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Entstehung des frühmodernen Territorialstaats im Absolutismus

Überblick

 
GESCHICHTE
Grundbegriffe der Geschichte Europäische Geschichte Frühe Neuzeit (1350-1789) Zeitalter der Renaissance (ca.1350-1450) Zeitalter der Entdeckungen (1415-1531) Reformation und Glaubenskriege (1517-1648) Absolutismus und Aufklärung (ca. 1650-1789) [ Entstehung des frühmodernen Territorialstaats im Absolutismus Didaktische und methodische Aspekte ÜberblickAusgangspunkt: Vielfalt sozialer Gruppen mit zahlreichen Sonderrechten und Lebensformen Schlüsselmonopole staatlicher Herrschaft Sozialdisziplinierung als Mittel der Staatsentwicklung Die Rolle der territorialen Konfessionskirchen ] Beginn des bürgerlichen Zeitalters ▪ Deutsche Geschichte
   

Aspekte unseres heutigen Staatsverständnisses

Menschen, die heute in Deutschland leben, sind, wenn sie hier geboren worden sind, in der Regel alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger dieses Landes, das sie sich nicht ausgesucht haben. Von ihrer pränatalen Entwicklung im Mutterbauch bis hin zur letzten Ruhestätte nach dem Tod, im Volksmund "von der Wiege bis zur Bahre", scheint das ganze Leben staatlich reguliert zu sein, das sich auf diesen vorgegebenen Gleisen eines allseits verrechtlichten Daseins zu halten hat. Dabei ist der Staat und die Staatsgewalt für uns gewöhnlich ein abstraktes Gebilde.

Was der Staat "darf", worüber er bestimmen und was er alles regeln kann, ist in der Verfassung, dem Grundgesetz, festgelegt und in unzähligen demokratisch legitimierten Gesetzen formuliert und wird von eigens dafür geschaffenen Verfassungsorganen auf seine Rechtmäßigkeit geprüft.

Aber auch die Bürgerinnen und Bürger haben eine ▪ Vielzahl von Rechten und Pflichten. Sie sind durch die unveräußerlichen ▪ Menschen- und Grundrechte vor staatlicher Willkür geschützt, müssen sich aber an unzählige Gesetze, Verordnungen und Regeln halten, die über viele Jahre, längst bevor man als einzelnes Individuum das Licht der Welt erblickt hat, entstanden sind. Man kann, salopp gesagt, nicht nach eigenem Gutdünken bei einer Sache mitmachen, bei einer anderen aber nicht, also z. B. bei Rot an der Ampel halten, aber sich die "Freiheit" nehmen, Tempobegrenzungen willkürlich zu missachten, selbst wenn sonst weit und breit kaum ein anderes Auto unterwegs ist.

Wer diesen Faden weiterspinnt, wird sicherlich noch eine Vielzahl solcher Beispiele finden. Vielleicht kann man dann auch ermessen, was es für eine historische Mammutaufgabe gewesen sein muss, so ein Gebilde wie den uns wie natürlich vorkommenden, modernen Staat zu entwickeln. Und diese Entwicklung steht auch heute nicht still. Der gesellschaftliche, soziale, technologische und ökonomische Wandel, ein Metaprozess, der angesichts etlicher raumzeitlicher Unterschiede kein festes Anfangsdatum und auch kein Ende zu haben scheint (vgl. Krotz 2006, S.29), führt immer wieder zu Anpassungen staatlicher Gewalt, wobei die Ausweitungen staatlicher Gewalt (man denke hier nur an "Regulierungen" des Internets) mit den ▪ Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger abgewogen werden müssen. Zugleich stellen immer neue Probleme (z. B. Klimawandel) neue Anforderungen auch an die Bürgerinnen und Bürger, sich dafür entsprechend selbst zu disziplinieren oder vom Staat in die Pflicht genommen zu werden.

Dass diese Aspekte unseres heutigen Staatsverständnisses keine globale Geltung haben, selbst die Menschenrechte nicht überall garantiert werden und staatliche Strukturen, wie wir sie z. B. bei der Trennung von Kirche und Staat kennen, in zahlreichen, vor allem islamisch geprägten Ländern der Welt, undenkbar sind, zeigen, dass Staat, so wie wir ihn heute kennen, ein historisches und kulturelles Gebilde ist, das, wie am Beispiel der jüngeren deutschen Geschichte leicht nachvollziehbar (Weimarer Republik, Nationalsozialismus, DDR und Bundesrepublik Deutschland), sein Gesicht unter dem Einfluss der jeweils Mächtigen verändert hat.

