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Mit "Krall Mietze", "Zahnfee88 mal wieder" oder "Froilein
TerrorZicke", aber auch mit Profilnamen wie "88er-Schnitte",
"Gehmabierholn91" oder "Gestiefeltes Mäuschen" zeigen auch etliche
rechtsextreme Frauen in sozialen Netzwerken wes Geistes Kind
sie sind. Und natürlich sind auch die Frauen in der rechtsextremen
Welt, ob on- oder offline, nicht von Natur die besseren Menschen.
Sie machen mit, sharen und liken wie ihre männlichen
Gesinnungsgenossen alles, was die rechte Identitätsplattform
anbietet. Aber mit solchen martialischen Profilnamen und
sexistischen Herabsetzungen wie den genannten zeigen sie sich eher
weniger in ihrem sozialen Umfeld. Statt ins Netz per Profilname ihre
Gesinnungen "hinauszuschreien", zeigen sie ihre Zugehörigkeit zur
rechten Szene viel lieber über Freundeslisten und die Zugehörigkeit
zu bestimmten Gruppen an. Dies führt auf der anderen Seite häufig zu
einer Unterschätzung des Einflusses rechtsextremer Frauen in
sozialen Netzwerken. Sie dürfen, ehe jemand auf die Idee kommt, sie
auszuschießen, in Diskussionen von nicht-rechten Gruppen offenbar
wesentlich länger mitdiskutieren. Viel zu viele Menschen sitzen
offenbar immer noch dem Vorurteil auf, Frauen könnten per se nicht
jene aggressive Haltung nach außen kehren wie ihre männlichen
Gesinnungsfreunde.
So betont z. B.
Elverich
(2007) trotz des verhältnismäßig geringen Frauenanteils bei
rechtsextremistisch motivierten Straftaten (ca. 3-5%) die
Vielfältigkeit der "Beteiligungsformen von Frauen an Gewalttaten mit
rechtsextremem Hintergrund". Sie reichten "von aktiver Anwendung von
Gewalt über indirekte Gewaltausübung durch unterstützende
Tatbeteiligung bis hin zur geistigen Brandstiftung, d.h. der
Lieferung von Begründungen für Gewalttaten, die dann von anderen
ausgeübt werden". Ihre oft indirekten Beteiligungsformen –
"Anstiften, Anfeuern, Beifall klatschen, Schmiere stehen, etc." sind
so auch ein Grund dafür, dass ihre Aktivitäten nur selten im Fokus
der Medien und damit der Öffentlichkeit stehen. Dabei trübt das
Wahrnehmungsmuster "Frauen sind weniger sichtbar und weniger
gefährlich" in besonderer Weise die angemessene Einschätzung der
Bedeutung von Frauen bei der Werbung für die rechtsextremistische
Szene. Ihre im Allgemeinen "akzeptablere Außenwirkung" erhöht
nämlich "auch die Anschlussfähigkeit an die bürgerliche Mitte."
Zieht man dazu auch noch die Kommunikationsstile heran, die sie in
Gruppen und Diskussionen innerhalb sozialer Netzwerke pflegen, dann
gilt das Fazit
Elverichs
(2007) um so mehr, die "die geringere Gewaltbereitschaft und das
'sanftere' Auftreten von Frauen" für "nicht weniger bedenklich" hält
als die Aktivitäten ihrer männlichen Gesinnungsgenossen, "sondern u.
U. sogar gefährlicher im Hinblick auf die Durchsetzung
rechtsextremer Deutungsmuster."
Kein Wunder also, dass sich die rechtsextremen
Frauen dies zunutze machen, wenn sie sich mit ihren Kindern auf
Fotos in sozialen Netzwerken zeigen, um auszudrücken, wie wichtig
ihnen – trotz alledem – Mutterschaft, Familie und Kinder sind.
Allerdings haben sie damit nicht nur die propagandistische
Außerwirkung solcher familiäres Glück preisenden Bilder im Sinn,
sondern genauso wichtig scheint für sie zu sein, den klischeeartigen
Erwartungen der rechten Szene als "Hüterinnen und Bewahrerinnen des
Volkes" zu entsprechen, um sich auf diese Weise die Anerkennung
ihrer männlichen weiblichen Gesinnungsfreunde zu sichern.
