Aufklärung war ursprünglich ein Begriff, der "eine rationale
Operation (bezeichnet), die – als ›Aufklärung
des Verstandes‹ – zur Klärung von Begriffen, Behebung von
Unwissenheit usw. führen soll (rationalistischer
Aufklärungsbegriff); dann aber bezeichnet Aufklärung auch
e ine emanzipative Aktion, die – z. B.
als ›Ausgang
aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit‹ – zur Befreiung von
Fesseln aller Art führen soll (emanzipatorischer
Aufklärungsbegriff). Entsprechend heißt auch die geschichtliche
Bewegung, die mehr oder weniger programmatisch auf solche Aufklärung im
systematischen Sinne des Wortes abzielte, Aufklärung im
historischen Sinne des Wortes; und da sie wesentlich ins 18. Jahrhundert
fällt, heißt dieses (mit einer gewissen zeitlichen Unschärfe) das ›Zeitalter
der Aufklärung‹." (Schneiders
1997/42008, S.7)
Der Aufklärungsbegriff
kann dabei als "doppelter
Reflexionsbegriff" (Meyer 2018,
S.13 )aufgefasst werden. Auf der einen Seite beschreibt er einen
Wahrnehmungswandel, der Gott und die Welt nicht mehr durch die Brille
religiös verordneter Wahrnehmungs- und Erklärungsschemata betrachtet.
Auf der anderen Seite steht er seit den 1770er-Jahren für ein
"Programm", das "manchmal sogar zur Vorstellung einer naturhaft
ablaufenden Programmierung der Menschheitsgeschichte, erhoben",
gewöhnlich aber in seiner praktischen Auslegung für ein
"Wissenschafts-, Erziehungs- und Bildungsprojekt". Allerdings wird der
ideologiekritische Aufklärungsbegriff in den Kontroversen zur Zeit der
Französischen Revolution darüber, was eine "wahre" von einer "falschen"
Aufklärung unterscheidet, am Ende selbst unter Ideologieverdacht
gestellt. (vgl. ebd.)
Angestoßen von »Max
Horkheimers (1895-1973) und »Theodor
W. Adornos (1903-1969) Essay »Dialektik
der Aufklärung (1947), die in ihrem Werk der so genannten »Kritischen
Theorie (»Frankfurter
Schule) die "Selbstzerstörung der Aufklärung" (Horkheimer/Adorno
212013, S.3) und "die Kehrseite der Rationalisierung der
Welt zum Analysemuster des
Faschismus" (Meyer 2018,
S.18) machten, hat sich die Diskussion über die Aufklärung weiter
fortgesetzt. Ihre »Grundthese,
wonach das Scheitern der Aufklärung, das sie als "spezifisch
abendländischen, auf Selbsterhaltung und Herrschaft abzielenden
Rationalitätstypus" (Hetzel
2011, S.390) verstehen, von ihren Anfängen in der Antike in der
"Einheit von formaler und instrumenteller Vernunft" ihres Denkens
angelegt sei. Schon zu Beginn der Menschheitsgeschichte habe sich mit
der Selbstbehauptung des Subjekts gegenüber einer bedrohlichen Natur
eine »instrumentelle
Vernunft durchgesetzt, die sich als Herrschaft über die äußere und
innere Natur und schließlich in der institutionalisierten Herrschaft von
Menschen über Menschen verfestigte. Horkheimer und Adorno reagierten mit
ihrer Schrift auf die ›rätselhafte Bereitschaft der technologisch
erzogenen Massen, in den Bann eines jeglichen Despotismus zu geraten‹ (Horkheimer/Adorno
212013, S.5) und ihren totalitären Ideologien zu folgen.
Dieses Verhalten werten sie als ›Rückkehr der aufgeklärten Zivilisation
zur Barbarei‹ (ebd.,
S.6). Ihrer Auffassung nach sind Faschismus, »Stalinismus
und der ›Massenbetrug‹ der ›Kulturindustrie‹ (ebd.,
S.128ff.) "nicht etwa barbarische Abirrungen vom Weg der Aufklärung dar,
sondern deren direkte Konsequenz." (Sandkaulen
2017)
Insbesondere »Michel
Foucaults (1926-1984) philosophischer Abhandlung »Ordnung
der Dinge (1966) befeuerte dabei die Debatte, Indem er die Kritik an
der Aufklärung des 18. Jahrhunderts nicht mehr nur auf die
Instrumentalisierung der Welt durch den Menschen, sondern auch auf die
"Vergegenständlichung des Menschen seiner selbst" ausdehnte, öffnete er
auch den Blick auf eine Sicht, welche "die problematische Rolle der
Aufklärung, die sie für die kulturelle und politische Identität der
westlichen Welt und ihren – nach innen und außen gerichteten –
imperialen Herrschaftsanspruch gespielt hatte." (Meyer 2018,
S.18)
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Literaturepoche Aufklärung
1720-1785
»Der
Begriff Aufklärung (Wikipedia)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
15.12.2024