Diese und ähnliche Einsichten gehören dazu, wenn man sich auf Spurensuche begibt und herausfinden will, wie und warum so ein Gebilde wie der Staat, so wie wir ihn kennen, überhaupt entstanden ist.

Zum modernen Staat führen viele Wege

Die Entwicklung einer modernen Staatlichkeit ist ein langwieriger politischer, gesellschaftlicher und kultureller Transformationsprozess, der sich über mehrere hundert Jahre hingezogen hat. Sie hat sich dabei in verschiedenen Räumen und zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich, dazu noch oft in unterschiedlichen Richtungen, vollzogen.

Klar ist aber, dass "der Prozess der Institutionalisierung von Herrschaft als Verstetigung ihrer Ausübung ( u. a. durch zentrale Verwaltung, Einsatz von gelehrten Fachleuten, Gewaltmonopol)" (Schorn-Schütte 2009, S.22) seit dem 16. Jahrhundert europaweit eine außergewöhnliche Dynamik entfaltete und über zwei Jahrhunderte lang "eine Phase beschleunigten Wandels" (Schilling 1994, S.315) darstellte, die Staat und Gesellschaft in Europa "tief umformte" und "am Ende zur neuzeitlichen Rationalität und Modernisierung (führte)." (ebd.)

Angetrieben und verstärkt durch die von der Konfessionalisierung freigesetzten Energien, die der Entwicklung des frühmodernen Staates besondere Schubkraft gaben, ging es bei diesen Modernisierungsprozessen nach Schilling (1994, ebd.) um vier zentrale Aufgaben:

Ergebnisse und Tendenzen des Wandels zeigten sich dabei vor allem auf den nachfolgen Gebieten (ebd., S.315f.


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Wie sich der Transformationsprozess im Einzelnen vollzogen hat, was die Triebkräfte dieser Verstetigung der Herrschaftsausübung und ihre maßgeblichen Akteure waren, konnte dabei sehr unterschiedlich sein.

In Deutschland verlief die Entwicklung zum modernen Staat anders als in Frankreich z. B., "wo das Königtum in stetiger Erbfolge neue Ansätze der Zentralgewalt und ein ständig durch Erbfälle und machtpolitische Entscheidungen wachsendes »Krongut" (Oestreich 1974, S.13) und damit eine territoriale Basis für die monarchische Spitze des Landes schaffen konnte.

Das ▪ "Heilige Römische Reich Deutscher Nation" ist dagegen ein multinationales Gebilde, das zwar in der Mitte Europas eine gewaltige Ländermasse umfasst, aber im Gegensatz zu dem zur gleichen Zeit existierenden zentralisierten Flächenstaat Frankreich, ein "hochpluralistisches Konglomerat" darstellt, "eine schier unentwirrbare Gemengelage von großen absolutistischen Territorialstaaten, von ständisch mitregierten Landesfürstentümern, theokratischen Herrschaften mit geburtsaristokratischen Leitungsgremien, halbautonomen Städten mit patrizischen Geschlechteroligarchien, Adelssitzen mit privatwirtschaftlichem Charakter, obskuren Zwergobrigkeiten - eine wahre »Milchstraße von Reichsritterschaften und Reichsstädten, Abteien und Bistümern, Mark-, Land- und Rauhgrafschaften«". (Wehler 1987, S.45)

Unter diesen Rahmenbedingungen gelang es dem Reichsoberhaupt aus verschiedenen Gründen (z. B. wegen des ▪ Wahlkönigtums im Alten Reich bzw. dem »Heiligen Römischen Reich) nicht, das Reich zu einem "Staat im modernen Sinne umzugestalten." (Oestreich 1974, S.13)

Trotzdem gingen, vor allem im Südwesten des alten Reiches, wo "die Einzelterritorien, die größeren wie die kleineren, zusammen mit den Reichstädten in eine föderative Struktur eingebunden" (Schilling 1994a, S.118f .) waren", von der Wiederbelebung der ▪ Reichskreise und ihrer "weitgreifenden Reaktivierung der Reichswehrverfassung" (ebd., S.119) Impulse einer fast republikanisch daherkommenden Staatsmodells aus, die das ansonsten dominierende obrigkeitlich-herrschaftliche Regiment durch ein "auf Absprache und Abstimmung basierende(s) Politik- und Verwaltungsmodell der Kreise" (ebd.) ergänzte.

