Neben den herkömmlichen Formen ▪ politischer Beteiligung
bzw. politischer Partizipation haben sich auch durch die Entwicklung
der neuen Informations- und Kommunikationstechniken, insbesondere
durch die Entwicklung des Internets, inzwischen ganz neue Formen von
politischer Partizipation entwickelt, die eine symbolische Form
angenommen haben.
Schon seit langem hat die Politikwissenschaft darauf hingewiesen,
dass man vor allem wohl "bei kollektiven Erscheinungen politischer Partizipation" nicht
davon ausgehen kann, dass jede Person, die daran teilnimmt, auch "eine
instrumentelle, auf politische Ziele hin gerichtete
Partizipationsmotivation" besitzt (Kaase
1995b, S.462).
So macht es vielen u. U. auch einfach "Spaß",
mitzumachen und mit einem minimalen Kosten-Nutzen-Aufwand zu denen
dazuzugehören, die sich auf diese Art und Weise miteinander vernetzen.
Eine solcherart hedonistisch orientierte Partizipation reicht indessen
wohl kaum aus, den mitunter langwierigen und mitunter auch mit
Enttäuschungen verlaufenden Prozess der Einflussnahme auf politische
Entscheidungen über einen längeren Zeitraum zu gehen.
Und diejenigen,
insbesondere Jüngere, die sich an den neuen Formen niederschwelliger
Partizipation beteiligen, haben die offensichtlich auch nicht im Sinn.
Ihnen geht es darum, ein Zeichen zu setzen und dafür reicht ihnen
offenbar auch eine symbolische Form politischer Beteiligung, wie sie z.
B. beim "liking" und "sharing" in den großen sozialen
Netzwerken oder beim "favoriting" und "
tweeting" bzw. "retweetíng"
mit Hilfe von twitter möglich ist. Dass dahinter natürlich auch die
mangelnde Bereitschaft steht, sich längerfristig für ein bestimmtes Ziel
einzusetzen, liegt auf der Hand. (vgl. auch:
Ritzi u.a. 2012, S.261)
Ein »Shit-Storm
in den sozialen Medien, wie ihn so manche Firma wegen irgendeines ihr
unterstellten Fehlverhaltens über sich hat ergehen lassen müssen (»Beispiele
von Shitstorms), ist natürlich häufig eine einem realen Sturm
vergleichbare Front Unzufriedener, erleidet aber doch oft das gleiche
Schicksal wie sein reales Pendant: Nach dem Sturm fällt er eben wieder
in sich zusammen.
Häufig entwickelt ein solcher "Sturm der Entrüstung"
(»Duden) mit seiner
Vielzahl kritischer, aggressiver, beleidigender Äußerungen aber auch in
vergleichsweise kurzer Zeit eine Eigendynamik, welche die u. U. einmal
von den ersten Äußerungen ausgehenden Ziele aus dem Auge verliert. Die
"Lust am Shitstorm", welche die Aktivität vieler prägt, die daran
teilnehmen, kann insofern als ein Beispiel für die hedonistische
Partizipation im Internet gelten.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
25.01.2020