Trinksprüche auf die Sicherheit, Ruhe, Ordnung und
Freiheit als die wichtigsten bürgerlichen Ideale sowie
die Obrigkeit aus. Dazwischen unterhalten sich Soest
(Krämer),
Jetter (Schneider),
Buyck (Holländer, Soldat unter Egmont),
Ruysum (invalider Friesländer) über die
politischen Verhältnisse in dem vom spanischen König
»Philipp II.
(1527-1598) und seiner Statthalterin •
Margarete
von Parma
regierten Land, das vor allem unter der »Inquisition und
anderen Maßnahmen leide, mit dem die Spanier den
weiteren Zulauf der Menschen zur protestantischen
Religion mit Gewalt unterbinden wolle. Während der König
und seine Statthalterin im Urteil der Gesprächspartner
im Grunde genommen nicht gut wegkommen, sind sie für den
in spanischen Diensten stehenden Grafen •
Egmont
voll des Lobes und sehen in ihm einen wohlwollenden,
fröhlichen und das freie Leben liebenden und volksnahen
Fürsten, den die Anwesenden mehrfach hochleben lassen. |
Palast der Regentin
|
Regentin (Re), Ma (Machiavell) |
Die Regentin •
Margarete von Parma
macht sich angesichts der letzten Unruhen in einigen
Städten Flanderns Gedanken darüber, ob diese auch ihrer
Nachsicht gegenüber den Calvinisten und ihrer Anhänger
geschuldet ist. Dennoch will sie mit Briefen, die ihr
Sekretär Machiavell abgefasst hat, dem spanischen König
wahrheitsgetreu berichten, dass ihr die Kontrolle über
diese Entwicklung weitgehende entglitten ist. Ehe die
Briefe abgesendet werden, will sie aber, um sich zu
versichern, noch die Meinung Machiavells hören. Dieser
rät ihr, ganz im Gegensatz zu der von der spanischen
Krone geforderten harten Repressionspolitik gegenüber
der neuen calvinistischen Lehre, zur Fortsetzung ihrer
zwar deren Bewegungsspielraum einschränkenden, insgesamt
aber doch toleranten Religionspolitik. Margarete von
Parma, die in der Frage der zur Debatte stehenden
Religionsfreiheit noch keinen endgültigen Standpunkt
hat, ist sich allerdings bewusst, dass sie mit einer
solchen Politik ihre von der spanischen Krone
abhängenden Regentschaft verlieren könnte. Vor allem
bereit ihr Sorge, dass maßgebliche, in spanischen
Diensten stehende niederländische Adelige, vor allem
Graf •
Egmont,
die angespannte Lage ausnutzten und die Loslösung der
spanischen Niederlande aus dem Habsburgerreich
betrieben. Auch am spanischen Hof sei man inzwischen der
Ansicht, dass sich eine Verschwörung gegen die
Herrschaft »Philipps II.
(1527-1598) in den Niederlanden gebildet habe. Um
die potentiellen Verschwörer unter Druck zu setzen und
endgültig Farbe bekennen zu lassen, habe sie den Rat der Regentin einberufen und auch
•
Oranien
aufgefordert, an der Sitzung teilzunehmen.
Im Rat, so erklärt sie Machiavell ihre Absichten, wolle
sie den niederländischen Fürsten für die Unruhen zur
Rechenschaft ziehen und ein härteres Vorgehen von ihnen
verlangen. Wenn sie sich dem widersetzten, müssten sie
sich selbst zu Rebellen erklären. Dann befiehlt sie
Machiavell noch, die Briefe an den König schnell
abzusenden, damit dieser aus ihrer Hand zuerst über die
Entwicklung in den Niederlanden unterrichtet werde. |
Bürgerhaus |
Klärchen (Kl), Mutter
von Klärchen (Mu), Brackenburg (Br) |
Klare (Klärchen), ihre
Mutter und Brackenburg, ein Bürgersohn, der in Klare
verliebt ist und sie seit einiger Zeit umwirbt, sitzen
in dem Bürgerhaus, indem Mutter
und Tochter wohnen, beieinander. Als sie hören, wie die Leibwache
der Regentin an ihrem Haus vorbeimarschiert, geht
Brackenburg auf Klärchens Wunsch hinaus, um
herauszufinden, was der Grund dafür ist. Während seiner
Abwesenheit kommen Mutter und Tochter über das
Verhältnis zwischen Klare und dem Bürgersohn zu
sprechen. Klare erklärt, dass ihr Herz seit geraumer
Zeit dem Grafen •
Egmont
gehört, dessen Geliebte sie geworden sei. Aus diesem
Grunde will sie Brackenburg, den sie nach eigener
Aussage zwar einmal gern gehabt, aber nicht geliebt
habe, auf Distanz halten, ohne seine Gesellschaft
grundsätzlich verlieren zu müssen. Die Beziehung des
bürgerlichen Mädchens zu dem hochadeligen Egmont, von
dem Klärchen als Mann, als galanten und zugewandten
Liebhaber, aber vor allem auch als Volksheld schwärmt,
hat in den Augen ihrer Mutter keine Zukunft, wenngleich
sie sich zunächst durchaus auch in dem Glanz gesonnt
hat, den die zeitweilige Anwesenheit Egmonts in dem
Bürgerhaus verbreitet hat, wenn er im Schutz der Nacht
die junge Frau besucht. Die Liaison Klärchens mit Egmont
wird von allen, die darüber Bescheid wissen, geheim
gehalten. Die Einwände und Sorgen der Mutter treffen bei
ihrer Tochter jedoch auf taube Ohren. Als Brackenburg
zurückkommt und von ausbrechenden Tumulten in Flandern
berichtet, ziehen sich Mutter und Tochter unter einem
Vorwand zurück, so dass Brackenburg für einen Moment
Gelegenheit hat, über seine unglückliche Liebe und sein
Leben nachzudenken, dem er nach einem schon einmal
fehlgeschlagenen Suizid-Versuch mit einem Gift ein Ende
setzen will. |
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.01.2024
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