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Die Karlsschule - Textauswahl

Kunstunterricht

Gustav Hauber (1907)


GESCHICHTE
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
Die Karlsschule
Überblick
Kurzer Abriss der Geschichte
Die Schüler der Karlsschule
Erziehung und militärischer Drill
Lehr- und Unterrichtspraxis
Privatleben - Fehlanzeige
Ständische Ungleichheit
Umzug nach Stuttgart 1775
Textauswahl

"Der Kunstunterricht hat an der Karlsschule eine eigentümliche, vielfach unklare und wechselnde Stellung eingenommen und im Lauf der Jahre eine mannigfaltige Gestalt gehabt. Während er die Wurzel und den Ursprung der gesamten Schule bildet, ist er im Lauf der Jahre zu einem relativ untergeordneten Teil des Ganzen geworden, hat aber wiederum durch eine Reihe namhafter Künstler, die daraus hervorgegangen sind, ganz besonders dazu beigetragen, Namen und Ruhm der Schule auszubreiten und auf die Nachwelt zu bringen. [...]

Die am 5 . Februar 1770 aufgenommenen 'Garten- und Stukkatorknaben' waren, wie der Name sagt, bestimmt, für die Garten- und Stukkaturkunst ausgebildet zu werden, die bei den Bauten des Herzogs, besonders auf der Solitüde, dem Zeitgeschmack entsprechend eine große Rolle spielten; aber schon im ersten >Reglement findet sich der Beisatz: 'bis zu künftiger Errichtung einer Akademie', worunter, wie es scheint, eine Académie de dessin zu verstehen ist, für welche im Dezember 1770 Guibal einen Plan entwarf. In den nächsten Monaten wurde dann eine größere Zahl von Zöglingen aufgenommen mit der Bestimmung für Architektur, Malerei und Bildhauerkunst und auch für Musik, wobei zunächst offen gelassen wurde, ob sie für eine niedere oder höhere Stufe der betreffenden Kunst ausgebildet werden sollten. Es ist dies eine auch durch die spätere Zeit  dieser Kunstschule hindurchgehende Eigentümlichkeit, dass Zöglinge des Kunsthandwerks und der Kunst nicht streng geschieden waren; sie hängt damit zusammen, dass die Kunstzöglinge zum weitaus größten Teil unentgeltlich aufgenommene Söhne kleiner Leute, hauptsächlich niederer Bediensteter aller Art, waren, denen auf höhere Ausbildung an sich keinerlei Anspruch zustand, und die auch kein Recht hatten sich zu beklagen, wenn sie, was durch die ganze Zeit der Karlsschule mit allen Kunstschülern, auch den auf der höheren Stufe stehenden, geschah, handwerksmäßige Arbeiten für das Bedürfnis der herzoglichen Bauten, besonders in Hohenheim, und des herzoglichen Theaters leisten mussten. Hieraus erklärt sich auch ohne weiteres die sozial etwas untergeordnete Stellung, welche die Künstler der verschiedenen Zweige innerhalb der Karlsschule immer einnahmen. Wer nicht die entsprechende Begabung und Fleiß bewährte, blieb auf der niederen Stufe der Kunstübung stehen oder wurde einer andern Berufsausbildung zugeführt oder ganz entlassen; wer dagegen die nötige Befähigung und Eifer bewies, erhielt die höhere Ausbildung.

Während nun die neue Schule, wenn sie sich auf die niedere Kunstausübung beschränkt hätte, zu der Académie des arts in Ludwigsburg eine Art Ergänzung hätte bilden können, trat sie mit der Ausbildung zur höheren Kunst von selbst in Konkurrenz zu dieser Anstalt, die räumlich nahe genug gelegen war, dass keinesfalls beide selbständig nebeneinander bestehen konnten. Nun wurden, sobald auf der Solitüde ein einigermaßen höherer Kunstunterricht zu erteilen war, dazu Professoren der Académie des arts befohlen, und es wurde dadurch die neue Schule in diesem Zweig zur Filialschule der daneben fortbestehenden Ludwigsburger Akademie. Da aber die Karlsschule immer kräftiger aufblühte und immer mehr das Interesse und die Gunst des Herzogs auf sich zog, auch die Lehrer der Académie in immer größerem Umfang zum Unterricht an dieser Schule herangezogen wurden, wozu insbesondere auch Seeger mitwirkte, der der Ludwigsburger Akademie nicht geneigt gewesen sein soll, trat diese mehr und mehr zurück. Mit dem Umzug der Karlsschule nach Stuttgart siedelten auch die Lehrer der Académie des arts dahin über.

