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Demografischer Wandel

Überblick

 
 
  Der demografische Wandel ist Teil des Strukturwandels in Deutschland. Mit dem Terminus bezeichnet man Veränderungen und Tendenzen in der Bevölkerungsentwicklung. Dabei geht es vor allem um den Altersaufbau der Gesellschaft, das Zahlenverhältnis von Männern und Frauen, den Anteil von Bürgerinnen und Bürgern mit deutscher Staatsangehörigkeit und den von Ausländern in Deutschland, die Abwanderung und Zuwanderung von und nach Deutschland (→Migration) sowie die Anzahl der Geburten und Todesfälle und ihre Relation zueinander. Die Veränderungen der Bevölkerungsentwicklung stellen Staat und Gesellschaft vor große Herausforderungen in vielen Bereichen: bei der Altersvorsorge ebenso wie im Gesundheitswesen, bei der Städteplanung und in der Arbeitswelt. Und: kurzfristige Lösungen gibt es bei Problemen, die mit dem demografischen Wandel zu tun haben, in der Regel nicht.
So wird die Bevölkerung in Deutschland voraussichtlich bis 2060 stetig sinken und die Zahl der Sterbefälle wird bis Anfang der 2050er Jahre ansteigen. Auch die Anzahl der Erwerbstätigen zwischen 20 und 64 Jahren, die sich derzeit (2013) auf etwa 49 Millionen Menschen beläuft, wird von 2020 an deutlich zurückgehen. 2060 werden es, je nach Ausmaß der Zuwanderung, nur noch zwischen 34 und 38 Millionen sein. Das entspricht einem prozentualen Rückgang zwischen 23% und 30%. Und: Gleichzeitig wird ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung von 61% (2013) auf nur noch ca. 51% im Jahr 2060 sinken. Bei einer Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre würden dann 36 und 40 Millionen erwerbstätig sein. Auch wenn die deutsche Bevölkerung angesichts hoher Zuwanderungszahlen derzeit nicht so schnell zurückgeht, wie ursprünglich angenommen, werden 2060 in Deutschland im Vergleich zu den 80,3 Millionen Einwohnern heute wohl nur noch  zwischen 67,6 und 73,1 Millionen Menschen leben. (vgl. Bevölkerung Deutschlands bis 2060, 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, hrsgg. v. Statistischen Bundesamt) Den Annahmen des Statistischen Bundesamts liegen dabei zwei Varianten zugrunde.

Die Veränderungen der Altersstruktur sind für Gesellschaft und Staat von großer Bedeutung. Dabei ist demografischer Wandel nichts, was erst unsere gegenwärtige und künftige Lage kennzeichnet. Aber die Dynamik der Entwicklung ist heute besonders groß.
Eigentlich "altert" die deutsche Bevölkerung also schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. 1871 betrug der Anteil der Jugendlichen unter 20 Jahren noch 43%, 2014 liegt er bei15,56% (vgl. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1365/umfrage/bevoelkerung-deutschlands-nach-altersgruppen), und in Zukunft wird er weiter sinken.

Die derzeit beobachtbare Dynamik des demografischen Wandels in Deutschland kommt vor allem durch die folgenden Faktoren zustande:

  1. Die Häufigkeit von Geburten ist so gering, dass die Kinder ihre Eltern zahlenmäßig nicht ersetzen.

  2. Die Lebensformen der Menschen in unserer Gesellschaft sind sehr vielfältig geworden. Für viele Menschen ist nicht mehr selbstverständlich, irgendwann zu heiraten und eine Familie zu gründen. Zudem hat sich der Zeitpunkt, zu dem Kinder von ihren Müttern geboren werden, hat sich immer weiter nach hinten verschoben.

  3. Die Lebenserwartung der Menschen in unserer Gesellschaft steigt an und der Anteil der älteren und alten Menschen an der Gesamtbevölkerung nimmt zu und wird, bis die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter kommen (Baby-Boom-Generation der 1950er/1960er Jahre). Er wird stetig weiter steigen und sich erst danach auf einem hohen Niveau stabilisieren.

  4. Die Zuwanderung nach Deutschland kann nur dann die Altersstruktur in Deutschland ändern, wenn sehr viele junge Menschen nach Deutschland kommen. Dabei könnte Deutschland von der für eine Weile beobachtbaren höheren Geburtenzahl von Zuwandererfamilien profitieren.

