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Wie aus Waren Marken wurde
Marken haben, wenn man den Begriff nicht an seiner heutigen
Bedeutung misst, eine lange Geschichte, die von der Antike bis in
die Moderne reicht. Aus deren Blickwinkel erscheint so manches, was
dabei auf dem Weg dahin zu beobachten ist, als Vorformen der
modernen Marken.
Marken in der Antike
Der Einsatz von
Marken ist schon in der Antike bekannt. Sie spielen vor allem beim
überregionalen Handel eine Rolle, um "Massenprodukte" zu
kennzeichnen. Insignien, die auf den jeweiligen Künstler, den
Meister oder die Werkstatt hinwiesen, aus der bespielweise eine
bemalte Vase stammte, sind schon seit dem 6. Jahrhundert vor Chr.
bekannt und stellen in gewisser Weise Vorformen von Marken dar, die
den Produzenten und damit auch die Qualitätsmerkmale seiner Produkte
unterstrichen. So wurden z. B. aus Ton gefertigte Öllampen in
Pompeji mit Firmen- und Markenzeichen versehen, um damit als eine
Art Qualitätssiegel den Absatz der Produkte zu erhöhen.
Marken im Mittelalter
Etwa im 5.
Jahrhundert entstanden sogenannte Hausmarken, Porträt- und
Wappensiegel, die dazu dienten, Personen und Gegenstände zu
kennzeichnen und damit zu unterscheiden.
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Hausmarken sollten das Eigentum
schützen und dementsprechend wurden das Haus und alles, was im
Haushalt dazugehörte, mit der Hausmarke versehen, um sie nach
einem Diebstahl wieder identifizieren zu können.
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Porträt- und Wappensiegel
dienten zur Selbstdarstellung, zur Repräsentation von Macht der
meist adeligen Siegelinhaber und sollten der Fälschung von
Dokumenten entgegenwirken, indem sie die Originalität des
Dokuments verbürgten.
Im 12. Jahrhundert
entwickelten sich im Zuge des Aufkommens der Städte und der damit in
Verbindung stehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Ausdifferenzierung des Lebens neue Handwerks-, Handels- und
Dienstleistungsmarken. Eine besondere Bedeutung hatten dabei die
Zunftmarken, mit denen die »Handwerker-
und Kaufmannszünfte (Gilden) ihre jeweiligen Wirtschaftszweige
markierten und vor der Konkurrenz schützten. (vgl.
Tropp 2004,
S.23f.)
Marken in der frühen Neuzeit
Im
Zuge der
▪ frühneuzeitlichen Staatenbildung in den Territorien wurden die
Zünfte ab dem 16. Jahrhundert aufgelöst und dementsprechend wurden
damit auch die Zunftmarken aufgegeben. An die Stelle der
korporativen Zunftmarken traten nun Handwerks-, Handels- und
Dienstleistungsmarken, die z. T. aufwändig gestaltet wurden. Mit
ihrer Hilfe sollten bestimmte Produkte und Dienstleistungen
identifiziert werden können, über Eigentums- und Besitzrechte sowie
über die Qualität einer Ware bzw. der besonderen Fähigkeiten ihres
Produzenten informiert werden.
Mit der Entwicklung
des Buchdrucks, des Verlags- und Manufakturwesens kamen weitere
Marken (Verlags-, Manufaktur-, Fabrik- und Druckermarken) dazu.
Mit
»Druckermarken,
die im Barock weit verbreitet waren, versuchten die ersten Drucker der Neuzeit in Ermangelung
eines verbindlichen Urheberrechts ihre Urheberschaft, wenn sie sie
damit auch
nicht wirklich schützen konnten, so aber doch immerhin anzeigen. Darüber hinaus waren
sie natürlich auch wichtige Elemente, um die Bücher zu dekorieren,
und dienten mehr und mehr nur solchen Zwecken. (vgl. auch
Michel 2013)
Daneben gab es aber
auch schon, allerdings wenige Markenprodukte, vor allem beim Bier
wie z. B. seit 1314 »Garley, seit 1349
»Mönchshof oder seit 1363
»Franziskaner Weissbier.
