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Ehebruch
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Vorehelicher und außerehelicher Geschlechtsverkehr
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(Literaturgeschichte:) Die höfische Form der Erotik im Barock
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teachSam-Projekt: Sex und Sexualisierung
Im öffentlichen Raum war
▪ Nacktheit, die lange Zeit an Sexualität und Scham(fühle) gekoppelt war, von der Bildenden Kunst abgesehen,
schon
seit Beginn der frühen Neuzeit ▪ auf dem Rückzug.
Die Nacktheit als Ganzes wurde dabei im Zuge des fortschreitenden
Zivilisationsprozesses zur Formierung einer einheitlichen
Untertanengesellschaft immer weiter
zurückgedrängt.
Dabei wurde die "Verhöflichung
der Oberschicht" (Elias) zum Schrittmacher, ehe die weitere
Entwicklung des Bürgertums Nacktheit aus den Bereichen der
Öffentlichkeit verbannte.
Dieser
Prozess wurde noch dadurch beschleunigt, dass durch die seit dem 16.
Jahrhundert belegten epidemisch verbreiteten Geschlechtskrankheiten
(z. B. »Syphilis) die neue Schamhaftigkeit wegen des Seuchenschutzes
noch juristisch flankiert wurde.
»Nobert
Elias (1897-1990) hat diese Entwicklung in seinem 1939 erstmals
erschienen Werk »"Der
Prozess der Zivilisation" (1997, Bd. 1, S.324-356 und Bd.
II, S.408-420) analysiert und sie im Rahmen seiner
Theorie eines
fortschreitenden, aber keineswegs geradlinig verlaufenden Zivilisationsprozesses als eine Form der
▪ Sozialdisziplinierung beschrieben.
Im Verlauf dieses
Prozesses wird, so
betont er, auch "der Sexualtrieb, wie viele andere Triebe, einer
immer strengeren Regelung und Umformung unterworfen"
(ebd.
1997, Bd. 1, S.342), die zugleich auch zu einem "Vorrücken der
Scham- und Peinlichkeitsschwelle, für die Verstärkung der
gesellschaftlichen Kontrolle auf den Einzelnen"
(ebd..
S.345) führt.
Vorrücken der Scham- und Peinlichkeitsschwellen und die Verhöflichung
der Oberschicht
Schamgefühle sind
oft an ein unterschiedliches Empfinden von sozialen Schichten
gebunden. "So stehen die einfachen Leute den Skulpturen der
Renaissance, und insbesondere denen des Michelangelo, feindseliger
gegenüber als die weltliche oder kirchliche Obrigkeit: wo man sie
als Brunnenfiguren oder sonst auf öffentlichen Plätzen aufstellte,
hat man sie bekleiden müssen." (Bologne
2001, S.12)
Es sind aber
ansonsten "die jeweils herrschenden Klassen, zunächst die Aristokratie, dann
das Bürgertum" (ebd.),
welche die Nacktheit im Alltag rigoros zurückdrängen und ablehnen.
Ihre "Behörden untersagen das Nacktbaden, schließen die Bordelle,
bestimmen darüber, welche Handlungen erlaubt und welche verboten
sind. [...] Die Nacktheit ersten Grades [im Gegensatz zu der z. B.
in der Bildenden Kunst dargestellten, d. Verf.], die der Mann auf
der Straße erlebt, erscheint jenen leicht vulgär, die glauben, sie
hinter sich gelassen zu haben." (ebd.)
Das
Vorrücken der Scham- und Peinlichkeitsschwellen verbargen körperliche Vorgänge
zunehmend. Die Maßnahmen und mentalen Änderungen, die dazu
beitrugen, "verbannten die Sexualität in die Verschwiegenheit des
Alkovens und die Dunkelkammern des Bewusstseins " (Goulemot
1999, S.371). Der
Alkoven, die eigentliche Bettnische im Schlafzimmer, wurde zu
dem abgegrenzten Raum der Intimsphäre, indem sich nicht nur die
herkömmliche sexuelle Vereinigung, sondern auch andere sexuelle
Gepflogenheiten geschützt vor den Augen anderer praktizieren ließen.
