|
"Mann ist nicht gleich Mann",
betont Paul Zulehner
(2004), nicht ohne hinzufügen, dass Vergleichbares natürlich auch über
Frauen gesagt werden muss. Im Zeichen der Individualisierung, wo auch die
männliche Normalbiographie zur Wahlbiographie, zur »Bastelbiographie» (Hitzler),
zur Risikobiographie, zur Bruch- oder Zusammenbruchsbiographie" (Beck
u. a., Eigenes Leben.1995, S. 9-15) wird bzw. werden kann, ist auch
männliches Leben "ein Kleinstunternehmen in privater Hand geworden, was
enorme 'Spielräume' mit sich bringt. (Zulehner
2004)
Jungen und männliche Jugendliche
werden auf dem Weg ihrer psychosozialen Entwicklung zu den
Männern
gemacht, welche die Gesellschaft diesem sozialen Konstrukt, dem
»Gender
"Mann" bzw. seiner "»Männlichkeit"
»zuschreibt.
Was als männlich gilt, ist von Kultur zu Kultur durchaus verschieden, lässt
sich aber für den westlichen Kulturkreis in drei verschiedenen Bereichen von
Stereotypen darstellen. Dabei beruht das herkömmliche Männerbild "beruht auf
strikter Abgrenzung gegenüber allem, was weiblich ist. Sie ist eine
künstliche Stilisierung, eine soziale Erfindung, die aus dem
Verhaltensrepertoire einen bestimmten Bereich als männlich herausmodelliert
und gegen den Rest abgrenzt." (Schwanitz
2001, S.65)Paul
Zulehner (2004) unterscheidet vier verschiedene Typen von Männern, die
in den verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich verteilt sind.
- Die traditionellen Männer
- Die modernen Männer
- Die pragmatischen Männer
- Die unsicheren Männer
Das Kriterium, nach denen diese Einteilung vorgenommen wird, ist der Grad
der Zustimmung zu bestimmten traditionellen oder modernen Vorstellungen und
Werthaltungen, die sich nach
Zulehner 2004)
folgt darstellen lassen:
Traditionelle Merkmale |
Moderne Merkmale |
-
Ein Kleinkind
wird wahrscheinlich darunter leiden, wenn die Mutter
berufstätig ist.
-
Die Frau soll für
den Haushalt und die Kinder da sein, der Mann ist für den
Beruf und für die finanzielle Versorgung zuständig.
-
Der Beruf ist
gut, aber was die meisten Frauen wirklich wollen, ist ein
Heim und Kinder.
-
Wenn ein Mann und
eine Frau sich begegnen, soll der Mann den ersten Schritt
tun.
-
Männer können
einer Frau ruhig das Gefühl geben, sie würde bestimmen,
zuletzt passiert doch das, was er will.
-
Voraussetzung für
ein erfülltes Leben einer Frau ist ein Kind.
-
Hausfrau zu sein
ist für eine Frau genauso befriedigend wie eine
Berufstätigkeit.
|
-
Frauenemanzipation ist eine notwendige und gute Entwicklung.
-
Beide - der Mann
und die Frau - schränken ihre Erwerbsarbeit ein und beide
kümmern sich gleichermaßen um Haushalt und Kinder.
-
Eine berufstätige
Frau kann ihrem Kind genauso viel Wärme und Sicherheit geben
wie eine Mutter, die nicht arbeitet.
|
-
Die traditionellen Männer
sind meistens auch die älteren ihres Geschlechts. Sie bejahen demnach die oben aufgelisteten traditionellen Merkmale und
grenzen sich von modernen Merkmale klar ab. Er definiert sich vor allem
durch seine Berufstätigkeit, die, wenn sie wegen möglicher
Erwerbslosigkeit zur Quelle ernsthafter Identitätsprobleme werden kann.
So kann es auch nicht verwundern, wenn traditionelle Männer bei
Problemen auf dem Arbeitsmarkt auch dafür aussprechen, Frauen, Älteren,
Behinderten und Ausländern zunächst zu kündigen. Zu dem Bild, das sie
sich von ihrer Umgebung machen, gehört auch immer wieder, dass sie
männliche und weibliche Konkurrenz mehr fürchten als die anderen Männer.
Die Familie ist zwar auch den traditionellen Männern grundsätzlich
wichtig, aber ihr starker Bezug zu ihrem Berufsleben, führt dazu, dass
das alltägliche "doing family", das Aushandeln und Ausbalancieren des
Familienlebens mit allen seinen Elementen, von ihnen schnell zur
Frauensache erklärt wird. Wenn sie etwas belastet, wollen traditionelle
Männer die Probleme am liebsten im Alleingang, ohne darüber zu reden,
lösen. Durchbeißen lautet ihre Devise und das, zumindest vordergründige
Hart-gegen-sich selbst-Sein verstellt ihnen häufig den Weg zu größerer
Achtsamkeit für sich selbst in seelischen Dingen, aber auch bei
körperlichen Beschwerden. Wenn sie z. B. im Berufsleben Misserfolge
haben, fühlen sie sich als Versager auf der ganzen Linie. Mit diesen
Einstellungen sind sie auch Ratschlägen, die von anderen kommen, nicht
sonderlich zugetan. Das Problem destruktiver personaler Männergewalt
gegen Frauen, Kinder, in der sprachlichen Kommunikation, die
Untersuchungen zufolge meist Ausdruck innerer Schwächen ist, tritt bei
traditionellen Männern häufiger auf als bei den modernen Männern.
