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Im herkömmlichen Aufsatzunterricht gehörte die Verbesserung einer
schriftlichen Klassenarbeit einfach dazu. Die Schreiberinnen und Schreiber
sollten dabei Verstöße gegen die Rechtschreibung und Zeichensetzung
verbessern, Fehler im Satzbau korrigieren und sprachlich-stilistische
Problemfälle "bereinigen".
Heute ist eine derartige "Generalverbesserung" allerdings nicht mehr üblich.
Sicher macht es noch Sinn, wenn Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit
im Zuge einer Verbesserung bearbeitet werden, wenn damit Lernprozesse in
Gang gesetzt werden. Artet die Verbesserung aber zu einer Art Strafe aus,
"verschlimmbessert" sich das Ganze wohl eher. Eine sinnvolle
Berichtigung auch
im Bereich der Orthografie und Zeichensetzung kann also niemals nur
bedeuten, ein Wort, das man falsch geschrieben hat, einfach zur Verbesserung
drei-, vier- oder gar fünf Mal richtig zu schreiben. Die Lerneffekte dabei
sind äußerst gering. Wenn hingegen im Zuge einer "sinnvollen" Verbesserung
sowohl die zugrunde liegende Rechtsschreibregel wiederholt werden muss,
ähnliche Rechtschreibfälle mit der gleichen Problematik gesucht und notiert
werden (auch Fälle, die ähnlich sind, aber anders geschrieben werden können
ebenso hilfreich sein), dann macht eine solche Verbesserung durchaus Sinn.
Bei Fehlern und Verstößen im Bereich der Rechtschreibung und Grammatik
können aber auch die Korrekturzeichen am Rand eine Hilfe sein. So können sie
mit einem Hinweis auf Übungsblätter oder Online-Plattformen verbunden sein.
Das Korrekturzeichen "Gr" steht dann jedenfalls nicht immer allein, sondern
häufig auch mit einem dazu gesetzten Hinweis. Das könnte ein Zahl sein, die
auf einen bestimmten Ort verweist, wo Materialien zur Übung sind, mit denen
man nach erfolgreichem Durcharbeiten die Fehler künftig vermeiden kann. So
könnte ein solches Korrekturzeichen aussehen: Gr (2-12) oder eben so
ähnlich. (vgl. →Berichtigungen)
Etwas anderes ist es, wenn bei der Verbesserung verlangt wird,
Ausdrucksfehler und sprachlich-stilistische Mängel zu beseitigen. Hier macht
Nachverbessern in der üblichen Weise wenig Sinn, weil dabei natürlich auch der gesamte
Gedankengang mit reflektiert werden müsste.
Solche nachträglichen Eingriffe
in zur Leistungsmessung mit Noten versehene Texte, die als Schreibprodukt im herkömmlichen Unterricht nicht weiter
entwickelt werden, tragen in der Regel wenig zur Verbesserung des Textes und
helfen nur in geringem Maße bei der Weiterentwicklung von
Schreibfähigkeiten. (vgl. auch die
Argumente gegen die Berichtigung) Aus diesem Grunde hat man auch davon gesprochen, dass
solche Interventionen in einen abgeschlossenen Schreibprozess zu einem
pseudokognitiven Lernen (vgl.
Haueis 1983)
verkommt, von dem kaum Lerneffekte zu erwarten sind. (vgl.
Baurmann
2002/2008, S.31)
Hier gilt, was die so genannte
prozessorientierte
Aufsatzdidaktik betont:
"Schreiben lernt man durch
Schreiben, durch das (gemeinsame) Nachdenken über Schreibhandlungen und
deren Organisation in Schreibprozessen." (Baurmann
2002/2008, S.31)
Ohne
auch das wieder zu einem "Dogma" zu machen:
Wenn es einer Lehrperson wichtig ist, dass sie Schülerinnen und Schüler ihre
Schreibfähigkeiten weiter entwickeln, dann sollte die Erstellung einer
herkömmlichen (Nach-)Vebesserung möglichst anderen Unterstützungen bei der
individuellen Schreibentwicklung Platz machen.
Um Missverständnissen vorzubeugen:
Diese Aussage bezieht sich auf Klausur- bzw. Klassenarbeiten die in
traditioneller Form ohne Elemente der Prozessorientierung erstellt worden
sind.
Dass in einem Schreibprozess natürlich →Überarbeitungen (Textrevisionen)
unterschiedlichster Art eine sehr große Bedeutung haben, ist davon
vollkommen unberührt.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.09.2013
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