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Q 1:
Aus dem Bericht eines
deutschen Zugführers (Mai 1916)
»Am 20. Mai abends erhält mein Zug und der zweite Zug den Befehl, durch
das Sperrfeuer auf Höhe 304 zu gelangen [...] gesamtes Tal vor 304 eine
Rauchwolke, ein Krachen, ein Bersten. Weg gibt's nicht. Granatloch neben
Granatloch! In einem eroberten Graben Leichen, Material, Maschinengewehre.
Granaten schlugen in naher und nächster Entfernung ein, furchtbar! [...]
Nach einer halben Stunde, fast im Laufschritt, gelangten wir, todmüdem
völlig erschöpft am Hang 304 an; hier massenhaft Leichen, Gestank, viel
fehlte nicht, ich wäre zusammengebrochen [...] Höhe 304 sieht ganz
unglaublich aus. Ehemaliger Wald wegrasiert, Trichter neben Trichter,
Leichen, Gräben, Gewehre, Helme in unzähliger Menge. Es ist ein grausiges
Schlachtfeld. Kalte Nacht im Graben."«
(aus: Dollinger, S. 220)Q 2:
Berichte des französischen Kommandanten von Fort Vaux,
Major Raynal
»2500 Meter von uns entfernt gräbt sich der Deutsche ein. Auf äußerste
Schussweite schießen unsere Maschinengewehre. Sie sind unsichtbar. Die
grauen Erdarbeiter werfen sich hin. Einige bleiben stehen und schauen sich
um, woher der Tod kommt. Doch unerschütterlich setzt man drüben seine
Arbeit fort. Wie auch der erhaltene Befehl lauten möge, der Deutsche führt
ihn aus, selbst wenn er sicher ist, dass er dabei fällt.«
(aus: Schneider/Haacke, S.230)
2. Juni 1916: »Wir halten noch. Aber [...] Entsatz ist dringend
erforderlich. Ich bitte um Mitteilung durch Blinkzeichen von Souville, das
unsere Signale nicht beantwortet. Dies ist meine letzte Brieftaube.«
(aus: Dollinger, S.222) Q 3:
Aus dem Brief eines
französischen Hauptmanns (April 1916)
»Ich bin hier mit 175 Mann angekommen und mit 34 zurückgekehrt, von denen
einige halb verrückt geworden sind. Jetzt befindet sich ein Zug von
kleinen Chasseuren an unserer Stelle. Das ist der nächste Gang; nicht
lange und es wird ein weiterer serviert werden, denn der Appetit des
Scheusals (die deutsche Artillerie) ist unersättlich [...] Meine armen
Bilfins, die halb verrückt geworden sind: wie sie mit ihren großen runden
Augen nicht mehr antworteten, wenn ich sie ansprach.«
(aus: Dollinger, S. 220) Q 4:
Feldpostbrief von Eugen Kopf
(26.12.1914)
»Liebe Eltern und Geschwister! Ich will euch heute mitteilen, da ich
doch weiß das ihr euch interessiert, wie und wo wir das Weihnachtsfest
feierten. Wie ich euch mitgeteilt habe waren wir in Werwick im Quartier.
Es war ein Restaurant als Wirtschaft, da war es ganz schön, abends ging es
lebhaft zu. Der Nachbar Peter kam mit der Zieharmonika und spielte eines
nach dem anderen. Da fühlte man sich mal wieder heimisch und konnte wieder
an einem Tisch aus dem Teller essen. Die 6 Tage waren bald vorüber und es
ging wieder in Stellung. Wir waren nachts 2.30 Uhr marschbereit, es ging
fort und wir kamen wieder glücklich von der Feuerlinie ins Quartier in
einen Hof bei Hollebeke. Hier ist die ganze Batterie untergebracht. Unser
Lager ist der Hausspeicher. Wir sind damit zufrieden, wenn wir nur unter
Dach sind, denn wir sind alles gewöhnt. Wir hatten schon Hitze, Kälte,
Hunger und Durst ertragen, zu Hause hätte man nicht geglaubt, daß man so
alles aushalten kann. Wenn man früher gesagt hätte, die Hosen 5 Monat Tag
und Nacht anzuhaben, da hätte man gesagt das kann man nicht. Das geht aber
alles. Liebe Eltern, heute ist das hohe Weihnachtsfest, aber bei uns merkt
man nicht so viel davon, denn das Traurigste ist, man hört kein Glöcklein
läuten. Auch habe ich bis jetzt seit Landau keine Glocke gehört. Unsere
Glocken im Kriege sind die Granaten. Heute war es etwas ruhiger. Der Feind
gab nur einige Schreckschüsse ab, auch Artilleriefeuer war weniger.
