
Schreibstörungen und Schreibblockaden aktiv angehen
Wer immer wieder unter Schreibstörungen bis hin zu länger anhaltenden
Schreibblockaden neigt, tut gut
daran, sich einmal ernsthaft mit den möglichen Ursachen dafür zu
befassen.
Dabei spielen viele Gesichtspunkte eine Rolle, nicht zuletzt auch
Fragen und Probleme, die mit der
Schreibmotivation und der volitionalen Bereitschaft zum
Schreiben zusammenhängen, also auch dem Willen das Schreiben zu
lernen und nicht auf Wunder zu warten. (volitionale
Kompetenz)
Es gibt eine Vielzahl von Ursachen für Schreibstörungen und eine
Menge geeigneter Gegenstrategien
Es gibt viele
Ursachen
von Schreibblockaden (vgl.
Rose (1984/2009,
S. 4ff.) Daher muss man u. U. auch etwas Geduld haben, bis man eine
geeignete Gegenstrategie findet.
Es gibt aber durchaus eine ganze Palette von Gegenstrategien, die
man ausprobieren kann.
Andere Schreibstrategien ausprobieren
Schreibschwierigkeiten liegen oft daran, dass man an einer bestimmten
Schreibstrategie schematisch festhält, ohne die Besonderheiten der
Schreibsituation und der Schreibaufgabe hinreichend zu beachten.
Hier
tut es zunächst einmal gut zu wissen, dass es auch andere
Schreibstrategien gibt, mit denen man erfolgreich zum Ziel kommen kann.
Wer das weiß und über entsprechende Schreiberfahrungen verfügt, kann
also in einem solchen Fall einfach einmal eine andere Schreibstrategie
ausprobieren.
So kann z. B. das
Mehrversionen-Schreiben oder das
automatische Schreiben (Freewriting)
helfen, schreibstrategisch bedingte Schreibblockaden zu überwinden.
Für eine förderliche Schreibumgebung sorgen
Schreiberinnen und Schreiber brauchen oft ganz verschiedene
Umgebungen, damit sie angeregt und konzentriert beim Schreiben zur Sache
gehen können.
Der eine mag es ganz still, den anderen inspiriert das
gleichzeitige Hören von Musik, ein anderer schreibt am liebsten im
Freien, wieder ein anderer braucht das Stimmengewirr eines Cafés oder
das Vorbeiziehen der Landschaft in einem Zug, um motiviert, gut und
zielgerichtet schreiben zu können.
Um möglichen Schreibblockaden, die
von ungünstigen Schreibumgebungen herrühren, entgegenwirken zu können,
ist also zunächst einmal Selbstachtsamkeit vonnöten, d. h. man muss
einfach spüren, welche Schreibumgebung das eigene Schreiben fördert und
welche nicht.
Mit falschen Vorstellungen vom Schreiben aufräumen
Es ist meist keine gute Idee, auf diejenigen zu schielen, denen das
Schreiben leicht von der Hand geht. Denn oft verbinden sich damit dann
falsche Vorstellungen über das Schreiben und den Schreibprozess.
-
Da werden dann längst überholte
Alltagshypothesen über das
Schreiben nach dem Muster der so genannten
Genie-Hypothese mit
ihrer Formel: Man
kann es eben, oder kann es eben nicht" (vgl.
Feilke (1995,
S,278ff.) bemüht, um die Schreibschwierigkeiten zu begründen.
-
Daraus resultiert
schließlich die trügerische Vorstellung, "gute
Schreiber seien in der Lage, auf Anhieb einen guten Text zu verfassen."
(Girgensohn/Sennewald 2012,
S.120)
-
Dass man einem fertigen Text am Ende nicht mehr ansehen kann,
"wie viele Arbeitsschritte, Umformulierungen, Kürzungen oder neue
Versionen er durchlaufen hat" (ebd.),
wird dabei einfach ausgeblendet.
Um von solchen Vorstellungen
wegzukommen, kann es helfen, sich auch während des Schreibens immer
wieder vor Augen zu halten, "welche einzelnen Schritte dieser
Arbeitsprozess beinhaltet und dann immer wieder einen kleinen Schritt
nach dem anderen zu machen." (ebd.)
