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Einzelne Lesetechniken und Lesestrategien (Auswahl)

Lesetechniken

Tabellarischer Überblick

 
ARBEITSTECHNIKEN
Center-Map Glossar ▪ Arbeit mit Bildern Arbeit mit Texten Arbeitsaufträge Operatoren ● Texte erfassen ▪ Überblick LesenÜberblick So funktioniert unsere visuelle Wahrnehmung beim Lesen So verstehen wir, was wir lesen LesemodusLesesituation Leseweisen (Lesetechniken)Überblick [ Einzelne Lesetechniken und Lesestrategien (Auswahl)Überblick Lesetechniken (Tabellarischer Überblick) ◄ ▪ Grundlegende Lesetechniken für Schule und Unterricht Speed ReadingOrientierendes Lesen (Skimming) ▪ Diagonales Lesen Punktuelles Lesen Suchendes Lesen (Scanning) Kursorisches Lesen Sequenzielles Lesen Intensives Lesen Rekapitulierendes Lesen Erstleseeindrücke ] Komplexe Lese- und RezeptionsstrategienTextauswahl ▪ Links ins Internet Bearbeitungsstrategien von TextenAnnotieren Exzerpieren Konspektieren Kürzen und Verdichten (Reduktionstechnik)Das Hauptthema eines Textes erfassen und eingrenzen Den Inhalt eines Textes erfassen Gedankengang und Argumentation in einem Text nachvollziehenTexte visualisieren   Texte verstehen Texte verfassen/Schreiben ▪ Zitieren Lesekompetenz Schreibkompetenz Themabereich Lesen
 

Themabereich: Lesen
 ▪ Lese- und Rezeptionsstrategien
Primär- und Stützstrategien
SQ3R-Technik
PQ4R-Methode,
MURDER-Schema

Was früher und heute gelesen wurde und wie man da tut, ist dem Wandel der Zeiten unterworfen. Und: Ob man heute überhaupt liest, wie und was man liest, ändert sich auch im Laufe eines menschlichen Lebens. Dabei ist die Altersentwicklung natürlich nur ein Aspekt des Ganzen.

Hinzu kommen natürlich noch eine Vielzahl anderer Gesichtspunkte, die nur indirekt in einem Zusammenhang mit dem ▪ Lesen stehen, wie Bildung, soziale Schichtzugehörigkeit usw. Aber meisten hat wohl die ▪ Digitalisierung das Lesen verändert, das über viele Jahrhunderte hinweg an die Rezeption gedruckter oder handschriftlich angefertigter Texte gebunden war.

Lesetechniken müssen unter dem Blickwinkel ihres Beitrags zumsinnkonstruierenden Lesen betrachtet werden, das den Leseprozess als Text-Leser-Interaktion auffasst. Dabei entsteht Textverständnis in Wechselwirkungen von textgeleiteten und konzept- bzw. erwartungsgeleiteten Prozessen bei seiner kognitiven Verarbeitung.

Aus diesem Grunde können Lesetechniken, die darauf abzielen, effektiv, ziel- und interessengeleitet Textverstehen zu ermöglichen, auch an ganz verschiedenen Punkten der stattfindenden Wechselwirkungsprozesse ansetzen.

Nicht immer sind von den Rahmenbedingungen weitgehend losgelöste Lesetechniken im engeren Sinne, wie wir sie unten tabellarisch aufgelistet haben, also der geeignete Zugang, um Lesen und Verstehen erfolgreich miteinander zu verbinden. Häufig bedarf es auch einer Kombination verschiedener Techniken, um dies zu erreichen. Dann spätestens schlägt die Stunde ▪ komplexer Lese- und Rezeptionsstrategien (▪ Primär- und Stützstrategien, SQ3R-Technik, PQ4R-Methode, ▪ MURDER-Schema)  

Die Leserichtung: von links nach rechts und zeilenweise von oben nach unten in einer zeitlichen Dimension

Wenn wir lesen, dann tun wir dies im abendländischen Kulturkreis, in dem sich schon seit der griechischen Antike die phonographische Alphabetschrift durchgesetzt hat, in einer bestimmten Leserichtung, die der Abfolge der Buchstaben und der grammatischen Einheiten folgt. Dabei verläuft die Leserichtung von links nach rechts und den Zeilen folgend von oben nach unten. Dabei folgen wir beim Lesen aber nicht nur der räumlichen Anordnung bzw. Reihenfolge der Textelemente und müssen das auch nicht zwingend tun, um einen Text zu erfassen. Wir springen häufiger mal hin und her, überspringen etwas oder springen zurück, und folgen beim Lesen also keineswegs sklavisch der vorgegebenen Textstruktur, sondern bilden u. U. durchaus räumlich auseinander liegende "Lesepakete" (Rautenberg 2015, S.294), die wir in einem ▪ sinnkonstruierenden Lesevorgang so zusammenfügen, dass sich uns die Bedeutung des Ganzen erschließt.

