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Themenbereich: Mobile Payment
Bargeld und Plastikgeld ade? Wie eine neue Bezahltechnik den Alltag der Menschen verändert
"Bargeld
lacht" hieß es einmal. Doch inzwischen sind die Tage des Geklimpers in
Geldbörsen, Hosentaschen und an den Kassen offensichtlich gezählt. Manche
meinen sogar, dass das Bargeld in den nächsten 10 Jahren ganz verschwinden
wird. Der dumpfe Aufschlag einer Münzrolle an der Kasse, um das Wechselgeld
zu erhöhen, wird aus der Hörkulisse der Ladengeschäfte verschwinden.
Natürlich haben wir uns schon längst daran gewöhnt, bargeldlos zu bezahlen.
Und auch unsere Löhne und Gehälter werden uns schließlich nicht mehr am
Zahltag, am Zahltisch in einem Umschlag überreicht, sondern landen auf
unserem Konto. Aber auch in unserem Alltag hat sich das "Plastikgeld" längst
einen festen Platz erobert. Wer heute noch raucht, muss die Kippen schon
seit längerem mit der Giro- bzw. der Kreditkarte am Automaten ziehen.
Parkuhren schlucken unsere Plastikkarten für eine kleine Weile und an der
Tankstelle zücken wir immer häufiger die Giro- oder Kreditkarte. Was also
soll dann noch das ganze Bargeld, das ewige Ärgernis mit den 1-, 2- und
Fünf-Cent-Münzen, die man in der Hektik des Bezahlalltags an der
Discounter-Kasse mit einer Schlange von Kunden hinter sich kaum mehr aus dem
Geldbeutel oder der Münztasche in der Jeans herauszupfriemeln sich getraut. Schon in wenigen Jahren wird alles ganz anders sein: Dann wird man nur noch
sein Handy bzw. Smartphone dabeihaben, um den Wochenendeinkauf zu bezahlen
und anschließend zum Essen oder ins Kino zu gehen. Eine Entwicklung im
Übrigen, die in Schweden, das dabei allen vorangeht, längst schon Realität
geworden ist. So hat also auch der Abgesang auf das herkömmliche Plastikgeld
schon begonnen. Mit der Near Field Communication (NFC) ist ein
Übertragungsstandard im Kommen, der den kontaktlosen Austausch von Daten per
Funk über kurze Strecken ermöglicht. Eine Revolution gegen das Kleingeld,
und nicht nur das. Aber: Bargeld und E-Geld haben natürlich auch ihre Vor- und Nacheile. Für
Bargeldgegner ist die Angst groß, beklaut zu werden, oder man will von
Bargeld vielleicht deshalb nichts mehr wissen, weil man einmal auf einem
gefälschten Fünf-Hunderter sitzengeblieben ist (aber der soll lt. Beschluss
der Europäischen Zentralbank (EZB) sowieso abgeschafft werden). Die
Befürworter von E-Geld führen dazu gerne ins Feld, dass der Umgang damit
hygienisch einwandfrei ist und das Geld weder Platz beanspruche noch Gewicht
habe. Aber: So manchem Zeitgenossen ist es einfach wichtig, dass man Bargeld
"anfassen" kann und schnell überprüfen kann, wie viel man davon in der
Tasche hat. Außerdem wird vorgebracht, dass das Ganze einfach
zeitaufwändiger und für ältere Menschen kaum handhabbar sei. Und wenn das
Bezahlen dann noch nur mit einem aufgeladenen Handy oder Smartphone
funktioniere, dann sei die Abhängigkeit von der Technik einfach zu groß.
Aber noch schwerwiegender: Die Zahlungen, die vorgenommen werden, lassen
sich auf einzelne Personen zurückführen, die Anonymität des bargeldlosen
Zahlens gehe damit verloren und damit auch wieder ein wichtiges Stück
Privatsphäre. In einigen Ländern Europas ist schon heute verboten Zahlungen über 5.000
Euro mit Bargeld zu begleichen. Damit sollen Schwarzarbeit, organisierte
Kriminalität und Steuerhinterziehung bekämpft werden. In Deutschland ist
noch offen, ob, wann und in welcher Höhe eine solche Beschränkung eingeführt
wird. Wie Andreas Cappell, Head of Product bei wer-kennt-wen.de und Autor der
Lfm-Broschüre „Mobile Payment: Einfach auf den Punkt gebracht“ (2012) (1),
betont, haben es vor allem die Aspekte in sich, die – je nach Standpunkt und
Grundüberzeugung - sowohl positiv als auch negativ bewertet werden können. "Am kritischsten", so heißt es da, "sollte man die als neutral bezeichneten
Punkte des E-Geldes betrachten. Manche finden es einfach gut, wenn alle
Geldbewegungen aufgezeichnet werden, weil sie so ihre Ausgaben besser
kontrollieren und ihre Haushaltskasse besser führen können. Andere meinen,
dass sich so die lästige Aufstellung für die Lohnsteuererklärung ans
Finanzamt leichter anfertigen lässt. Zudem sei es auch positiv zu bewerten,
dass man zur Sicherheit vor jeder Transaktion eine PIN oder ein Passwort
eingeben müsse. Aber, das was als Vorteil gesehen wird, hat auch klare Schattenseiten. So
machten staatliche Behörden schon längst von den so entstandenen Daten
Gebrauch. Im ganzen Euroraum werden nämlich mit dem Argument der
Terrorismusbekämpfung digitale Kontobewegungen und Fluggastdaten
grenzübergreifend ausgetauscht. Durch NFC würden nun, und das ist einer der entscheidenden Aspekte, auch
Kleinstgeldbewegungen erfassbar. Dabei muss man sich einmal die Konsequenzen