An der Karlsschule nahm nun der Kunstunterricht eine selbständige Entwicklung. Im Jahre 1771 wurde, ohne klare Abteilungsbildung für den Unterricht, ein Teil der Zöglinge unterrichtet in Gärtnerei, Bildhauerkunst, Stukkatorarbeit, Musik; 1772 in Architektur, Coupe de pierres, Gärtnerei, Bildhauerkunst, Malerei, Stukkatorarbeit, Verstecharbeit, Musik, Theatraltanz. 1773 tritt zu den 9 'Abteilungen' der Zöglinge hinzu als 'Anhang': 'Einteilung der Künstler: Reiter, Marmorierer, Tapezier, Friseur, Musik, Theatraltänzer, Architekts, Gärtner, Maler, Bildhauer, Stukkator, Schreiner'. Es ist bezeichnend, dass in demselben Jahr, in welchem die Schule die Bezeichnung Militärakademie und die Einteilung in feste Unterrichtsstunden erhalten hat, die 'Künstler als 'Anhang' behandelt werden und unter diesem Namen ein sehr verschiedenartiges Gemisch vereinigt wird. - Im Jahr 1774 bestehen dann neben den eigentlichen Abteilungen als besondere Gruppen: Jäger, Gärtner, Architekts, Maler und Bildhauer, Musiker, Tänzer. 1776, nach dem Einzug in Stuttgart, kommen bei den Künstlern hinzu die Kupferstecher mit einer eigenen Kupferstechanstalt und Kupferdruckerei, welche weiterhin eine künstlerisch wertvolle und auch pekuniär einträgliche Tätigkeit ausübte. Im Übrigen bleiben in diesem Jahr, wie in den weiteren Jahren bis 1782 neben den 'Abteilungen' die drei Gruppen: Künstler, Musiker, Tänzer. - Nach der Erhebung der Gesamtschule zur Hochschule wurde der Kunstunterricht als eigene Fakultät den übrigen angereiht unter der Bezeichnung 'Fakultät der freien Künste', auch 'Facultas artium' oder 'Collegium artium'. In dieser waren aber nur Architekten, Maler, Bildhauer, Kupferstecher - Lehrer und Schüler - vereinigt. [...] Die Musiker und Tänzer [...] wurden nicht zu der Fakultät gerechnet und bildeten fortan einen noch loseren Anhang der Schule als schon bisher, doch so, dass die Zöglinge nach wie vor in der Akademie wohnten und verpflegt und unterrichtet wurden.

Was die Zahl der Zöglinge betrifft, so herrscht keine gleichbleibende Regelmäßigkeit. Während 1773 die Gesamtzahl 165 beträgt, schwankt sie, nach Entlassung einer größeren Zahl zu den niederen Gewerben, von 1774-94 in den einzelnen Jahren zwischen 90 und 30; seit 1784 nimmt darunter die Zahl der Oppidaner ständig zu, während die Akademisten ungefähr im selben Verhältnis abnimmt, so dass in diesem Zeitraum im ganzen die Oppidaner etwas über die Hälfte ausmachen. Die Zahl der Künstler im engeren Sinn war in den Jahren, in welchen die innere Ordnung einigermaßen feststand, durchschnittlich etwa 25, die sich zu annähernd gleichen Teilen in die 4 Zweige: Architekten, Maler, Bildhauer (und Stukkatore) und Kupferstecher teilen, so dass diese Zweige in den einzelnen Jahren durchschnittlich etwa 6 Zöglinge zählen. Die Gesamtzahl derer, welche die Karlsschule für die bildenden Künste ausgebildet hat, beträgt etwa 100, davon ungefähr 25 Architekten, 25 Bildhauer (und Stukkatore), 30 Maler, 20 Kupferstecher.

