
Im politischen System der Bundesrepublik
Deutschland ist der bundesstaatliche Aufbau in der Verfassung, dem
Grundgesetz,
festgeschrieben.
Bundesstaat und Grundgesetz
Im →Artikel
20 des →Grundgesetzes wird
das Prinzip des Bundesstaates neben
Demokratie,
Rechtsstaat
und Sozialstaat als eines der wichtigsten Strukturprinzipien genannt,
wenn es heißt:
"(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und
sozialer Bundesstaat."
Das Grundgesetz erklärt in
→Art. 79 Abs. 3 ferner, dass "eine Änderung dieses Grundgesetzes,
durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche
Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung [..] unzulässig" ist. Wie
wichtig diese Festschreibung der föderativen Struktur ist, zeigt auch
die Tatsache, dass das Gleiche nur für die im Grundgesetz verbrieften
Grundrechte (Artikel 1-19) und die in Artikel 20 genannten Grundsätze
gilt.

Föderalismus - was
bedeutet das?
Wenn vom Bundesstaat in Deutschland gesprochen wird, fallen häufig
Begriffe, die von dem Begriff "Föderalismus" abgeleitet sind. Man
spricht dann z. B. von der föderativen Struktur in Deutschland oder
föderativen Elementen usw. Der Begriff Föderalismus bezeichnet dabei
zunächst einmal nichts anderes als ein Ordnungsprinzip. Unterschiedliche
Elemente bilden darin ein Ganzes, wobei die einzelnen Elemente
allerdings weitgehend unabhängig voneinander sind. So können mehrere
Staaten eine Föderation bilden oder ansonsten sehr unabhängig
voneinander handelnde Vereine einen (föderativen) Verband bilden.
Kooperativer Föderalismus,
Die bundesstaatliche Ordnung in Deutschland ist von besonderer Art. Das föderative System in Deutschland ist darauf angelegt, dass Bund
und Länder bei der Bewältigung der staatlichen Aufgaben
zusammenarbeiten. Die Länder sind unter anderem dafür zuständig,
Verwaltungsaufgaben für den Bund zu erledigen. Sie wirken an der
Gesetzgebung des Bundes mit. Es gibt aber auch Aufgabenbereiche, für die
Bund und Länder gemeinsam verantwortlich sind. (vgl. u. a.
Hartmann 2004,
Kap.3)
Dieses Prinzip heißt kooperativer Föderalismus. Ziel
ist es dabei, dafür zu sorgen, dass sich die Lebens- und
Rechtsverhältnisse in Deutschland weitgehend gleichen. Aus diesem und
anderen Gründend
spricht man auch vom
Sozialstaatsföderalismus in Deutschland. (vgl.
Schmidt
2016, Kap VII.6)
Würden die Länder dagegen streng getrennt von der Bundesebene und in den
meisten Politikbereichen, im Wettbewerb um die besten politische Lösung,
jedes für sich, spräche man von einem
kompetitiven Föderalismus (auch:
Konkurrenzföderalismus)
In Deutschland müssen vor allem die Bundes- und Landesregierungen
(Exekutive) im Interesse des Gesamtstaates zusammenarbeiten (Exekutivföderalismus).
Die Länderparlamente können dagegen nur geringen Einfluss auf die
Bundespolitik nehmen.
Bundesstaat und
Gewaltenteilung
In der Politik stellt der Föderalismus "eine politische Ordnung dar, bei
der die staatlichen Aufgaben zwischen Gesamtstaat und Einzelstaaten
aufgeteilt werden, und zwar so, dass beide politischen Ebenen für
bestimmte (verfassungsgemäß festgelegte) Aufgaben selbst zuständig
sind." (Schubert/Klein:
Das Politiklexikon 2011) Wenn staatliche Aufgaben und staatliche
Macht zwischen dem Bundesstaat und den Bundesländern aufgeteilt sind,
erfüllt diese Funktionentrennung wichtige Aufgaben bei der so genannten
→Gewaltenteilung.
