Ganz in
den Dienst von Werbung Marketing ist die ▪
Markengeschichte als
Marken-Story bzw. Brand-Story gestellt
Eine
Markengeschichte, die diese Zwecke erfüllt, soll also für
Markenloyalität sorgen. Sie eine Beziehung zwischen Marke und
Kunden schaffen, die den Unterschied ausmacht "zwischen einem
lebenslang treuen Kunden und einem einmaligen Einkauf" (Schmidt
2021)
Wer heute in einer "gänzlich
entfalteten Konsumgesellschaft, deren
Konsumenten auf differenzierte und singularisierte Güter setzen" (Reckwitz
2019, S.152) am Markt bestehen will, muss, so kann man das wohl
etwas plakativ sagen, "eine
Geschichte von Menschen erzählen, die sich vorgenommen haben, etwas
herzustellen, was Menschen wirklich lieben und brauchen. Weil es
ungewöhnlich schön ist. Oder echte Probleme löst. Weil es die Welt
rettet. Oder Spaß in einer Weise macht, für die der Mensch
geschaffen ist" (Horx
2015)
Um etwas ganz anderes handelt es sich indessen, wenn man die
Markengeschichte als Erzählung (Narration) betrachtet.
Unter
synchronem Aspekt bezeichnet der Begriff die Geschichte,
die über eine Marke erzählt wird. Sie ist konstitutiver
Bestandteil insbesondere moderner Marken und besteht aus der
Gesamtheit von Zuschreibungen, die ihr auch über ihren
funktionalen, sachlich beschreibbaren Nutzen von den Rezipienten
dieser Markengeschichte zugesprochen werden.
Als ▪
Erzählung (Narration) stellt sie die "Dingbiografie" (Reckwitz)
der zu kulturellen Objekten aufgewerteten Dinge,
Dienstleistungen, Orte, Kollektive oder Ereignisse dar.
Sie
unterliegt vielfachen Einflüssen und verändert sich unter dem
Einfluss aller Akteure, die an der sich stets wandelnden
"Markengeschichte" miterzählen. Dazu gehören die Werbefachleute
ebenso wie die Konsumenten, aber vor allem auch die Rezipienten
der Erzählung über eine Marke, die z. B. in sozialen Netzwerken
an ihrer Erzählung weiterspinnen und damit selbst die Rolle von
Autoren der Markengeschichte einnehmen.
In der postindustriellen Gesellschaft von heute ist die
Nachfrage nach funktionell-standardisierten Massenkonsumgütern
(Kühlschrank, TV-Geräte, Auto, etc.), die man deshalb konsumiert,
weil sie "für alle den gleichen Nutzen (und Status) versprechen"
(Reckwitz
2019, S.150) im Allgemeinen gesättigt.
Um in gesättigten
Märkten weiterhin Waren absetzen zu können, müssen Waren, für die
eigentlich der Tauschwert, ausgedrückt im Preis, das maßgebliche ist, zu
Gütern
werden. Dabei wird ihnen "vom Konsumenten ein eigenständiger Wert
zugeschrieben" (ebd.,
S.121), der über den praktischen Nutzen hinausgeht.
Die Waren und
Dienstleistungen werden dadurch aber auch
kulturelle Güter, weil
"Kultur immer dort ist, wo Wert zugeschrieben wird, wo also Prozesse
der Valorisierung stattfinden." (ebd.9,
S.16)
Dabei geht der
Prozess der Valorisierung
(Wertzuschreibung) in der postmodernen
Industriegesellschaft Hand in Hand mit Prozessen der
Singularisierung.
Das hat zur Folge, dass Menschen, Dingen,
Dienstleistungen, Orten, Kollektiven oder Ereignissen, kurzum dem
Inventar des Sozialen, Werte zugeschrieben werden. Und weil
diese die Einzigartigkeit (Singularität) des jeweiligen Gutes
herausstreichen, werden sie auch gesellschaftlich wertvoll gemacht.
Güter, die so seit der "Konsumentenrevolution"
(Reckwitz
2019, S.150) in den 1970er Jahren entstanden sind, können
"beispielsweise erinnerungswürdige Erlebnisse verschaffen, starke
Geschichten erzählen, individuelle oder kollektive Identität
vermitteln, Bildungsprozesse oder Wohlbefinden ermöglichen, eine
Aura des ästhetisch Wertvollen ausstrahlen oder Rarität und
Exklusivität versprechen" und verheißen, "dass die Güter, die man in
sein Leben einbaut, einen Beitrag zur Lebensqualität
liefern". (ebd., S.151)
Damit das gelingt, werden Güter über ihre vergleichsweise
emotionslose Nutzung "affektiv aufgeladen" (Reckwitz
2017/2019, S.121) und versprechen als "Affektgüter"
(ebd.)
Gefühle wie Freude, Spannung, Bereicherung des Selbst u. v. mehr.
Neben den
ästhetischen, gestalterischen, ethischen und/oder ludischen, den
Spielcharakter betonenden, Eigenschaften haben kulturelle Güter auch
"häufig eine
narrative und hermeneutische Qualität, indem sie die Form
von Erzählungen annehmen, die für den Rezipienten bedeutungsvoll
sind." (ebd.)
Im Falle
von Marken handelt es sich um die Erzählung ihrer einzigartigen "narrativ-sinnliche(n)
Welt beziehungsweise Identität von erheblicher Komplexität, an
welcher der Konsument qua iPad, Anzug oder Sofa partizipiert." (ebd.,
S.130)
Vor allem
auf die "Dingbiografie" (ebd.,
S.131) kommt es dabei an. Sie besteht in der Situierung eines
Dings "in einen im Prinzip grenzenlos ausdehnbaren narrativen
Kontext - Erzählungen über ausgefeilte Handlungstechniken,
prominente Nutzer und nicht zuletzt den Verweisungszusammenhang mit
anderen Artefakten und Stilen - werden sinnlich doch verhältnismäßig
beschränkte Güter wie Uhren, Weine oder Geräte der
Unterhaltungselektronik in singuläre Güter verwandelt" (ebd.)
An der
Entstehung einer bestimmten Dingbiografie, wie sie insbesondere für
Marken, relevant ist, sind viele Prozesse und Akteure beteiligt. Im
digitalen Zeitalter finden narrative Prozesse, die aktiv an der
Dingbiografie einer Marke arbeiten auf vielen Kanälen und auf
zahlreichen Plattformen statt. Und sie entwickelt sich dynamisch. So
mancher "Shitstorm" in den sozialen Netzwerken hat die mühsam über

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
26.10.2021