Angesichts der strukturellen Schwäche des Reiches, das unter anderem keine für solche Ziele hinreichenden Finanzquellen besaß und auch über kein schlagkräftiges Reichsheer verfügte, war ohnehin nicht an eine Staatsbildung ausgehend von der Reichsebene zu denken.

So ging die frühneuzeitliche Staatsbildung in Deutschland vor allem von den nach dem »Augsburger Religionsfrieden (1555) geschaffenen konfessionalisierten Territorialstaaten aus, wo im Allgemeinen deren monarchisch-fürstliche Verwaltung nach und nach den Platz der Reichsorganisation einnimmt. (vgl. Oestreich 1974, S.13)

Der Weg über die monarchische Spitze und den dualistischen Ständestaat in den Großterritorien

Die Entwicklung zum frühmodernen Staat konnte von einer monarchischen Spitze im Sinne einer Einherrschaft ausgehen, aber mindestens ebenso oft konnte die Entwicklung unter der maßgeblichen Beteiligung der politischen Stände (meistens Adel, Klerus und Bürgertum) verlaufen, "die in ganz Europa als Mitinhaber von Herrschaft verstanden wurden und sich selbst so darstellten". (ebd.)

Dementsprechend verstetigte sich die neue Staatlichkeit im Allgemeinen in einem spannungsreichen Dualismus von Ständen und Fürst, man sagte auch von Fürst und Land, in einem dualistischen Ständestaat. Wo diese dualistische Ständeherrschaft etabliert wurde, geschah dies mit ganz "unterschiedliche(n Gewichtungen in der Ständeteilhabe und unterschiedliche(n) Gewichtungen dessen, was als »absolute Herrschaft« des Landesherrn beschrieben werden kann." (ebd., S.98)

Wenn von Mitspracherechten der Stände, des Landes oder der Landschaft die Rede ist, muss freilich klargestellt werden, dass die Landstände, keineswegs als Volksvertretung im heutigen Sinne angesehen werden dürfen. Wer bei ihren Versammlungen Sitz und Stimme erhielt, war nicht vom Volk gewählt, sondern war eben als Adeliger oder Mitglied des Klerus Vertreter eines bestimmten Standes oder repräsentierte eine bestimmte Verwaltungseinheit wie z. B. Städte und Ämter, Verwaltungsbezirke, deren führende Funktionen von Mitgliedern einer elitären, oft oligarchisch strukturieren Schicht von Familiendynastien(»Ehrbarkeit) bekleidet wurden. Der ▪ "gemeine Mann", gewöhnliche Untertan, wurde von solchen Versammlungen jedenfalls nicht repräsentiert.

In den Großterritorien auf dem Boden des alten Reiches wie z. B. Brandenburg-Preußen, Österreich, Sachsen, Bayern und Hannover entwickelte sich eine souveräne, absolutistische Form territorialer Königs- bzw. Fürstengewalt, die auf der sukzessiven Monopolisierung der politischen Gewalt nach innen und außen in einer über das Gottesgnadentum legitimierten Staatsgewalt beruhte. Die Art und Weise, wie in den Großterritorien die Landeshoheit ausgebaut wurde, brauchte "in Rechtsqualität und realer Machtstellung den Vergleich mit außereuropäischen Staaten nicht zu scheuen". (vgl. Schilling 1994a, S.134)

Allerdings zielte die neue fürstliche Souveränität, jedenfalls im 16. Jahrhundert noch und in vielen mittleren und kleineren Territorien auch noch bis zum Ende des Alten Reiches (1806), nicht darauf ab, die Stände vollständig zu vernichten, sondern wollte lediglich auf die "Zähmung der Stände" hinwirken, die "sich der einheitlichen höchsten Staatsgewalt in Gestalt der Fürsten unterzuordnen" hatten und deren "Partikularinteressen (...) im Gesamtinteresse aufgehen (solten)." (Schilling 1994, S.344)

Halbmoderne Landeshoheit in mittleren Staaten und die bei der Staatsentwicklung zurückbleibenden Kleinstterritorien