Hebt man auf die Verteilung staatlicher Macht und die Erfüllung
staatlicher Aufgaben zwischen Bund und (Bundes-)Ländern ab, spricht man
von →vertikaler
Gewaltenteilung. Dieses Bild geht davon aus, dass die
→Bundesorgane, die für Belange des Gesamtstaates zuständig sind, ganz
oben in der Rangfolge der wichtigen Verfassungsorgane stehen, während
die Länder und ihre Verfassungsorgane auf einer untergeordneteren Ebene
des politischen Systems stehen.
Andere Ordnungen eines Staates: Einheitsstaaten bzw. Zentralstaaten
Föderalistische Staaten unterscheiden sich grundsätzlich von so
genannten Einheitsstaaten. Bei
Einheitsstaaten "(wird) die Staatsgewalt über das gesamte Staatsgebiet
hinweg ausgeübt (...) (z. B. von der Hauptstadt aus, bis in die
entlegensten Orte)." (ebd.)
Ein solcher Staat war z. B. der nationalsozialistische Staat zwischen
1933 und 1945, der die Staatsgewalt völlig zentralisierte und im
"Führerstaat" monopolisierte. (vgl.
Walper
1966,, S.10) Allerdings muss nicht jeder Einheitsstaat in einer
Diktatur münden. Auch Demokratien können wie Zentralstaaten aufgebaut
sein. Meistens handelt es sich jedoch um so genannte dezentrale
Einheitsstaaten, in denen die staatliche Hoheitsausübung zwar in den
Händen der Zentralgewalt liegt. Allerdings wird diese begrenzt durch
autonome Entscheidungsbefugnisse von dezentralen
Selbstverwaltungskörperschaften, z. B. in Bezirken oder Departements wie
in Frankreich, die allerdings zentral beaufsichtigt werden. (vgl.
ebd.)
Weitere Beispiele für solche Zentralstaaten,
wie dezentrale Einheitsstaaten auch genannt werden, sind in Europa
Italien, Dänemark, Großbritannien, Irland, die Niederlande, Norwegen und
Schweden.
Staatenbund und Bundesstaat
→Staaten mit föderativen
Strukturen lassen sich nach
Walper
(1966, S.10) in zwei Gruppen unterscheiden:
→Staatenbund
und Bundesstaat. Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass es
Zwischenformen gibt, die sich weder dem einen, noch dem anderen Typ
zuordnen lassen (. z.B.
Europäische Union
(EU) und Russische Föderation). Aus diesem Grunde kann eine
Typologie des Föderalismus auch weitaus differenzierter ausfallen. (vgl.
Wikipedia: Föderalismus)

Warum wurde 1949
ein Bundesstaat geschaffen?
Das Grundgesetz sollte bei seiner Inkraftsetzung 1949 u.
a. verhindern, dass es nach den Erfahrungen mit der
nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland 1933-1945 auf dem
Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland jemals wieder zu
diktatorischen Verhältnissen kommen konnte. Eine solche
Machtkonzentration wie unter der NS-Diktatur und die Indienstnahme des
gesamten Staates dafür, sollte ein für alle Mal verhindert werden. (→Entwicklung der
staatsrechtlichen Struktur Deutschlands: Kurzer geschichtlicher
Abriss)
Dazu
galt es die Ausübung politischer Macht zu begrenzen und die Freiheit der
Bürgerinnen und Bürger mit einem ausgeklügelten System der Machtstreuung
zu sichern. Das Prinzip, von dem man sich leiten ließ, war die so
genannte Gewaltenteilung bzw. die Machtteilung zwischen Institutionen
des Staates, die für die Gesetzgebung, die Durchführung der Gesetze und
die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit politischer Machtausübung
zuständig sind. (horizontale Gewaltenteilung)
Vertikale Gewaltenteilung als Gegengewicht zur Gewaltenverschränkung
beim Bund
Die föderativen Strukturen in Deutschland schaffen ein Gegengewicht zu
der im politischen System der Bundesrepublik Deutschland vorhandenen
Gewaltenverschränkung auf Bundesebene.
