
Das Schreiben folgt keinem festgefügten linear-sequenziellen Muster
Wenn man schreibt, kommen vielfältige kognitive
Operationen und psychomotorische Fähigkeiten ins Spiel. An die
Lasswell-Formel zur Kommunikation anknüpfend lassen sich nach
Fix (2006/2008,
S.26) unter kommunikationstheoretischer Handlungsperspektive
verschiedene Aspekte von
Schreibkompetenz gewinnen.
Sie führen
zu bestimmten Teilschritten im Schreibprozess.
Ein sequenzieller
Vorgang, bei dem in linearer Weise eins aufs andere folgt, ist das
Schreiben jedenfalls nach heutigem Verständnis nicht.
Trotzdem wird der Schreibprozess immer wieder in einzelne
Teilschritte zerlegt. Das geschieht in der Regel um den komplexen Vorgang des Schreibens besser durchschaubar zu
machen. Außerdem wirkt das überkommenen Vorstellungen über das Schreiben (z. B.
Genie-,
Dornröschen-
oder
Nachahmungshypothese)
entgegen. (vgl. Fix 2006/2008,
S.56)
Schreibprozesse verlaufen aber dennoch nicht in einer
linearen Abfolge
Die Gefahr dieses und anderer Prozessmodelle besteht
darin, dass die einzelnen Schreibprozesse leicht zu schematisch als eine
lineare Abfolge aufgefasst werden können.
Und auch die Orientierung am "Oberflächenverhalten"
(vgl.
Portmann (1966,
S.162) von Schreibexperten mit ihrer "stets planvollen, partnerbezogenen
kommunikativen Handlung" (Fix 2006/2008,
S.39) (vgl.
Die Denkfigur des schreibenden Experten) ist für den schulischen
Schreibunterricht keineswegs unproblematisch.
-
Schülerinnen und
Schüler haben nämlich mit einer solchen
Top-Down-Strategie oft beträchtliche
Schwierigkeiten (ebd,,
S.40).
-
Zudem erscheinen solche Modelle auch angesichts der vielschichtigen Dimensionen des
Schreibens als zu sehr zweckrational ausgerichtet (vgl.
Ortner 2000,
S. 100)
-
Dennoch: Aus didaktischen Gründen ist wohl doch hilfreich,
mit konkreten Problemfragen auf einzelne Aspekte des Schreibprozesses zu fokussieren. So können sie als Strukturierungshilfen dienen. (vgl.
Fix 2006/2008, S.32f.)
Prozessmodelle stellen keinen Masterplan für jeden
Schreiber dar
Prozessmodelle sind aber, das sei auch an dieser Stelle noch einmal
unterstrichen, unter didaktischem Aspekt lediglich eine "Hilfsstruktur" und sind in keinem Fall als "Idealplan"
zu verstehen, der von jedem Schreiber nachvollzogen werden sollte. (vgl.
ebd., S.44)
Der Nutzen für die Schreibdidaktik: Rekursiv statt
linear-sequenziell
Für die Schreibdidaktik hat das Allgemeine Schreibprozessmodell von Hayes und Flower dennoch eine richtungweisende Bedeutung.
Denn bis dahin
modellierte man im Schreibunterricht in der Regel ein Modell, das die
verschiedenen Momente eines Schreibprozesses in eine linear-sequenzielle
statt rekursive Beziehung gesetzt hat und propagierte damit einen
sukzessiven Prozess von Planung - Schreiben - Verbesserung, wobei
letztere noch auf der Basis der Beurteilung durch eine Lehrkraft zu
erfolgen hatte. (vgl.
Ossner 22008, S.106)
Statt linear-sequenziell vollzieht sich der
Schreibprozess rekursiv. Dabei ist
Rekursivität
ein Organisationsprinzip beim
Formulieren und
Überarbeiten von Texten.
Es bedeutet , dass jede gewählte Formulierung der Auslöser einer
nachfolgenden Überarbeitung sein kann, die eine Neuformulierung
bringt, und in der Folge diese wieder erneut Auslöser für eine
weitere Neuformulierung sein kann.
» Fragebogen zur
Selbsterkundung Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.07.2020
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