Je nach Betrachtung sind die Herausforderungen des demografischen Wandels in Deutschland eine Belastung oder eine Chance.

  • Viele befürchten, dass unsere Sozialsysteme in der Renten- und Krankenversicherung den großen Herausforderungen nicht gewachsen sind. Sie sehen einen Verteilungskampf der Generationen kommen, in dem die Jungen, die arbeiten, nicht mehr im Generationenvertrag für die Alten, die Rentner und Pensionäre, auf dem gegenwärtigen Niveau aufkommen wollen. Denn die Jüngeren sind es, die dies infolge höherer Rentenbeiträge mit erheblichen Abstrichen am eigenen Lebensstandard bezahlen müssen. Auf der anderen Seite stünden die Rentnerinnen und Rentner, von denen viele eine Senkung ihrer Renten oder Versorgungsbezüge finanziell kaum verkraften können.

  • Andere sehen angesichts der schon in den letzten Jahren beobachtbaren Entwicklung in den neuen Bundesländern ganze Regionen "vergreisen", weil die Jungen auf der Suche nach Arbeit und ausreichendem Einkommen ihr Glück in den Industriestädten und -regionen im Westen machen wollen und abwandern.

  • Aber es gibt auch Stimmen, die "Das Altern als Glücksfall für die Gesellschaft" (Heribert Prantl 2015, S.76) betrachten. Nötig dafür ist, so Prantl, ein neuer Gesellschaftsvertrag, der eine grundsätzlich andere Sicht auf Altern und die Alten erfordert: "Die Menschen in der dritten Lebenszeit, die die Erziehung ihrer Kinder hinter sich haben, werden sich um die Menschen in der vierten Lebenszeit, also die ganz Alten, kümmern." Dies so, so führt er fort, wird "der gerontologische Imperativ" der Zukunft sein: "Pflege die sehr Alten so, wie Du selbst in zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahren gepflegt werden willst!"  Was er verlangt, ist, darüber ist sich Prantl klar, eine Vision, die er wie folgt beschreibt: "Die Herbst-Menschen, also die Menschen in der dritten Lebenszeit, können sich für die ihnen geschenkten Jahre dankbar zeigen, indem sie sich um die Winter-Menschen kümmern, um die Menschen in der vierten Lebenszeit. Die nicht ganz Alten werden also, wenn es ganz gut geht, die Wahlverwandten der ganz Alten werden. Es werden im ganzen Land Nachbarschaftsvereine und Wohnpflegegruppen gegründet, in denen sich eine neue Kultur der Hilfe bewährt, Und die Menschen im dritten Lebensalter werden glücklicher sein als heute, weil sie spüren, dass sie gebraucht werden - und auch noch ganz andere Dinge planen können als ihr nächste Kreuzfahrt." Und: die überalterten Stadtteile könnten mit neuem Leben erblühen, wenn die Herbst-Menschen die Winter-Menschen auf die Senioren-"Spielplätze" begleiteten, die anstelle der überflüssig gewordenen Kinderspielplätze entstehen müssen. Auf diesen zu "Outdoor-Fitness-Plätzen für Alte" umgebauten Plätzen können sie selbst länger fit bleiben und zugleich den noch Älteren helfen, länger gesund und mobil zu bleiben. Beides zusammen in die Waagschale geworfen, könnte der erhoffte neue Gesellschaftsvertrag keine bloße Vision bleiben.

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 12.08.2016

 

 
     
   Arbeitsanregungen:
  1. Erläutern Sie, weshalb ein, z. Zt. nicht denkbarer, Anstieg der Geburtenrate von derzeit um 1,4 Kinder pro Frau auf 2 Kinder pro Frau sich nicht unmittelbar auf die Probleme auswirken kann, die durch die derzeitige Altersentwicklung der Bevölkerung für die Sozialsysteme entstehen.

  2. Welche Chancen und Risiken hat die Zunahme der älteren Bevölkerung für Staat und Gesellschaft in Deutschland?

  3. Was halten Sie davon, wenn Kinderspielplätze zu Seniorenspielplätzen umgebaut werden?
     

 
     
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