|
»Ego-Shooter,
(gr.
und
lat. ego = „ich"; engl.
shooter = „Schütze" bzw. „Schießspiel") sind laut Wikipedia
"eine Kategorie der »Computerspiele,
bei welcher der Spieler aus der »Egoperspektive
in einer frei begehbaren, »dreidimensionalen
Spielwelt agiert und mit Schusswaffen andere Spieler oder
computergesteuerte Gegner bekämpft. Die vom Spieler gelenkte
Spielfigur ist menschlich oder menschenähnlich. Ego-Shooter ist eine
Wortschöpfung aus dem deutschen Sprachraum, im englischsprachigen
Raum spricht man von First-Person
Shooter." Ego-Shooter gibt es inzwischen in
verschiedenen Subgenres.
Immer wieder geraten die Ego-Shooter ins Blickfeld der
Öffentlichkeit. Meistens liegt dies daran, dass ein kriminelles
Gewaltereignis wie z. B. die »Amokläufe
von »Erfurt
(2002), »Emsdetten
(2006) oder »Winnenden
(2009), Politik, Gesellschaft und Medien bei ihrer
Ursachenforschung auf ihre Spur bringt. So hat man in diesen
Zusammenhängen immer wieder feststellen können, dass alle diese
jugendlichen Schulamokläufer irgendeinen Ego-Shooter gespielt haben.
In den von den Medien selbst in erheblichen Maße mitgesteuerten "Aufmerksamkeitswellen"
(Kunczik/Zipfel
2006, S.17) nach solchen Ereignissen werden jedoch häufig
sehr vereinfachende, tendenziell falsche Antworten darauf gegeben,
die den Computerspielen selbst die maßgebliche Schuld an diesen
Dingen zuschieben, ganz nach dem Motto: Je simpler die Erklärung,
desto leichter kommunizierbar, desto erfolgreicher.
Allerdings ist die Tatsache, dass die Amokläufer Ego-Shooter
gespielt haben, so die Diplom-Psychologin Esther Köhler
(2008, S.140} überhaupt nicht verwunderlich. Denn "sie spielten
die Spiele, weil Destruktion im Allgemeinen ihr Thema war, sie
interessierten sich kaum für etwas anderes."
Nach Ansicht Köhlers "muss viel schief laufen, bis eine so
tiefgreifende Persönlichkeitsstörung vorliegt, auf deren Nährboden
Kränkung, Hass, Hoffnungslosigkeit, Rachegelüste, Einsamkeit,
Isolierung, ein Sich-getrennt-Fühlen von der Welt und der sie
Bewohnenden, also ein Gefühl der absoluten Vereinzelung, so wachsen
kann, dass ein Jugendlicher sich dieser Welt nicht mehr zugehörig
fühlt und glaubt, in ihr nichts mehr verlieren zu können, und dann
zum Selbst- und Massenmörder wird." (ebd.)
Dabei könnten derartige Amokläufe auch als eine Form des
erweiterten Suizids,
einer
Sonderform des Suizids,
angesehen werden. Auch wenn die statistische Datenbasis für die Analyse des erweiterten Suizids bis heute nicht besonders groß
ist, wissen wir doch aus der Forschung dazu:
-
dass die meisten Täter
oder Täterinnen vorher keine besonders herausragende Auffälligkeit
gezeigt haben,
-
dass Männer häufiger einen
erweiterten Suizid vollenden als Frauen
-
dass Frauen meist
ausschließlich eigene Kinder in ihre
suizidale Handlungen
einbeziehen
-
dass die Mehrzahl der Täter
in der Zeit vor den suizidalen Handlungen eine wachsende Isolierung
aller sozialen Beziehungen erfahren haben (vgl.
Bien 1984, S.36)
Für die Amokläufer geht es dabei, wie Köhler
(2008, S.140} weiter ausführt, um "das Gehen mit einem Knall, an
den sich die Welt, in der man gescheitert ist, erinnern soll." Dass
dabei die Umwelt meistens allein für das individuelle Scheitern
verantwortlich gemacht wird, diene den jugendlichen Tätern dabei,
sich ein allumfassendes, globales Feindbild aufzubauen, das den
Blick auf die einzelnen Individuen verstelle: "Alles wird demzufolge
feindlich interpretiert. Diese Verengung ist Ausdruck einer
tiefen Störung." Anders hat es Klaus-Peter Gerstenberger, der Leiter
der »Unhaltungssoftware
Selbstkontrolle (USK), einmal ausgedrückt: "Wenn Jugendliche
sich zum Mord und Selbstmord entschließen, dann scheitern sie in der
wirklichen Welt, nicht in der Spielewelt." (zit. n.
