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Aspekte der Erzähltextanalyse: Borchert, An diesem Dienstag

Immer und jeden Tag

Interpretation

 
FAChbereich Deutsch
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Bausteine

Immer und jeden Tag
Gert Egle (2020)

Von Anfang an ist klar: Dieser Dienstag, den die Kurzgeschichte von ▪ Wolfgang Borchert schon im Titel führt, ist, trotz der Verwendung des Demonstrativpronomens, das auf einen ganz bestimmten Dienstag als einen einzelnen Tag hinweist, ein Dienstag wie alle anderen Dienstage auch.

Seine zeitlichen Bezugsgrößen sind eigentlich beliebig. Man kann ihn, wie der typografisch als Vorspann von der eigentlichen Geschichte abgesetzte Dreizeiler, mit denen die Rezeption des nachfolgenden Textes auktorial gesteuert werden soll, als einen Dienstag in einer Woche ebenso gut verstehen wie als einen der immer wiederkehrenden Dienstage in einem ganzen Jahr.

Entscheidend ist nicht, in welchem größeren zeitlichen Rahmen man ihn stellt, sondern wie er räumlich bzw. situativ "verortet" wird. Es ist eben ein Dienstag im Krieg, von denen es letzten Endes so viele gibt, wie viele Wochen und Jahre der Krieg andauert. Und dieser wiederum hat keinen Anfang und kein Ende, sondern zieht sich Dienstag für Dienstag hin. Auf den Krieg also soll sich die Aufmerksamkeit des Lesers richten, darauf, was an einem x-beliebigen Dienstag passiert.

In neun Episoden ganz unterschiedlicher Länge, die mehr oder weniger miteinander zusammenhängen, wird erzählt, was sich an einem bestimmten Dienstag im Leben einer ausgewählten Gruppe von Menschen in der vom Krieg offenbar (noch) verschonten Heimat und an der Front im Winterkrieg in Russland ereignet. Was sich hier wie dort zuträgt, wird quasi simultan, allerdings durchaus mit zeitlichen Verschiebungen, als punktuelle Ereignisse binnen eines Tages dargeboten. Dabei werden die tatsächlichen Handlungsräume, in denen das Geschehen in der Heimat und an der Front, abgesehen von der genauen Ortsangabe beim Seuchenlazarett von Smolensk, nicht vom Erzähler benannt oder beschrieben.

Dabei wird jede der Episoden mit der typographisch auf einer Einzelzeile vorgenommenen Zeitangabe "An diesem Dienstag" eingeleitet.  Diese wirkt, auch wenn sie Satzteil des jeweils folgenden Satzes darstellt, wie eine sich neun Mal wiederholende Zwischenüberschrift. Mit ihrer typographisch vom folgenden Fließtext abgesetzten Stellung und ihrer rhetorischen Gestaltung (anaphorischer Satzbeginn und grammatikalischer Parallelismus) wird mit der wiederkehrenden Wiederholung eine große Eindringlichkeit erzeugt. Diese zielt darauf, den Leser immer wieder auch beim Schauplatzwechsel darauf aufmerksam zu machen, dass er das, was sich hie wie dort ereignet, salopp gesagt, immer gleichzeitig auf dem Schirm haben soll. Nur diese auf Simultaneität der Ereignisse ausgerichtete Lesart ermöglicht dem Leser kognitiv, so etwas wie eine ästhetische Simultaneitätserfahung räumlich so weit auseinander liegender Ereignisse. Dass die von Borchert verwendete Montagetechnik keine wirkliche Simultaneität der Ereignisse in der Heimat und an der Front erzeugen, sie also auch keine "Simultaneitätsgeschichte" (Bellmann 2004, S.42) i. e. S. ist, spricht dafür, das "puzzle von Momentaufnahmen" (zit. n. ebd.) und das ihm zugrunde liegende "Kompositionsprinzip des Mosaiks, dessen Teile sich zu einem Gesamtbild – hier der Kriegswirklichkeit - zusammenschließen" (ebd.) aufzufassen.

Auch wenn der Vorspann wohl zur antizipierenden Lesererwartung führt, dass die Geschichte ohne weitere Umschweife Ereignisse und Geschehen an einem bestimmten Dienstag darbietet, an dem der Krieg tobt, setzt die Geschichte, genauer gesagt, die erste Episode, an einem anderen Ort ein. Dieser Raum ist zwar fernab vom eigentlichen Krieg, aber, was sich ereignet, ist dennoch mit dem Geschehen an der Kriegsfront verwoben.

Dabei rahmt die Geschichte der Schülerin Ulla mit der ersten und der letzten Episode die ganze Geschichte. Sie setzt auch den zeitlichen Rahmen, dem sich letzten Endes alle dargestellten Episoden unterordnen. Es ist der kontinuierliche linearer Zeitablauf eines Tages, der in der Heimat mit dem mutmaßlich am Morgen stattfindenden Schulunterricht beginnt und der "abends" (das ist die einzige explizit gemachte Zeitangabe im Text) mit der Erledigung der ihr morgens in der Schule aufgetragenen Strafarbeit durch Ulla sein vorläufiges Ende findet.

