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Seit den zwanziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts wurde der behavioristische Ansatz in der
Wirkungsforschung weiterentwickelt und berücksichtigte fortan auch so
genannte
intervenierende Variablen.
Darunter versteht man vor allem individuelle (intrapersonale) Dispositionen des einzelnen
Rezipienten wie seine Persönlichkeit, psychische Verfasstheit, seine
Einstellungen und seine Motivation beim Medienkonsum, aber auch
sozial-strukturelle Merkmale wie Geschlecht, Alter, Beruf,
Religionszugehörigkeit usw. Trotz dieser Fortschritte wurden Medienwirkungen
auch weiterhin stets als Einweg-Kommunikation gesehen, bei der keine
Rückkoppelungsvorgänge zu beachten seien. (vgl.
Kunczik 1977, S.116,
Vollbrecht 2001, S.105)
Das erweiterte Wirkungsmodell spiegelte sich in
verschiedenen Ansätzen wieder, die in den 40er und 50er-Jahren des vorigen
Jahrhunderts entwickelt wurden. Dazu zählten u. a.:
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Die sog.
Lasswell-Formel
In der Nachfolge von Lasswell, der 1948 seine berühmte Formel der Massenkommunikation entwickelte
(Who says What in Which Channel to Whom with What Effect), rückte man
allmählich von der Allmachtsthese der Medienwirkungen ab
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Die Kampagnenforschung
Zwischen 1940 und 1960 war die Medienwirkungsforschung
primär Kampagnenforschung. Das bedeutet: In verschiedenen Studien und
Untersuchungen, insbesondere in den USA, wurde untersucht, wie das
Zusammenwirken verschiedener Elemente in konzertierten Aktionen (u. a. auch
Wahlkampagnen) Menschen in ihren Einstellungen und ihrem Verhalten
beeinflussen konnten. Insbesondere Ängste und Panik, die durch Medien
erzeugt werden konnten, ohne dass es dafür einen realen Grund gab, zogen das
Interesse der Wirkungsforscher auf sich, die darin einen Beweis für ihre
Annahme starker Medienwirkungen sahen. So verzeichnete man schon 1938 nach
dem Senden eines Radiohörspiels mit dem Titel „Die Invasion vom Mars“ solche
Panikreaktionen in den USA. Allerdings weiß man heute, dass sich diese
vermeintliche Panik aber wohl mehr in den Medien selbst als in der
Wirklichkeit abspielte. (vgl.
Kunczik 1977, S.117f., vgl.
Vollbrecht 2001, S. 107). Die
tatsächlichen Reaktionen des Publikums ließen daher den Rückschluss auf das
Vorhandensein starker Medienwirkungen im Sinne der Annahmen nicht zu.
Zugleich fand man damit auch heraus, warum so viele Kampagnen ihre Ziele
nicht erreichen konnten.
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Die
Berücksichtung von Selektivität
und interpersonaler Beziehungen
In der weiteren Forschung gewann die Erkenntnis mehr und mehr an
Bedeutung, dass die Auswahl von Medienangeboten durch den Rezipienten
weitaus größere Bedeutung besaß, als zunächst angenommen. Klar war, dass
es kein direkter Wirkungsmechanismus von Medienbotschaften und Rezipienten
angenommen werden konnte. Aus diesem Grunde wandte man sich nun mehr den
Prädispositionen der Rezipienten zu und berücksichtigte seine
selektive Zuwendung (selective
exposure), seine selektive Wahrnehmung
(selective perception) und
selektive Erinnerung (selective retention).
Mit dem zunehmenden Verständnis der Selektivität fanden auch Überlegungen
über die zwischenmenschlichen (interpersonalen) Bedingungen bei der
Medienwirkung größere Beachtung. So stellte man fest, dass die Personen im
unmittelbaren Umkreis eines einzelnen dessen Einstellungen und Verhalten
stärker prägen als ein noch so ausgeklügelte Kampagnen in den Medien.
Darüber hinaus fand man aber auch heraus, dass neben diesem Face-to-face-Kontakt so genannte
Meinungsführer
(opinion leader) mit besseren
Informationen andere Personen in ihrem persönlichen Umfeld Umkreis
beeinflussen konnten.
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Der Two-Step-Flow of Communication
Mit den gewonnenen Erkenntnissen war der Weg frei für eine
Medienwirkungsforschung, die sich von den Prämissen der Allmachtsthese
endgültig löste. Sie propagierte fortan ein "Modell der begrenzten Effekte“
(Vollbrecht 2001,
S. 108), das als Ziel von Medien kein atomisiertes Massenpublikum, sondern
Individuen betrachtete, "die eingebunden sind ein Netz von Sozial- und
Kommunikationsbeziehungen, die die Wirkung der Medien begrenzen und
abfedern.“ (ebd.)
Gert Egle, zuletzt
bearbeit am:
01.08.2017 |
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