klarmachen: Wenn das Bargeld gänzlich abgeschafft würde, betont Gerald Mann,
Professor für Volkswirtschaftslehre an der FOM Hochschule in München,
könnte der Staat "jede Transaktion überwachen. Wer politisch unliebsame
Bücher oder Zeitschriften kauft, könnte sofort erkannt werden. George Orwell
würde sich angesichts des ‚gläsernen Zahlers‘ verwundert die Augen reiben,
weil es seine Erwartungen noch übertrifft.“ (2) Aber noch eine andere Gefahr
steckt im Detail: Wenn die Bürger kein Geld mehr abheben können, werden sie
vollkommen von den Banken und dem Bankensystem abhängig. Und das steht, wie
die Krisen der vergangenen Jahre gezeigt haben, durchaus auf wackeligen
Beinen. Und im Krisenfall hätte dies fatale Folgen, wie Harald Schumann im
Tagesspiegel online im Februar 2016 schreibt: "Würde aber privates Geld nur
noch als Bankguthaben existieren, wäre das die Einladung, alle
Krisenverluste per Negativzins, Gebührenwucher und notfalls Umwandlung in
Aktienkapital auf die Kunden abzuwälzen.“ (3) Angesichts der
Entwicklungen im Euro-Raum und die Einführung von Strafzinsen für Banken,
die ihr Geld bei der EZB parken, statt es als günstige Kredite in die
Wirtschaft zu pumpen, ist jedenfalls bei weiter anhaltender
Niedrigzinspolitik der Notenbanken abzusehen, dass in einer bargeldlosen
Zukunft auch größere Sparguthaben - in welcher Höhe ist derzeit nicht
absehbar - mit Negativzinsen belastet werden können, ohne dass man dies
durch eine Flucht ins Bargeld vermeiden kann. Die beteiligten Unternehmen, wie z. B. Google interessiert es weniger, was
eine einzelne Person kauft, allerdings sollen bestimmte Verhaltensmuster
Aufschluss darüber geben, welche Werbung zu ihr passt. Aber die Unternehmen
könnten natürlich auch vom Staat verpflichtet werden, die von ihnen
ermittelten Daten zum Geldausgabeverhalten des einzelnen herauszugeben. In
manchen Bereichen ist das ja heute schon üblich. So zählen die
Kreditkarteninformationen von Fluggästen zum festen Bestandteil von
angefragten Fluggastdaten. Können dann z. B. alle anderen Daten, die bei
bargeldlosem Bezahlen entstehen, zusammengefügt werden, reicht vielleicht
schon der Einkauf eines regierungskritischen Buchs dazu, um sich verdächtig
zu machen und in das Visier von Ermittlern zu geraten. Nicht auszudenken,
wenn solche Daten in die Hände der falschen Leute geraten, die mit auf
Mobile Payment ihre Gesinnungsschnüffelei perfektionieren können. Mobile Payment ist natürlich auch ein Milliardengeschäft für Banken von
Käufer und Händler und die beteiligten Kreditkartenunternehmen. "Sie
prüfen“, so Cappell in der LfM-Broschüre weiter, "etwa die Zahlung an sich
und gleichen ab, ob der Verbraucher kreditwürdig ist oder stellen
Kartenlesegeräte und Terminals zur Verfügung. Dafür verdient jeder Akteur am
Bezahlvorgang mit – und das System wird potenziell unsicherer. Neben
Manipulationen an Kartenlesegeräten und Geldautomaten per
Skimming(4) sind auch
die Übertragungswege der elektronischen Zahlung und die Datensicherheit ein
wichtiges Thema."Linktipp: (LfM: MOBILE PAYMENT. einfach auf den Punkt gebracht, 2012)
Worterklärungen:
NFC: Die Near Field Communication ist ein
Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten per Funk über
kurze Strecken und wurde 2002 gemeinsam von nxP semiconductors (vormals
Philips) und sony entwickelt.
Skimming: Kopieren des Magnetstreifens,
Ausspionieren der PIN am Geldautomaten, Duplizieren der Karte. Dabei wird am
Schlitz des Zahlungsterminals ein Lesegerät angebracht, das die Daten der
eingeschobenen Karte kopiert. Über eine Videokamera, die das Zahlenfeld
anvisiert, wird die Geheimnummer des Kunden aufgenommen. Mit den Daten wird
die Karte dupliziert und anschließend zum schaden des rechtmäßigen
Besitzers missbraucht.
Anmerkungen:
1) vgl. http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/nrw_digital/DK_Mobile_Payment.pdf
2)
http://www.focus.de/finanzen/banken/autor-gerald-mann-im-interview-die-buerger-muessen-sich-damit-abfinden-die-bargeldabschaffung-kommt-ganz-sicher_id_4725888.html
3)
http://www.tagesspiegel.de/meinung/bargeld-abschaffen-buerger-waeren-dem-bankensystem-ausgeliefert/12990202.html
4) Skimming: Verfahren, bei dem
der Magnetstreifens der Karte kopiert wird und die PIN am Geldautomaten
ausspioniert wird. Oft wird dazu am Schlitz des Zahlungsterminals ein
Lesegerät angebracht, das die Daten der eingeschobenen Karte kopiert. Über
eine Videokamera, die das Zahlenfeld anvisiert, wird die Geheimnummer des
Kunden aufgenommen. Mit den Daten wird die Karte dupliziert. Dann wird oft
in kurzer Zeit das Konto, soweit es geht, abgeräumt.
Linktipp:
teachSam-YouTube-Playlist: Mobile Payment
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
30.12.2023
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