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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Die Karlsschule
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Überblick
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Kurzer Abriss der Geschichte
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Die
Schüler der Karlsschule
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Erziehung und militärischer Drill
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Lehr- und Unterrichtspraxis
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Privatleben - Fehlanzeige
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Ständische Ungleichheit
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Umzug nach Stuttgart 1775
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Textauswahl
"Der Kunstunterricht hat an der Karlsschule
eine eigentümliche, vielfach unklare und wechselnde Stellung eingenommen und
im Lauf der Jahre eine mannigfaltige Gestalt gehabt. Während er die Wurzel
und den Ursprung der gesamten Schule bildet, ist er im Lauf der Jahre zu
einem relativ untergeordneten Teil des Ganzen geworden, hat aber wiederum
durch eine Reihe namhafter Künstler, die daraus hervorgegangen sind, ganz
besonders dazu beigetragen, Namen und Ruhm der Schule auszubreiten und auf
die Nachwelt zu bringen. [...]
Die am 5 . Februar 1770 aufgenommenen 'Garten- und Stukkatorknaben' waren,
wie der Name sagt, bestimmt, für die Garten- und Stukkaturkunst ausgebildet
zu werden, die bei den Bauten des Herzogs, besonders auf der Solitüde, dem
Zeitgeschmack entsprechend eine große Rolle spielten; aber schon im ersten
>Reglement findet sich der Beisatz: 'bis zu künftiger Errichtung einer
Akademie', worunter, wie es scheint, eine
Académie de dessin zu verstehen ist, für welche im Dezember 1770
Guibal einen Plan entwarf. In den nächsten Monaten
wurde dann eine größere Zahl von Zöglingen aufgenommen mit der Bestimmung
für Architektur, Malerei und Bildhauerkunst und auch für Musik, wobei
zunächst offen gelassen wurde, ob sie für eine niedere oder höhere Stufe der
betreffenden Kunst ausgebildet werden sollten. Es ist dies eine auch durch
die spätere Zeit dieser Kunstschule hindurchgehende Eigentümlichkeit,
dass Zöglinge des Kunsthandwerks und der Kunst nicht streng geschieden
waren; sie hängt damit zusammen, dass die Kunstzöglinge zum weitaus größten
Teil unentgeltlich
aufgenommene Söhne kleiner Leute, hauptsächlich niederer Bediensteter
aller Art, waren, denen auf höhere Ausbildung an sich keinerlei Anspruch
zustand, und die auch kein Recht hatten sich zu beklagen, wenn sie, was
durch die ganze Zeit der Karlsschule mit allen Kunstschülern, auch den auf
der höheren Stufe stehenden, geschah,
handwerksmäßige Arbeiten für das Bedürfnis der herzoglichen Bauten,
besonders in Hohenheim, und des herzoglichen Theaters leisten mussten.
Hieraus erklärt sich auch ohne weiteres die
sozial etwas untergeordnete
Stellung, welche die Künstler der verschiedenen Zweige innerhalb der
Karlsschule immer einnahmen. Wer nicht die entsprechende Begabung und Fleiß
bewährte, blieb auf der niederen Stufe der Kunstübung stehen oder wurde
einer andern Berufsausbildung zugeführt oder ganz entlassen; wer dagegen die
nötige Befähigung und Eifer bewies, erhielt die höhere Ausbildung.
Während nun die neue Schule, wenn sie sich auf die niedere Kunstausübung
beschränkt hätte, zu der Académie des arts
in Ludwigsburg eine Art Ergänzung hätte bilden können, trat sie mit der
Ausbildung zur höheren Kunst von selbst in Konkurrenz zu dieser Anstalt, die
räumlich nahe genug gelegen war, dass keinesfalls beide selbständig
nebeneinander bestehen konnten. Nun wurden, sobald auf der Solitüde ein
einigermaßen höherer Kunstunterricht zu erteilen war, dazu Professoren der
Académie des arts befohlen, und es wurde dadurch die neue Schule in
diesem Zweig zur Filialschule der daneben
fortbestehenden Ludwigsburger Akademie. Da aber die Karlsschule immer
kräftiger aufblühte und immer mehr das Interesse und die Gunst des Herzogs
auf sich zog, auch die Lehrer der Académie in immer größerem Umfang
zum Unterricht an dieser Schule herangezogen wurden, wozu insbesondere auch
Seeger mitwirkte, der der Ludwigsburger Akademie nicht geneigt gewesen sein
soll, trat diese mehr und mehr zurück. Mit dem Umzug der Karlsschule nach
Stuttgart siedelten auch die Lehrer der Académie des arts dahin über.