Etliche mittlere, vor allem aber alle kleineren Staaten brachten es aber meistens nur zu einer "halbmodernen Landeshoheit" und mussten sich weiterhin gefallen lassen, dass ▪ Reichsgerichte und ▪ Reichskreise regulierend in ihre inneren Angelegenheiten eingriffen. (vgl. Schilling 1994a, S.135)

Wenngleich der Kaiser nach den Wirren des ▪ Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) nicht viele Möglichkeiten besaß, in die Innenpolitik der einzelnen Staaten und Herrschaften einzugreifen, die großen Mächte lassen sich ohnehin nicht dreinreden, zeigt das Reich dennoch "eine fortdauernde Vitalität" (Vann 1986, S. 146), insbesondere gegenüber den mittleren und kleineren Herrschaften im Reich.

Das galt sogar in dieser Zeit für ▪ Württemberg, das zwar die Rolle einer regionalen Vormacht spielte, dem aber immer wieder, zuletzt auch unter ▪ Herzog Carl Eugen (1728-93) in seinen fortwährenden Auseinandersetzungen mit den Ständen vom Kaiser bzw. den kaiserlichen Behörden, die ▪ Grenzen seiner Macht aufgezeigt wurden.

Auch Bayern konnte trotz aller sonstiger Modernität zum Trotz keine wirklich "vom Reich und seinen Institutionen unabhängige Existenz" (Schilling 1994a, S.134) aufbauen.

Dass die große Zahl von Kleinstterritorien und Herrschaften mit ihren über die Lande verteilten Ländereien, die nicht arrondiert werden konnten, jegliche Mittel fehlten, um eine moderne Staatlichkeit aufzubauen, versteht sich in diesem Zusammenhang fast von selbst.

Republikanismus und Stadtrepublikanismus als Wege zum modernen Staat

Neben dem monarchischen (absolutistischen) Weg und dem dualistischen Ständestaat, die die Verstetigung staatlicher Strukturen in Deutschland voranbrachten, gab es schließlich noch andere Wege zum modernen Staat, wie sie die "Republiken" in Europa beschritten haben.

Dazu zählen z. B. die »Republik sieben abtrünnigen niederländischen Provinzen, den sogenannten »Generalstaaten, die sich 1581 vom spanischen König lossagten, die italienischen Stadtstaaten wie z. B. »Florenz, »Venedig, »Genua oder »Pisa, die schweizerische Eidgenossenschaft und die »Reichsstädte.

Insbesondere dieser sogenannte Stadtrepublikanismus, "eine besondere, vor allem in den Städten Italiens und des Reiches anzutreffende Verfassung, oder besser gesagt, historisch-politische Kultur des alteuropäischen Stadtbürgertums, die auf bestimmten Maximen und Normen städtisch-bürgerlichen Zusammenlebens sowie des Regiments und der Politik im weitesten Sinne beruhte" (Schilling 2014, S.179), ging eigene Wege und bildete eine besondere historisch-politische Kultur des Stadtbürgertums aus, der ein eigenes Politikverständnis zugrunde lag.

Dort, wo man von Stadtrepublikanismus sprechen konnte, wie z. B. in Magdeburg, betrachtete sich das Stadtbürgertum als Partner in einem "positivrechtlichen Vertragsverhältnisses zwischen Stadt und Kron- beziehungsweise Fürstengewalt, das der jeweiligen Stadtgemeinde aufgrund von Absprachen und erworbenen Privilegien weitreichende Autonomie und Handlungsspielraum innerhalb, aber auch und vor allem außerhalb des jeweiligen Territoriums garantierte und das auf gegenseitiger Treuepflicht beruhte." (ebd.,S.179) Im Inneren stützte er sich auf die Gewährung bestimmter persönlicher Grund- und Freiheitsrechte, vor allem dem Schutz vor willkürlicher Verhaftung und das Recht auf Eigentum, auf die zumindest der Theorie nach vorhandene Gleichheit sämtlicher Stadtbewohner bei den von ihnen zu tragenden Lasten und Pflichten, auf die Existenz einer oligarchisch-egalitären politischen Elite und auf "dem politischen Partizipationsanspruch des genossenschaftlichen Bürgerverbandes." (ebd.,S.179)