Schreibbewegungen bewusst machen
Schreiben vollzieht sich in einem Zusammenspiel Ideenfindung und
Strukturierung von Gedanken, die damit als grundlegende
Schreibbewegungen angesehen werden können. (vgl.
ebd.)
Probleme, die u. U. zu Schreibblockaden führen, können sich jedoch
ergeben, wenn man das Finden und Entwickeln von Ideen und ihre
Strukturierung quasi in einem Atemzug vornehmen will. Plötzlich bekommt
man, um es salopp zu sagen, beides nicht mehr auf die Reihe.
Um hier
Abhilfe leisten zu können, muss man zunächst einmal verstehen, dass es
sich beim Finden von Ideen und dem anschließenden Strukturieren von
Gedanken beim Schreiben um unterschiedliche mentale Prozesse handelt.
Wer dies weiß, kann sich beim Auftreten einer solcherart verursachten
Schreibblockade zunächst einmal fragen, in welcher Schreibbewegung er /
sie
sich gerade befindet.
-
Geht es an der Stelle, an der die
Schreibschwierigkeit auftritt, um das Finden von Ideen oder sollte hier
durch verschiedene Strukturierungsmethoden eine Ordnung in die
generierten Ideen gebracht werden?
-
Je nach Antwort kann ein
schreibkompetenter Autor dann entsprechende Methoden einsetzen, um die
Schreibblockade zu lösen.
Schreibvorgaben flexibel umsetzen
Viele Schreibaufgaben sehen vor, dass man seine Gedanken im Rahmen
eines bestimmten Textmusters umsetzt.
So wird unter Umständen verlangt,
dass ein Abstract
zu verfassen ist. Um die Schreibaufgabe bewältigen zu können, muss man
also versuchen, sich an die Regeln zu halten, die für diese Textsorte
gelten.
-
Wer das
Grundprinzip der
Abstract-Gestaltung,
die Informationsverdichtung, mit unterschiedlichen
Textkondensationsstrategien
wie Fachtermini, Kurzwörtern,
Abkürzungen,
Nominalisierungen,
Attribuierungen,
passivischen Konstruktionen u. ä. m. immer schon beim Schreiben des
ersten Entwurfs umsetzen will, kann damit schnell ins Stocken kommen.
-
Ähnliches gilt auch für andere sprachlich-stilistische Regeln für
bestimmte Textsorten, die, sofern man ihnen "sklavisch" folgt, den
Schreibfluss durchaus hemmen können.
Um den ersten Textentwurf den
Anforderungen des Textmusters anzupassen, bleibt in einem Schreibprozess
ja stets noch die Phase der Überarbeitung des Textes.
Im Übrigen gibt es
ja keinen allgemeinen "Königsweg" zu einem gelungenen Text, sondern
jeder Schreiber muss für sich selbst herausfinden, welche
Schreibstrategien zu welcher Schreibaufgabe und zu welcher
Schreibumgebung für ihn am besten passen.
Förderliche Schreibrituale pflegen
Dem
einen kommen sie wie Ticks vor, die anderen schwören darauf. So weit
gehen die Meinungen auseinander, wenn von Schreibritualen die Rede ist,
mit denen sich manche Schreiberinnen und Schreiber zum Schreiben
motivieren.
Was immer man regelmäßig tut, um mit dem Schreiben beginnen
oder es fortsetzen zu können, kann, solange es andere nicht
beeinträchtigt, ein probates Mittel sein, um Schreibblockaden
entgegenwirken zu können.
-
So gibt es Menschen, die brauchen das Aroma
eines frisch gebrühten Kaffees in der Nase, und können sich erst dann
zum Schreiben hinsetzen, wenn die dampfende Kaffeetasse vor ihnen auf
dem Schreibtisch steht.
-
Von
Friedrich
Schiller (1759-1805) weiß man sogar, dass er in seiner
Schreibtischschublade faulende Äpfel liegen hatte, deren Geruch ihn zum
und beim Schreiben inspiriert haben soll.
-
Von anderen bekannten Autoren
wird berichtet, dass sie bei der Arbeit an einem Buch einfach jeden Tag,
unabhängig von ihrer jeweiligen Motivationslage, zehn Seiten zu Papier
bringen (»Stephen
King, geb. 1947) oder ihre neuen Romane immer an einem bestimmten
Tag des Jahres beginnen (»Isabel
Allende, geb. 1942).