Gestern Abend war Bescherung in der Batterie, es war ganz schön. Jeder
erhielt ein kleines Weihnachtsgeschenk und einen Schoppen deutsches Bier,
das schmeckte mal wieder sehr gut. Wir sangen verschiedene
Weihnachtslieder und waren alle in fröhlicher Stimmung. Als die Bescherung
zu Ende war, gings in dem Jühö auf den Speicher weiter, dass der Schall
durch die Ziegelei in die freie Natur hallte. Heute am ersten Feiertag
wurde gefahren und gearbeitet wie immer. Auch ich war in der Feuerlinie am
Pferd, ich musste den Wagen mit Stacheldraht und Stricken vorfahren. Die
Infantriekugeln pfiffen mir am Kopf vorbei, ich wieder glücklich mit dem
Führer zurück. Es war abends 9 – 10 Uhr, mein Führer, ein Unteroffizier
gab mir sein Pferd in die Hand. Er legte sich, als es näher an die Front
ging wo die Geschosse pfiffen, flach vor lauter Angst in den Wagen, ich
machte mir dabei nichts daraus. Wenn die Herren zurück sind, machen sie
Sprüche und schließlich bekommen sie das eiserne Kreuz. Der Fahrer muß
sich natürlich auf den Pferden, wo es gefährlicher ist als im
Schützengraben, sitzen. Der hat es natürlich, wenn dann erst recht
verdient. Ich schreibe dies euch nur, damit ihr seht wie es geht, wie die
Herren das eiserne Kreuz erhalten.«
(aus: Kollmann, Walter und Loch, Herbert. Das Kgl. Bayer. 5.
Feldartillerie-Regiment König Alfons XIII. von Spanien. Erinnerungsblätter
Bayern 45. München, 1926. Sammlung Markus Schobert. Feldpostbriefe von
Eugen Kopf,
http://users.telenet.be/aok4/briefe/kopf.htm, 15..01.07 )
Q 5:
Aus Ernst Toller,
Eine Jugend in Deutschland
»Heute sind wir zehn Mann, morgen acht, zwei haben Granaten erwischt. Wir
begraben unsere Toten nicht [...] Wenn ich geduckt durch den Graben
schleiche, weiß ich nicht. ob ich an einem Toten oder einem Lebenden
vorübergehe. Hier haben Leichen und Lebende die gleichen graugelben
Gesichter [...] 300 Meter rechts von uns, im Hexenkessel, liegt an einem
Blockhaus, das 20 mal Besitz der Deutschen und 20 mal Besitz der Franzosen
war, ein Haufen Leichen. Ihre Körper sind ineinander verschlungen wie in
großer Umarmung." (in: Ernst Toller, Gesammelte Werke, Bd. 4, München
1978, S. 65)
Q 6:
Aus Briefen
französischer Soldaten (1916):
31. Mai 1916: »Seit vier Tagen und vier Nächten im Graben. Wie kann man
denn hier widerstehen! Wir leiden schrecklich unter Artilleriefeuer, und
was die Granaten am Tage zerstören, das muss man in der Nacht wieder
herstellen. Die 12 Kompanie hat nur 60 Leute! Und kein Wasser! Jeden
Augenblick gefechtsbereit und immer dieses Artilleriefeuer! Die Granaten,
die Granaten, es ist um toll zu werden! O dieser Tote Mann! Wie viele
Opfer hat dieser Fleck Erde schon gekostet! Und wie viele wird er noch
kosten! «
(aus: Schneider/Haacke, S. 228)
»Verdun ist schrecklich [...], weil hier der Mensch gegen Material kämpft,
und mit dem Gefühl, auf die leere Luft einzuschlagen. [...] O wie ich die
beneide, die mit aufgepflanztem Bajonett angreifen können, statt darauf zu
warten, von einer Granate begraben zu werden.«
»Wenn man von ferne das Pfeifen hörte, so zog sich der ganze Körper
zusammen, um der maßlos en Gewalt der Explosionswellen standzuhalten, und
jede Wiederholung war ein neuer Angriff, eine neue Erschöpfung, ein neues
Leiden [...]. Durch die Kugel zu sterben, scheint nicht schwer; dabei
bleiben Teile unseres Wesens unversehrt; aber zerrissen, in Stück gehackt,
zu Brei zerstampft zu werden, ist eine Angst, die das Fleisch nicht
ertragen kann, und hierin liegt im Grunde das große Leiden unter
Artilleriebeschuss.«
(aus: Dollinger, S. 223)
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