An der Karlsschule nahm nun der Kunstunterricht eine selbständige
Entwicklung. Im Jahre 1771 wurde, ohne klare Abteilungsbildung für den
Unterricht, ein Teil der Zöglinge unterrichtet in Gärtnerei,
Bildhauerkunst,
Stukkatorarbeit, Musik; 1772 in Architektur,
Coupe de pierres, Gärtnerei,
Bildhauerkunst, Malerei, Stukkatorarbeit, Verstecharbeit, Musik,
Theatraltanz. 1773 tritt zu den 9 'Abteilungen'
der Zöglinge hinzu als 'Anhang': 'Einteilung der Künstler: Reiter,
Marmorierer, Tapezier,
Friseur, Musik, Theatraltänzer, Architekts, Gärtner,
Maler, Bildhauer, Stukkator, Schreiner'. Es ist bezeichnend, dass in
demselben Jahr, in welchem die Schule die Bezeichnung Militärakademie und
die Einteilung in feste Unterrichtsstunden erhalten hat, die 'Künstler als
'Anhang' behandelt werden und unter diesem Namen ein sehr verschiedenartiges
Gemisch vereinigt wird. - Im Jahr 1774 bestehen dann neben den eigentlichen
Abteilungen als besondere Gruppen: Jäger, Gärtner, Architekts, Maler und
Bildhauer, Musiker, Tänzer. 1776, nach dem Einzug in
Stuttgart, kommen bei den Künstlern hinzu die
Kupferstecher mit einer eigenen Kupferstechanstalt und Kupferdruckerei,
welche weiterhin eine künstlerisch wertvolle und auch pekuniär einträgliche
Tätigkeit ausübte. Im Übrigen bleiben in diesem Jahr, wie in den weiteren
Jahren bis 1782 neben den 'Abteilungen' die drei Gruppen: Künstler, Musiker,
Tänzer. - Nach der Erhebung der Gesamtschule zur Hochschule wurde der
Kunstunterricht als eigene Fakultät den übrigen angereiht unter der
Bezeichnung 'Fakultät der freien Künste',
auch 'Facultas artium' oder 'Collegium
artium'. In dieser waren aber nur Architekten, Maler, Bildhauer,
Kupferstecher - Lehrer und Schüler - vereinigt. [...] Die
Musiker und Tänzer [...] wurden nicht zu
der Fakultät gerechnet und bildeten fortan einen noch loseren Anhang der
Schule als schon bisher, doch so, dass die Zöglinge nach wie vor in der
Akademie wohnten und verpflegt und unterrichtet wurden.
Was die Zahl der Zöglinge betrifft,
so herrscht keine gleichbleibende Regelmäßigkeit. Während 1773 die
Gesamtzahl 165 beträgt, schwankt sie, nach Entlassung einer größeren Zahl zu
den niederen Gewerben, von 1774-94 in den einzelnen Jahren zwischen 90 und
30; seit 1784 nimmt darunter die Zahl der Oppidaner ständig zu, während die
Akademisten ungefähr im selben Verhältnis abnimmt, so dass in diesem
Zeitraum im ganzen die Oppidaner etwas über die Hälfte ausmachen. Die Zahl
der Künstler im engeren Sinn war in den Jahren, in welchen die innere
Ordnung einigermaßen feststand, durchschnittlich etwa 25, die sich zu
annähernd gleichen Teilen in die 4 Zweige: Architekten, Maler, Bildhauer
(und Stukkatore) und Kupferstecher teilen, so dass diese Zweige in den
einzelnen Jahren durchschnittlich etwa 6 Zöglinge zählen. Die Gesamtzahl
derer, welche die Karlsschule für die bildenden Künste ausgebildet hat,
beträgt etwa 100, davon ungefähr 25 Architekten, 25 Bildhauer (und
Stukkatore), 30 Maler, 20 Kupferstecher.
