Die Idee, eine Webseite mit Unterrichtsmaterialien für die Fächer Deutsch,
Geschichte und Politik, mitunter auch Gemeinschaftskunde oder
Sozialkunde genannt, entstand im Jahr 1997, in einer Zeit, in der von
sozialen Netzwerken noch keine Rede war. Seitdem ist teachSam ein "work
in progress". Das bedeutet: teachSam ist eigentlich nie fertig,
sondern wird an zahlreichen Ecken und Enden stets weiterentwickelt, mit
neuen Inhalten versehen. Das Hauptproblem ist dabei, Struktur und
Content nutzerfreundlich und gleichzeitig die Inhalte, so gut es eben
geht, auf der Höhe der Zeit zu halten. Dies kann nicht immer so
gelingen, wie dies eigentlich intendiert ist. Die hypertextuelle
Struktur von teachSam ist dabei systematisch mit Kriterien aufgebaut,
die sich im Prinzip an den Fachwissenschaften und den jeweiligen
Didaktiken orientieren. Allerdings sind natürlich auch diese einem
ständigen Wandel unterzogen, den teachSam nur zum Teil abbilden kann.
Es war die "Gründerzeit" des
World Wide Web, das Web 1.0, wie man heute sagt, in der sich in meinem
Kopf festsetzte, ich müsse doch meine Unterrichtsvorbereitungen, die ich
stets sehr akribisch und meist mit Schreibmaschine (!) getippt hatte, einfach
mehr Menschen zugänglich machen als einem Kreis von damals jungen
Kolleginnen und Kollegen an der eigenen Schule, denen ich immer wieder
Kopien von Materialien und Unterrichtsentwürfen morgens auf den Tisch im
Lehrerzimmer legte. Dabei vertraute ich darauf, es könnte ihnen Hilfe und Anregung sein,
den eigenen Unterrichtsalltag zu bewältigen und vielleicht selbst in
gleicher Weise aktiv zu werden.
Noch ehe irgendjemand von "Shared
Culture" gesprochen hat, war es in meinen Augen stets ein Unding, dass
Lehrkräfte vollkommen isoliert voneinander, immer wieder das Rad neu
erfanden, sich jeder oder jede allein durchwurstelte beim Sammeln,
Bearbeiten und Einsetzen von Materialien und dann hinter sich die
Klassenzimmertüre schloss, um dort wieder jeder/jede für sich zu
unterrichten.
Wie viele andere Kolleginnen und Kollegen auch, konnte ich mit den
Schulbüchern in den neunziger Jahren nicht viel anfangen. Sie konnten zu
einem Unterricht, der offener und schülerorientierter angelegt war,
wenig beitragen.
Auch die Schulbuchverlage hatten das längst gemerkt. Mit
Zusatzmaterialien für Lehrkräfte, die stets eine rege Kopiertätigkeit
nach sich zogen, wurde ein Geschäftsmodell Wirklichkeit, das die
"modernen" Lehrkräfte von den "alten" an der Zahl der im häuslichen
Regal oder in der Lehrerbibliothek (das gab es damals noch!)
befindlichen "Stundenblätter" (so eine Reihe aus dem Klett-Verlag)
voneinander unterschied. Wer`s sich leisten konnte, investierte und
demonstrierte damit nach außen seinen Willen, dem verschrieenen
Schulbucheinsatz ("Wo waren wir gestern stehengeblieben? ... Gut, dann
schlagt einmal Seite Soundso auf!") ein Ende zu setzen.
Wenn da nicht die Einschränkungen gewesen wären, den Kopierer zum
Kopieren von Arbeitsblättern im Klassensatz einzusetzen!
Es gab die
Zeit, da wurde noch unterschieden zwischen dem Kopieren und dem
Vervielfältigen. So stellte man eine Kopie eines Originals her,
wenn es nötig war. Ging es aber darum, Arbeitsblätter zu
vervielfältigen, dann sollte man besser noch Blaumatritzen benutzen, um
den Arbeitsblättern den toxischen Geruch des Lösungsmittels zu geben,
das Schülergenerationen nie mehr aus der Nase bekommen konnten.
Und wer
dennoch den Kopierer zum Vervielfältigen nutzte, musste das heimlich in
der Nacht tun, einen zusätzlichen Kopierscheck von einem wenig
kopierfreudigen Kollegen erbetteln oder ganz einfach die Kopien selbst
bezahlen! Und die Schelte des Schulleiters in der Lehrerkonferenz immer
die gleiche: Es wird zuviel kopiert! Wenn das nicht anders wird, müssen
wir ein Jahresbudget von Kopien für jede einzelne Lehrkraft festlegen!"