Wenn man im Zusammenhang mit dem Lesevorgang vom linearen Lesen spricht, so versteht man strenggenommen darunter also nicht, dass der ganze Text Wort für Wort hintereinander gelesen wird, wie dies bei der Technik des sequenziellen Lesens angenommen wird, sondern dass jedes Stück, das gelesen wird, in einer unumkehrbaren zeitlichen Abfolge erfasst und verarbeitet wird, egal wie oft und wie häufig man im Text als Ganzem hin- und herspringt. (vgl. ebd.)


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Es gibt eine Fülle von Lesetechniken

Wie man auch immer einzeln für sich, in der Kommunikation mit anderen, genussvoll, kreativ oder intensiv am Text arbeitend mit einem Text umgeht, für alles gibt es Lesetechniken, zum Teil mit schillernden Bezeichnungen, die sich oft überschneiden, und trotzdem den Anspruch haben, jeweils eine, zumindest in dem einen oder anderen Merkmal unterschiedliche Technik bei der Lektüre von Texten zu repräsentieren.

Da ▪ Lesen als elementare Kulturtechnik auch zur Ware gemacht werden kann, sprießen allerorten Konzepte wie z. B. das ▪ Speed Reading aus dem Boden, die vor allem eines versprechen, schneller zu lesen, um so im Dschungel allgemeiner Informationsüberflutung (information overload) nicht deshalb unter die Räder zu kommen, weil man nicht alles gelesen hat, was zur beruflichen Qualifikation und zur gesellschaftlichen Teilhabe notwendig zu sein scheint.

In der Regel werden Lesetechniken entlang der Parameter von stimmlicher oder nichtstimmlicher Repräsentation von Texten und ihren historischen Formen wie lautes und leises Lesen, von Intensität des Lesens und seiner Schnelligkeit, "die teilweise mit laut oder leise korrelieren, seiner Selektivität und Iterativität als einfache oder mehrfach zu durchlaufende Lektüre voneinander unterschieden (vgl. Rautenberg/Schneider 2015, S.97) Darüber hinaus stehen die Begriffe ▪ Lesemodus oder auch Lesehaltungen zur Verfügung, wenn es darum geht, unterschiedliche unterschiedliche Funktionen des Lesens, entsprechend der individuellen Informationsbedürfnisse der Leser zu verstehen." (ebd.)

Die nachfolgende Auflistung fasst wichtige einzelne ▪ Leseweisen bzw. Lesetechniken in einer tabellarischen Übersicht zusammen. Dabei ist diese Liste nicht auf Vollständigkeit ausgelegt, sondern will wichtige, auch in der ▪ Geschichte des Lesen bedeutsame Lesetechniken, die heute im Prinzip keine Rolle mehr spielen, mit knappen Bemerkungen vorstellen. Dabei stehen sie immer wieder in Verbindung mit  ▪ Lesemodi bzw. Lesehaltungen, mit denen man die vorhandenen Handlungsdispositionen bezeichnet, die eine spezifische, an Informationsbedürfnissen des Lesers orientierte ▪ Leseweise ermöglichen, um Texte individuell und subjektbezogen für den Aufbau von Wissen, zur Unterhaltung usw. nutzen zu können. (vgl. Graf 2015, S.196, vgl. Rautenberg/Schneider 2015, S.97 )

Nicht immer lassen sich die hier dargestellten Lesetechniken klar voneinander abgrenzen und in der Praxis des Lesens durchdringen und überformen sie sich ohnehin immer wieder oder werden in den verschiedenen Lesemodi und ▪ komplexen Lese- und Rezeptionsstrategien miteinander verbunden.