Wie die Zahl der Zöglinge, so war auch ihre
Studiendauer sehr verschieden. Es wurde auch seitens der
Schulleitung ausdrücklich ausgesprochen, dass hierfür eine bestimmte Zeit
nicht angegeben werden könne, da es ganz auf die Fortschritte der einzelnen
ankomme. Dabei herrschte aber im ganzen die Tendenz, die Zöglinge möglichst
lange an der Schule zu behalten, wo ihre Kräfte für den Hof und das Theater
kostenlos ausgenützt werden konnten, während ihnen, wenn sie entlassen waren
und weiterhin dienen sollten, ein - übrigens im Allgemeinen recht geringer -
Lohn bezahlt werden musste.
Bezüglich der äußeren Ordnungen
standen die Künstler den übrigen Akademisten gleich, so besonders auch
bezüglich der Uniform; auch hinsichtlich der Verpflegung und Unterbringung
und der allgemeinen Disziplinareinrichtungen waren sie von diesen
nicht geschieden, nur dass sie von den akademischen Orden dadurch, dass nur
wissenschaftliche, nicht auch künstlerische Preise dabei gezählt wurden,
tatsächlich ausgeschlossen waren, was dann wiederum in Verbindung mit den
erwähnten allgemeinen Verhältnissen dazu beitragen mochte, sie
als nicht vollwertige
Glieder der Schule erscheinen zu lassen.
Der Unterricht, den die Künstler erhielten, teilt sich in den allgemein
bildenden Unterricht und den spezifischen Fachunterricht. Die jungen Leute -
von den zahlreichen, die in den ersten Jahren der Schule aufgenommen und
bald wieder entlassen wurden, ist hie abgesehen - nahmen zunächst an dem
allgemeinen Anfangsunterricht teil, bis sie für die betreffende Kunst
'ausgesucht' wurden, was in verschiedenem Alter, durchschnittlich etwa im
13. Lebensjahr, geschah; es mögen also wohl alle wenigstens den ersten
Anfang einer höheren allgemeinen Bildung mit Latein, Französisch und den
Realfächern sich angeeignet haben, selbstverständlich auch Religion, worin
sämtliche Künstler während der ganzen Zeit der Zugehörigkeit zur Anstalt
wöchentlich 2stündigen Unterricht durch den Religionsprofessor erhielten;
[...] Außerdem ging dann neben den Fachstudien her, in wechselnden
Stundenzahlen und auch nach Fächern und Kunstzweigen wechselnd, Unterricht
in Schreiben und Zeichnen, Französisch und Italienisch, bei einzelnen auch
Lateinisch und Griechisch, Geschichte und Geographie, Mathematik, Physik,
Naturgeschichte, besonders Mineralogie und Osteologie, auch Tanzen durch die
bekannten Lehrer dieser Fächer, ferner namentlich Moral von
Abel, teilweise auch von diesem Schöne Wissenschaften und Briefstil. Die
Geometrie wurde für die Tänzer auch unter dem speziellen Gesichtspunkt
gelehrt, 'um die Figuren eines ganzen Balletts selbst beschreiben und ordnen
zu lernen', was dann zuweilen auch 'Choreographie'
und 'Choreographische Zeichnungen'
genannt wurde. Für die Künstler im engeren Sinn kann dann als gemeinsamer
theoretischer Unterricht höherer Stufe hinzu die Vorlesungen von
B. Haug über Mythologie, auch Geschichte der Kunst und der Künstler,
später mit verschiedenen Erweiterungen und Variationen: 'Über Allegorien mit
Anwendung auf die Kunstaltertümer, nach seinem eigenen Entwurf'; seit 1784
'Götterlehre der Griechen und Römer nach eigenen gedruckten Tabellen' [...]
Neben diesem Unterricht allgemein bildender Art ging dann in wechselnder
Ausdehnung die fachliche Ausbildung her, die von den 48 Wochenstunden 12-28
umfasste [...]
In der
Architektur war seit 1771 bis zur Aufhebung der Schule, also während
ihrer ganzen Lebensdauer als Hauptlehrer tätig Fischer
(Reinhard Ferdinand Friedrich, geb. 1746 zu Stuttgart), anfangs
Leutnant und Kabinettsdessinateur, seit 1776 Hauptmann und Architekt, Lehrer
der Architektur oder der 'Bürgerlichen Baukunst', auch der Architektonischen
Zeichnungen und des Coup de pierres;
Baumeister - außer vielen anderen Werken - bei der Herstellung des
Akademiegebäudes für diese Bestimmung, dessen große Säle nach ihrer
dekorativen Ausstattung ihm besonders zum Ruhme gereichten.