[...]
Deutschunterricht und gesellschaftswissenschaftliche Fächer
verbinden
Von Anfang an stand
bei teachSam ein themenorientierter Ansatz im Vordergrund, der
darauf abzielte, in einem fächerübergreifenden und
fächerverbindenden Sinne Inhalte und Methoden zusammenzubringen.
Daraus ergab sich die Notwendigkeit, Inhalte des Deutschunterrichts,
wenn möglich mit Inhalten anderer Fächer wie dem Politik- oder
Geschichtsunterricht, aber auch auch der Psychologie in eine
vernetzte, hypertextuelle Struktur zu bringen, die vor allem eines
leisten musste: Mitwachsen bei der zunehmenden Komplexität der
Website, die sich aus der Zunahme des Contents ergaben.
Ein hypertextuelles
Projekt über bald 25 Jahre hinweg als Einzelperson
weiterzuentwickeln, stellte dabei stets neue Herausforderungen, die
in dem Spagat zwischen fachwissenschaftlichen Entwicklungen - man
denke dabei nur an die Erzähltheorie - und fach- und
schreibdidaktischen Veränderungen oft nur mit Brüchen in der
Systematik der Webseite zu bewältigen waren. Dazu kamen noch die
Entwicklungen der Medien selbst, neue Formen der96)
Webseitengestaltung und -verwaltung. Alles war und ist von einem
Einzelnen natürlich nicht immer auf der Höhe der Zeit zu bewältigen.
Und doch haben
"Unübersichtlicht, Inkonsistenz und didaktischer Eklektizismus" (Maiwald
2022, S.95) und "die schriftlastige Kargheit früher
Internettexte" (ebd.),
die stets von dem Bemühen gekennzeichnet war, neben einfachen
Unterrichtsanregungen auch den fachwissenschaftlichen und
fachdidaktischen Hintergrund, so weit es möglich war, aufzuarbeiten,
bis heute den Zuspruch vieler Nutzerinnen und Nutzer gefunden. Und
das, obwohl sich seit den Anfängen von teachSam eine Vielzahl von
"Konkurrenten" auf dem Markt tummeln und oft, kaum "schriftlastig"
oder "karg", irgendwelche Informationen zu bestimmten Suchanfragen
bereitstellen, die zwar "plakativ" aufgemacht, mit "Lernvideos"
aller Art "unterfüttert" sind, aber oft jegliche
Wissenschaftsorientierung vermissen lassen.
Schön, dass bei
aller durchaus auch angemessenen Kritik meine Arbeit noch 24 Jahren
einmal das Etikett "Pioniertat in Sachen Internet und OER" (ebd.,
S.96) verbunden mit der "größten Anerkennung" (ebd.,
S.96) umgehängt bekommt, selbst wenn moniert wird, dass sie "jedoch
von aktuellen fachdidaktischen Konzeptionen ganz und von
Bildungsvorgaben zumindest in großen Teilen überholt" worden sei.
Dass teachSam "verständlicherweise (...) hinter dem
zurück(bleibt), was eine OER für das Fach Deutsch sein könnte,
sowohl fachdidaktisch als auch in der Nutzung digitaler
Möglichkeiten" (ebd.,
S.96) ist auch mir bewusst, aber kein Grund teachSam in die Tonne zu
treten. Die verschiedenen Kanäle der sozialen Netzwerke bespielt
teachSam jedenfalls nicht.
Im Übrigen: Warten
wir's ab. Noch "sonnt" sich teachSam im Zuspruch vieler tausend
Userinnen und User und über 24 Jahre haben bis heute Schüler-,
Studierenden- und Lehrergenerationen, wenn sie nicht auf die
schnelle, plakative Information aus waren, die Seite
vielmillionenfach aufgerufen und genutzt. Vielleicht trotz, aber
vielleicht auch wegen ihres Eklektizismus, der bei einem derartigen
Projekt geradezu konstitutiv ist. Und die OER-Gemeinde und die
Shared Culture? Sie ergeht sich überwiegend in Plattform-Konzepten
und -entwürfen. Wer OER-Materialien erstellen will und Inhalte
sucht, der ist jedenfalls bei teachSam auf der richtigen Seite.
Inkonsistenzen hin oder her ...
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
25.07.2024
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