-
Aber auch irgendwie Skurriles kann das
Schreiben fördern. So berichtet eine Frau im Forum "Media-Mania"
in ihrem Beitrag vom 3.2.2012: "Komischerweise fallen mir oft beim
Zähneputzen noch einige gute Formulierungen ein ^^". Ob sie das
Zähneputzen allerdings zu einem immer wiederkehrenden Schreibritual
gemacht hat, ist ihrem Beitrag nicht zu entnehmen.
-
Girgensohn/Sennewald
(2012, S.121) berichten von drei weiteren Beispielen: "So muss eine
Teilnehmerin immer als erstes das Deckblatt erstellen, eine andere
schaltet die Hintergrundfarbe auf grün, wenn sie mit dem Schreiben der
Rohfassung beginnt. Ein weiterer Teilnehmer zwingt sich, mitten im Satz
aufzuhören, um am nächsten Tag leichter wieder ins Schreiben kommen zu
können."
Perfektionismus einen Riegel vorschieben
Was Menschen dazu veranlasst, nach Perfektion zu streben, ist ein
vielschichtiges Problem. Äußert sich dies in überzogenen Ansprüchen an
sich selbst und beim Schreiben an den selbst verfassten Text, dann kann
man schnell in eine Falle geraten, aus der man sich nicht mehr so leicht
befreien kann.
Die
Transaktionsanalyse
zählt das dahinter stehende
Antreiberverhalten
neben den ihm gegenüberstehenden
Erlaubnissen
zu den wesentlichen Bestandteilen des
Lebensskripts
eines Menschen, das
die Lebensmuster des Menschen in einer Art Lebensplan darstellt.
Der Antreiber "Sei perfekt!" verlangt von uns bei allem, was wir tun, Perfektion und
Gründlichkeit und damit letzten Endes Vollkommenheit.
- Hinter ihm steht das
Grundbedürfnis, sein Wissen und Können entsprechend der
eigenen Fähigkeiten zu entfalten. (Köster
1999, S.145)
- Zugleich signalisiert dieser Antreiber auch immer wieder
Abwertungen nach dem Muster "Ich bin noch nicht gut genug" und zeigt dem
einzelnen damit seine Grenzen auf.
- Wer dem Antreiber "Sei perfekt!" beim
Schreiben folgt, konzentriert sich allzu sehr auf Details, will
möglichst alles, was er weiß oder in Erfahrung bringen kann, in einen
Text hineinstopfen.
- Die überzogenen Ansprüche an den Text, die daraus
resultieren, setzen einem solchen Schreiber dazu eine "Negativ-Brille"
auf, die verhindert, die eigene Schreibleistung angemessen zu
beurteilen.
- Wer mit dem Antreiber "Sei perfekt!" im Nacken schreibt,
Dem Perfektionismus einen Riegel vorschieben
Um dem Perfektionismus einen Riegel vorzuschieben, ist im Grunde mehr
gefragt, als ein paar Kniffe und Tricks. Dennoch ist man auch beim Schreiben dem Antreiber "Sei perfekt!" nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Wer
ein Gespür dafür entwickelt hat, kann sein Verhalten auch ändern. Allerdings
geht dies nicht von heute auf morgen.
-
Wer die Forderung des
Antreiber "Sei perfekt!" beim Schreiben in Zukunft nicht mehr erfüllen will, "wie wenn er
unter einem Zwang dazu stehen würde" (Schlegel
1988, S. 191), sollte genau prüfen, ob das, was er/sie
von sich selbst erwartet, auch die tatsächlichen Anforderungen der
Schreibaufgabe darstellen.
-
Ferner sollte man sich klar machen, was wirklich
passieren würde, wenn das Textprodukt nicht so vollkommen ausfiele, wie man
das anstrebt.
-
Vielleicht können auch eine bessere Planung oder ein anderes
Zeitmanagement
helfen.
Um gegenzusteuern ist es vor allem wichtig, immer wieder bewusst aus dem Antreiberverhalten auszusteigen
und damit Erlaubnisse zu stärken nach den Mustern "Du bist gut genug, so wie
du bist." oder "Du brauchst dich nicht
stets zu rechtfertigen."