Grundlegende Lesetechniken für Schule und Unterricht

Inspiratives Lesen
  • in gewisser Hinsicht zielloses Herumlesen kreuz und quer in einem Text oder mehreren Texten

  • Lesen, das hauptsächlich dazu dient, auf assoziative Weise Ideen zu einem Thema zu erhalten, ohne den jeweiligen Text als Ganzes zu lesen

Lautes Lesen
Stummes Lesen
  • heute die gängige Form des individuellen Lesens

  • schafft ein Verhaltensmuster persönlicher Intimität bei Lesen, das nur vom Leser oder der Leserin kontrolliert wird

  • historisch gesehen ein längerer Prozess, bis diese Form des Lesen, die der sozialen Kontrolle durch das soziale Umfeld von Familien-, Haus- oder Religionsgemeinschaften entzogen war, sich durchsetzen konnte

  • besondere Bedeutung für die Entwicklung des ▪ (weibliches) Lesens in der ▪ Geschichte des Lesen

Vorlesen
  • lautes Lesen in einer Kommunikationssituation, bei der ein einzelner oder mehrere laut lesende Personen anderen, die als Zuhörer anwesend sind oder den gesprochenen Text über ein Medium zeitversetzt hören (z. B. Hörbuch), einen Text vortragen

  • in der Kindheit ganz wesentlicher Faktor: Kinder, denen häufig vorgelesen wurde, entwickeln eine deutliche engere Beziehung zum Lesen als Kinder, bei denen dies nicht der Fall gewesen ist

  • im literaturdidaktischen Umfeld als Leseübung verbreitet

Sprechgestaltendes Lesen
Anlesen
  • Lesen intuitiv oder bewusst ausgewählter Textstellen, mit denen man einen Eindruck über die thematische und sprachlich-stilistische Entfaltung eines Themas in einem Text gewinnen will

  • meistens Teil anderer Lesetechniken wie z. B. dem orientierenden Lesen oder dem Probelesen

Probelesen
  • auszugsweises Anlesen eines Textes, um einen Eindruck davon zu gewinnen, welches Vorwissen das Verstehen eines bestimmten Textes erfordert

  • grobe Abschätzung des fachlichen oder sprachlich-stilistischen Schwierigkeitsgrades eines Textes

  • erste Annäherung an einen Text unter dem Blickwinkel, ob er einen emotional anspricht oder interessieren könnte

Orientierendes Lesen (Skimming)
(vgl. diagonales Lesen)
Hyperreading
  • möglichst rasches Erfassen von relevanten Informationen eines Textes

  • lesen einzelner Textstellen, ohne den gesamten Text zu lesen

Diagonales Lesen
(auch: Querlesen)
(vgl. Orientierendes Lesen)

  • rasches Überfliegen des Textes

  • Erfassen der wichtigsten Textinhalte und -strukturen, greift dabei auf unser ▪ Textmusterwissen zurück

  • eventuell stichprobenartiges sequenzielles Lesen (= Anlesen)

Strategisches Quer- und Stellenlesen
  • schnelles und effektives Auswählen von Textstellen, die sich für gründlicheres Lesen lohnen (▪ Textmusterwissen)

  • Lesepraxis beim Surfen und Recherchieren im Internet 

Selektives Lesen
  • Lesen, das auf ein vollständige sequenzielle und intensive Lektüre eines Textes bewusst verzichtet

  • Sammelbegriff für sämtliche Leseweisen (Lesetechniken), die einen Text nicht vollständig lesen vom diagonalen Lesen bis hin zum suchenden Lesen

  • Lesen wird auf bestimmte Textstellen beschränkt, die nach vorgegebenen oder selbstgesetzten Relevanzkriterien ausgewählt werden (auch: Textmusterwissen)

Punktuelles Lesen
(vgl. auch selektives Lesen, Hyperreading)

  • Form des selektiven Lesens

  • nur teilweises Lesen des Textes

  • Lektürevorgang wird unterbrochen und an anderer Stelle fortgesetzt

  • Herstellen des Sinnzusammenhangs erfolgt mosaikartig

  • besonders geeignet für ▪ diskontinuierliche Hypertexte mit ihrer nicht-linearen Textstruktur

Suchendes Lesen (Scanning)
  • Scanning (englisch to scan‚ abtasten, absuchen, durchsuchen‘)

  • Ziel: bestimmte Informationen erfassen

  • gezieltes Durchsuchen des Textes nach bestimmten Aspekten ( z.B. bestimmte Schlagwörter, Schlüsselbegriffe oder Gedanken)

Navigierendes Lesen
(auch: digitales Lesen)
Sinnentnehmendes Lesen
  • Lesetechnik, die vorgibt, dass einem Text mit Hilfe verschiedener Techniken quasi seinen "objektiven" Textsinn abringen kann

  • Leser dekodiert in einem quasi spiegelbildlich verlaufenden Prozess beim Lesen die Bedeutungen, die der Autor bzw. die Autorin im Text enkodiert hat.