In der Schule ist morgens Schreibunterricht angesagt: Eingeführt mit einem vorgezogenen "sie", das sich erst später als 42 Mädchen einer Schulklasse herausstellt, wird in knappen Worten aus der Wahrnehmungsperspektive einer der Schülerinnen mit Namen Ulla, welche Aufgabe die Schülerinnen zu erledigen haben und wie sie dabei von ihrer Lehrerin kontrolliert werden. Es ist eine, nach unserem heutigen Verständnis, stupide Abschreibübung: Drei, scheinbar wahllos hintereinander an die Tafel geschriebene Sätze, sollen von den Mädchen abgeschrieben werden. Sie sollen einfach das Abschreiben von Großbuchstaben üben.

Was aber nur als stupide Schreibübung zufällig nebeneinander geworfener und  zusammenhangloser kurzer Hauptsätze aussieht, hat es allerdings in sich, auch wenn dies im Text selbst nicht thematisiert oder vom Erzähler kommentiert wird. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese Schreibübung nämlich als Indoktrination der Schülerinnen, deren Väter sich als Soldaten im Krieg befinden, mit der nationalsozialistischen Ideologie.

Mit dem angeblich bedürfnislosen preußischen "Soldatenkönig", »Friedrich II. (1712-1786), dem Großen,  der in seiner Zeit als Herrscher 23 Jahre lang Krieg geführt hat und statt aus einem feinem Glas aus einem Blechbecher trinkt, wird ein für die Nazis zum völkisch-rassistischen Vorbild erkorener und wegen seiner vermeintlichen Tugend, Tapferkeit und Vaterlandsliebe gerühmter König in dem Beispielsatz herangezogen, dessen Zitate als "Wochensprüche der NSDAP" in den Klassenzimmern hingen ("Es gibt keine Lorbeeren für die Faulen"). In verschiedenen Lehrbüchern tauchte er als "überragender nordischer Führer" tauchte auf, als "Erhalter der Wehrmacht" bejubelte ihn das Lesebuch "Volk und Führer" für die vierte Klasse und nach der Schule klebte man Zigarettenbildchen ins Album und das so genannte Winterhilfswerk verteilte eiserne Abzeichen mit dem Konterfei des Königs. (vgl. Der Alte Fritz und die Nazis, Main Post, 19. Januar 2012)
"Und dann Friedrich als Krieger! »Er stand immer an vorderster Front«, sagt Eduard Stenger, »drei Pferde wurden ihm unter dem Leib weggeschossen.« Das Image des furchtlosen deutschen Frontkämpfers kam der Nazipropaganda entgegen. »Friedrich war ein Hasardeur«, erklärt Stenger, »und er hatte immer wieder unwahrscheinliches Glück.« Im Bunker, in dem der »Führer« seine letzten Tage verbrachte, hing ein Porträt von Friedrich II. Hitler selbst zog – angesichts der Niederlage – bis zuletzt Hoffnung aus der Lebensgeschichte des Preußenkönigs." (ebd.)

Der Nimbus der »dicken Berta, einer besonders starken Kanone mit hoher Durchschlagskraft, die im Ersten Weltkrieg, allerdings nicht vor Paris, zum Einsatz kam, wurde von den Nazis ebenso als militärtechnologische Wunderwaffe ihrer Zeit und damit deutscher militärischer Fähigkeiten gefeiert. Und ist sie, wie im Beispielsatz gar auf die Hauptstadt des benachbarten "Erzfeindes" ausgerichtet, um so besser. Das Gesicht des Krieges wird dabei hinter dem geradezu humorvoll bezeichneten Kriegsgerät dabei nicht sichtbar.

Geradezu perfide nach heutigem Ermessen ist die "Gehirnwäsche", der die abschreibenden Schulkinder mit dem dritten Satz "IM KRIEGE SIND ALLE VÄTER SOLDAT." unterzogen werden. Sie werden geradezu gegen Väter in Stellung gebracht , die aus irgendeinem Grund nicht Soldaten sind und zugleich darauf eingeschworen, dass ihre Abwesenheit nicht nur nötig, sondern vollkommen normal ist. Dabei macht der Verstoß des Satzes gegen die Regeln der grammatischen Kongruenz im Numerus bei der prädikativen Nominalphrase (Korrekterweise müsste es am Ende SOLDATEN heißen) durchaus Sinn. Hinter dem Singular, der sonst als eine Art Nicht-Kongruenz nur bei Bezeichnungen von Körperteilen oder Gegenständen zulässig ist, weil das genannte Element pro Bezugperson nur einmal vorhanden ist (vgl. DUDEN. Die Grammatik, 7. völlig neu erarb. u. erw. Aufl.2005, S.1004) (z. B. Alle Anwesenden hoben den Kopf. Viele haben bei den Kämpfen ihr Leben verloren.), verbirgt sich nichts anderes als die suggestive Reduzierung der entpersönlichten Individualität des Einzelnen auf das abstrakte Prinzip des Soldatseins.