Wie die Zahl der Zöglinge, so war auch ihre Studiendauer sehr verschieden. Es wurde auch seitens der Schulleitung ausdrücklich ausgesprochen, dass hierfür eine bestimmte Zeit nicht angegeben werden könne, da es ganz auf die Fortschritte der einzelnen ankomme. Dabei herrschte aber im ganzen die Tendenz, die Zöglinge möglichst lange an der Schule zu behalten, wo ihre Kräfte für den Hof und das Theater kostenlos ausgenützt werden konnten, während ihnen, wenn sie entlassen waren und weiterhin dienen sollten, ein - übrigens im Allgemeinen recht geringer - Lohn bezahlt werden musste.

Bezüglich der äußeren Ordnungen standen die Künstler den übrigen Akademisten gleich, so besonders auch bezüglich der Uniform; auch hinsichtlich der Verpflegung und Unterbringung und der allgemeinen Disziplinareinrichtungen waren sie von  diesen nicht geschieden, nur dass sie von den akademischen Orden dadurch, dass nur wissenschaftliche, nicht auch künstlerische Preise dabei gezählt wurden, tatsächlich ausgeschlossen waren, was dann wiederum in Verbindung mit den erwähnten allgemeinen Verhältnissen dazu beitragen mochte, sie als nicht vollwertige Glieder der Schule erscheinen zu lassen.

Der Unterricht, den die Künstler erhielten, teilt sich in den allgemein bildenden Unterricht und den spezifischen Fachunterricht. Die jungen Leute - von den zahlreichen, die in den ersten Jahren der Schule aufgenommen und bald wieder entlassen wurden, ist hie abgesehen - nahmen zunächst an dem allgemeinen Anfangsunterricht teil, bis sie für die betreffende Kunst 'ausgesucht' wurden, was in verschiedenem Alter, durchschnittlich etwa im 13. Lebensjahr, geschah; es mögen also wohl alle wenigstens den ersten Anfang einer höheren allgemeinen Bildung mit Latein, Französisch und den Realfächern sich angeeignet haben, selbstverständlich auch Religion, worin sämtliche Künstler während der ganzen Zeit der Zugehörigkeit zur Anstalt wöchentlich 2stündigen Unterricht durch den Religionsprofessor erhielten; [...] Außerdem ging dann neben den Fachstudien her, in wechselnden Stundenzahlen und auch nach Fächern und Kunstzweigen wechselnd, Unterricht in Schreiben und Zeichnen, Französisch und Italienisch, bei einzelnen auch Lateinisch und Griechisch, Geschichte und Geographie, Mathematik, Physik, Naturgeschichte, besonders Mineralogie und Osteologie, auch Tanzen durch die bekannten Lehrer dieser Fächer, ferner namentlich Moral von Abel, teilweise auch von diesem Schöne Wissenschaften und Briefstil. Die Geometrie wurde für die Tänzer auch unter dem speziellen Gesichtspunkt gelehrt, 'um die Figuren eines ganzen Balletts selbst beschreiben und ordnen zu lernen', was dann zuweilen auch 'Choreographie' und 'Choreographische Zeichnungen' genannt wurde. Für die Künstler im engeren Sinn kann dann als gemeinsamer theoretischer Unterricht höherer Stufe hinzu die Vorlesungen von B. Haug über Mythologie, auch Geschichte der Kunst und der Künstler, später mit verschiedenen Erweiterungen und Variationen: 'Über Allegorien mit Anwendung auf die Kunstaltertümer, nach seinem eigenen Entwurf'; seit 1784 'Götterlehre der Griechen und Römer nach eigenen gedruckten Tabellen' [...] Neben diesem Unterricht allgemein bildender Art ging dann in wechselnder Ausdehnung die fachliche Ausbildung her, die von den 48 Wochenstunden 12-28 umfasste [...]

In der Architektur war seit 1771 bis zur Aufhebung der Schule, also während ihrer ganzen Lebensdauer als Hauptlehrer tätig Fischer (Reinhard Ferdinand Friedrich, geb. 1746 zu Stuttgart), anfangs Leutnant und Kabinettsdessinateur, seit 1776 Hauptmann und Architekt, Lehrer der Architektur oder der 'Bürgerlichen Baukunst', auch der Architektonischen Zeichnungen und des Coup de pierres; Baumeister - außer vielen anderen Werken - bei der Herstellung des Akademiegebäudes für diese Bestimmung, dessen große Säle nach ihrer dekorativen Ausstattung ihm besonders zum Ruhme gereichten.

