Der Dualismus von Kaiser und Reich prägte die
▪ Verfassungsgeschichte des Heiligen
Römischen Reiches Deutscher Nation zwischen
▪ 1256 und 1648.
Das deutsche Königtum ist bis zum Ende des Reiches (1806) ein
»Wahlkönigtum. Daran ändert auch die
Tatsache nichts, dass die Königkrone über Jahrhunderte hinweg in den Händen
der Dynastie der ▪
Habsburger bleibt (1438-1740).
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Seit dem 13. Jahrhundert haben die
»sieben Kurfürsten das Recht zur Königswahl ("Kur"): Die drei
geistlichen Kurfürsten: Mainz, Trier, Köln und die vier weltlichen:
Böhmen, Kurpfalz, Sachsen, Brandenburg. Sie sind die mächtigsten und
angesehensten Fürsten des Reiches.
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In der »Goldenen Bulle Kaiser
»Karls
IV. (1316-1378) aus dem Jahr 1356, dem einzigen Verfassungsdokument bis 1806,
werden die Grundsätze der Königswahl geregelt:
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Bei der Wahl durch die Kurfürsten gilt die Mehrheitsentscheidung.
Der Erzbischof von Trier gibt zuerst, der Kurfürst von Mainz zuletzt die
Stimme ab.
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Wahlort: Frankfurt -
Krönungsort: Aachen
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Kurfürsten erhalten bedeutende Regierungsrechte zugesprochen wie
Zoll- und Münzrecht, Befugnis zu unbeschränktem Gebietserwerb u .ä.
Die deutschen Könige erlangen nach ihrer Wahl zum König den Anspruch, vom
Papst zum
»Kaiser
gekrönt zu werden. Seit sich
»Maximilian
I. (1459-1519) mit Einverständnis des Papstes im Jahre 1508 "Erwählter
Römischer Kaiser" nennt, führen die deutschen Könige den Titel direkt nach
ihrer Königswahl. Der letzte vom Papst gekrönte Kaiser ist »Karl V.
(1519-1558).
Die
»Rechte des Kaisers blieben
trotz seines imperialen Anspruchs als Inhaber der höchsten Gewalt und
oberster Lehnsherr des Reiches sehr beschränkt.
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Ohne die Reichsgüter (Reichsdomänen) und die Regalien, die früheren
Kaisern zur Verfügung gestanden und meist schon an die Landesherren und
die Städte übergegangen waren, stehen dem Reich kaum Einkünfte zur
Verfügung. Ein
»Reichssteuerwesen
ist mit den Ständen als entschiedene Gegner nicht durchzusetzen.
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Mit so genannten
»Wahlkapitulationen
wurden die Rechte des Kaisers darüber hinaus schon bei seiner Wahl
mitunter so eingeengt, dass ihm nur noch ein geringer herrschaftlicher
Gestaltungsspielraum im Reich bleibt.
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Der Kaiser hat nur vergleichsweise unbedeutende Befugnisse. Er darf
»Standeserhöhungen vornehmen, Gnaden zuteilen, die
»Reichsacht
aussprechen und hat die oberste Reichsgerichtsbarkeit inne.
Der Kaiser ist in nahezu allen Regierungsgeschäften vom
Reichstag abhängig. Im Reichstag sind die
Reichsstände vertreten, das sind
Landesherren (Fürsten, Prälaten, Grafen und
freie Herren) und die
Reichsstädte mit
ihren Vertretern.
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Der Reichstag ist zuständig für alle Regierungsakte, die
Reichsgesetzgebung, Reichssteuern,
für Beschlüsse über Krieg und Frieden, Angelegenheiten des
Reichsheeres usw..
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In drei verschiedenen Kollegien wird
getrennt beraten: »Kurfürstenkollegium, bestehend aus den
»Kurfürsten; »Reichsfürstenkollegium, geschieden in eine geistliche
und eine weltliche Bank; »Reichsstädte.
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Die Beschlüsse eines Reichstags werden seit 1497 in einem sog.
»"Reichsabschied"
zusammengefasst und sind - in der Praxis aber gegen den Willen
einflussreicher Landesherren - von den Reichsständen auszuführen.
Drei nennenswerte Versuche gibt es, die Machtlosigkeit des Reichs zu
überwinden.
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Die etwas dürftige "Reformation
König »Friedrichs" III. (1415-1493) von 1442 bringt ein Landfriedensgesetz.
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Die Reformen von 1495 und 1500
unter dem
▪
Habsburger Kaiser
»Maximilian
I. (1459-1519).
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verordnen einen »ewigen Landfrieden
und verbieten »Fehde und eigenmächtige Selbsthilfe von Reichsständen in Streitangelegenheiten,
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übertragen die oberste Gerichtsbarkeit einem
»Kammergericht,
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richten, allerdings nur mit kurzfristigem Erfolg, ein
»Reichsregiment
als ständige Reichsregierung unter dem Vorsitz des Kaisers
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teilen das Reich in »Reichskreise
ein, um die Verwaltung zu verbessern.
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Der "»Augsburger
Reichsabschied" aus dem Jahre 1555 legt den Religionsfrieden
zwischen Katholiken und Protestanten fest. ("»Augsburger
Religionsfrieden")
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Dabei erhalten alle Stände, die in einem unmittelbaren Verhältnis
zum Kaiser/Reich stehen (»Reichsunmittelbare) die Freiheit des
religiösen Bekenntnisses. Eingeschränkt wird dies nur durch den sog.
"»geistlichen Vorbehalt", wonach
Bischöfe und Prälaten beim Wechsel der Religion ihre Rechte und Güter
verlieren sollen.
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Die Landesherren dürfen fortan die Religion in ihrem Territorium
bestimmen (Cuius regio, eius religio
= "Wessen das Land, dessen der Glaube"). Wer die Religion nicht
annehmen will, muss auswandern.
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»Kirchengüter, die in protestantische Hand gekommen sind, sollen
protestantisch bleiben.
Außerdem verpflichtet die
»Reichsexekutionsordnung die Reichskreise zur Vollstreckung
kammergerichtlicher Urteile und zur Überwachung des »Landfriedens.
Die Behörden des Reiches lassen sich in der vorherrschenden dualistischen
Herrschaftsstruktur als eher kaiserliche oder eher reichsständische Behörden
auffassen.
Da dem Reich eine effektive Verwaltungsorganisation fehlt, wird es zur
Verbesserung der Verwaltung 1500 zunächst in sechs, später zehn »Kreise
eingeteilt: Bayern, Schwaben, Franken,
Oberrhein, Westfalen, Niedersachsen, Österreich, Obersachsen und Kurrhein.
Allerdings gelingt es ihnen nicht größere Bedeutung zu erlangen.
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An der Spitze jedes Kreises steht ein
»Kreisoberst, der allerdings keine obrigkeitlichen Kompetenzen
gegenüber den Landesherrn in seinem Kreis besitzt. Ihm beigeordnet ist der
»Kreistag, in dem die im Kreis existierenden
Reichsstände vertreten sind.
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Die Kreise sollen für die
Wahrung des Landfriedens sorgen, wie in der
»Reichsexekutionsordnung 1555 vorgesehen. Außerdem üben sie die
»Münzaufsicht
aus, sorgen für die Vollstreckung kammergerichtlicher
Urteile, verteilen Reichssteuern, die vom Reichstag bewilligt
werden und übernehmen die Verantwortung für »Truppenkontingente des
Reichsheeres.
(vgl.
Eckhardt/v. Rosen - v. Hoewel 1949, S.44ff.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
22.02.2024
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