Was sich beim Abschreiben im Klassenzimmer ereignet, wird aus der Wahrnehmungsperspektive Ullas erwähnt, der einzigen Schülerin, die namentlich erwähnt wird und in der ganzen Geschichte die einzige Figur bleibt, die einen Vornamen und dazu noch nur einen Vornamen trägt. Sie beobachtet ihre Lehrerin, deren die Augen hinter den dicken Gläsern wohl nur verschwommen zu sehen sind und ihr in grotesker Weise "leise" vorkommen. Dennoch erweisen sie sich schnell als Argusaugen1, die den Fehler, den Ulla beim Abschreiben von Übungsätzen von der Tafel macht, sofort ausmachen und dafür sorgen, dass Ullas Fehler im "Notenbuch" festgehalten werden und Ulla eine Strafarbeit aufgebrummt werden kann.

Kein Wunder: Ist ihr doch wahrscheinlich nicht entgangen, dass Ulla nicht konzentriert bei der Sache ist und lieber Faxen macht, indem sie mit der Zunge an ihrer Nasenspitze "spielt". "Die Lehrerin" geht dagegen nicht gerade zimperlich vor: Sie stößt die Schülerin und rügt sie mit barschen Worten vor der ganzen Klasse. Sie duldet keinen Widerspruch, als sie Ulla als Strafarbeit für den nächsten Tag aufgibt, den Satz "IM KRIEGE SIND ALLE VÄTER SOLDAT." zehnmal aufzuschreiben. Auch Ulla wagt nicht, etwas dagegen vorzubringen. Doch als sie sich abends, wahrscheinlich zu Hause, daran macht, die Sätze aufzuschreiben, schreibt sie den Ausgangssatz aber wieder nicht korrekt, oder wie die Lehrerin es verlangt hat, "schön sauber" ab. Es ist zwar nur der gezierte, geradezu überkorrekte, wahrscheinlich auch längst veraltete Dativ mit dem E am Ende, den sie beim ansonsten ordnungsgemäßen Schreiben weglässt, doch kann man darin, einen Ausdruck für ihr schon beim Spiel mit der Zunge gezeigtes nonkonformistisches Verhalten sehen: Sie akzeptiert damit die uneingeschränkte Autorität von "der mit der dicken Brille", wie sie die Lehrerin in einem kurzen inneren Monolog abwertet, nicht und fordert sie auf ihre Weise erneut heraus. Nicht zu erwarten, dass das der mit ihrer Brille geradezu bewehrten Lehrerin in der nächsten Stunde nicht auffallen wird.

Die Sätze, die an der schwarzen Tafel einer reinen Mädchenklasse mit ihrer weiblichen Lehrperson prangen, stellen eine männliche militarisierte Welt aus, in der Krieg zwar selbstverständlich, die Realität des Krieges aber ebenso wenig ihren Platz hat wie Frauen, die in den Sätzen nicht vorkommen. Unter diesem Blickwinkel scheint es gar nicht so ungewöhnlich, dass die Indoktrination im Falle Ullas offenbar nicht vollständig zu gelingen scheint. Ob man Ulla als die Tochter von Hauptmann Hesse verstehen kann, wie dies in etlichen Interpretationen zum Ausdruck gebracht wird, kann zwar eine gewisse kompositionsbedingte Plausibilität für sich in Anspruch nehmen, die erzählte Geschichte allerdings benötigt  eine solche Zuschreibung nicht, auch wenn sie dadurch verschiedene Handlungen an der Front und in der Heimat miteinander verknüpft. Ulla, das Schulmädchen, das sich, vielleicht nur emotional und intuitiv dem Totalitätsanspruch einer Ideologie und ihres willfährigen Instruments der Lehrerin wenigstens ein Stück weit entzieht, ist die einzige Figur, aus deren Handeln etwas Subversives schimmert. Mehr kann und will es nicht sein, ist das Mädchen doch noch immer nur ein Kind in einer der ersten Klassen der "Volksschule". Dieses Kind hat einen Namen und hebt sich daher aus der Masse heraus. Aus ihrer figuralen Perspektive ist "ihre" ganze Episode gestaltet, neben einer kurzen Passage in Episode vier die einzige im Übrigen, die überwiegend der Wahrnehmungsperspektive, der Wertungsperspektive und der sprachlichen Perspektive einer Figur zugeordnet werden kann. Dies verdeutlicht die deiktische Verwendung des Personalpronomens  "sie" in dem Satz "übten sie in der Schule" oder das deiktische "die" in "die hatten keinen Rand" oder "die mit ihrer Brille". Und auch der Blick durch das Fenster auf den Schulhof erweist sich als eine Reaktion Ullas auf den Tadel ihrer Lehrerin. Was der Erzähler in den knapp 20, von wenigen Ausnahmen bei den ohne Wiedergabeindices wie Anführungszeichen präsentierten Äußerungen abgesehen, in kurzen Hauptsätzen parataktisch aneinanderreiht, ist auf den Wahrnehmungshorizont Ullas bezogen, die offenbar größeres Interesse daran hat, ihre Lehrerin mit der dicken Brille zu mustern und Faxen zu machen, als im Vollzug der Schreibübung zu gehorchen.