Neben ihm unterrichtete 1771-74 Hofwerkmeister Bernlacher in Verstecharbeit und Coup de pierre.
1778 wurde der bisherige Zögling der Anstalt Azel (auch tz geschrieben) (Joh. Jakob, geb. 154 zu Lohnsfeld in der Grafschaft Falkenstein/Pfalz, seit 1768 Zögling der Académie des arts, 1770 der Karlsschule) als Kabinettsdessinateur mit einem Lehrauftrag betraut in Zeichnen und Architektur und blieb weiterhin Lehrer der Zivilbaukunst 'nebst deren Zeichnungen', auch der Praktischen Geometrie, zuweilen auch für militärische und kameralistische Abteilungen, ferner der Perspektiv nach der Methode des Paters Pozzo. 1878 ging er als Bauinspektor nach Ansbach ab. Sein Nachfolger wurde Abriot (David Nikolas, geb. 1756 in Mömpelgard, 1771-79 Zögling der Anstalt, 1779 Kabinettsdessinateur), 1787 als Lehrer der Zivilbaukunst (teils nach eigenen Aufsätzen, teils nach Lorenz), des Architektonischen Zeichnens und der Perspektive (nach Pozzo) angestellt bis 1794; die ökonomischen Abteilungen unterrichtete er auch in 'Ökonomischer Baukunst'.

Die Malerei erhielt ihre Lehrkräfte anfangs von der Académie des arts in Ludwigsburg. Im Juli 1771 wurde als Lehrmeister an der Karlsschule angestellt der maître an der Académie Schlehauf (auch ee geschrieben) (Joh. Konrad, geb. 1739 zu Heslach); er war Maler und unterrichtete im Malen, doch nur in beschränkter Weise, sein eigentlicher Lehrauftrag war Zeichnen: 'freie Handzeichnungen', nach Originalien, nach Gips und nach der Natur, gelegentlich auch 'mathematische Zeichnungen', und zwar übte er diese Tätigkeit als Zeichenlehrer besonders auch an den Abteilungen der Nichtkünstler. 1783 wurde er auf Pension gesetzt und starb 1785. Eine selbständige Bedeutung als Künstler scheint er nicht gehabt zu haben, auch seine Lehrtätigkeit übte er unter Aufsicht von Guibal.

Die beherrschende Persönlichkeit, speziell in der Malerei, aber überhaupt war Guibal (Nikolas, geb. 1725 zu Lunéville, als Maler ausgebildet in Nancy und Paris; 1749 vom Herzog Karl als Dekorationsmaler nach Stuttgart berufen, 1752-56 mit Urlaub in Rom als Schüler von Raphael Menges; seit 1760 Direktor der Gemäldegalerie, 1761 Professor der Malerei an der Académie des arts). Seit 1772 beaufsichtigte und leitete er den Kunstunterricht an der Karlsschule, für dessen Einrichtung er verschiedene Entwürfe machte; seit 1774 hielt er Vorlesungen über Theorie der Künste in 2 Wochenstunden und führte die Leitung des Unterrichts in der Malerei; 1776 wurde er zum Professor an der Karlsschule ernannt und 1782 als ordentlicher Professor in die philosophische Fakultät aufgenommen.  Er starb 1784. Von seiner eigenen Tätigkeit als Maler - die hier nicht behandeln ist - bekamen die Säle der Karlsschule auf der Solitude und in Stuttgart wertvolle Proben in allegorischen Deckengemälden; auch was sonst Künstlerisches für die Karlsschule zu produzieren war, wurde von ihm geliefert; als Lehrer wie als Maler hat er zur Bedeutung und zum Ruhm der Karlsschule wesentlich beigetragen.