Im höfischen Bereich war er in den repräsentativen Schlafräumen, in
denen sich ansonsten zahlreiche Handlungen in der Öffentlichkeit
abspielten (z. B. Ankleideritual
des Fürsten), war auch dieser Raum vor der Öffentlichkeit
geschützt.
Außerdem wurde im
Zuge des Vorrückens der Scham- und Peinlichkeitsschwellen auch einen
neuer Höflichkeitskodex
etabliert, der "die Ächtung derber oder für archaisch erachteter
Sitten" mit sich brachte.
Was immer die Verhaltensvorschriften
anstrebten, aber "deshalb (lebte) man nicht enthaltsamer als zuvor, sondern
tat nun heimlich, was zuvor vor aller Augen getan wurde." (ebd.
1999, S.372)
Die "Verhöflichung der Oberschicht" und die Schaffung neuer
Abhängigkeitsverhältnisse
Dabei führte die
Entwicklung, die nach
Elias (1897-1990)
"mit der beschleunigten Verhöflichung der Oberschicht" (Elias
1939/1976.,
Bd. 2, S.415) zu tun hatte, auch zu neuen
Abhängigkeitsverhältnissen.
Was das bedeutet,
wird am Beispiel des französischen Königs
»Ludwig XIV. (1638-1715) deutlich, dessen Hofhaltung im »Schloss
von Versailles in Europa eine mehr oder weniger einheitliche
Hofkultur begründete, in der "der Hof die lebendige Mitte des ganzen
Landes (war): [...] Fluchtpunkt der neuen [...] klar aufgebauten
und rational disziplinierten Herrschafts- und Gesellschaftsordnung
des Absolutismus." (Schilling
1994a, S.19)
Der Versailler Hof wurde nach den zuvor lange
dominierenden konfessionellen und politischen Auseinandersetzungen
dabei zur "Bühne, wo Fürst und Adel die neue vom Herrscher bestimmte
Einvernehmlichkeit inszenierten." (ebd.)
Eine wesentliche Voraussetzung dieser Inszenierung war, dass die
Rolle, der Rang und Status der Adeligen davon abhing, ob sie sich in
die Hofgesellschaft einfügten, deren Spielregeln der König
festlegte.
So wurde die Zahl
der am Hof von Versailles in der Hofgesellschaft lebenden Personen
immer größer. Zugleich wurde der Hoch- und Hofadel damit auch der
Kontrolle
»Ludwigs XIV. (1638-1715)
unterworfen, zumal er jeden, der sich weigerte, seinen ständigen
Aufenthalt in Versailles zu nehmen, missachtete und gänzlich
ignorierte.
Wo so viele
Menschen so eng zusammenlebten, entwickelten sich auch neue Elemente
der sozialen Kontrolle, die vergleichsweise unabhängig von dem
direkten Eingreifen des Königs dieses soziale System "bei Hofe"
stabilisierten. Man beobachtete sich gegenseitig und die Verbote wurden
"differenzierter und
differenzierter, umfassender, vielfältiger". (Elias
1939/1976.,
Bd. 2, S.415) Das betraf dabei auch das, worüber man sich schämen musste
und das,
was man an anderen als peinlich empfand. (vgl.
ebd.)
Das ▪
Ankleiden des Fürsten (Lever)
ist ein Beispiel dafür, wie Scham- und Peinlichkeit bei Hofe sozial
konstruiert worden sind.
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Ehebruch
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Vorehelicher und außerehelicher Geschlechtsverkehr
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(Literaturgeschichte:) Die höfische Form der Erotik im Barock
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teachSam-Projekt: Sex und Sexualisierung
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
30.01.2024
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