Dass ihr bei der Strafarbeit die "Eselsbrücke", die ihr die Lehrerin genannt hatte ("Krieg wird mit g geschrieben. G wie Grube.") im Sinn bleibt und die Ellipse "G wie Grube" den Schlusssatz der Geschichte darstellt, macht dabei deutlich, dass die Ulla-Episode in einem konstrastierenden Verhältnis zu dem Geschehen steht, das in den anderen Episoden "An diesem Dienstag" erzählt wird. Sie steht natürlich, wie alle anderen ineinander verschachtelten Episoden auch, nicht für sich allein, was schon durch ihre Zweiteiligkeit und rahmende Funktion sichtbar wird.

Das Bild der Grube, einem irgendwo ausgegrabenen Loch im Boden, das im Kontext des Geschehens an der Kriegsfront mit dem Verscharren von Kriegstoten konnotiert wird, nimmt das Motiv des Umgangs mit dem Sterben, dem Tod und den Toten auf, das in der Episode, in der Hauptmann Hesse im Seuchenlazarett unter unwürdigen Bedingungen stirbt und sein Leichnam ("Nummer 4") pietätlos vor seiner Beseitigung in einer Grube einfach irgendwo von der Bahre auf den Boden gekippt wird, besonders eindrücklich gestaltet ist.

Wird das Motiv der Nebelkrähen als Symbol des Todes gelesen und das weggeworfene Brot ("Brotverderben" gilt nicht nur in Kriegszeiten, in denen Mangel herrscht, als eine moralisch verwerfliche Tate), dann stellen diese Elemente eine Kohärenzbrücke zur nachfolgenden Episode dar, die mitten hinein in das Geschen an der Front führt.

Nachdem sich Hauptmann Hesse, als Kommandeur der 2. Kompanie wie üblich wohl schon zu Dienstbeginn am Morgen krankgemeldet hat, wird Leutnant Ehlers vom Bataillonskommandeur zum neuen Kompaniechef ernannt. In der narratorialen Perspektive, in der das Geschehen von einem raffenden Erzählerbericht zu Beginn und am Ende der Episode vorwiegend in einer ohne Wiedergabe-Indices wie Anführungszeichen oder Inquit-Formeln als Dialog der beiden Figuren präsentiert wird, hat sich der Erzähler, hinter die Figuren zurückgezogen. Dies verstärkt den Eindruck der unmittelbaren Wahrnehmung durch den Leser. Das zeitdeckende Erzählen in der szenischen Darstellung stellt ihn mitten hinein in das erzählte Geschehen. Das Gespräch der beiden dient in der narratorialen Kommunikation auch der Informationsvergabe über die Vorgeschichte und zur explizit figuralen Charakterisierung von Hauptmann Hesse. Dieser sei, so lässt der Bataillonskommandeur den Leutnant wissen, seit seiner Beförderung zum Hauptmann "ein bisschen flau" geworden, obwohl er sonst doch "immer so korrekt" gewesen sein. Aber er habe "die Leute gut erzogen". Dass er sich, ohne verwundet zu sein, krankgemeldet hat, weil ihm offenbar mehr als nur flau zumute war, scheint zu seiner Vorstellung eines Offiziers nicht zu passen. Dem neu ernannten Kompaniechef Ehlers gibt er die Anweisung, seinen roten Schal abzunehmen, weil "so was" in der zweiten Kompanie nicht gerne gesehen würde. Das lässt vermuten, dass der rote Schal als Sympathie mit sozialistischen oder kommunistischen Überzeugungen gedeutet wird. Für den Leutnant, der offenkundig von seiner Beförderung zum Kompaniechef überrascht ist, stellt der Verzicht darauf unter den gegebenen Umständen keinerlei Problem dar. Sein fast partnerschaftlich-vertauliches "Türlich, Herr Major", statt eines "zu Befehl" als Antwort, signalisiert sein Einverständnis. Den Rat, sich draußen mit einer mit einer glimmenden Zigarette zum Ziel von von Scharfschützen des Feindes zu werden, wie dies schon mehrfach vorgekommen ist, beherzigt er nach seinem Weggang vom Bataillonskommandeur allerdings nicht. Voller Stolz Kompaniechef geworden zu sein, zündet er sich draußen eine Zigarette an und wird - ein anderes Ende lässt der offene Schluss dieser Episode kaum zu - selbst, von einer Kugel mutmaßlich auch in den Kopf getroffen.

