Die
Geschichte der »Marken ist
auch die Geschichte der industriellen
Massenproduktion. Zugleich ist sie, historisch gesehen, ein Teil der
Geschichte von Werbung, deren Anfänge bis in die Antike zurückgehen.
Schon damals wurden Massenprodukte wie aus Ton gefertigte Öllampen
in Pompeji mit Firmen- und Markenzeichen versehen, um damit den
Absatz der Produkte zu erhöhen.
Doch von solchen Anfängen abgesehen ist Werbung, wie wir sie heute
verstehen, mit der industriellen Revolution entstanden. Sie
ermöglichte nach und nach die Massenproduktion von Gütern, der aber
zunächst nicht immer eine ausreichende Nachfrage gegenübergestanden
hat. Wer also große Mengen eines bestimmten Produkts produzierte,
musste sich auch mehr und mehr Gedanken darüber machen, wie eine
entsprechende Nachfrage zu erzeugen war. Zugleich ermöglichten neue
Erfindungen wie Zeitungen mit ihren wachsenden Verbreitung neue
Chancen der Marktkommunikation. (vgl.
Schweiger/Schrattenecker 2005,
S.1ff.)
Was
sich bis zur 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in dieser Hinsicht tat
und wofür geworben wurde, waren in der Regel Produkte, aber keine
Marken. Eine Erfindung reihte sich noch an die andere und ihre
Vermarktung ließ, im Gegensatz zu heute, nicht lange auf sich
warten. Glühbirne, Radio, Phonograph und Auto oder wie diese
Erfindungen alle hießen, waren so neuartig, dass die Menschen erst
einmal von ihrem Nutzen für das tägliche Leben überzeugt werden
mussten. Wer also ein neues Produkt auf den Markt brachte, musste
zunächst einmal darangehen, die möglichen Käufer das Vorhandensein
eines "neuen" Produktes anzuzeigen, um sie dann von dem Nutzen des
Produkts zu überzeugen. Eine ganze Reihe solcher Produkte trugen
einen Markennamen, der bei einigen bis heute fortbesteht.
Entscheidender Unterschied zu heute aber war, dass das Produkt
selbst die Neuheit war, die Aufmerksamkeit erregen sollte.
Die industrielle Massenfertigung von Gütern überschwemmte in der
Folgezeit alle Märkte mit ihren kaum mehr voneinander
unterscheidbaren Massenprodukten. Damit schlug die eigentliche
Geburtsstunde der Marken, denn "aufgrund der fabrikmäßig erzeugten
Gleichheit musste parallel zur Herstellung des Produkts eine auf dem
Image beruhende Verschiedenheit produziert werden." (Klein
2001/2005, S. 27)
"Die Werbung hatte von nun an nicht mehr die Funktion
Informationen über ein Produkt mitzuteilen, sondern für eine mit
einem Markennamen versehene Version eines Produkts ein Image
aufzubauen. Als Erstes bekamen unspezifische Güter wie Zucker, Mehl,
Seife oder Getreideflocken, die früher vom Ladenbesitzer aus einem
Fass geschöpft worden waren, Eigennamen verpasst. In den
Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts wurden Massenprodukte wie
Campbell's Soup, Konserven von H. J. Heinz und
Quaker-Oats-Haferflocken mit dem Logo des Herstellers versehen. Wie
die Designhistoriker und Designtheoretiker Ellen Luton und J. Abbott
Miller schreiben, waren diese Logos darauf zugeschnitten,
volkstümlich und vertrauenserweckend zu wirken, denn sie sollten die
neue beunruhigende Anonymität der verpackten Güter neutralisieren."
(ebd.
S.28) Die Markennamen fungierten also zunächst als eine Art
Qualitätssiegel.
Es dauerte einige Zeit, ehe einige Werbeleute erkannten, dass Marken
Gefühle wecken konnten, und damit ein ganz neues Wirkungspotenzial
für die Werbung eröffneten. So begann z. B. der US-amerikanische
Autokonzern General Motors (GM) "Geschichten über Leute zu erzählen,
die die Autos des Unternehmens fuhren - über den Priester, den
Apotheker oder Landarzt, der dank eines zuverlässigen GM gerade noch
rechtzeitig »am Bett eines sterbenden Kindes eintrifft, um es wieder
zum Leben zu erwecken«" (Bruce Barton, ehem. Werbeagent von GM,
1923,
ebd. S.29)
Aber noch war man ein gutes Stück davon entfernt anzunehmen, dass
eine Marke wirklich mehr als ein Schlagwort war, das wie ein Etikett
am Produkt angebracht werden konnte. In den Vierzigerjahren des
vorigen Jahrhunderts erst gelangte man zur Erkenntnis, das auch ein
Konzern als Ganzes Träger einer Markenidentität sein könnte. Fortan
wandten sich führende Werbeagenturen den Marken stärker zu und
begannen sie psychologisch-anthropologisch in ihrer Bedeutung für
Alltag und Kultur zu analysieren. Damit war der Weg frei für eine
neue Markenpolitik, die auf der Erkenntnis fußte: "Unternehmen mögen
Produkte herstellen, aber die Verbraucher kaufen Marken." (ebd.
S.30)
Trotzdem vergingen weitere Jahrzehnte, bis sich der Glaube an das
»Markenkapital« wirklich durchsetzte. Als
Philipp Morris 1988 für
den sechsfachen Buchwert des Konzerns die Marke Kraft kaufte, war
der Beweis erbracht, "dass die Ausgaben für Werbung keine bloße
Verkaufsstrategie, sondern eine knallharte Investition in den
Marktwert des Unternehmens waren." (ebd.;
vgl.
Kloss 2003, S.132)
In der Folge wurden allerorts die Werbeetats kräftig erhöht und
schnell machte sich ein bis dahin nicht bekanntes Interesse am
schnellen "Aufblähen von Markenidentitäten" bemerkbar, einer Kunst,
die mehr verlangte als ein paar Werbeanzeigen oder Fernsehspots.
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
03.02.2023