Während der Weimarer Nationalversammlung entzündete sich eine heftige
Kontroverse über den
Versailler Vertrag.
Q 1
Reichskanzler Gustav
Bauer (22.8.1919)
„[…] Wenn (die Regierung) unter Vorbehalt unterzeichnet, so betont sie,
dass sie der Gewalt weicht, in dem Entschluss, dem unsagbar leidenden
deutschen Volk einen neuen Krieg, die Zerreißung seiner nationalen Einheit
durch weitere Besetzung deutschen Gebietes, entsetzliche Hungernot für
Frauen und Kinder und unbarmherzige längere Zurückhaltung der
Kriegsgefangenen ersparen […]
Wir legen […] größten Nachdruck auf die Erklärung, dass wir den Artikel
231 des Friedensvertrages, der von Deutschland fordert, sich als
alleinigen Urheber des Krieges zu bekennen, nicht annehmen können […].“
Q 2
Gröber (Zentrum)
„[…] Erstens. Der Frieden bringt Hunderttausende von Gefangenen in die
deutschen Familien alsbald zurück. […] Zweitens. Durch den Frieden wird
die Hungersnot beendigt. […] Drittens. Der Friede kann uns allein die
Möglichkeit eines wirtschaftlichen Wiederaufbaus für Deutschland bringen.
[…] Viertens bietet der Frieden auch die Möglichkeit, unsere deutsche
Einheit […] aufrechtzuerhalten [….].“
Q 3
Schiller (DDP)
„Im Gegensatz zu den beiden Herren Vorrednern habe ich dem Hohen Hause
mitzuteilen, dass die weitaus überwiegende Mehrheit meiner politischen
Freunde sich entschlossen hat, dem vorliegenden Friedensvorschlag […] ihre
Zustimmung zu versagen [….]. Wenn wir uns daran erinnern, wie der Sturm
ausbrach […], als der Ministerpräsident davon sprach, dass die Hand
verdorren müsse, die einen solchen Vertrag unterzeichne, da wussten wir,
das war ein echter Ton, der aus der Seele des Volkes kam […]“
Q 4
Dr. Graf von
Posadwosky-Wehner (DNVP)
„[…] Für uns ist dieser Vertrag aus vielen Gründen unannehmbar. Zunächst
aus militäri-schen Gründen. England, Amerika, die im Kriege die allgemeine
Wehrpflicht eingeführt haben, wollen uns jetzt […] zwingen, in Deutschland
die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen […].
An die Seite unserer Wehrlosmachung stellt sich der Landraub. Wir sollen
ein Gebiet ver-lieren in der Größe von etwa drei Viertel der Größe
Großbritanniens, mit einer Einwohnerzahl von etwa 8 Millionen. Vor allen
Dingen kommt hier Elsass-Lothringen in Betracht […].
(aus: Deutsche Parlamentsdebatten, hrsgg. V. D. Junker, Bd. 2,
Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuchverlag 1971, S. 35 ff.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.10.2023