Marken im 18. und 19. Jahrhundert
Der eigentliche Durchbruch der Marken fand im Zuge der
heraufziehenden Industrialisierung statt. Damit einher ging eine
Veränderung in der Funktion der Marken. Statt wie vordem vor allem
Produkte und Dienstleistungen zu identifizieren, kam nun der Aspekt
der Beeinflussung hinzu. (S.26)
In dieser Zeit nahmen angesichts eines Nachfrage produzierenden
Bevölkerungswachstums nicht nur die Produktionsmengen von Waren
gewaltig zu, sondern es entstand auch eine immer größere "Kluft
zwischen den Akten der Produktion und Konsumtion von Gütern." (Tropp
2004, S.26) Die Güterproduzenten wollten sich jedenfalls nicht
vom Handel gänzlich ins Abseits drängen lassen. sondern bemühten
sich ihre Unternehmensmarke dadurch zu erweitern. Mit der Intention,
nicht mehr nur einen funktionalen Nutzen ihrer Produkte und
Dienstleistungen herauszustreichen, sondern auch einen emotionalen
"Zusatznutzen", ein Markenimage, zu vermitteln, schlug auch die
"Geburtsstunde der modernen Marke". (Tropp
2004, S.26) Auf einem Markt, auf dem sich die Produkte
anzugleichen begannen, mussten sich auf diese Weise die jeweils
eigenen Produkte gegen Konkurrenzprodukte durchsetzen. Immer
wichtiger wurden daher Produktmarken,
für die auch Werbung bzw. Reklame immer wichtiger wurde.
Es dauerte allerdings einige Zeit, bis sich die Produktmarken
auch wirklich durchsetzen konnten. So waren die meisten Händler und
Ladenbesitzer noch längere Zeit darauf erpicht, "von ihren
Herstellern und Zwischenhändlern Tee oder Kaffee und andere Produkte
ohne Kennzeichnung in Kisten, Fässern und anderen Behältern zu
erhalten und daraus selbst eigene »Hausmischungen« zu bereiten." (Paul
2004) Um den Kontakt zu ihren Kunden und Kundinnen nicht zu
verlieren, setzten die Hersteller daher auf ihre Produktmarken. So
prangte auf Kisten und Fässern, in denen sie ihre Produkte an die
Händler lieferten, alsbald die Produktnamen, mit denen sie
unmittelbar eine Geschäfts- bzw. Kommunikationsbeziehung zu den
Endkunden aufbauen konnten. Dass der Trend, Produkte fertig verpackt
an den Handel zu liefern, bei dessen Vertretern nicht auf Gegenliebe
stieß, weil sie ihre Handelsspanne einschränkten, versteht sich.
Trotzdem blieb ihnen nichts anderes übrig, als auch dies ersten
Markenartikel in ihr Warensortiment zu nehmen, vor allem weil das
Produkt vom Hersteller selbst beworben wurde und damit in den
Aufmerksamkeitsfokus potentieller Konsumenten geraten war. Und auch
die Konkurrenz der Händlertrug das ihrige dazu bei. Zu den
Unternehmen, die zuallererst industriell gefertigte Produkte mit
einem Markenprofil entwickelt und dafür Werbung betrieben haben,
zählten Unternehmen wie Lambertz (Gründung 1688), Johann Maria
Farina (Gründung 1709), Porzellan-Manufaktur Meissen (Gründung
1710), Zwilling (Gründung 1731) oder Faber-Castell (Gründung 1761).
Damit war der Bann gebrochen.
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Die Porzellan-Manufaktur in Meissen, deren Produkte als »Meissner
Porzellan bis heute zu den ältesten und international
renommiertesten deutschen Luxusmarken gehören, wurde schon
Anfang des 18.. Jahrhunderts als "Königlich-Polnische und
Kurfürstlich-Sächsische Porzellan-Manufaktur" gegründet und ging
1806 "Königlich-Sächsische Porzellan-Manufaktur Meissen" aus dem
Besitz der Krone in Staatseigentum über. Heute firmiert sie als
"Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH“, deren
Gesellschafter der »Freistaat
Sachsen ist.
Als Bildmarke, die eine ganze »eigene
Zeichengeschichte hat, fungierten für das in der Manufaktur
hergestellte Meissner Porzellanzwei gekreuzte »Kurschwerter.
Mit dieser
Schwertermarke mussten alle Porzellanprodukte aus Meißen ab 1731
versehen werden. Das Symbol wurde als Bildmarke schon 1875
angemeldet und wurde damit wohl im juristischen Sinne auch die
erste Marke in Deutschland.
