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Surfbrett
Kreatives Schreiben
20 Möglichkeiten, um einen vorgegebenen Text
kreativ zu transformieren –
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▪
Didaktische
und methodische Aspekte
▪
Einen literarischen Text
gestaltend erschließen
▪
Formen des
schriftlichen Erzählens in der Schule
▪
Einen
Erzähltext umerzählen
Das Umschreiben oder Umerzählen einer literarischen
Vorlage ist neben dem ▪
Weitererzählen wohl die häufigste ▪
Schreibaufgabe, die beim
▪ gestaltenden
Interpretieren erzählender Texte gestellt wird.
Die Schreibaufgabe
gibt dabei im Allgemeinen mit genauen Vorgaben an und benennt
damit den Aspekt, unter dem die Umerzählung vorgenommen werden
soll.
Besonders gängig sind die nachfolgenden vier Arten
von Umerzählungen bzw. Umgestaltungen erzählender Texte. Sie können
als ▪
reine Gestaltungsaufgaben gestellt sein, oder auch Teil einer ▪
umfassenden Schreibaufgabe sein, die auf
▪ kognitiv-analytischer Verfahren beruhen und mit
metakognitiven Prozessen der Selbstbeurteilung verbunden sein
können.
Alle diese Formen lassen sich in ▪
prozess- und
▪
produktorientierten Schreibprozessen modellieren.
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Das
▪ Umerzählen
einer fiktionalen, erzählenden Textvorlage stellt eine ▪
produktive
Textarbeit dar, die dem ▪
kreativen Schreiben
in der Schule zugeordnet werden kann.
Während die Abgrenzung
zum ▪ Weitererzählen als das
Fortschreiben einer bestimmten Erzählung gut vom Umerzählen abzugrenzen
ist, gelingt dies beim ▪ Neuerzählen
eines derartigen Textes oder bestimmter Teile davon nicht so ohne
Weiteres, sofern man darunter nicht das vollkommen neue Erzählen einer
Geschichte versteht.
Und wenn man es genau
nimmt, haben auch bestimmte ▪
Formen der Nacherzählung
deutliche Schnittmengen mit der Umerzählung. Dies ist z. B. beim ▪
perspektivischen oder
perspektivisch-umgestaltendes Nacherzählen der Fall, das wie das
(▪
aneignende,
▪
partnergerichtete und das ▪
literarisches Nacherzählen zu den eher kreativen Form dieser
Schreibform zählt. Lediglich das Ausmaß der etwas fragwürdigen Texttreue
beim gleich genannten traditionellen ▪
texttreuen
Nacherzählen als solchem könnte hier als allerdings auch
wenig überzeugendes distinktives Merkmal herhalten. Das sind aber eher
theoretische Abgrenzungsprobleme.
Umerzählungen
können an ganz unterschiedlichen Punkten der literarischen
Vorlage ansetzen. Wo sie dies tun, wird in der gestellten
Schreibaufgabe präzisiert.
Sehr oft sind
dies sogenannte
Leerstellen
in der Textvorlage. Dies sind, vereinfacht gesagt, Stellen im
Text, die durch das "Fehlen von etwas" auf sich aufmerksam
machen. (Titzmann 1977).
In gewisser Hinsicht kann man in ihnen auch
Textlöcher sehen,
die von einem Leser bzw. einer Leserin, sofern er/sie diese beim
Lesen wahrnimmt, eigenständig bei seinem fortschreitenden
Textverstehen gefüllt werden. Oft handelt es sich dabei um ▪
Aussparungen
in der Handlungsdarstellung, d. h. bestimmte Ereignisse oder
Handlungen werden in der literarischen Vorlage aus verschiedenen
Gründen nicht gestaltet.
Wer solche Aussparungen so füllen will, dass sie zur ▪
Vorlage passen (FAQ 1),
muss sich also mit der Handlung und ihren Strukturen in einem
Text gut auskennen.
Hinzukommt noch, dass beim "Auserzählen" dieser Leerstellen oft
ein bestimmtes Textmuster
verlangt ist. Dies kann eine bestimmte Textsorte sein,
wie z. B. einen Tagebucheintrag oder ein Brief. Häufig wird aber
auch erwartet, dass diese Leerstelle in einer bestimmten
erzählerischen ▪
Darbietungsform erzählt werden soll. Oft ist das ein
innerer
Monolog, eine
erlebte
Rede oder eine
szenische Darstellung in Form eines Dialoges bestimmter
Figuren.
Man muss also auch wissen, wie solche
Textmuster aussehen und welche Funktion sie in dem jeweiligen
Handlungskontext haben. Das schließt auch ein, dass man u. U.
die literatur- und/oder sozialgeschichtliche Rahmenbedingungen
der literarischen Vorlage mit berücksichtigen muss.
So kann ein Tagebucheintrag einer Figur, die in einer Geschichte
vorkommt, die im 19. Jahrhundert spielt, nicht mit dem Wissen
einer Figur von heute ausgestattet sein und auch ihre
moralischen und ideologischen Vorstellungen müssen genauso in
den Kontext passen, wie die Art und Weise, mit der sie spricht.
Es
gibt viele unterschiedliche Ansätze, Möglichkeiten und Formen,
mit denen man als ▪
textproduktive Umgangsweise mit
literarischen Texten
einen Erzähltext umgestalten, umerzählen oder wie man auch sagt
transformieren kann.
Hier beschränken
wir uns auf die im Allgemeinen gebräuchlichsten Formen dieser
produktiv-kreativen Gestaltungen und zeigen ihre Anforderungen
beim ▪ gestaltenden Erschließen
und ▪ gestaltenden Interpretieren
auf.