Folgerichtig tun sich .diese rechtsextremistischen Frauen immer auch
dann besonders hervor, wenn es um Themen geht, welche die
Grundfesten der Moral der Volksgemeinschaft betreffen wie das Thema
sexueller Missbrauch von Kindern. In Foren, Gruppen aller Art, die
sich damit auseinandersetzen, sind rechtsextreme Frauen fast immer
aktiv und nutzen sie als Bühne zur Verbreitung ihrer Vorstellungen.
Dass sie ihre sexistisch-idealisierende Überhöhung der Frauen- und
Mutterrolle in der "Volksgemeinschaft" auch dazu bringt, sich mit
dem Ruf nach besonders drakonischen und die Menschenwürde
verletzenden Strafen für so genannte "Kinderschänder" hervortun,
arbeitet dabei mit den Rache- und Vergeltungswünschen gegenüber
solchen Straftätern, wie sie in der Öffentlichkeit, weit über die
rechtsextreme Szene geteilt werden. Darauf zielen auch die
zahlreichen Bilder ab, mit der sie den Gegensatz zwischen "heiler"
Kinderwelt und "Kinderschändern" inszenieren. Da wird dann ein
anrührendes Kinderbild gerne mit der Abbildung eines Galgens für
Sexualstraftäter kontrastiert. (vgl.
Rafael 2011)
Überall wo, online und/oder offline über solche Themen diskutiert
wird, sind auch rechtsextreme Frauen aktiv, pochen auf ihre
angeborenen Muttergefühle und ihre Beschützerinstinkte und bringen
ihre diskriminierenden Vorstellungen in Umlauf. Und in deren
Windschatten steht schon ein eingehender Dreischritt parat, der über
das Thema hinausführen: "Todesstrafe für Kinderschänder!" – "Härtere
Strafen für Frauenvergewaltiger!" – Keine Burka! Keine Sharia! Keine
Minarette!"
Heutzutage fühlen sich, wie Andrea
Röpke (2007)
betont, "junge Mädchen aus allen Gesellschaftsschichten (...) von
den extrem Rechten angezogen. Häufig kommen sie noch als
Freundin eines Neonazis und bleiben treu, nicht unbedingt dem
Freund, aber immer öfter dessen rassistischen Idealen. Das extrem
rechte Netzwerk rekrutiert sich aus der Mitte der Gesellschaft,
unter den Aktivistinnen sind Studentinnen, Büroangestellte,
Schülerinnen und Hausfrauen. Gezielt werden Mädchen und Frauen beim
Stimmenfang im Wahlkampf und zum Rekrutieren von neuen Anhängern
eingesetzt. Als 'nette Mutter von nebenan' engagieren sie sich in
Kindergruppen, Elternvertretungen oder im Schwimmclub (...). Um das
scheinbar freundliche Erscheinungsbild des weiblichen Anteils der
NPD noch zu untermauern, gehört zu den wichtigsten Aufgaben 'Frauen
in Rhetorik und freier Rede zu schulen um die Vorstellungen des RNF
und damit auch der Mutterpartei NPD klar zu definieren und
vorzutragen', heißt es auf der Homepage des 'Ring Nationaler Frauen'
offensiv." Und mit der gleichen Strategie agieren rechtsextreme
Frauen in den sozialen Netzwerken.
Und eine weitere Bedeutung hat die wachsende Zahl von Frauen in der
rechten Szene. In dem sie nämlich sehr früh an die Szene gebunden
werden, werden immer mehr Ehen unter den Rechtsextremen selbst
geschlossen. Damit wird unterbunden, dass Frauen von außerhalb der
Szene "in der Familiengründungsphase zum 'Ausstiegsgrund' für Männer
werden." (Elverich
2007) Dann können auch, wie im Fall einer jungen Frau in einer
rechtsextremen Führungsposition, die eigenen Kinder problemlos
"völkisch erzogen" werden: "Jeans und Radio sind tabu, die Mädchen
müssen im Trachtenrock zur Schule und dürfen beim Klavierunterricht
nichts von jüdischen Komponisten lernen." Und dass sie ihre im Lager
der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) verbringen, versteht sich
dann eben wie von selbst. (vgl.