Neben Guibal und mehr unmittelbar als Lehrer der Malerei wirkte an der Karlsschule, und zwar während ihrer ganzen Lebensdauer, Harper (auch pp geschrieben) (Adolf Friedrich, geb. 1725 zu Berlin, nach 8jährigem Aufenthalt in Frankreich und Italien 2756 in württembergische Dienste gezogen, 1759 Hofmaler, 1784 Galeriedirektor). Als Professor (seit 1761) an der Académie des arts in Ludwigsburg erstreckte er weiterhin seine Tätigkeit auch an die Karlsschule und wurde 1787 an dieser als Professor angestellt. Er lehrte Zeichnen nach der Natur (bis 1787, wo Hetsch sein Nachfolger darin wurde) und besonders Landschaftsmalerei, worin er als Künstler, wiewohl ohne höhere Bedeutung, eine allgemeinere Geltung genoss; als Lehrer übte er, besonders auch wegen seines liebenswürdigen Wesens geschätzt, eine fruchtbare Wirksamkeit.
'Die übrigen Lehrer im Zeichnen und Malen waren - außer dem Theatermaler Scotti, der als Professor an der Académie des arts in den ersten Jahren von Ludwigsburg aus den Unterricht beeinflusste - Zöglinge der Karlsschule und also Schüler der genannten Lehrer, nämlich

Hetsch (Philipp Friedrich, geb. 1758 zu Stuttgart, 1773-80 Zögling der Karlsschule, 1780 zum Hofmaler ernannt, 1781-87 in Paris und Rom), 1787 als Professor angestellt mit dem Lehrauftrag für Zeichnen nach der Natur (als Nachfolger von Harper) und Historienmalerei, bis 1794.
Heideloff (Viktor Wilhelm Peter, geb. 1757 in Stuttgart, 1771-80 Zögling der Karlsschule, 1780 angestellt als Hof- und Theatermaler, 1782 -85 Paris und Rom), 1789 Professor an der Karlsschule bis 1794, wo er neben Harper und Hetsch im Zeichnen nach der Natur und im Malen unterrichtete.

In der Bildhauer- und Stukkaturkunst - welche an der Karlsschule immer in dieser Weise verbunden, aber auch auseinander gehalten wurden -, unterrichteten zuerst 1771 die maîtres an der Académie des arts Bauer (Adam, Schüler der Académie des arts, seit 1771 Hoffigurist, seit 1774 Professor und 1771-76 Sonnenschein (Joh. Valentin, geb. 1749 zu Stuttgart, seit 1771 Hofstukkator, später Professor, 1776 entlassen.
Außerdem hat anfangs von Ludwigsburg aus, dann in Stuttgart bis 1778 der Professor an der Académie des arts Lejeune den Unterricht beeinflusst, zeitweise wohl auch selbst erteilt, ohne aber, wie es scheint, an der Karlsschule selbst angestellt gewesen zu sein.

Die weiteren Lehrer dieses Fachs sind Zöglinge der Karlsschule, und zwar als erster Friederich (Joh. Gottlieb, geb. 1754 zu Stuttgart, 1770-78 Zögling der Karlsschule), im Dezember 1778 zum Hofstukkator ernannt und als Lehrer der Bildhauer- und Zeichnungskunst angestellt bis 1794. Neben dem Unterricht in der Bildhauerkunst war er hauptsächlich Lehrer im Freihandzeichnen für die nichtkünstlerischen Abteilungen.
Dannecker (Joh. Heinrich, geb. 1758 zu Stuttgart, 1771 Zögling der Karlsschule, anfangs zum Tänzer bestimmt, dann der Bildhauerei zugewiesen, 1780 zum Hofbildhauer ernannt, 1783-89 in Paris und Rom), 1790 als Professor der Bildhauerkunst angestellt bis 1794.

Scheffauer (Philipp Jakob, geb. 1756 zu Stuttgart, 1772-80 Zögling der Karlsschule, 1780, zugleich mit Dannecker zum Hofbildhauer ernannt, mit diesem auch 1783-89 in Paris und Rom und 1790 als Professor der Bildhauerkunst angestellt bis 1794.