Einen Erzähltext aus einer anderen Perspektive erzählen
Sehr viele
Schreibaufgaben verlangen, dass man einen vorgelegten Erzähltext
als Ganzes oder bestimmte Textteile daraus, in einer anderen
Perspektive als der gestaltet, mit der das Geschehen in der
literarischen Vorlage erzählt wird. Oft wird in entsprechenden
Schreibaufgaben auch einfach formuliert, dass man die Geschichte
aus der Perspektive einer anderen Figur in Form einer Ich- oder
Erzählung erzählen soll.
Auch wenn die
Schreibaufgabe dazu nähere Angaben machen muss, ist es doch
wichtig zu wissen, was mit Perspektive eigentlich gemeint ist.
Der ▪
Begriff Perspektive kann nämlich verschiedene Bedeutungen
haben.
Wir sprechen von
▪ Innen- oder Außenperspektive, wenn wir den Standort des
Erzählers (point
of view) im Verhältnis zum erzählten Geschen meinen. Dabei
geht es um die Frage: Steht der Erzähler mittendrin in dem
Geschehen, das er erzählt, oder präsentiert er dies von einem
Standort außerhalb des Geschehens?
In
der Praxis wichtiger als diese Unterscheidung ist aber die
Frage, aus welcher, manchmal auch aus welchen
Erzählperspektive(n) das fiktionale Geschehen in einem
erzählenden Text dargeboten wird.
Verkompliziert
wird die Antwort auf diese Frage allerdings dadurch, dass auch
darüber, was Erzählperspektiven ausmacht, die Meinungen
auseinandergehen. Hier scheint es aber
aller durchaus berechtigten Einwände zum Trotz sinnvoll, von
den traditionellen ▪
Erzählsituationen (Stanzel (1955, 1979) auszugehen, die sich
besonders im schulischen Bereich als brauchbares
Hilfsinstrumentarium der Interpretation erzählender Texte
erwiesen haben. Zu fragen ist also dann in diesem Zusammenhang:
Handelt es sich in der literarischen Vorlage um eine ▪
auktoriale, eine ▪
personale oder eine ▪
neutrale Erzählsituation? (▪
Tabellarische Übersicht,
▪
Leitfragen zur Analyse).
Bei der Analyse
der Perspektive kann es aber auch sehr hilfreich sein, wenn man
auch die ▪
Parameter
der Perspektive (Schmid 2005) für sich allein und ihrem
Zusammenwirken betrachtet, weil sich daraus u. U. wichtige
Aspekte für die eigene textproduktive Gestaltung beim Umerzählen
ergeben können. So können sich aus der Analyse der den
Vorlagentext kennzeichnenden Wahrnehmungsperspektive, die
ideologische Perspektive und die sprachliche Perspektive
wichtige Merkmale ergeben, die man bei Gestaltung
berücksichtigen sollte.
Von
ganz besonderer Bedeutung ist dabei auch, dass auktoriale und
personale Erzähler das Geschehen ganz unterschiedlich darbieten
können. Der ▪
auktoriale Erzähler wird nicht umsonst auch allwissender
Erzähler genannt, weil er alles weiß, was in und um die
Geschichte herum relevant ist, egal ob er davon Gebrauch macht
(z. B. in Vor-
und Rückgriffen,
mit der
Introspektion in andere Figuren). Ein ▪
personaler Erzähler ist hingegen auf seine eigene
Wahrnehmungsperspektive beschränkt, kann nicht in Kopf und Seele
anderer Figuren hineinblicken, verfügt also nur über seine
eigene Innensicht
und kann nur aus der Beobachtung des Verhaltens anderer Figuren
oder aus Vermutungen über ihre Beweggründe, also nur in
Außensicht,
erzählen, was andere Figuren seiner Ansicht nach bewegen könnte.
Die
Schreibaufgabe macht Vorgaben dazu, wenn sie verlangt, dass eine
Geschichte unter dem Blickwinkel einer anderen Figur oder unter
Veränderung der Erzählperspektive (z. B. statt auktoriale
Ich-Erzählsituation eine personale Ich-Erzählsituation, statt
Außenperspektive Innenperspektive o. ä.) umerzählt werden soll.
Diese Vorgaben kann man aber in der Regel nur dann optimal
erfüllen, wenn das Textverständnis, das man sich vor dem
Schreiben der Umerzählung durch die Analyse der literarischen
Vorlage erarbeitet hat, dafür eine solide Grundlage bietet.
Umerzählungsaufgaben können aber auch durch weitere Vorgaben
umgrenzt sein. Diese Angaben können
-
die Kommunikationssituation betreffen, in der die Geschichte
erzählt werden soll (z. B. bei einem Treffen mit Freunden,
Beteiligten oder auch Unbeteiligten des Geschehens) oder
-
die Textsorte bzw.
das Textmuster
genauer bestimmen, in dessen Strukturen der neue Text formuliert
werden soll (z. B. in einem persönlichen Brief an eine
bestimmte Person ein Geschehen erzählen, einen Tagebucheintrag
verfassen)
Beispiele:
-
Schildern Sie den
Ablauf des Geschehens aus der Sicht des Mannes. Gehen Sie dabei
auf seine Beweggründe und Gefühle ein. Finden Sie eine passende
Überschrift für die Geschichte.
-
Die Frau geht nach
dem, was sie erlebt hat, nach Hause, zieht sich in ihr Zimmer
zurück und vertraut ihre Gedanken und Gefühle ihrem Tagebuch an.