Der Schauplatzwechsel der dritten Episode führt wieder zurück in die Heimat, wo sich - im linearen Zeitablauf des Dienstags wahrscheinlich auch am Morgen - zwei Bekannte von Hauptmann Hesse, man kann aus der Art, wie die beiden über Hesse reden, auch vermuten, dass es sich um ehemalige Kollegen handelt, darüber unterhalten, Hesse "auch wieder mal was (zu) schicken". Herr Hansen, über dessen Beziehung zu Hesse man ebenso wenig erfährt, wie über die von Fräulein Severin zu diesem, sieht sich offenbar in der Pflicht, Hesse, der wie die anderen Soldaten an der Front "einen verdammt schlechten Winter draußen" habe, mit einer kleinen Geste aufzumuntern. Eigentlich will er aber nur Stichwortgeber sein, ob am Ende, "was zu rauchen, was zu knabbern", "ein bisschen Literatur" oder "ein Paar Handschuhe" zusammengepackt auf die Reise gehen, ist ihm eigentlich gleichgültig. Seine Mitarbeiterin, die er verniedlichend und von oben herab "Severinchen" nennt, wird es schon richten ("Vielen Dank."). Angeblich weiß er Bescheid, wie es im Winter an der Front ist und hat doch selbst kein Gespür für die dortige Wirklichkeit. In dem kurzen Dialog zwischen den beiden, bei dem sich der Erzähler wieder ganz aus der Geschichte heraushält, wird Hauptmann Hesse von Herrn Hansen explizit figural charakterisiert. Was ihm in Erinnerung an ihn  geblieben ist,  ist wie wie gern "dieser Hesse" lache. Wenn schon ein "bisschen Literatur", dann eben etwas Freundliches und Leichtes, Wilhelm Busch-Geschichten. Der Kontrast zur nachfolgenden Episode könnte kaum deutlicher ausfallen, denn zum Lachen ist dem Hauptmann dort an der Front zumindest im gleichen Augenblick schon längst nicht mehr.

In der vierten Episode, die wieder an der Front, und zwar im 1.400 Betten großen Seuchenlazarett des russischen Smolensk spielt, kämpft Hauptmann Hesse, der sich erst am Morgen des gleichen Dienstags krank gemeldet hatte, schon um sein Leben. Sein Gesundheitszustand hat sich rapide verschlechtert und unter dem Verdacht einer Flecktyphus-Infektion, die vor allem durch Läuse übertragen wird, wird er, nachdem man ihm in der Entlausungsanstalt des Lazaretts die Haare geschoren hat, in das Lazarett eingewiesen. Sein militärischer Rang, der ihn noch ein paar Stunden zuvor als kommandierender Offizier aus der Gruppe der gemeinen Soldaten herausgehoben hat, wird schon durch das über der Tür zur Entlausungsanstalt hängende Schild angesichts des im Lazarett stattfindenden Sterbens "eingeebnet": Vor der Seuche bzw. dem Tod sind die kahlgeschorenen Kranken alle wieder gleich.
Das Geschehen wird zu Beginn der Episode aus der Wahrnehmungsperspektive des mit hohem Fieber auf der Bahre liegenden Hesse erzählt, der mitbekommt, als er wie ein Schaf "geschoren" wird. Er spürt und sieht die langen dünnen Finger eines ansonsten gesichtslosen Sanitäters, die ihm wie Spinnenbeine vorkommen. Er kann sogar noch sehen, dass diese an den Knöcheln "etwas gerötet" sind. Zugleich muss er über sich ergehen lassen, dass er mit einer wohl desinfizierenden Flüssigkeit abgerieben wird, deren Geruch ihn an Gerüche aus der Apotheke erinnert. Ehe er die Besinnung verliert, bekommt er wohl noch mit, wie sein Puls überprüft wird. Ob er zu diesem Zeitpunkt tatsächlich schon das Bewusstsein gänzlich verloren hat, oder im Gegensatz zur Konstatierung seiner Besinnungslosigkeit durch den Sanitäter, die Diagnose "Fleckfieberverdacht" noch mitbekommt sowie über den Buchdeckel noch erfährt, wo er sich jetzt befindet, lässt der Text offen.
Wichtig ist allerdings, dass der abschließende Absatz der Episode einen wirklich besinnungslosen Kranken zeigt, der, als ihn die Träger auf der Bahre abtransportieren, seinen hin- und her pendelnden Kopf nicht mehr kontrollieren kann. Eine Situation, die selbst den Erzähler, an das Motiv des Lachens in der vorangehenden Szene anschließend, veranlasst, einen knappen, aber nicht minder entlarvenden Kommentar zu diesem grotesken Bild abzugeben. Seine Feststellung, dass Hesse offenbar "immer über die Russen gelacht" hatte, wenn er die hin- und herrollenden Köpfe der getöteten Feinde zu sehen bekam, revidiert damit das zur fast der gleichen Zeit in der Heimat von Herrn Hansen gerade noch entworfene Bild von der vermeintlichen Frohnatur des Hauptmanns. Für einen Moment wird sein anderes Gesicht erkennbar: Das Gesicht eines "arischen" Herrenmenschen, der sich mitleidlos an der Vernichtung des russischen Feindes beteiligt hat.