Fromm 2003,
S.16) Man wird ihm zustimmen können, auch wenn er als Lobbyist der
Computerspielewirtschaft agiert.
Die Wirkungsforschung
befasst sich in zahlreichen Studien mit dem Thema Gewalt und Medien.

"Pfeiffers Vorschlag ist einem Verbot allerdings ähnlich, denn
wieder geht es nur ums Fernhalten, indem das Erlernen
von Eigenverantwortung durch Dauerbeschäftigung der Kids ersetzt
wird. Eine solche Strategie erscheint wie eine Vermeidungsstrategie,
aber in den Kanon der Verbote und Fernhaltungen stimmen ja viele mit
ein, und so reagieren dann auch die Jugendschutzbehörden und sehen
in den Ego-Shootern 'die Gefahr einer sozialethischen
Desorientierung Heranwachsender' (Fromm 2003, S. 10). Untermauert
werden solche Aussagen dann zum Beispiel mit dem Argument: Alle
Jungen, die Amokläufe begehen, sind nachweislich Fans von diesen
Spielen gewesen.
Bei der Beschreibung des Täterprofils wird dem Spielverhalten in der
Öffentlichkeit eine sehr große Bedeutung zugeschrieben, während die
psychische Labilität, politischer Extremismus und realer
Waffenbesitz fast ausgeblendet werden /(Fromm, 2003, S. 16)
Florian Rötzer (2002) schreibt, dass die FAZ und der bayrische
Innenminister in Form von üblichen Klischees die Schuld für das
Massaker in Erfurt beim Computerspiel Counterstrike suchen, indem
sie Ähnlichkeiten zwischen Spiel und Tat in den Vordergrund
stellen. Die angebliche Ursache der Tat, nämlich dass ein
Computerspiel den Amokläufer von Erfurt trainiert hat, wurde in
einem Text (www.dkh.4players.de:1092/news.php3?action=show_comments&data[news_id]=1567)
angegriffen, welcher in der Counterstrike-Community herumgereicht
wurde. Denn trainiert hat der Täter Robert S. nämlich im wirklichen
Leben, er war Mitglied in zwei Schützenvereinen und hat dort den
Umgang mit Waffen gelernt und sich auch die Erlaubnis erarbeitet,
sich eine eigene Waffe zu kaufen.
'Wenn man ein Computerspiel spielt, ist es dann möglich, eine Waffe
im realen Leben zu bedienen? Den Rückschlag abzudämpfen, die Waffe,
die einiges an Gewicht hat, zu halten, um damit zu
schießen? Nein' (Rötzer, 2002, S.1)
(Köhler
2008, S.140}
"Vor allem aber sind es die Aussagen wie die vom
amerikanischen Militärpsychologen Dave Grossman, welche die Alleinschuld
solcher Taten fast nur den Ego-Shootern zuschieben und damit die
Verteufelung solcher Spiele im Allgemeinen heraufbeschwören und schließlich
ein Verbot für unerlässlich erscheinen lassen. So schreibt Grossman
zum Beispiel, dass er drei Dinge für einen realen Tötungsakt als
erforderlich erachtet: Waffen, Können und Willen. Weiter schreibt er dann,
dass die letzten beiden durch gewalttätige Computerspiele geliefert werden
könnten (Fromm, 2003, S. 16). In eindrucksvollen reißerischen
Einzelbeispielen beschreibt er in seinem Buch Stop Teaching Our Kids To Kil
/(Random Press, New York, 1999), wie Computerspiele Kinder zu Killern
machen." (Köhler
2008, S.139}
Ähnlich wie Dave Grossmann "beschreibt Spitzer (2005), nämlich
Gewaltspiele als eine 'Tötungs-Trainings-Software zum Einüben von Aggression
als der einzig möglichen Konfliktlösung"' (Spitzer, 2005, S.242) Spitzer
verweist an dieser Stelle dann auch auf Grossman, der zu Protokoll gegeben
hat, das das Marine Corps das Spiel Doom (ein beliebter Ego-Shooter) als
exzellentes taktisches Trainingsinstrument benutzt." (Köhler
2008, S.139) Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.09.2013 |
|