Vielleicht liegt es daran, dass religiöse Lehren die traditionellen
Geschlechtsrollen und Geschlechterbeziehungen zumindest über viele
Jahrhunderte hinweg als gottgegeben dargestellt haben, wenn die
traditionellen Männer erheblich stärkere religiöse Bindungen haben als
die modernen Männer.
-
Bei den
modernen Männern, die sich vermehrt
bei den jüngeren Männern
finden, verhält es sich mit ihrem Bezug zu traditionellen und modernen Merkmalen
im Vergleich mit den traditionellen Männern genau umgekehrt. Sie
distanzieren sich von den traditionellen Merkmalen. Auch moderne Männer
weinen eher nicht, und möchten sich im Allgemeinen eher als stark denn
schwach zeigen. Sie
bemühen sich im Allgemeinen darum, Familie und Beruf gut
auszubalancieren, und versuchen beide Lebensbereiche auszubalancieren. Sie
stellen auch einen den neuen Typus von Vätern dar. Sie sind für
ihre Kinder nicht nur präsent, sondern auch wirklich da und bauen
häufig eine
starke emotionale Bindung an ihre Kinder aus. Dabei spielen sie lieber
mit ihren Kindern, gehen mit ihnen in den Freizeitpark oder sonst wohin,
während sie ihre Sprösslinge meist ungern zur Toilette begleiten, im
Sprechzimmer des Kinderarztes warten. Zudem gehört zu
ihrem Verständnis von Familie und Partnerschaft gemeinhin auch die
Bereitschaft, die Hausarbeit mit der Lebenspartnerin
aufzuteilen. Dabei folgt ihre Beteiligung an der Hausarbeit durchaus
traditionellen klischeeartigen Mustern. Während Auto- und Gartenpflege,
das Hantieren mit dem Bohrhammer oder an der elektrischen Sicherung
selbstredend Männersache darstellt, ist Wäschewaschen, Wäschelegen und
das Bett-neu-Beziehen "natürlich" Frauensache. Inwieweit diese
Aufteilung Verhandlungssache ist, prägt dabei natürlich die Art der
Geschlechterbeziehung. Moderne Männer zeigen im Allgemeinen eine deutlich
geringere ausgeprägte Gewaltbereitschaft als die traditionellen Männer.
Das mag auch daran liegen, dass sie bei psychischen und körperlichen
Belastungen achtsamer mit sich umgehen und, wie
Zulehner (2004)
veranschaulicht, "nach Wegen in die Hinterhöfe der eigenen Seele zu
suchen". Nicht dass sie dann unbedingt gesprächiger sind, aber sie
helfen sich mitunter mit geradezu archaischen Ritualen (wie
Trommeln, Naturerleben)", um ihre Probleme zu bearbeiten. Die
sexuellen Bedürfnisse, die sie haben, nehmen sie wahr und können darüber
reflektieren (Zulehner (2004)
spricht in diesem Zusammenhang von ihrer Fähigkeit zu einer "bewusstere(n)
Fühlungnahme mit ihren sexuellen Begabungen"). Mit der herkömmlichen
Stammtischkumpelei können moderne Männer eher wenig anfangen, pflegen
aber durchaus Männerfreundschaften, denen sie eine neue Qualität geben.
Moderne Männer sind im Allgemeinen nicht so stark von religiösen
Überzeugungen geprägt und stehen den Kirchen auch eher distanziert
gegenüber.
-
Die
pragmatischen Männer - auch
sie finden sich eher bei den Jüngeren -
picken sich - man hat ihnen deshalb auch den Spitznamen
"Rosinenmann" gegeben - mal dies, mal jenes aus den beiden
Bereichen heraus, wenn es ihnen vorteilhaft erscheint. Wenn eine
emanzipierte Frau berufstätig ist, passt ihm das eben auch gut ins
Konzept, weil er auf diese Weise nicht mehr Alleinverdiener sein muss.
-
Die
unsicheren Männer - sie stellen
die größte Gruppe dar -
inzwischen spricht man auch gerne von "unbestimmten" oder "formbaren"
Männern hängen weder der einen noch der anderen Orientierung nach
und befinden sich, wie
Zulehner (2004)
schreibt, in einer "Art Entwicklungsstandby" (Hervorh. d. Verf.).
In diesem Zustand verharren heutzutage offenbar noch die meisten Männer,
ein Zeichen vielleicht dafür, dass der Prozess von einer eher
traditionell zu einer eher modern ausgerichteten Männlichkeit in vollem
Gange ist.
|
|