In der Heimat hat indessen Frau Hesse wohl am späten Vormittag dieses Dienstags einen Brief ihres Mannes erhalten, der neun Tage unterwegs gewesen ist. Während ihr Mann zeitgleich mit dem Tode ringt, sonnt sie sich in der Beförderung ihres Mannes zum Hauptmann und Kompaniechef, was er ihr in seinem Brief, über dessen Inhalt man nur dies und die Tatsache erfährt, dass in Russland zu dieser Zeit über 40 Grad Kälte herrsche, mitgeteilt hat. Es ist eine geradezu paradox wirkende Zeitreise in die Vergangenheit, die der Brief ermöglicht. Er bildet eine Momentaufnahme vor neun Tagen ab, die längst von den Ereignissen an diesem Dienstag in Smolensk überholt worden ist, und doch das Handeln von Frau Hesse, die nicht weiß, wie es um ihren Mann dort gerade bestellt ist, bestimmt. Der Brief, den ihr Mann mit der Anschrift "An Frau Hauptmann Hesse" versehen hat, ist ihr Anlass, den neuen militärischen Rang ihres Mannes als Aufwertung ihres eigenen sozialen Status in der Heimat zur Selbstdarstellung zur nutzen. Diesem Ziel ordnet sich in dem Gespräch mit ihrer Nachbarin, die sie eigens zum Zweck herausgeklingelt hat, um mit dem Brief "herumzuwedeln" und anzugeben, auch die Erwähnung der klirrenden Kälte in Russland unter, die sich bei ihr wie ein weiterer Superlativ anhört, mit dem sie sich selbst aufwerten will. Keine Spur von Einfühlung bei der nur auf ihren sozialen Status und ihre Selbstdarstellung bedachten "Frau Hauptmann", Mitgefühl mit den "armen Jungs" bei 40 Grad Kälte kommt allein von der Nachbarin, die sich von der affektierten Prahlerei wenig beeindrucken lässt. Frau Hesse aber hat sich durch ihr sprachliches und mimisch-gestisches Verhalten als vollkommen blind gegenüber der Realität erwiesen. Auf der Basis dieser Charakterisierung reichen die zwei Sätze aus, die sie in der siebten Episode bei ihrer öffentlichen Inszenierung in der Oper zeigen, um ohne weitere Kommentierung durch den Erzähler zum Ausdruck zu bringen, dass sie geradezu narzistisch realitätsblind bleibt. Ihr Besuch der Opfer, wo an diesem Dienstagabend Mozarts Zauberflöte gegeben wird, bei dem sie auffällig rot geschminkt, Aufmerksamkeit für ihren vermeintlichen sozialen Aufstieg erlangen will, ist dabei zugleich der Moment, an dem sich diese eitle Hoffnung zerschlägt: Wenn sie von der Opfer nach Hause zurückkehren wird, ist sie so wie alle anderen Frauen, die ihre Männer im Krieg verloren haben, nur noch eine bedauernswerte Kriegerwitwe.

In Smolensk, folgt man dem alternierenden Schauplatzwechsel als Basis für den linearen Zeitablauf, unterhalten sich, ehe in der 7 Episode vom Opernbesuch Frau Hesses erzählt wird, der Oberfeldarzt und der Chefarzt des Seuchenlazaretts nüchtern über die Anzahl der Seuchentoten pro Tag. Es sind gewöhnlich ein Dutzend, erklärt der eine dem anderen. Ein nüchtern-distanziertes "scheußlich" reicht beiden, um sich, auch wenn sie sich dabei nicht ansehen können, sich nicht weiter um das tragische Sterben und Verrecken und ggf. auch ihre Ursachen Gedanken machen zu müssen. Als leitender Offizier ist zumindest der Oberfeldarzt weit weg von dem sich Tag für Tag abspielenden Sterben, ganz im Gegensatz zu dem in Episode 8 in Erscheinung tretenden Unterarzt, der die physischen, aber vor allem die psychischen Belastungen, die ihm seine tägliche Arbeit mit den vielen Todkranken abverlangt kaum mehr (er-)tragen kann. Der Dialog von Oberfeldarzt und Chefarzt ist wie schon in anderen Episoden eine kurze szenische Darstellung, die obwohl das sprachliche Handeln an keiner Stelle vom Erzähler kommentiert wird, durch den Kontrast, in dem sie zu dem realen Sterben im Lazarett steht, von ihm zur impliziten Charakterisierung der beiden Figuren herangezogen werden. Sie sind die statistischen Verwalter des Todes, dessen wahres Gesicht sich hinter nüchternen Zahlen verbirgt.