Neben ihm unterrichtete 1771-74 Hofwerkmeister
Bernlacher in Verstecharbeit und Coup de pierre.
1778 wurde der bisherige Zögling der Anstalt Azel
(auch tz geschrieben) (Joh. Jakob, geb. 154 zu Lohnsfeld in der Grafschaft
Falkenstein/Pfalz, seit 1768 Zögling der Académie des arts, 1770 der
Karlsschule) als Kabinettsdessinateur mit einem Lehrauftrag betraut in
Zeichnen und Architektur und blieb weiterhin Lehrer der Zivilbaukunst 'nebst
deren Zeichnungen', auch der Praktischen Geometrie, zuweilen auch für
militärische und kameralistische Abteilungen, ferner der Perspektiv nach der
Methode des Paters Pozzo. 1878 ging er als Bauinspektor nach Ansbach ab.
Sein Nachfolger wurde Abriot (David Nikolas,
geb. 1756 in Mömpelgard, 1771-79 Zögling der Anstalt, 1779
Kabinettsdessinateur), 1787 als Lehrer der Zivilbaukunst (teils nach eigenen
Aufsätzen, teils nach Lorenz), des Architektonischen Zeichnens und der
Perspektive (nach Pozzo) angestellt bis 1794; die ökonomischen Abteilungen
unterrichtete er auch in 'Ökonomischer Baukunst'.
Die Malerei
erhielt ihre Lehrkräfte anfangs von der Académie des arts in
Ludwigsburg. Im Juli 1771 wurde als Lehrmeister an der Karlsschule
angestellt der maître an der Académie
Schlehauf (auch ee geschrieben) (Joh. Konrad,
geb. 1739 zu Heslach); er war Maler und unterrichtete im Malen, doch nur in
beschränkter Weise, sein eigentlicher Lehrauftrag war Zeichnen: 'freie
Handzeichnungen', nach Originalien, nach Gips und nach der Natur,
gelegentlich auch 'mathematische Zeichnungen', und zwar übte er diese
Tätigkeit als Zeichenlehrer besonders auch an den Abteilungen der
Nichtkünstler. 1783 wurde er auf Pension gesetzt und starb 1785. Eine
selbständige Bedeutung als Künstler scheint er nicht gehabt zu haben, auch
seine Lehrtätigkeit übte er unter Aufsicht von Guibal.
Die beherrschende Persönlichkeit, speziell in der Malerei, aber überhaupt
war Guibal (Nikolas, geb. 1725 zu Lunéville, als
Maler ausgebildet in Nancy und Paris; 1749 vom Herzog Karl als
Dekorationsmaler nach Stuttgart berufen, 1752-56 mit Urlaub in Rom als
Schüler von Raphael Menges; seit 1760 Direktor
der Gemäldegalerie, 1761 Professor der Malerei an der Académie des arts).
Seit 1772 beaufsichtigte und leitete er den Kunstunterricht an der
Karlsschule, für dessen Einrichtung er verschiedene Entwürfe machte; seit
1774 hielt er Vorlesungen über Theorie der Künste in 2 Wochenstunden und
führte die Leitung des Unterrichts in der Malerei; 1776 wurde er zum
Professor an der Karlsschule ernannt und 1782 als ordentlicher Professor in
die philosophische Fakultät aufgenommen. Er starb 1784. Von seiner
eigenen Tätigkeit als Maler - die hier nicht behandeln ist - bekamen die
Säle der Karlsschule auf der Solitude und in Stuttgart wertvolle Proben in
allegorischen Deckengemälden;
auch was sonst Künstlerisches für die Karlsschule zu produzieren war, wurde
von ihm geliefert; als Lehrer wie als Maler hat er zur Bedeutung und zum
Ruhm der Karlsschule wesentlich beigetragen.