Dennoch: Der Ausstieg aus dem
Antreiberverhalten ist keine einfache Sache. Und so kann es auch helfen,
sich diese Erlaubnisse auch immer wieder selbst zu verdeutlichen.
So kann
man sich z. B. auch für das Schreiben bestimmte Erlaubnisse auf ein Papier
schreiben und gut sichtbar dort anbringen, wo man sich gewöhnlich zum
Schreiben niedersetzt. (vgl.
Stewart/Joines 1990, S. 240)
Das Thema eingrenzen
Oft in enger Verbindung mit dem Antreiber "Sei perfekt!" steht das
Unvermögen mancher Schreiber/-innen, ein Thema so einzugrenzen, dass es
sich mit einer bestimmten Fragestellung bearbeiten lässt.
-
So macht es auch
bei einer GFS (=Gleichwertige
Feststellung von Schülerleistungen) in der Schule wenig Sinn, ein Thema
wie z. B. "Friedrich Schiller" bearbeiten zu wollen. Ohne eine konkrete
Fragestellung kommt man hier nicht weiter.
-
Dennoch machen Schülerinnen
und Schüler immer wieder den Fehler, dass sie dann eben alles, was sie
recherchiert haben, unterbringen wollen. Und genau dies kann dann eben
auch zur Quelle einer Schreibblockade werden, wenn man nämlich, um es
redensartlich
auszudrücken, vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht.
Um solche
Schreibschwierigkeiten überwinden zu können, muss man zunächst einmal
verstehen, "dass es harte Arbeit ist, eine gute Fragestellung zu
entwickeln." (Girgensohn/Sennewald 2012,
S.121)
Das lässt sich natürlich um so leichter akzeptieren, je mehr
positive Erfahrungen man damit gemacht hat, wenn es z. B. darum geht,
recherchiertes Material auf seine Relevanz für die Fragestellung zum
Thema auszuwerten.
Permanentes Überarbeiten beim Schreiben unterlassen
Zu einer Schreibblockade auswachsen kann sich auch die Gewohnheit,
das Geschriebene immer sofort zu überarbeiten, wenn einem etwas auffällt
oder man nicht mit dem zufrieden ist, was man formuliert hat.Meistens
handelt es sich dabei um
sequenzielle Überarbeitungen kürzerer Textteile.
Ein solches
Verhalten geht oft Hand in Hand mit dem oben beschriebenen Hang zum
Perfektionismus.
Wer dazu neigt, "kämpft" womöglich so lange um jedes
Wort und jede Formulierung, bis ihm der Überblick für das Ganze und der
rote Faden verlorengeht.
Girgensohn/Sennewald
(2012, S.121) schlagen zu dieser Art von Schreibblockade vier
Gegenstrategien vor.
-
Mit der
Setzung von Wortzahl-Zielen nach dem Muster: "Ich schreibe heute
1000 Wörter. Ich lösche und überarbeite jedoch nichts, bis ich diese
Zahl geschrieben habe." könne man dem Drang, ständig etwas zu
überarbeiten, entgegenwirken.
-
Wer will, könne am PC sogar die
Schriftfarbe weiß auf
weißem Hintergrund einstellen, um nicht ständig mit- bzw.
nachzulesen, was man gerade geschrieben habe.
-
Auch mit so genannten
Stolperzeichen, z. B. einem #-Zeichen könne man Stellen markieren, von
denen man schon beim Schreiben den Eindruck gewinnt, dass man sie später
noch einmal überarbeiten müsse. So jedenfalls entlastet man sein
Gedächtnis und findet die entsprechenden Stellen schnell wieder.
-
Mitunter, so die beiden Autorinnen, sei es auch besser,
mehrere
Versionen eines bestimmten Textteils zu verfassen, statt "ewig" an einem
Text herumzufeilen.
Eine problem- und aufgabenbezogene Orientierung beim Schreiben
herstellen
Manche Schreibblockaden sind auch auf Unstimmigkeiten
zurückzuführen, die zwischen dem Schreiber und dem/den Adressaten
seines Textprodukts bestehen. Diese Unstimmigkeiten bestehen als
Probleme
mit dem so genannten inneren Adressaten oder
mit
dem nicht verfügbaren Adressaten.
