Unsere modernen Gesellschaften sind literal
Lesen und
Schreiben
sind elementare Kulturtechniken, welche die Menschheit in
zahlreichen unterschiedlichen Kulturen entwickelt hat. Beide stehen
in einem engen Bezug zueinander. Insbesondere in literalen
Gesellschaften, in denen Kommunikation und Interaktion in der
Gesellschaft in hohem Maße von Schriftlichkeit geprägt sind, ist ein
Leben, kulturelle, soziale und politische Teilhabe ohne sie nicht
denkbar. Und dies gilt ohne Einschränkung auch für das digitale
Zeitalter.
Der technologische Wandel, der mit der Erfindung des Buchdrucks
einsetzte, sorgte dafür, dass geschriebene Texte massenhaft
reproduziert und über den Buchhandel vertrieben werden konnte. Damit
begann auch die Schriftlichkeit (Literalität)
der Mündlichkeit (Oralität) in immer mehr Bereichen der
Kommunikation den Rang abzulaufen. Die Folge war die Entstehung
literaler Gesellschaften, in denen Kommunikation und Interaktion in
der Gesellschaft in so hohem Maße von Schriftlichkeit geprägt sind,
dass das Leben überhaupt, die kulturelle, soziale und politische
Teilhabe ohne sie nicht denkbar ist.
Die Schrift revolutionierte die Kommunikation
Die Schrift selbst, die dies alles möglich machte, hat selbst
eine sehr lange »Geschichte.
Die ältesten Schriftzeichen sind annähernd 8000 Jahre alt und wurden
in China gefunden. Die Schriftentwicklung nahm ihren Fortgang dann
in um 2700 v. Chr. in Mesopotamien, wo die sogenannte »Keilschrift entstanden ist. Fast so alt sind die
Ȋgyptischen
Hieroglyphen
und die eng verwandte »hieratische
Schrift. Viel jünger sind dagegen
alphabetische Schriften (Buchstabenschriften)
wie
die »phönizische
Alphabetschrift,
die wohl um 1100 v. Chr. entstanden ist. Aus dieser entwickelten
sich dann u. a. die »aramäische
Schrift,
die »hebräische
Schrift und
die »arabische
Schrift. (vgl.
Wikipedia, 19.10.2018)
Die Schrift revolutionierte die Kommunikation, weil mit der
Schriftlichkeit Sprachproduktion und Sprachrezeption materiell und
nachhaltig voneinander geschieden werden konnte. Wer mit einem
anderen kommunizieren wollte, benötigte diesen nicht mehr als
anwesenden Hörer der Mitteilung (synchrone Kommunikation), sondern
konnte sich mit diesem auch in einem zeitlichen Abstand und
räumlicher Ferne mit Hilfe eines Schreibkommunikats in einer
sogenannten "zerdehnten Kommunikation" (asynchrone Kommunikation)
verständigen. Was sonst durch Boten, die ihre Botschaft im
Gedächtnis speichern mussten, überbracht werden musste, konnte nun
mit Hilfe der Schrift außerhalb des Gedächtnisses gespeichert
werden. Dies ist auch ihre wesentliche Funktion. Sie ist wie die
Orthographie ein historisch entstandenes Werkzeug, "um sprachliche
Äußerungen, im Wesentlichen einzelne Wörter und Sätze, dauerhaft zu
speichern." (Bachmann/Becker-Mrotzeck
(2017), in:
Forschungshandbuch empirische Schreibdidaktik (2017),
Kindle-Version, S.27)
Schriftlichkeit ist kein universelles Prinzip
So selbstverständlich einem Menschen die Bedeutung der Schrift in
literalen Gesellschaften auch vorkommen mag, dass er sich etwas
anderes überhaupt nicht vorstellen kann. Es gab und gibt neben der
weitaus größeren Zahl literaler Gesellschaften, in denen
Schriftlichkeit alles ist, auch Gesellschaften, die eine orale
Kultur leben.
Solche oralen Kulturen und Gesellschaften "kennen als
Sprach-Speicher nur das Gedächtnis. Um das flüchtige Gesprochene im
Gedächtnis zu fixieren, wurden Formen erfunden, wie wir heute als
Kulturform des Gedichtes und des Gesanges kennen. Zu den
Hilfemitteln der Gedächtniskunst (Mnemotechnik) gehören Reimformen,
Rhythmen, musikalische Raster. " (Wolschner
2014)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.01.2024
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