Neben Guibal und mehr unmittelbar als Lehrer der Malerei wirkte an der
Karlsschule, und zwar während ihrer ganzen Lebensdauer,
Harper (auch pp geschrieben) (Adolf Friedrich,
geb. 1725 zu Berlin, nach 8jährigem Aufenthalt in Frankreich und Italien
2756 in württembergische Dienste gezogen, 1759 Hofmaler, 1784
Galeriedirektor). Als Professor (seit 1761) an der Académie des arts
in Ludwigsburg erstreckte er weiterhin seine Tätigkeit auch an die
Karlsschule und wurde 1787 an dieser als Professor angestellt. Er lehrte
Zeichnen nach der Natur (bis 1787, wo Hetsch sein Nachfolger darin wurde)
und besonders Landschaftsmalerei, worin er als Künstler, wiewohl ohne höhere
Bedeutung, eine allgemeinere Geltung genoss; als Lehrer übte er, besonders
auch wegen seines liebenswürdigen Wesens geschätzt, eine fruchtbare
Wirksamkeit.
'Die übrigen Lehrer im Zeichnen und Malen waren - außer dem Theatermaler
Scotti, der als Professor an der Académie des arts in den ersten Jahren von
Ludwigsburg aus den Unterricht beeinflusste - Zöglinge der Karlsschule und
also Schüler der genannten Lehrer, nämlich
Hetsch (Philipp Friedrich, geb. 1758 zu
Stuttgart, 1773-80 Zögling der Karlsschule, 1780 zum Hofmaler ernannt,
1781-87 in Paris und Rom), 1787 als Professor angestellt mit dem Lehrauftrag
für Zeichnen nach der Natur (als Nachfolger von Harper) und
Historienmalerei, bis 1794.
Heideloff (Viktor Wilhelm Peter, geb. 1757
in Stuttgart, 1771-80 Zögling der Karlsschule, 1780 angestellt als Hof- und
Theatermaler, 1782 -85 Paris und Rom), 1789 Professor an der Karlsschule bis
1794, wo er neben Harper und Hetsch im Zeichnen nach der Natur und im Malen
unterrichtete.
In der
Bildhauer- und Stukkaturkunst
- welche an der Karlsschule immer in dieser Weise verbunden, aber auch
auseinander gehalten wurden -, unterrichteten zuerst 1771 die maîtres an der
Académie des arts Bauer (Adam, Schüler der
Académie des arts, seit 1771 Hoffigurist, seit 1774 Professor und 1771-76
Sonnenschein (Joh. Valentin, geb. 1749 zu
Stuttgart, seit 1771 Hofstukkator, später Professor, 1776 entlassen.
Außerdem hat anfangs von Ludwigsburg aus, dann in Stuttgart bis 1778 der
Professor an der Académie des arts Lejeune
den Unterricht beeinflusst, zeitweise wohl auch selbst erteilt, ohne aber,
wie es scheint, an der Karlsschule selbst angestellt gewesen zu sein.
Die weiteren Lehrer dieses Fachs sind Zöglinge der Karlsschule, und zwar als
erster Friederich (Joh. Gottlieb, geb. 1754
zu Stuttgart, 1770-78 Zögling der Karlsschule), im Dezember 1778 zum
Hofstukkator ernannt und als Lehrer der Bildhauer- und Zeichnungskunst
angestellt bis 1794. Neben dem Unterricht in der Bildhauerkunst war er
hauptsächlich Lehrer im Freihandzeichnen für die nichtkünstlerischen
Abteilungen.
Dannecker (Joh. Heinrich, geb. 1758 zu
Stuttgart, 1771 Zögling der Karlsschule, anfangs zum Tänzer bestimmt, dann
der Bildhauerei zugewiesen, 1780 zum Hofbildhauer ernannt, 1783-89 in Paris
und Rom), 1790 als Professor der Bildhauerkunst angestellt bis 1794.
Scheffauer (Philipp Jakob, geb. 1756 zu
Stuttgart, 1772-80 Zögling der Karlsschule, 1780, zugleich mit Dannecker zum
Hofbildhauer ernannt, mit diesem auch 1783-89 in Paris und Rom und 1790 als
Professor der Bildhauerkunst angestellt bis 1794.