Ehe der Erzähler einen Einblick in das tägliche Sterben im Lazarett gibt, wechselt der Schauplatz noch einmal in die Heimat. Zwei kurze Hauptsätze sind es nur, die schon oben erwähnte siebte Episode ausmachen. Was sie aber aussagen, wirkt so "dicht", dass es weiterer Worte offenbar überhaupt nicht bedarf. So wirken die beiden Sätze nur auf den ersten Blick so, als hätten sie miteinander wenig zu tun und fügten sich, mit dem, was sie erzählen, nicht so recht in das Ganze. Und doch kann die Leerstelle oder Kohärenzlücke mit Inferenzarbeit, also mit der Konstruktion von textseitigen und außertextlichen Sinnbezügen, so plausibel geschlossen werden, dass der Eindruck von Zusammenhanglosigkeit bloß eine vordergründige Wahrnehmung ist, die vielleicht einen schnellen Leser vor Probleme stellt. Frau Hesse geht abends, fast könnte man meinen, zur Feier des Tages sich nun als "Frau Hauptmann" in der Öffentlichkeit präsentieren zu können, in die Oper, um sich eine Aufführung der Zauberflöte von Mozart anzusehen. Sie schließt damit an ihr Verhalten gegenüber ihrer Nachbarin an, wie es in der fünften Episode erzählt wird. Zwei einfache Sätze genügen, mit denen der Erzähler die ich-bezogene Weltblindheit der Frau unterstreicht, die sich genau zu dem Zeitpunkt amüsieren will, als ihr Mann in Russland um sein Leben ringt.

Deutlicher könnte die implizite auktoriale Charakterisierung durch den Kontrast mit der folgenden vorletzten Episode kaum ausfallen. Schwester Elisabeth, eine der Krankenschwestern, die im Seuchenlazarett in Smolensk Dienst tut, zeigt mit ihrer in dem Brief an ihre Eltern niedergeschriebenen Bemerkung, man könne das ohne Gott nicht aushalten, was dort passiert, dass das tägliche Grauen die psychischen Kräfte aller derer übersteigt, die tagtäglich hautnah damit konfrontiert werden. Der Leser wird mit ihrer Darstellung und mit dem Folgenden quasi in die Realität des Leidens und Sterbens im Lazarett hineingezoomt und wird nun selbst mit der dortigen Realität unmittelbar konfrontiert. Der Unterarzt, der tagtäglich hier seinen Job macht, zeigt sich nicht nur psychisch schwer belastet, sondern wirkt mit seiner krummen Körperhaltung auch von allem, was er im Krieg und im Lazarett gesehen und erlebt hat, körperlich gebeugt. Er ist im Übrigen die einzige Figur, die darüber hinaus eine gewisse menschliche Regung zeigt. Als er die Frage von Schwester Elisabeth verneint, ob sie Hauptmann Hesse noch ein Medikament verabreichen soll, versagt ihm fast die Stimme, was der Erzähler als möglichen Ausdruck von Scham interpretiert. Sicher ist dies indessen nicht, da der Erzähler hier wie in der ganzen Geschichte auf Introspektion verzichtet. Mehr als geschäftsmäßig ist hingegen der Umgang der anderer mit dem täglichen Sterben im Lazarett. Die Kranken bekommen mit, wie der inzwischen verstorbene Hauptmann Hesse von den Träger hinausgetragen und seine Leiche einfach, so wie bei allen anderen Verstorbenen auch, einfach irgendwo hingeworfen wird. Den Toten wird damit noch die letzte Würde genommen. Aber auch da müssen die durch, denen unter Umständen bald das Gleiche bevorsteht. So stimmt einer der Soldaten leise sein Lied mit dem Lob auf die Infanterie an, die das Poltern und Aufschlagen der von der Bahre gekippten Toten draußen auf den Boden sarkastisch und ironisch, aber nur vordergründig mit einem gewissen Galgenhumor, kommentiert. Während der Unterarzt, so wie immer, in ein paar wenigen asyndetisch gereihten Hauptsätzen, vor allem aber Ellipsen erzählt, von Bett zu Bett geht und dabei, wie es der Erzähler jetzt als Tatsachenbehauptung darstellt, in seiner krummen Körperhaltung "ganz Russland durch den Saal" trägt, haben die Träger, die den toten Hauptmann weggeschafft haben, ihre Aufgabe erfüllt. Hesse, so zählen sie laut mit, ist korrespondierend zu den Ausführungen des Chefarztes in seinem vorangegangenen Gespräch mit dem Oberfeldarzt (Episode 6), "Nummer vier", den sie auf diese Art und Weise namenlos und unter Auslöschung seiner Individualität entsorgt haben. Vielleicht ist der erneute Hinweis darauf (erstmals geschieht dies bei der Einlieferung Hesses ins Lazarett in Episode 4, dass einer der beiden Träger Schnupfen hat, ein Zeichen, dass auch er schon Symptome einer heraufziehenden Krankheit hat, vielleicht soll es aber auch nur oder auch zugleich die beiden als die gleichen Figuren markieren, die Hesse ins Lazarett als bloße Durchgangsstation bei seinem Sterben hinein- und am Ende wieder herausgetragen haben.