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Die von »Johann
Maria
Farina (1685-1766) in Köln begründete Parfum-Fabrik wurde
mit dem von ihm erfundenen »Kölnisch
Wasser weltberühmt. Sein Eau de Cologne, heute steht es nur
als als Echt Kölnisch Wasser unter Markenschutz, wurde zu
Beginn des 18. Jahrhunderts der Renner an allen Höfen
Europas. Sprach man seinerzeit von Eau de Cologne, dann ging es
nur um den Duft von Farina. Da diese Zeit noch keinen wirksamen
Markenschutz kannte, gab es auch eine Menge Nachahmer, so
dass am Ende der Name Eau de Cologne zur Bezeichnung einer
ganzen Duftklasse wurde. Das weltweit bekannteste Original
Eau de Cologne ist die Marke
»4711,
die mittlerweile zur Dachmarke für verschiedene Düfte ausgebaut
wurde. Ihren Name hat sie vom Stammhaus in der Kölner
»Glockengasse,
von wo aus die Marke den Parfümeriemarkt bis Ende des 19.
Jahrhunderts weitgehend dominierte,
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Freiherr und Reichsrat Lothar von Faber entwickelte 1839 den
ersten sechseckigen Marken-Bleistift der Welt, den er mit der
Wortmarke A. W. Faber markierte. Schon seit 1879 ist die
Bildmarke (Turnier der Bleistiftritter) für Blei-, Farb-,
Zeichen-, Patent- und Künstlerstifte, sowie Schiefer- und
Gummitafeln beim damaligen Kaiserlichen Patentamt geschützt
worden und ab 1876 wurde die Marke als ▪Faber-Castell
geführt.
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Im Laufe der Zeit wurden auch andere, heute noch bekannte Marken
registriert, wie z.B.
Coca-Cola (1886) Maggi (1887),
Persil (1907),
Bärenmarke (ab 1912) oder
Rama
(1924).
Marken im 20. Jahrhundert
Nach der
Jahrhundertwende etablierten sich immer mehr Markenartikel und
besetzten damit strategische Positionen auf den der durch die
industrielle Massenproduktion geprägten Märkten.
Der
zunehmende Wohlstand bürgerlicher Schichten kam hinzu und so kam es
auch zu einer entsprechenden Nachfrage nach höher bewerteten
Konsumartikeln für den täglichen Bedarf (Nahrungs- und Genussmittel
ebenso wie Mittel zur täglichen Köperpflege oder Medizinprodukte
sowie Wasch- und Reinigungsmittel aller Art). Sie kamen verpackt mit
Markenaufdruck daher, hatten aber noch immer im Vergleich der
übergroßen Masse der lose verkauften Artikel lange noch einen
geringeren Marktanteil, auch wenn man kräftig begann, die
Werbetrommel für ihren Konsum zu rühren.
Zudem waren
Markenartikel in dieser Zeit auch noch Luxusartikel, die sich viele
Menschen gar nicht leisten konnten. "Bohnenkaffee" wie man zu dem
aus gerösteten »Kaffeebohnen
gebrauten Kaffee im Gegensatz zu allerlei »kaffeeähnlichen
Ersatzprodukten (»Malz-,
»Getreide-,
»Zichorien-,
»Eichel-
oder »Lupinenkaffee
oder auch »Muckefuck
sagte, waren wie eine Tafel Schokolade, eine Pralinenpackung,
Kakao oder Tee waren die Ausnahme und im Allgemeinen Feier- und
Festtagen vorbehalten. Und auch als Seife war lange Zeit nur die
Kernseife für die Körper- und Haushaltsreinigung gleichermaßen in
Gebrauch, bis die Firma Schwarzkopf ein erstes Shampoo auf den Markt
brachte, das zunächst unter dem Namen "Das Shampoo mit dem schwarzen
Kopf" und 1904 als "Shampoon" verkauft wurde.
Der Konsum der
Markenartikel musste durch Werbung angeregt werden, die die
besonderen Qualitätsmerkmale der Produkte herauszustreichen hatte.