An der Kupferstecherschule, die nach dem
Einzug der Schule in Stuttgart gegründet wurde, war der Hauptlehrer Gotthard
Müller (auch i geschrieben) (Joh. Gotthard,
geb. 1747 zu Bernhausen, Gymnasium Stuttgart, 1764 Académie des arts,
1770 nach Paris gesandt, zur Erlernung der Kupferstechkunst unter Wille),
1776 als Professor der Kupferstechkunst angestellt bis 1794; er erteilte
außer diesem Fach auch Unterricht in Zeichnen nach der Natur. Seine Kunst
hat der Kupferdruckerei der Karlsschule und damit auch dieser selbst
weitverbreitetes Ansehen verschafft; auch als Lehrer hat er eine bedeutende
Wirkung geübt. [...]
Endlich hatte die Schule als Lehrer in der
Gartenkunst
Scheidlin (auch ai und e, en geschrieben) (Karl Wilhelm, geb. 1728
zu Karlsruhe, als Gärtner ausgebildet, 1747 Hofgärtner des Herzogs); seit
1771 erteilte er theoretischen und praktischen Unterricht in der
Gartenkunst, auch mit Zeichnungen auf diesem Gebiet, bis 1791. Neben ihm war
als Lehrer der Gartenkunst 1778-83 der Zögling der Karlsschule Hofgärtner
Schreyer tätig.
Die
gesamte Kunstabteilung der
Karlsschule hat bleibende Werke hinterlassen in den Schöpfungen
ihrer Lehrer: Fischer, Guibal, Harper, Gotthard Müller, und in deren ihrer
Schüler, die zugleich Lehrer an der Schule wurden: Hetsch, Heideloff,
Dannecker, Scheffauer, Leybold, wozu als Architekt etwa
Thouret, als namhafte Maler Wächter, Koch, Hartmann und Schick
beizufügen sind. Dabei ist in der Malerei und Bildhauerei zu bemerken, dass
die Lehrer mehr der Baraock- und Rokokorichtung zugehörten, während die
Schüler eine klassizistische Richtung vertreten. Als Künstler hohen Rang
wird freilich nur Dannecker anerkannt werden können; aber in den mittleren
Stufen nehmen die andern genannten einen ehrenvollen Platz ein und beweisen,
wie dies auch aus dem über den Unterrichtsbetrieb Überkommenen hervorgeht,
dass in der Schule ein energischer, edler, nach den höchsten Zielen
strebender Eifer herrschte. Das Land Württemberg jedenfalls, das, seit
langer Zeit eigener Künstler bar, nur aus dem Auslande solche bezogen hatte,
ist durch sie Stätte eigener, auf der Höhe der Zeit stehender Kunstübung
geworden, und aus dem Mittelpunkt des Landes ist dadurch Sinn, Interesse und
tätige Teilnahme für Kunst wieder wachgerufen worden. Und vom allgemeinen
Unterrichts- und Kulturstandpunkt bleibt es eine überaus merkwürdige, in
ihrer Art einzig dastehende Erscheinung, dass an einer und derselben
Lehranstalt neben den anderen akademischen Ausbildungszweigen die bildenden
Künste eine gleichberechtigte Stelle einnahmen, dass namentlich an einer
anerkannten Hochschule eine Künstlerfakultät gleichberechtigt sich den alten
Fakultäten anreihte. Dass diese Verbindung, welche eine bedeutsame Huldigung
für den Adel der Kunst darstellt, auch für die Beteiligten selbst von
vorteilhafter Wirkung war, ist unverkennbar: die Kunstzöglinge wurden teils
durch den höheren Unterricht, an dem sie teilnahmen, teils durch den engen
Verkehr mit den übrigen Akademisten in den wissenschaftlich-philosophischen
Geist eingeführt, der freieren, weiteren, höheren Blick verlieh; und
andererseits wurden auch die übrigen Zöglinge in das Interesse für die Kunst
in den verschiedensten Richtungen und in deren Verständnis und Wertschätzung
eingeführt und daran gewöhnt, die Dinge nicht nur von der
wissenschaftlich-intellektuellen Seite, sondern auch von der
künstlerisch-ästhetischen, von der des Geschmacks zu betrachten."
(aus:
Hauber 1907/1909, S.100-106, leicht gekürzt)
(im Fettdruck hervorgehobene Wörter und Textpassagen im
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Die Karlsschule
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Überblick
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Kurzer Abriss der Geschichte
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Die
Schüler der Karlsschule
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Erziehung und militärischer Drill
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Lehr- und Unterrichtspraxis
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Privatleben - Fehlanzeige
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Ständische Ungleichheit
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Umzug nach Stuttgart 1775
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023