Groll 2012,
S.3f.)
Grundlegend falsch wäre es, alle rechtsextremen Frauen auf
das beim nationalsozialistischen Frauen- und Mütterkult Anleihen
nehmende Muster zu reduzieren. Rechtsextreme Frauen sind, auch wenn
ihre Mutterrolle für die rechte Szene von zentraler Bedeutung in der
der "Volksgemeinschaft" ist, in der
Regel keine "Muttchen" und wollen dies auch nicht sein.
Dementsprechend ist auch weist auf die "Spannweite ideologischer
Positionen zum Geschlechterverhältnis und die Vielfalt und
Widersprüchlichkeit gelebter Frauen- und Geschlechterbilder in der
rechten Szene" sehr groß.
Elverich
(2007) Sie zeigen, wie
Elverich
(2007) weiter betont, "dass die Verschränkung von Rassismus und
Sexismus nicht automatisch gegeben ist (vgl.
Bitzan 2005,
Elverich
2005).“
So wird die Frau,
die sich die Bezeichnung "Gestiefeltes Mäuschen" ins Profil
geschrieben hat und sich dem Körperkult mit Tattoos und Piercings
verschrieben hat, sich wahrscheinlich auch von rückwärtsgewandten
Frauenbildern in der Szene nicht abhalten lassen, ihren Weg, soweit
man dies in diesem Zusammenhang so sagen kann, als "Eiserne Wölfin"
oder "Fräulein Knallarrogant" selbstbewusst in der rechten Szene
gehen. Dafür wird sie sich auch weiterhin wenig bekleidet auf Fotos
präsentieren, damit ihr "sexy Body" mit Tattoos und Piercings an
allen Stellen des Körpers als rechtsextremes Body-Gesamtkunstwerk
zur Geltung gebracht werden kann. So wird der die eigene Haut als
rechtsextremistische Littfasssäule zu Markte getragen, um sie zur
Inszenierung der eigenen sexuellen Attraktivität unter
Gesinnungsfreunden zu nutzen. Denn schon seit längerem haben sich
auch rechtsextreme Frauen von den gängigen Klischees befreit, die
ihnen noch von der Rechtsrock-Skinhead-Band mit dem Text
zugeschrieben wurden: "Weiber sind bei uns nichts wert / Auch wenn
man sie nicht gern entbehrt". (vgl.
Röpke 2007)
Als emanzipiert im frauenbewegten Sinne wollen sich auch die nach
außen oft selbstbewusst auftretenden rechtsextremen Frauen nicht
verstanden wissen und scharen sich entsprechend klar hinter Slogans
wie "Gegen Gender-Mainstreaming", um ihre Ablehnung von Forderungen
nach Gleichstellung der Geschlechter zu artikulieren. Wer als Frau
in Führungspositionen aufsteigen will, soll sich erst einmal als
Gebärerin in der Volksgemeinschaft nützlich gemacht haben, um als
bewährte "Hüterin und Bewahrerin des Volkes", kurz: als Mutter,
schließlich eine über die die Familie hinausgehende Funktion
übernehmen zu können. So hat auch die 2008 als
NPD-Landtagskandidatin in Niedersachsen agierende Ricarda Hiefling,
, die "über Schulfreunde in die rechte Szene gerutscht war" (Röpke/Speit
2010. S.99) wenig Verständnis dafür, wenn sich Frauen auch in
der Politik in Bereiche jenseits von Familienpolitik einmischen. Und
mit der Regierungspolitik der Bundeskanzlerin Angela Merkel kann
sie, als "Neonazistin, die die Demokratie ohnehin ablehnt", nichts
anfangen, "vielleicht fehle der Frau, so Riefling »einfach
Mutterglück«." (ebd.)
Gert Egle,
www.teachsam.de, 11.10.2012, zuletzt bearbeitet am:
21.12.2013 |
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