Sechzehnter Abschnitt. Straftaten gegen das Leben
§ 211
Mord
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs,
aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam
oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu
ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
§ 212
Totschlag
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger
mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu
erkennen.
§ 213
Minder schwerer Fall des
Totschlags
War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder
einem Angehörigen zugefügte Misshandlung oder schwere Beleidigung von dem
getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat
hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die
Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
§§ 214 und 215 (weggefallen)
§§ 216
Tötung auf Verlangen
(1) Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des
Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs
Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(2) Der Versuch ist strafbar.
§ 217 (aufgehoben)
§ 218
Schwangerschaftsabbruch
(1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor
Abschluss der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt,
gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs
Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel
vor, wenn der Täter
-
gegen den Willen
der Schwangeren handelt oder
-
leichtfertig die
Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren
verursacht
(3) Begeht die Schwangere die Tat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis
zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(4) Der Versuch ist strafbar. Die Schwangere wird nicht wegen Versuchs
bestraft
§ 218a
Straflosigkeit des
Schwangerschaftsabbruchs
(1) Der Tatbestand des §
218 ist nicht verwirklicht,
wenn
-
die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und
dem Arzt durch eine Bescheinigung nach §
219 Abs. 2 Satz 2
nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat
beraten lassen,
-
der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen
wird und
-
seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen
sind.
(2) Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene
Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der
Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen
Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist,
um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden
Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der
Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie
zumutbare Weise abgewendet werden kann.
(3) Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem
Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt
vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der
Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§
176 bis
179 des
Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme
sprechen, dass die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der
Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.
(4) Die Schwangere ist nicht nach §
218 strafbar, wenn der
Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§
219) von einem Arzt
vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig
Wochen verstrichen sind. Das Gericht kann von Strafe nach §
218 absehen, wenn die
Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden
hat.
§ 218b
Schwangerschaftsabbruch ohne ärztliche Feststellung; unrichtige ärztliche
Feststellung
(1) Wer in den Fällen des § 218a
Abs.2 oder 3 eine Schwangerschaft abbricht, ohne dass ihm die schriftliche
Feststellung eines Arztes, der nicht selbst den Schwangerschaftsabbruch
vornimmt, darüber vorgelegen hat, ob die Voraussetzungen des § 218a
Abs.2 oder 3 Satz 1 gegeben sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 218
mit Strafe bedroht ist. Wer als Arzt wider besseres Wissen eine unrichtige
Feststellung über die Voraussetzungen des § 218a
Abs.2 oder 3 Satz 1 zur Vorlage nach Satz 1 trifft, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 218
mit Strafe bedroht ist. Die Schwangere ist nicht nach Satz 1 oder 2
strafbar.
(2) Ein Arzt darf Feststellungen nach § 218a
Abs.2 oder 3 Satz 1 nicht treffen, wenn ihm die zuständige Stelle dies
untersagt hat, weil er wegen einer rechtswidrigen Tat nach Absatz 1, den §§ 218,
219a oder
219b oder
wegen einer anderen rechtswidrigen Tat, die er im Zusammenhang mit einem
Schwangerschaftsabbruch begangen hat, rechtskräftig verurteilt worden ist.
Die zuständige Stelle kann einem Arzt vorläufig untersagen, Feststellungen
nach § 218a
Abs.2 und 3 Satz 1 zu treffen, wenn gegen ihn wegen des Verdachts einer der
in Satz 1 bezeichneten rechtswidrigen Taten das Hauptverfahren eröffnet
worden ist.
§ 218c
Ärztliche Pflichtverletzung bei einem Schwangerschaftsabbruch
1) Wer eine Schwangerschaft abbricht,
-
ohne der Frau Gelegenheit
gegeben zu haben, ihm die Gründe für ihr Verlangen nach Abbruch der
Schwangerschaft darzulegen,
-
ohne die Schwangere über die
Bedeutung des Eingriffs, insbesondere über Ablauf, Folgen, Risiken,
mögliche physische und psychische Auswirkungen ärztlich beraten zu haben,
-
ohne sich zuvor in den Fällen
des § 218a
Abs. 1 und 3 auf Grund ärztlicher Untersuchung von der Dauer der
Schwangerschaft überzeugt zu haben oder
-
obwohl er die Frau in einem
Fall des § 218a
Abs. 1 nach § 219
beraten hat,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft,
wenn die Tat nicht in §
218 mit Strafe bedroht ist.
(2) Die Schwangere ist nicht nach Absatz 1 strafbar.
§ 219
Beratung
der Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage
1) Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie hat sich von
dem Bemühen leiten zu lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft
zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen;
sie soll ihr helfen, eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu
treffen. Dabei muss der Frau bewusst sein, dass das Ungeborene in jedem
Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben
hat und dass deshalb nach der Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur
in Ausnahmesituationen in Betracht kommen kann, wenn der Frau durch das
Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die so schwer und
außergewöhnlich ist, dass sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt. Die
Beratung soll durch Rat und Hilfe dazu beitragen, die in Zusammenhang mit
der Schwangerschaft bestehende Konfliktlage zu bewältigen und einer Notlage
abzuhelfen. Das Nähere regelt das Schwangerschaftskonfliktgesetz.
(2) Die Beratung hat nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz durch eine
anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle zu erfolgen. Die
Beratungsstelle hat der Schwangeren nach Abschluss der Beratung hierüber
eine mit dem Datum des letzten Beratungsgesprächs und dem Namen der
Schwangeren versehene Bescheinigung nach Maßgabe des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes auszustellen. Der Arzt, der den Abbruch der
Schwangerschaft vornimmt, ist als Berater ausgeschlossen.
§ 219a
Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft
(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von
Schriften (§ 11
Abs.3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise
- eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines
Schwangerschaftsabbruchs oder
- Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der
Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung
anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekannt gibt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Absatz 1 Nr.1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes
anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte,
Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch
unter den Voraussetzungen des § 218a
Abs.1 bis 3 vorzunehmen.
(3) Absatz 1 Nr.2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder
Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr.2 erwähnten Mitteln oder
Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen
oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird.
§ 219b
Inverkehrbringen von Mitteln zum Abbruch der Schwangerschaft
(1) Wer in der Absicht, rechtswidrige Taten nach § 218
zu fördern, Mittel oder Gegenstände, die zum Schwangerschaftsabbruch
geeignet sind, in den Verkehr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Teilnahme der Frau, die den Abbruch ihrer Schwangerschaft
vorbereitet, ist nicht nach Absatz 1 strafbar.
(3) Mittel oder Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, können
eingezogen werden.
§ 220 und § 220a
weggefallen
§ 221
Aussetzung
(1) Wer einen Menschen
- in eine hilflose Lage versetzt oder
- in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut
hat oder sonst beizustehen verpflichtet ist,
und ihn dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren
Gesundheitsschädigung aussetzt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten
bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu
erkennen, wenn der Täter
- die Tat gegen sein Kind oder eine Person begeht, die ihm zur Erziehung
oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, oder
- durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers
verursacht.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, so ist die
Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von
sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3
auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
§ 222
Fahrlässige Tötung
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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