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In »Ulm, z. B., einer »freien Reichsstadt mit einem stark ausgeprägten Handwerk und einem großen, geschlossenen Territorium, erstreckte sich die "Policey", d. h. die Ordnungstätigkeit des "Stadtstaates" "auf alle erdenkbaren Gebiete mit Schwerpunkten in den Bereichen Bürgerrecht, Steuerpflicht, Ansiedelung/Auswanderung, Armenfürsorge/Bettelwesen, Handel und Gewerbe. Darüber hinaus wird eine große Zahl sogenannter Zuchtordnungen nachgewiesen, die mit Vorschriften über Gotteslästerung, Kirchenzucht, Luxus, Kleidung, Sexualität, Alkoholgenuss oder die Gestaltung von Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen den Lebenswandel der Bevölkerung reglementierten." (Max-Planck-Institut, Repertoriums der Policeyordnungen der Frühen Neuzeit, Bd. 8)

Allerdings konnte es auch mächtigen, vor allem Nicht-Reichsstädten passieren, dass sie sich aus verschiedenen Gründen sich der Landeshoheit beugen mussten und ihre Selbständigkeit durch regulierende Eingriffe des jeweiligen Landesherrn und seiner Bürokratie verloren. Wer wie z. B. das bedeutende Handelszentrum »Königsberg in Preußen die Herrschaftsansprüche und die Souveränität des »brandenburg-preußischen Kurfürsten als Landesherr nicht anerkennen wollte (»Königsberger Aufstand, ließ der Landesherr 1662 kurzerhand seine Truppen in die Stadt einmarschieren. (vgl. Oestreich 1974, S.129) Mit seiner geballten militärischen Macht setzte der Landesherr damit seinen Souveränität durch und erzwang damit auch, dass sich die Königsberger an der Finanzierung seines kostspieligen stehenden Heeres beteiligten

Daneben gab es in vielen Gebieten auch Entwicklungen hin zum modernen Staat, die ohne autoritären Druck von oben zu einer "funktionierende(n) »Selbstregulierung der Untertanen« (Schilling 1997; Schmidt 1997)" führten und auf andere "Formen des Aushandelns und Ausprobierens [...] der Verhaltensspielräume im konkreten sozialen Handeln" (Niefanger 32012, S.53) beruhten.

Fazit: In Europa gibt es also keinen "Normalweg" (ebd., S.98) zur Entstehung einer modernen Staatlichkeit, "an dem alle anderen Wege zu messen wären." (ebd.)

In diesem Arbeitsbereich wird der Fokus auf eine der verschiedenen Entwicklungslinien moderner Staatlichkeit gerichtet, die in Frankreich mit der Herrschaft »Ludwigs XIV. (1638-1715) ihren Ausgang genommen und in den Großterritorien Deutschlands wie z. B. z. B. Brandenburg-Preußen, Österreich, Sachsen, Bayern, Hannover und Württemberg zu ähnlichen absolutistischen Formen von territorialer Königs- bzw. Fürstengewalt führten, die auf der sukzessiven Monopolisierung der politischen Gewalt in einer über das Gottesgnadentum legitimierten Staatsgewalt beruhte.

Die anderen Formen, die die Entwicklung frühneuzeitlicher Staatlichkeit befördert haben, wie z. B. der Republikanismus, kommen daher nur am Rande zur Sprache. Die Hinweise darauf sollen aber wenigstens verdeutlichen, dass es in Europa nicht nur den "Königsweg" zur Entstehung einer modernen Staatlichkeit gegeben hat.

In jedem Fall war der Ausgangspunkt der Entwicklung zum modernen Staat aber weitgehend der gleiche: Eine ▪ "bunte Vielfalt von sozialen Gruppen eigenen Rechts und besonderer Lebensführung" (ebd., S.148), die über kurz oder lang zu einem homogenen Untertanenverband werden sollten. Und dazu mussten sich die Träger der neuen, modernen Staatsgewalt erst einmal die sogenannten ▪ Schlüsselmonopole staatlicher (Territorial-) Herrschaft sichern und dann als Motor einer umfassenden ▪ Sozialdisziplinierung, die sämtliche Bereiche des politischen, sozialen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sittlichen, moralischen und mentalen Bereiche in einem langanhaltenden Prozess umgekrempelt und den Erfordernissen der "modernen Zeit" angepasst hat.

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 03.02.2024

   
 

 
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