Diese wird als
vertikale Gewaltenteilung
bezeichnet..
Darunter versteht man, dass in einem →Bundesstaat wie ihn die
Bundesrepublik Deutschland darstellt, die Bundesorgane nicht allein über
Wohl und Wehe des Volkes entscheiden können. Gerade von der vertikalen
Gewaltenteilung erhoffte man sich, dass es in Deutschland nie mehr zu
einem diktatorischen Einheitsstaat/Zentralstaat wie unter der
nationalsozialistischen Diktatur kommen sollte. Auch wenn die vertikale
Gewaltenteilung sicher bis heute auch dem Schutz des Einzelnen vor
Übergriffen des Staates in seine Grundrechte gedient hat, darf man nicht
vergessen, dass föderative Strukturen nicht hinreichen, um die
Entstehung von Diktaturen zu verhindern. So betont
Walper (1966)
dass insbesondere die Amerikaner nach dem 2. Weltkrieg wohl zu sehr auf
den Föderalismus setzten, ohne die historischen Fakten der Vergangenheit
richtig im Auge zu haben: "Das Ende der Weimarer Republik und die Machtübernahme Hitlers
sprechen zugleich für und gegen die amerikanische Auffassung. Die
bundesstaatliche Struktur der Weimarer Verfassung hat die Machtübernahme
der Nationalsozialisten nicht verhindert; die Wahlen in den Ländern und
die Länderparlamente boten vielmehr der Nationalsozialistischen Partei
willkommene Gelegenheit zur Agitation. Wahlerfolge in einzelnen Ländern
bildeten die Grundlage für die Machtübernahme in Reich. Die Annahme, der
Föderalismus sei ein Garant der Demokratie, ist jedoch letztlich zu
formalistisch, denn neben verfassungsmäßigen Garantien ist ebenso sehr
die Übereinstimmung der Bevölkerung in demokratischen
Grundentscheidungen notwendige Voraussetzung einer funktionsfähigen
demokratischen Ordnung. Erst auf einem solchen Fundament an
Gemeinsamkeiten kann ein gesellschaftlicher und territorialer
Pluralismus voll wirksam werden..." (Walper
1966, zit. n.
Schmidt 1966)
Bundesstaat: Für
und Wider
Dennoch sprechen aus heutiger Sicht zahlreiche Argumente
für die bundesstaatliche Struktur in Deutschland: "Wesentliche Argumente für die föderale Organisationsform sind
a) die Beschränkung politischer Macht durch ihre Aufteilung auf
unterschiedliche Ebenen (vertikale Gewaltenteilung), sodass einerseits
mehrere Ebenen der politischen Teilhabe und Einflussmöglichkeiten
entstehen und sich andererseits unterschiedliche Formen und Wege der
politischen Aufgabenerfüllung ergeben (Lern- und
Wettbewerbsmöglichkeiten); b) der Schutz von Minderheiten (z. B. wenn
diese nur im Gesamtstaat eine Minderheit, im Teilstaat dagegen eine
Mehrheit bilden), sodass trotz Vielfalt Integration und Einheit möglich
sind. " (Schubert/Klein:
Das Politiklexikon 2011) (vgl.
Baustein:
Föderalismus: Vor- oder Nachteil?)
Eigenständigkeit und Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder
Über verschiedene Wege
und ausgestattet mit eigenen legislativen, exekutiven und judikativen
Funktionen müssen die →Bundesländer
an der Bundespolitik beteiligt werden. Sie haben nicht nur ein eigenes
Bundesorgan, den Bundesrat, sondern sind damit auch bei wichtigen
Entscheidungen wie z. B. einer ganzen Anzahl zustimmungspflichtiger
Gesetze an der Gesetzgebung des Bundes beteiligt. Und damit die Länder
nicht vom Bund Weisungen entgegennehmen müssen, haben sie auch eine
eigenständige, allerdings beschränkte Staatsgewalt. So kann der Bund
sich nur unter bestimmten, im Grundgesetz eng eingegrenzten Umständen in
die Angelegenheiten der Länder einmischen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
07.07.2016
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