▪
Literarische
Gattungen
▪ Textmusterwissen
▪
Textprozeduren
Wenn Menschen miteinander kommunizieren, tun sie das "bei nahezu allen
Handlungen" (Heinemann/Heinemann
2002, S.141) mit Textsorten(namen) oder entsprechenden
Bezeichnungen.
So macht es einen großen
Unterschied, ob man z. B. über einen Verkehrsunfall jemandem ▪
erzählen, darüber einen Bericht als Zeuge an die Versicherung abfassen oder ein
▪
Protokoll anfertigen will.
Mit vielen hundert solcher Textsortennamen orientieren wir uns und
können so in bestimmten Situationen schnell und sozial angemessen
reagieren. (vgl.
Dimter 1981)
Wir wissen, was gemeint ist, wenn von einer
Kontaktanzeige, von Videotext, Nachricht, Rechnung, Wetterbericht, einer
SMS oder einem Twitter-Feed die Rede ist.
Und: wir brauchen uns
normalerweise auch keine Gedanken darüber machen, was die jeweiligen
Textsorten, von ihren Merkmalen her betrachtet, genau unterscheidet.
Unser Wissen darüber, das
▪ Textsortenwissen,
ist aber durchaus
»vage, vereinfacht gesagt, unbestimmt und unscharf, und wird erst
durch Erfahrungen jedweder Art, "in Abhängigkeit vom
Entwicklungsstand der Individuen sowie vom jeweiligen Bildungs- und
Erfahrungsumfeld der Handelnden", allmählich erweitert. (ebd.,
S.139)
Textlinguistischer
Textsortenbegriff dient der Textsortenklassifikation
Das Konzept der
Textsorten ist zwar ein wichtiges und allgemein anerkanntes Konzept der
Textlinguistik, hat aber nicht dazu geführt, dass eine ebensolche
Einigkeit darüber besteht, nach welchen Kriterien sie klassifiziert
werden können. Daher kommt es auch zu der oft beklagten Vielzahl von Textbegriffen
und Bezeichnungen, Definitionen des Begriffs
Textsorte,
oder zu unterschiedlichen Ansätzen, Texte hierarchisch nach
Textsorten,
Textklassen oder
Texttypen zu ordnen.
Der textlinguistisch orientierte Textsortenbegriff dient vor allem zur
▪
Textsortenklassifikation, die allerdings in der
▪ Textlinguistik nicht
einheitlich ist.
Der kommunikationsorientierte (auch: handlungstheoretisch oder
pragmatisch) fundierte Ansatz geht nach
Brinker (2001, S.135) von der folgenden Definition aus:
"Textsorten sind konventionell geltende Muster für komplexe sprachliche
Handlungen und lassen sich als jeweils typische Verbindungen von
kontextuellen (situativen), kommunikativ-funktionalen und strukturellen
(grammatischen und thematischen) Merkmalen beschreiben. Sie haben sich in
der Sprachgemeinschaft historisch entwickelt und gehören
zum Alltagswissen
der Sprachteilhaber; sie besitzen zwar eine
normierende Wirkung,
erleichtern aber zugleich den kommunikativen Umgang, indem sie den
Kommunizierenden mehr oder weniger
feste Orientierungen für die Produktion
und Rezeption von Texten geben."
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Im Deutschunterricht
ist der Begriff der Textsorte etabliert. Galt er zunächst eher zur
Bezeichnung bestimmter Merkmalsgruppen von
pragmatischen
Texten (Gebrauchstexten,
Sachtexten,
expositorischen
Texten), wird er inzwischen auch im ▪
Literaturunterricht
beim Umgang mit literarischen Texten verwendet. Wenn von literarischen
Textsorten gesprochen wird, geht es darum, bestimmte Form- bzw.
Inhaltstypen fiktionaler Texte voneinander zu unterscheiden. In diesem
Fall wird der Begriff Textsorte wohl vor allem deshalb verwendet, weil
er vielen offenbar weniger (historisch-normativ) vorbelastet zu sein
scheint wie der Begriff der ▪
Gattung (vgl.
Voßkamp
1992, S.266).
Textmuster
Wer einen Text "produziert",
so wird angenommen, folgt damit einem Textmuster.
Als eine Art
"Rahmenmuster" mit "Textgestaltungspotenzial" (ebd.,
S.139) können wir mit seiner Hilfe jene konkreten Texte hervorbringen,
mit denen wir einen bestimmten Sachverhalt kommunizieren wollen.
Als ▪ globale Textmuster
muss man sie als ein Aufeinanderfolgen und ein Ineinandergreifen
kognitiver Operationen in einem Prozess verstehen (vgl.
ebd., S.138), bei dem der konkrete Text als ein spezifisches Ganzes
entsteht. Dabei werden bei der Textkonstitution unter Beachtung der
Rahmenvorgaben des Musters Leerstellen (Slots) aufgefüllt, die im Muster
selbst vorhanden sind.
Textsortenwissen
Was der Textproduzent vertextet, muss vom Textrezipient auch verstanden
werden können.
Dieses Textverstehen funktioniert u. a. deshalb, weil die
an der sprachlichen Interaktion Beteiligten auf der Basis ihres
gemeinsamen ▪ Textsortenwissens
einen Text in gleicher Weise einordnen.
Man darf sich dies indessen nicht einfach als eine Art
deklaratives Alltagswissen über Texte, Textsorten, Textproduktion
und Textrezeption vorstellen, das bestimmte Texte in bestimmter Art und
Weise benennt. Denn gerade jenes für die Alltagskommunikation wichtige
Textsortenwissen wird nämlich darüber hinaus "in bestimmten Situationen
und Kommunikationsbereichen vorgefunden" und die jeweiligen Merkmale von
Textsorten "leiten sich [...] für den Kommunizierenden aus dieser
Einbettung her." (Gansel/Jürgens
22007, S.54)
Dies wird besonders bei jenen Textsorten
ersichtlich, die in der Alltagskommunikation in unterschiedlichen
Kommunikationsbereichen auftauchen und durch diese eine jeweils andere
Ausprägung erfahren. (Ein Kochrezept ist etwas anderes als ein
Arztrezept!)
So richtet sich denn auch das wissenschaftliche Interesse der
Textlinguistik
heute auf textinterne (grammatische und semantisch-inhaltliche) und
textexterne (situative) Merkmale und ihre Wechselwirkungen, die
bestimmte Textsorten ausmachen.
Legt man das von
Linke/Nussbaumer/Portmann (1994)
dargelegte
logisch-hierarchische Modell der Dreiteilung in
Texttyp,
Textklasse und
Textsorte zugrunde, findet
diese vom Textproduzenten und Textrezipienten im Allgemeinen in gleicher
Weise vorgenommene Zuordnung auf verschiedenen Ebenen statt, wie das
folgende Beispiel »Kochrezept«
veranschaulichen soll. ▪ Textklassifikationen,
die differenzierter sind, werden von Heinemann/Heinemann (2002) und
Gansel/Gansel (2006) vorgelegt.
Texttyp |
>
Textklasse |
>
Textsorte |
Anleitungstext |
>
Rezept |
>
Kochrezept |
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Textprozeduren
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023
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