  • als deterministisches Modell veraltet (vgl. sinnkonstruierendes Lesen)  

Sequenzielles Lesen

  • in der Regel vollständige Lektüre des Textes

  • Lesevorgang folgt dem linearen Textfluss (vgl. lineares Lesen)

  • Erstleseeindrücke erfassen

  • Voraussetzung für kursorisches und intensives Lesen

Kursorisches Lesen

  • vollständige Lektüre des Textes, meist auf der Basis sequenziellen Lesens

  • Anbringen von Hervorhebungen (Markierungen usw.) am Text

Intensives Lesen
(auch: detailliertes Lesen)

  • Ideal des akribisch genauen Lesens mit langsamer und sorgfältiger Lektüre                                                                                                    

  • genaues und vollständiges Erfassen des Textes auf der Basis des sequenziellen Lesens

  • textsortenspezifische Untersuchungsgesichtspunkte, z.B. Aussageabsicht, rhetorische Figuren, Argumentationsstrukturen

Rekapitulierendes Lesen

  • abschließendes "Überfliegen" des Textes (z. B. diagonal, punktuell) in Hinblick auf inhaltlichen und/oder argumentativen Gesamtzusammenhang

  • am roten Faden entlang lesen

    • zur Ergänzung und Überprüfung der gemachten Annotationen, Exzerpte, Skizzen, Kommentare, Anmerkungen und sonstiger Notizen

    • zur Wiederaufnahme der Textarbeit nach einer Unterbrechung, um wieder in den Text hineinzufinden (= wieder einlesen)

    • zur partiellen oder vollständigen Aktivierung des vorhandenen Vorwissens über den Text  

Korrekturlesen (redigierendes Lesen)
Verzögertes Lesen
  • lese- bzw. literaturdidaktisches Prinzip (Frommer 1981a), das auf eine "Entautomatisierung" von Lesegewohnheiten zielt
  • Lesevorgang wird im Zusammenhang mit literarischen Texten bewusst verzögert durch den Einbau von "Textlücken" oder anderer "Stolperfallen", um den Fokus über den Inhalt hinaus auf sprachliche Formulierungen, auf den Aufbau von Argumentationen oder auf ästhetische Qualitäten eines Textes zu lenken
  • z. B. bewusster Einbau von "Leerstellen" (Lücken), für deren Schließung verschiedene Textvarianten vorgeschlagen werden; diese Varianten müssen reflektiert und die Entscheidung für eine der Varianten begründet werden, ohne dass die Originalfassung als die "richtige" Lösung betrachtet wird
  • vgl. textnahes Lesen  
Lernendes Lesen
Schnelllesen (Speed Reading)
  • rein leseökonomisch ausgerichtetes Konzept, das darauf abzielt, möglichst viel Text in einer bestimmten Zeitspanne zu erfassen (»Schnelllesen/Speed Reading).

  • auch als "Power Reading", "Turbolesen", "Scan Reading", "Alpha Reading" oder "Improved Reading bezeichnet

  • dabei können durch Training die Anzahl der neurobiologisch möglichen Fixationen beim Lesen eines Textes so erhöht werden, dass geschulte Schnellleser etwa doppelt bis dreimal so schnell lesen wie ein durchschnittlicher Leser

  • allerdings geringe ▪ Inferenztätigkeit beim Lesen, d. h. es werden weder auf der lokalen Textebene noch darüber hinaus gehend Schlussfolgerungen gezogen, die über die unmittelbar im Text enthaltenen Informationen hinausreichen und als "Motor der Sinnkonstruktion beim Lesen" (Christmann 2015, S.174) fungieren

  • nicht geeignet für literarische Texte; Effektivität von der Komplexität der Textstrukturen und seiner Schwierigkeit abhängig

  • gegenüber anderen Lesetechniken, bei denen man den Text von vornherein nicht als Ganzes ▪ sequenziell oder ▪ intensiv lesen will kaum im Vorteil, zumal es als isolierte Lesetechnik die Konstruktivität des Leseprozesses (= sinnkonstruierendes Lesen) weitgehend zugunsten eines neurobiologischen "Tunings" der Lesegeschwindigkeit ausblendet

  • ungeeignet als lesedidaktisches Konzept zum Erwerb von ▪ Lesekompetenz, wie sie schulische Bildungsprozesse anstreben.

Themabereich: Lesen
 ▪ Lese- und Rezeptionsstrategien
Primär- und Stützstrategien
SQ3R-Technik
PQ4R-Methode,
MURDER-Schema

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 10.01.2024

 
 

 
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