An der Kupferstecherschule, die nach dem Einzug der Schule in Stuttgart gegründet wurde, war der Hauptlehrer Gotthard Müller (auch i geschrieben) (Joh. Gotthard, geb. 1747 zu Bernhausen, Gymnasium Stuttgart, 1764 Académie des arts, 1770 nach Paris gesandt, zur Erlernung der Kupferstechkunst unter Wille), 1776 als Professor der Kupferstechkunst angestellt bis 1794; er erteilte außer diesem Fach auch Unterricht in Zeichnen nach der Natur. Seine Kunst hat der Kupferdruckerei der Karlsschule und damit auch dieser selbst weitverbreitetes Ansehen verschafft; auch als Lehrer hat er eine bedeutende Wirkung geübt. [...]

Endlich hatte die Schule als Lehrer in der Gartenkunst Scheidlin (auch ai und e, en geschrieben) (Karl Wilhelm, geb. 1728 zu Karlsruhe, als Gärtner ausgebildet, 1747 Hofgärtner des Herzogs); seit 1771 erteilte er theoretischen und praktischen Unterricht in der Gartenkunst, auch mit Zeichnungen auf diesem Gebiet, bis 1791. Neben ihm war als Lehrer der Gartenkunst 1778-83 der Zögling der Karlsschule Hofgärtner Schreyer tätig.

Die gesamte Kunstabteilung der Karlsschule hat bleibende Werke hinterlassen in den Schöpfungen ihrer Lehrer: Fischer, Guibal, Harper, Gotthard Müller, und in deren ihrer Schüler, die zugleich Lehrer an der Schule wurden: Hetsch, Heideloff, Dannecker, Scheffauer, Leybold, wozu als Architekt etwa Thouret, als namhafte Maler Wächter, Koch, Hartmann und Schick beizufügen sind. Dabei ist in der Malerei und Bildhauerei zu bemerken, dass die Lehrer mehr der Baraock- und Rokokorichtung zugehörten, während die Schüler eine klassizistische Richtung vertreten. Als Künstler hohen Rang wird freilich nur Dannecker anerkannt werden können; aber in den mittleren Stufen nehmen die andern genannten einen ehrenvollen Platz ein und beweisen, wie dies auch aus dem über den Unterrichtsbetrieb Überkommenen hervorgeht, dass in der Schule ein energischer, edler, nach den höchsten Zielen strebender Eifer herrschte. Das Land Württemberg jedenfalls, das, seit langer Zeit eigener Künstler bar, nur aus dem Auslande solche bezogen hatte, ist durch sie Stätte eigener, auf der Höhe der Zeit stehender Kunstübung geworden, und aus dem Mittelpunkt des Landes ist dadurch Sinn, Interesse und tätige Teilnahme für Kunst wieder wachgerufen worden. Und vom allgemeinen Unterrichts- und Kulturstandpunkt bleibt es eine überaus merkwürdige, in ihrer Art einzig dastehende Erscheinung, dass an einer und derselben Lehranstalt neben den anderen akademischen Ausbildungszweigen die bildenden Künste eine gleichberechtigte Stelle einnahmen, dass namentlich an einer anerkannten Hochschule eine Künstlerfakultät gleichberechtigt sich den alten Fakultäten anreihte. Dass diese Verbindung, welche eine bedeutsame Huldigung für den Adel der Kunst darstellt, auch für die Beteiligten selbst von vorteilhafter Wirkung war, ist unverkennbar: die Kunstzöglinge wurden teils durch den höheren Unterricht, an dem sie teilnahmen, teils durch den engen Verkehr mit den übrigen Akademisten in den wissenschaftlich-philosophischen Geist eingeführt, der freieren, weiteren, höheren Blick verlieh; und andererseits wurden auch die übrigen Zöglinge in das Interesse für die Kunst in den verschiedensten Richtungen und in deren Verständnis und Wertschätzung eingeführt und daran gewöhnt, die Dinge nicht nur von der wissenschaftlich-intellektuellen Seite, sondern auch von der künstlerisch-ästhetischen, von der des Geschmacks zu betrachten."

(aus: Hauber 1907/1909, S.100-106, leicht gekürzt)

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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 10.09.2023

   
   Arbeitsanregungen
  1. Arbeiten Sie heraus, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen der Kunstunterricht an der Karlsschule stattgefunden hat.
  2. Welche Ziele verfolgt der Kunstunterricht in Württemberg? - Wie beurteilen Sie diese?
  3. Vergleichen Sie die Ziele und Unterrichtspraxis mit heute.
   
 

 
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