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E-Partizipation

Nutzungstypen

Die Einbeziehung des Bürgers in die Politik über das Internet

 
 
  Um sich eine idealtypische Vorstellung davon zu machen, welche verschiedenen von E-Partizipation im weiteren Sinne unterschieden werden können, kann man mit Marianne Kneuer (2014, S.198) auch auf eine Typologie zurückgreifen, die herausarbeitet, in welchen unterschiedlichen Kommunikationstexten sich Bürger und Bürgerinnen bewegen, wenn sie sich per Internet im Bereich der Politik bewegen. Daraus ergeben sich verschiedene Rollen, die sie in den jeweiligen Kontexten einnahmen.
Das pyramidale Modell legt allerdings, ob intendiert oder nicht, auch Vorstellungen über den relativen Anteil derjenigen Bürgerinnen und Bürger nahe, die an den jeweiligen Kommunikationshandlungen mit der Politik beteiligt sind, die sich auf diese Weise wohl kaum empirisch nachweisen lassen. Dies gilt vor allem für die Allokution.


(vgl. Kneuer 2014, S. 198, neu gestaltet und ergänzt Gert Egle)

 

Die Rollen, die Nutzerinnen und Nutzer einnehmen, wenn sie in Kommunikationsprozesse mit politischen Institutionen oder politischen Mandatsträger eintreten, was ja nicht in jedem Falle e-Partizipation darstellt, verdeutlichen, auf welche Art und Weise und wie stark das Internet in politische Prozesse zwischen Staat und Bürger einbezogen wird.

  • Zur Informationssuche und Informationsbeschaffung über politische Vorgänge kann der nach solchen Informationen suchende Bürger heute auf eine fast unüberschaubar große Vielfalt von Informationen aus und über die Politik zugreifen, die von Regierung, regierungsnahen Einrichtungen und Institutionen, Parteien und Verbänden, aber auch weiteren Interessengruppen im Internet angeboten werden. Dabei setzt der kompetente Umgang mit der politischen Informationsfülle (information overload) Fähigkeiten zur Auswahl, Beurteilung und Einordnung von Informationen voraus, die in einem institutionellen oder nicht-institutionellen Bildungsprozess erworben werden müssen.

  • Der Einbezug des Internets in politische Kommunikationsprozesse weist dem Bürger aber auch die Rolle als Informationskonsumenten zu. Dies geschieht z. B. dann, wenn er als Adressat und direkter Ansprechpartner von über das Internet verbreiteten Informationen von Politikern, Parteien oder sonstigen Interessengruppen fungiert. Dies können z. B. wöchentliche Videobotschaften sein, wie sie beispielsweise die Bundeskanzlerin an die Bürgerinnen und Bürger über ihre eigene Mediathek richtet. Insgesamt spielen bei der Allokution, d. h. der Zuweisung bestimmter Materialien an Anhänger oder potentielle Wähler, die eigenen YouTube-Kanäle z. B. der Parteien (»SPD, »CSU, »CDU, »Grüne, »Die Linke) eine besonders wichtige Rolle. Ihr Angebot ist oft bis weit in die unteren Parteigliederungen verzweigt, die mit jeweils eigenen YouTube-Kanälen aufwarten. Ebenso zählen dazu Blogs, mit denen einzelne Mandatsträger mit Informationen und selbst inszenierenden Homestories ihren Kontakt zu ihren Wählern intensivieren wollen (Beispiele etwa: »Jan-Philipp Albrecht (Mitglied des Europa-Parlaments für die Grünen), »Gabriela Heinrichs (Mitglied des Bundestags für die SPD), »Peter Tauber (Generalsekretär der CDU) etc.). Dazu zählen natürlich auch entsprechende Seiten auf sozialen Netzwerken, die neben der Allokation aber auch schon Funktionalitäten bereithalten, die per Interaktivität einen Rollenwechsel des Bürgers hin zu Konsultation und Diskurs ermöglichen können (z.B. Facebook-Account der Linkspartei), auch wenn sich dies vielleicht nur auf symbolische Partizipationshandlungen wie beispielsweise das "Liken" und "Sharen" beschränkt. In Deutschland derzeit noch nicht so bedeutsam, aber doch auch ein Instrument besonderer Art, Bürgerinnen und Bürger in den politischen Prozess mit Hilfe der modernen Informations- und Kommunikationstechniken einzubeziehen, sind darüber hinaus die Twitter-Accounts, mit denen die eigenen Follower mit Informationen "aus erster Hand" versorgt werden können und ihnen zugleich die Möglichkeit gibt, selbst aktiv zu werden, indem Informationen weitergeleitet werden (favoriting und tweeting bzw. retweeting).

  • In der Rolle von Verbrauchern nehmen die Nutzer so genannte E-Government-Angebote wahr, mit denen der Staat kundenorientierte und bürgerfreundliche Online-Angebote macht, um schnell und unkompliziert behördliche Vorgänge in der Interaktion von Staat und Bürgern abwickeln zu können (Transaktionen). In Deutschland ist das Elster-Verfahren zur Abgabe von Steuererklärungen dafür ein gutes Beispiel. Bei diesen E-Government-Angeboten, zu denen auch die Dienstleistungen der kommunalen Online-Bürgerbüros zählen (z.B. »Bürgerbüro München), geht es natürlich nicht um Demokratieförderung, sondern darum kundennäher, effektiver und vor allem kostengünstiger bestimmte Verwaltungsakte vollziehen zu können.

  • Das Internet kann aber auch dazu dienen, dass Bürgerinnen und Bürger und Bürger untereinander, aber auch mit Parteien, Politikern oder sonstigen Interessenvertretern in einen Dialog über politische Fragen und Entscheidungen treten. Geht der Impuls für diesen Partizipationspfad von oben aus, können politische Institutionen, Parteien oder Politiker die Meinung der Bürgerinnen und Bürger zu bestimmten Fragen einholen, ihre Wünsche und Vorstellungen erfahren. In solchen Konsultationen nehmen die Bürgerinnen und Bürger insofern die Rolle von Beratern ein. Hier bieten die sozialen Netzwerke wie Facebook oder Google+ eine besonders günstige Plattform.

  • Schließlich ist die Einbeziehung des Internets bzw. der modernen Informations- und Kommunikationstechniken und seine Wirkung auf den politischen Prozess dort besonders stark, wo die Nutzer selbst die Rolle von Entscheidern in politischen Fragen spielen können. Diese höchste Stufe der Partizipation im Allgemeinen und der E-Partizipation im Besonderen wird mit E-Voting-Verfahren bei Wahlen oder E-Referenda-Verfahren bei sonstigen Abstimmungen umgesetzt. In Deutschland wurde diese Partizipationsmöglichkeit bei der (deliberativen) Beratung und Beschlussfassung in so genannten »Bürgerhaushalten (auch: Beteiligungshaushalte genannt) umgesetzt, bei denen Bürger ohne politisches Mandat an der Erstellung und/oder Umsetzung öffentlicher Finanzen teilhaben können. (z.B. »Bürgerhaushalt der Stadt Köln 2015, Bürgerhaushalt.org).

 

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 04.01.2015

 
     
     
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  1. .
     

 
     
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