Vor
allem
Persil (Markteinführung 1907), das in mancher Hinsicht eine
Vorreiterrolle einnahm (das erste Waschpulver, das nicht lose,
sondern abgepackt in bedruckten Kartons verkauft; anhaltende
Werbekampagnen) Anfang an zum festen Repertoire., konnte dadurch
seine Verkaufszahlen erheblich steigern. Dabei kamen auch ganze neue
Werbestrategien zum Einsatz, die über die Information zu den
Produktqualitäten am Markenimage arbeiteten und so die
Markenerzählung anreicherten: So führte man öffentliche
Promotionaktionen durch, bei denen z. B. von oben bis unten weiß
gekleidete Männer (I) mit aufgespannten Persil-Sonnenschirmen, durch
belebte Geschäftsstraßen zogen. Und in Werbeanzeigen und
Plakataktionen setzte man mit dem immer wiederkehrenden Motiv der
"Weißen Dame" auf einen symbolischen Wiedererkennungseffekt, dem die
Betrachterinnen und Betrachter einen positiven Wert (Reinheit,
Status) zuschreiben konnten, was die Markenbindung erhöhte. (vgl.
Hein 2010)
Nach und nach
wurden in dieser Zeit weitere Marken entwickelt. Dazu zählen z. B. :
»Erdal
(1901), »Leukoplast
(1901), »Vivil (1903),
»Penaten-Creme
(1904), »Kellogg´s
(1906), »Ohropax
(1907), »Chlorodont-Zahnpaste
(1907), »Melitta
(1908), »Labello
(1909), »Vim
(1911),
Bärenmarke (1912) und »Nivea (1912).
In der Zeit
zwischen den beiden Weltkriegen kamen nach einer Phase des Mangels
neue Marken wie »Ata (1920),
»Hansaplast
(1922), »Haribo Goldbären (1922),
»Rama
(1924),
»Hakle (1928),
»Tempo (1929) oder
»Salzletten (1935)
auf den Markt.
Die Nachkriegszeit
in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 war zunächst von einer
Mangelwirtschaft gekennzeichnet, in der die Industrieproduktion und
der Handel und damit die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des
alltäglichen Bedarfs nur schwer und langsam vorankam. Als im Zeichen
des heraufziehenden Wirtschaftswunders wieder aufwärts ging,
versuchte man zunächst einmal die altbekannten Markenartikel, die in
der Kriegszeit oft durch No-name-Produkte ersetzt worden waren,
wieder am Markt zu platzieren. Manche von ihnen konnten an eine gut
gesponnene Markenerzählung anknüpfen, die noch immer in den Köpfen
der Menschen präsent waren.
Das neben dem
Marktführer Persil schon vor dem 2. Weltkrieg erfolgreiche
Waschmittel »Fewa,
das in der »Sowjetischen
Besatzungszone unter dem Markennamen "Fewa“ – das neutrale
Feinwaschmittel" und in Westdeutschland unter der Marke
Perwoll verkauft wurde, meldete sich 1949 mit "Da bin ich
wieder“ am Markt zurück und warb Anfang der 1950er Jahre mit dem
Slogan
"Jetzt
wieder in Friedensqualität".
Dabei setzten die Markenproduzenten vor allem auf die Plakatwerbung,
aber die der Markt für Werbeanzeigen in den Printmedien bekam
schnell Aufwind, so dass sie bald der Plakatwerbung den Rang
ablaufen konnte. Gleichzeitig wurde der juristische Markenschutz
immer mehr durch und schützten die Marken wirksamer vor
nicht-lizenzierter Nachahmung durch Konkurrenzprodukte.
Heute sind zahlreiche lokale, Stadt- und Regionalmarken (zum
Beispiel "Südtirol", "Die Pfalz" u. ä.) hinzugekommen, die die
Markenwelt quasi räumlich polarisieren. Und immer wieder wird der
Versuch gemacht, weitere Marken aufzubauen und am Markt zu
platzieren. Und selbst Personenmarken aus Film und Fernsehen,
aus der Musikszene, dem Profisport, der Mode oder der Kunst werden
immer wichtiger (Pablo Picasso, Roland Garros,
James Bond, Christiano Ronaldo, Heidi Klum und
andere werden immer wichtiger. Und die neuen Internetmarken, die ihr
Markensiegel wie Amazon auf alle Produkte der Welt ihr
Markenlogo und ihre Wortmarke heften, haben dem Markenboom weiteren
Auftrieb gegeben und dabei die Lehren gezogen, die sich aus den
Erfahrungen des ▪
Marlboro-Fridays am 2. April 1992 ergeben haben: Werbung,
Werbung und das Kultivieren einer Markenerzählung.
