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FAQs - Frequently Asked Questions

Was war das Reich eigentlich?

 
GESCHICHTE
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Deutsche Verfassungsgeschichte
Heiliges Römisches Reich (HRR) 919-1806
Überblick
 
Das Reich im Hochmittelalter (919-1256)
Das Reich in der frühen Neuzeit (1256-1806)

Wann immer vom Reich in der Zeit zwischen 919 und 1806 die Rede ist, drängt sich einem die Frage auf, was das eigentlich für ein Gebilde war, das fast 900 Jahre mit unterschiedlicher Größe, aber stets mitten in Europa existierte, geografisch mit dem Gebiet, was wir heute Deutschland nennen, zwar immer zu tun hat, aber längst nicht allein darauf beschränkt gewesen ist.

Ein Staat jedenfalls, so wir uns das heute vorstellen, war das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, für das sich über die Zeit hinweg aus unterschiedlichen Gründen auch andere Bezeichnungen entwickelten (Heiliges Römisches Reich, Altes Reich oder einfach auch Reich) nicht. Und auch der Begriff Staatenverbund trifft die Sache nicht, noch weniger ist es ein Bundesstaat. Und doch existiert dieses Reich in den Köpfen der Menschen ebenso wie in der Realität.  

Üblicherweise nähert man sich der Sache über verschiedene historische Landkarten von dem Zeitpunkt an, von dem an gewöhnlich von diesem Reich gesprochen wird. So bekommt man einen Eindruck davon, um welchen Raum es in Europa geht, wenn von dem Reich gesprochen wird.

Wie in der nachfolgenden Karte gut zu sehen ist, umfasst das Reich um das Jahr 1000 herum unter der »Herrscherdynastie ft der so genannten »Ottonen-Kaiser (919-1024) (»Otto I. (936–973, ab 962 als Kaiser), »Otto II. (Mitkönig 963, Mitkaiser 967, Alleinherrscher 973–983) und »Otto III.(983–1002, ab 996 als Kaiser) aus dem »sächsischen »Adelsgeschlecht der Liudolfinger) ein Gebiet, das weit über das heutige Deutschland hinausgeht. Die Ottonen regierten von 919 bis 1024, bis mit dem Tod »Heinrichs II.(1002–1024, ab 1014 als Kaiser) die männliche Linie der Dynastie ausgestorben war und die Königswürde nach ihnen auf das »ostfränkische Adelsgeschlecht der salischen Könige und Kaiser überging.


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Zwei Jahrhunderte danach, im späten Hochmittelalter um das Jahr 1250 herum zeigt die Karte unter den Kaisern aus dem Geschlecht der »Staufer ein Reich, das aus unzähligen größeren und kleineren weltlichen und geistlichen Herrschaftsgebieten besteht, in denen unterschiedliche feudale, d.h. in personenrechtlicher Beziehung zu einander stehende Herren über die große Mehrheit ihrer an den Grund und Boden ihres jeweiligen Herrn gebundenen Untertanen, die ihnen Abgaben zu leisten hatten und zu einer Vielzahl von Diensten und Arbeiten herangezogen wurden, ihre Herrschaft in einer angeblich von Gott gewollten Ordnung ausübten. Dieses Bild des Reiches als Ganzes hat seine Betrachterinnen und Betrachter dabei immer wieder an einen aus vielen bunten Stoffstreifen zusammengenähten »Flickenteppich. der in seine Form gewebt ist. Im übertragenen Sinne wird der Begriff bis heute immer wieder zur Bezeichnung einer besonders kleinteiligen Ordnung bzw. einer besonders stark fragmentierten Ganzheit, insbesondere auch für Kleinstaaterei. verwendet. Das trifft im Kern auch auf das Reich zu, das eben auch auf seine ganz besondere Weise eine übernationale, multiethnische Ganzheit darstellte, ohne ein Staat zu sein, wie wir ihn heute verstehen.

Im Falle des Alten Reiches muss man sich allerdings davor hüten, aus der bei solchem Kartenbetrachtung den Schluss zu ziehen, dem gesamten Gebilde jede Form von Staatlichkeit abzusprechen und die vielbeschworene "Kleinstaaterei" nur als strukturelle Schwäche dieses in zahllose Herrschaften untergliederten Reichs zu verstehen, wenn es darum geht, den Weg zum modernen Staat zu beschreiten. Denn in Europa gibt es keinen "Normalweg" (Schorn-Schütte 2009, S.98) zur Entstehung einer modernen Staatlichkeit, "an dem alle anderen Wege zu messen wären." (ebd.) Nicht immer führt er über die sukzessive Monopolisierung staatlicher Gewalt durch eine absolute, vom Gottesgnadentum legitimierte monarchisch-fürstliche Spitze, also salopp gesagt "ganz von oben", sondern auch über ▪ andere Wege mit weitaus mehr Akteuren. Und so ist Alte Reich auch in der rückschauenden Betrachtung kein "nur noch in unzähligen Einzelsouveränitäten zerfallenes Monstrum" (Burkhardt 2009, S.7), sondern ermöglicht "einen einzigartigen dritten Weg politischer Organisation"  (ebd., S.8) auf dem • Weg zu moderner Staatlichkeit

Trotzdem kann man das Reich kaum mit solchen solchen Begriffen und Kategorien beschreiben und verstehen, die aus unserem modernen Staats und Verfassungsverständnis stammen. Kategorien. Es war eben, wie Barbara Stollberg-Rilinger (2018, I. Kap) "kein Staat im heutigen Sinne des Wortes, aber auch kein Staatenbund. Es hatte keine systematische schriftliche Verfassung; es kannte keine Rechtsgleichheit, auch nicht als Ideal, nicht einmal ein Reichsbürgerrecht; es hatte kein geschlossenes Territorium mit festen Grenzen; es besaß keine souveräne höchste Gewalt, verfügte nicht über eine zentrale Exekutive, eine Bürokratie, ein stehendes Heer usw. – mit anderen Worten, ihm fehlte fast alles von dem, was moderne Staatlichkeit kennzeichnet. [...] Vielmehr war das Reich ein über die Jahrhunderte des Mittelalters allmählich gewachsenes Gebilde, ein lose integrierter politischer Verbund sehr unterschiedlicher Glieder, die unter einem gemeinsamen Oberhaupt, dem Kaiser, standen, dem sie in einem persönlichen Treueverhältnis verpflichtet waren. Die Kohärenz dieses Verbandes hatte im Laufe des Mittelalters eher ab- als zugenommen. Um die Wende zur Neuzeit, also um 1500, nahm dieser Verbund neue Formen an und bildete festere institutionelle Strukturen aus, die trotz erheblicher Belastungen und innerer Kriege drei Jahrhunderte Bestand hatten, die aber dennoch am Ende nicht verhindern konnten, dass das Reich sich unter dem Einfluss der Französischen Revolution selbst auflöste."

 
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Gert Egle. zuletzt bearbeitet am: 25.02.2024

 
 

 
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