Unter diesen Umständen fällt es
eben nicht leicht, eine
problem-
und aufgabenbezogene Orientierung beim Schreiben einzunehmen, wenn
man seinen Text wie so häufig in der Schule vorrangig für den Lehrer
verfasst (vgl. Baurmann 2002/2008, S.76), der zudem meistens alles besser weiß und
das Textprodukt am Ende noch benotet.
Solche Probleme mit dem Adressaten
lassen sich am besten dadurch überwinden, dass man den Schreibprozess,
zumindest
schrittweise kooperativ gestaltet.
So kann das
Peer-Feedback,
das zum kooperativen Schreiben
gehört, helfen blockierende
soziale
Abhängigkeitsorientierungen beim Schreiben und andere hemmende
Adressatenprobleme zu überwinden.
Geeignete Methoden dafür sind z. B.
Schreibateliers,
Schreibkonferenzen u. ä. m. Sie veranlassen
die Schreiber Adressaten, die sich mit dem Thema nicht so gut
auskennen, die Dinge besonders genau und verständlich darzulegen.
Das emotionale Involvement berücksichtigen
Gerade in der Schule ist bei der Themenauswahl von Schülerinnen und
Schülern häufig zu beobachten, dass sie zu den Themen greifen, die sie
emotional am ehesten oder auch direkt ansprechen.
So kommt es vor, dass
ein Schreiber gerade deshalb das Thema "Cybermobbing" im Rahmen einer
Schreibaufgabe zur Erörterung auswählt, weil er selbst betroffen war oder ist oder sich
in seinem sozialen Umfeld so etwas ereignet hat.
In einem solchen Fall
kann man davon ausgehen, dass die emotionale Beteiligung des Schreibers
beim Schreiben außerordentlich hoch ist.
Ein solches hohes Involvement
verführt dabei häufig zur Annahme, dass man daher besonders viel über
das Thema weiß und dies auch entsprechend schreibend entwickeln kann.
Aber häufig ist dies ein Trugschluss. Wer in ein derartiges Geschehen
emotional stark involviert ist, kann wegen unbewusster emotionaler
Vorgänge, die sich dabei in ihm abspielen, bald vor größeren
Schreibproblemen stehen. Die entstehende psychische Dynamik kann damit
auch eine Schreibblockade auslösen.
Also: auch wenn es natürlich richtig
ist, "Themen zu wählen, für die man 'brennt'" (Girgensohn/Sennewald
(2012, S.122), um die Schreibmotivation hochzuhalten, kann einen
eine zu große emotionale Beteiligung eben auch so fortreißen, dass man
den Überblick verliert.
In einem solchen Fall kann es u. U. helfen, sich
schreibend damit auseinanderzusetzen, warum es einem gerade jetzt schwer
fällt, darüber zu schreiben. (vgl.
ebd.)
"Aufschieberitis" eindämmen
Heerscharen von Ratgebern befassen sich mit diesem Thema, das
wissenschaftlich »Prokrastination
heißt. Die Tendenz, Dinge immer wieder aufzuschieben, gibt es in allen
Bereichen menschlichen Handelns und irgendwie scheint es zum Schreiben
offenbar in besonderer Weise dazuzugehören. (vgl.
ebd.)
Zugleich hat Prokrastination, also unangenehme Handlungen
immer wieder auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, auch
unterschiedliche Ursachen.
Dies gilt natürlich auch für die "Aufschieberitis"
beim Schreiben. Liegen keine Persönlichkeitsprobleme vor, die dazu veranlassen, dann lassen sich
die Unlustgefühle beim Schreiben allerdings durchaus so kontrollieren,
dass sie das Schreiben nicht blockieren.
Auch wenn das Phänomen so normal ist, dass man es, wie
Girgensohn/Sennewald
(2012, S.122) meinen, "kaum noch als Schreibblockade bezeichnen
kann", können sich andauernde Schreiberfahrungen dieser Art eben doch zu
ernsthaften Schreibschwierigkeiten entwickeln.