Der Schauplatzwechsel der letzten Episode zurück in die Heimat ermöglicht einen letzten Kontrast, aber auch Korrespondenzen zu dem ganzen an diesem Dienstag in der Heimat und an der Front mehr oder weniger nacheinander ablaufenden Geschehens. Mit der einzigen, aber auch nur ungefähren Zeitangabe im Text ("abends") setzt sie den äußeren zeitlichen Rahmen der Geschichte, der vom Morgen, als Ulla in der Schule ist bis abends, als sie nach Aussparung allen anderen Geschehens durch den Erzähler ihre Strafarbeit verrichtet. Dass sie dabei, wie schon an anderer Stelle erwähnt, den ihr zum wiederholten Schreiben aufgegebenen Ausgangssatz aber wieder nicht genau so niederschreibt, wie er an der Tafel gestanden hat, mag man ihrer kindlichen Abneigung gegen die Lehrerin zuschreiben, und doch ist es das einzige Zeichen, das über die auf unterschiedliche Art und Weise ideologische Verblendung und Tatenlosigkeit angesichts des anhaltenden Krieges aller anderen Figuren hinausweist.

Während die Akteure im Krieg ohne jeden Widerspruch sich dem Prinzip von Befehl und Gehorsam beugen, reden sich die Erwachsenen zu Hause in der Heimat, mit einer nur kurz in der Replik der Nachbarin auf Frau Hesses Prahlerei aufblitzenden Ausnahme, die Welt des Krieges jeder auf seine Art und Weise schön. Dass sie dabei wie im Fall von Frau Hesse oder dem von Herrn Hansen und Frau Severin der tatsächlichen Entwicklung des Krieges hinterherlaufen und diese zeitliche Disparität nicht überbrücken können, ist ihnen dabei nicht anzulasten, wohl aber die Art und Weise, wie sie mit dem Thema des Krieges umgehen.

So signalisiert der kleine vermeintliche "Abschreibfehler" Ullas bei ihrer Strafarbeit auch dass dieser wie ein Naturgesetz geradezu apodiktisch Wahrheit beanspruchendn Satz  IM KRIEG SIND ALLE VÄTER SOLDAT in dem Moment, wenn man Ulla als Tochter des Hauptmanns versteht, nicht mehr zutrifft. Statt der vokalisch klingenden e-Endung steht nur der harte Konsonant am Ende des Wortes Krieg, den sie niederschreibt. Und wenn der Satz zehn Mal niedergeschrieben wird, verbindet sich sich die harte konsonantische Endung und ihre von der Lehrerin am Morgen vielleicht überhaupt nicht beabsichtigte, aber ihrer Doktrinierungsabsicht zuwiderlaufende als Rechtschreibhilfe angebotene Regel in der Wahrnehmung Ullas, aber auch des Lesers mit dem Bild der Grube, dem Grab und damit dem Bild des Todes, das nicht nur jedes falsche Pathos wie im Falle der Lehrerin, aber auch alle Legitimationsstrategien, mit denen sich die Akteure in der Heimat wie an der Front ihre Haltung zum Krieg schönreden.

Krieg wird bis heute mit G geschrieben, immer und jeden Tag, mit einem G am Ende wie Grube, Grab, Grauen, Gräuel, Grausamkeit, Genozid, egal welche Bilder aus dem Nahen Osten, aus Afghanistan, aus dem Tschad oder sonst wo auf der Welt uns die Herrschenden über die Medien heute in die Wohnzimmer liefern. Diese Mahnung Borcherts hallt nicht nur an diesem Dienstag laut nach. Dass die Geschichte darüber hinaus auf vieles zurückgeht, was Borchert im Krieg selbst erlebt hat (vgl. (Bellmann 2004, S.39ff.), verschafft dieser Mahnung einem Leser, der den biografischen Kontext zur Textdeutung heranzieht, eine u. U. noch größere Wirkung.

1 Argusaugen: Wer etwas mit Argusaugen beobachtet, der lässt nichts unbeobachtet und von daher nichts aus den Augen; geht auf eine Redensart aus der »griechischen Mythologie zurück: Die Göttin »Hera ließ nämlich »Io, die in eine Kuh verwandelte Geliebte ihres Göttergatten »Zeus, von dem Riesen »Argos bewachen, um damit zu verhindern, dass sich Zeus und Io noch weiter nahekommen konnten. Argos (lat. Argus) war dafür mit hundert Augen ausgestattet, von denen jeweils ein Teil schlief, während der Rest wachte. Daher konnte er Io zu jeder Zeit im Auge behalten.

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 16.12.2023

 
 

 
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