Michael
Paul
(2004),
Inhaber des Beratungsunternehmens Marketing Pilots und Gründer des »ersten
virtuellen Markenmuseums.
spricht davon, dass das 20. Jahrhundert "das erste
volle Jahrhundert des Markenartikels" gewesen sei. Heute gebe es
kaum noch etwas, "das
keine Marke sein könnte: jeder Name, der mit Sinn erfüllt ist und
Assoziationen auslöst", sei, so behauptet er, eine Marke. Als
Beispiele dafür nennt er "die Queen Mary 2, ein
Schiff der Carnival Cruise Lines", die man "als überaus attraktive Marke"
bezeichnen könne: "für eine Fahrt auf dem neuen Luxusliner kann Carnival fast jeden Preis verlangen – die Kabinen sind dennoch auf
Monate ausgebucht. Viele Unternehmen wollen daher, dass ihr
Markenname einzigartig ist und in seiner Produktkategorie
herausragt." Manche Markennamen "wie Hansaplast (Wundpflaster), Tempo
(Taschentücher), Aspirin (Schmerzmittel), Ata (Scheuermittel), Labello (Lippenpflegestifte), Pattex (Klebstoffe), Pril
(Spülmittel), tesa (Klebebänder) oder ebay (Online Auktionshaus)"
hätten Gattungsbegriffe geschaffen, die zum Synonym
für ein komplettes Marktsegment geworden seien.
(vgl.
Paul
2004)
Markenentwicklung und gesellschaftlicher Wandel
"Jedes Gut, das auf einem Markt gehandelt wird",
behauptet Paul
(2004), "kann als Marke konzipiert werden." Dabei hat er die
Werbestrategen im Blick. Unter dieser Perspektive mag dies auch
zutreffen. Dass Marken aber auch weiterhin ein Megathema bleiben,
liegt weniger an den immer ausgefuchster daherkommenden Strategien
der Werbemacher als an dem stattfindenden gesellschaftlichen
Strukturwandel, "der darin besteht, dass die soziale Logik des
Allgemeinen ihre Vorherrschaft verliert an die soziale Logik des
Besonderen." (Reckwitz
2017/2019, S.11)
Um in gesättigten
Märkten weiterhin Waren absetzen zu können, müssen Waren, für die
der Tauschwert, ausgedrückt im Preis, das maßgebliche ist, zu Gütern
werden. Dabei wird ihnen "vom Konsumenten ein eigenständiger Wert
zugeschrieben" (ebd.,
S.121), der über den praktischen Nutzen hinausgeht. Die Waren und
Dienstleistungen werden dadurch kulturelle Güter, weil
"Kultur immer dort ist, wo Wert zugeschrieben wird, wo also Prozesse
der Valorisierung stattfinden." (ebd.9,
S.16) Dabei geht der Prozess der Valorisierung in der postmodernen
Industriegesellschaft Hand in Hand mit Prozessen der
Singularisierung. Das hat zur Folge, dass Menschen, Dingen,
Dienstleistungen, Orten, Kollektiven oder Ereignissen, kurzum dem
Inventar des Sozialen, Werte zugeschrieben werden. Und weil
diese die Einzigartigkeit (Singularität) des jeweiligen Gutes
herausstreichen, werden sie uch gesellschaftlich wertvoll gemacht.
Güter, die so seit der "Konsumentenrevolution"
(Reckwitz
2019, S.150) in den 1970er Jahren entstanden sind, können
"beispielsweise erinnerungswürdige Erlebnisse verschaffen, starke
Geschichten erzählen, individuelle oder kollektive Identität
vermitteln, Bildungsprozesse oder Wohlbefinden ermöglichen, eine
Aura des ästhetisch Wertvollen ausstrahlen oder Rarität und
Exklusivität versprechen" und verheißen, "dass die Güter, die man in
sein Leben einbaut, einen Beitrag zur Lebensqualität
liefern". (ebd., S.151)
Damit das gelingt, werden Güter über ihre vergleichsweise
emotionslose Nutzung "affektiv aufgeladen" (Reckwitz
2017/2019, S.121) und versprechen als "Affektgüter"
(ebd.)
Gefühle wie Freude, Spannung, Bereicherung des Selbst u. v. mehr.
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Wie aus Waren Marken wurde
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
23.10.2021
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