- So kann man in einen
Teufelskreis mit schwerwiegenden Folgen geraten, den
Neil Fiore 1991, S. 8. wie folgt beschreibt: "Wir fühlen uns überfordert und unter Druck gesetzt, wir fürchten das
Versagen und bemühen uns noch mehr, langsam wächst der Verdruss, wir
verlieren die Motivation und schieben unsere Aufgabe immer länger vor uns
her. Der Kreislauf beginnt mit dem Gefühl der Überforderung und endet mit
dem Versuch, dem Ganzen durch weitere Verzögerungstaktiken zu entfliehen.
Aber eine Flucht ist nicht möglich, solange man in diesem Teufelskreis
gefangen ist. Am Schluss lässt sich noch nicht einmal mehr die Freiheit
genießen, ohne dass man Schuldgefühle hat. Plötzlich wird jeder Augenblick,
der mit 'Spiel' oder sogar verhältnismäßig 'angenehmerer' Arbeit verbracht
wird, zu einer unangenehmen Ablenkung von dem, was man eigentlich tun
sollte."
Das Arbeits- und Zeitmanagement optimieren
Zunächst einmal kann man der "Aufschieberitis" mit einem
realistischen Arbeits-
und Zeitmanagement zu Leibe rücken, mit dem sich kleinere und
größere Schreibprojekte realisieren lassen.
-
Dazu muss der gesamte
Schreibprozess mit seinen drei Phasen Planen, Formulieren und
Überarbeiten in dem zur Bewältigung der Schreibaufgabe zur Verfügung
stehenden Zeitfenster zeitlich so eingeteilt werden, dass für jede Phase
hinreichend Zeit bleibt, um die entsprechenden Aufgaben zu erledigen.
-
Dafür kann man Milestones setzen, Zeitpunkte also, an denen bestimmte Aufgaben
erledigt sein müssen, um die nachfolgenden noch ohne Zeitdruck
bewältigen zu können.
Und doch kommt es
immer wieder, insbesondere bei größeren Schreibprojekten wie
Facharbeiten (→GFS)
immer wieder zu
Schwierigkeiten
bei der Zeit- und Arbeitsplanung. Hier kann u. U. das Führen eines
Tagebuchs
des Aufschiebens weiterhelfen.
Auch tiefer liegende (psychische) Probleme können dahinter
stecken
Für wen das Aufschieben
allerdings zu einem dauerhaften persönlichen Problem
geworden ist, kann dem mit Techniken des
Arbeits- und Zeitmanagements
im Allgemeinen nur wenig entgegensetzen.
Hier sind Einstellungen der
Persönlichkeit des einzelnen zu beachten, die ihn zu einem
Verzögerungstaktiker machen.
Grundlegend dafür ist die Erkenntnis, dass
solchen Aufschiebetechnikern nicht mit
weisen Ratschlägen wie "... Außer man tut es!", "Du schiebst doch alles nur
auf, weil du einfach zu faul bist", "Das Leben ist eben hart.", "Schreiben muss
doch keinen Spaß machen!" geholfen ist.
Denn die Ursachen für das
dauernde Aufschieben von Aktivitäten und Aufgaben auch beim Schreiben, mit denen viele zu
kämpfen haben, können in einer Vielzahl tiefer liegender Probleme zu suchen
sein (z. B. schwaches Selbstwertgefühl, Perfektionismus, Angst vor
Misserfolg oder sogar auch vor Erfolg, Unentschlossenheit ...). (vgl.
Fiore 1991, S.53)
Den eigenen Arbeitsrhythmus takten
Um Schreibblockaden etwas entgegenzusetzen, kann es sehr hilfreich
sein, einen Arbeitsrhythmus für den eigenen Schreibprozess festzulegen
und dem entsprechenden Takt zu folgen.
Alles, was den Schreibprozess von
außen strukturiert, seien es Schreibrituale, die Zusammenarbeit mit
anderen zu bestimmten Terminen beim kooperativen Schreiben, aber auch
alle Formen von Belohungen nach getaner Schreibarbeit können helfen, die
Schreibmotivation hochzuhalten und Phänomenen wie der Aufschieberitis
entgegenzuwirken.
Dabei sollte gelten: "Wer sich leicht ablenken lässt,
sollte Störungen während der Arbeitsphasen konsequent ausschalten,
insbesondere Internetzugang und Telefon." (Girgensohn/Sennewald 2012,
S.123)
» Fragebogen zur
Selbsterkundung Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.07.2020
|
|