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Formen der Nacherzählung

Überblick

Eine Geschichte nacherzählen

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Schreibformen Schreibformen in der Schule
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Nacherzählen traditionell und modern

Das Nacherzählen und insbesondere die traditionelle texttreue Nacherzählung spielen heute bei den schulischen Schreibformen nicht mehr die Rolle, die es früher einmal hatte.

Heutzutage begegnet einem die Nacherzählung in einem meist gestalterisch angelegten, kreativen Schreibprozess, der die "sklavische" Bindung an den nachzuerzählenden Text im Sinne von Texttreue überwunden hat und sie stärker kommunikativ ausrichtet.


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Texttreues Nacherzählen

As man sich wenig Gedanken darüber machte, ob ▪ schulische Schreibformen einen Bezug zur künftigen Lebenspraxis von Schülerinnen und Schülern haben, stand das mündliche und schriftliche Nacherzählen, vor allem in den Klassen 5 - 7 hoch im Kurs.

Den Schülerinnen und Schülern wurde dazu oft eine Geschichte vorgelesen, manchmal sogar einige Zeit vor der Abfassung, die sie aus dem Gedächtnis nacherzählen sollten.

Man erhoffte sich davon nicht nur eine Verbesserung der Gedächtnisleistungen, sondern auch positive Effekte auf die Konzentrationsfähigkeit und durch die Orientierung am sprachlichen Vorbild eine allgemeine Steigerung der Sprachkompetenzen. Vor allem Schülerinnen und Schüler, die noch oft Dialekt sprachen, sollten auf diese Weise an die Standardsprache herangeführt werden. (vgl. Fritzsche 1994, S.139)

Als reine Reproduktionsaufgabe kam es darauf an, "Ereignisse, Abhandlungen, Geschehnisse, Informationen, Handlungsabläufe möglichst lückenlos, folgerichtig, anschaulich - wenn notwendig lebendig und spannend wiederzugeben." (Thalheim, Unterrichtspraxis Aufsatz 1998, S.37)

So textnah wie möglich, zugleich aber so frei wie nötig, lautete dabei die Devise. Dies war aber zugleich das Dilemma, in das die Schreibform die Schülerinnen und Schüler stürzte. So wurde Vorlagentreue eingefordert und auf der anderen Seite die gegenläufige Forderung erhoben, "der Schüler solle zwar dasselbe sagen, aber mit eigenen Worten" (Fritzsche 1994, S.137).

Nicht nur deshalb hält man heute in der Schule wenig vom traditionellen Nacherzählen "als 'bloße' Gedächtnisübung' und papageienhafte(m) 'Nachsagen' (Sennlaub 1980)" (ebd.) und dem Erzählen zur Textvergewisserung, die es sonst im außerschulischen Leben so gut wie gar nicht gibt.

Dennoch ist das Nacherzählen nicht gänzlich aus der Schule verschwunden, sondern hat in anderer Form noch immer seinen Platz auf unterschiedlichen Altersniveaus. Das eher Kindern, die sich noch nicht, wie z. B. bei der Inhaltsangabe, vom inhaltlichen Verlauf und dem vorgegebenen Handlungsgang lösen können, vorbehaltene (texttreue) Nacherzählen hat damit auch die Beschränkung auf eine bestimmte Altersgruppe hinter sich gelassen.

Aneignendes Nacherzählen

Beim aneignenden Nacherzählen kommt es nach Frommer (1984) letztlich nicht mehr darauf an, ob es dem Ausgangstext inhaltlich und sprachlich weitgehend entspricht oder nicht. Wichtig ist dagegen vor allem, wie es seinen Bezug auf den Ausgangstext gestaltet.

Dabei kann sich der Verfasser bzw. die Verfasserin die Vorlage weitgehend willkürlich zu eigen machen und sie so verändern, wie es seinem eigenen Textverständnis entspricht. (vgl. Fritzsche 1994, S.138)

Das aneignende Nacherzählen versteht sich als Konkretisation und wird als Ausgangpunkt für die Interpretation eines literarischen Textes auf der Grundlage rezeptionsästhetischer Überlegungen gesehen.
Sie stellt, wenn man so will, auch eine Art Vorverständnis des Textes dar und ist dabei durchaus mehr als nur das, was er "von der Erzählung behalten hat", wie Fritzsche (ebd., S.139) meint. Methodisch kann damit allerdings das Ziel verfolgt werden, in der Klasse die Unterschiede der Erstrezeptionen festzustellen und der Frage nachzugehen, "wie wesentlich die Unterschiede sind und wie es zu diesen gekommen ist." (ebd.)

Beispiel:

Literarische Nacherzählung zu Wolfgang Borcherts "Nachts schlafen die Ratten doch"

Partnergerichtetes Nacherzählen

Bei diesem Typ soll sich die Nacherzählung an einem vorgegebenen Adressaten orientieren und z. B. dessen Auffassungsvermögen und Interesse berücksichtigen.

Diese Form des Nacherzählens kann z.B. mit Arbeitsaufträgen versehen sein,

  • welche die Übertragung eines älteren Textes (z. B. Fabeln oder Schwänke) in eine zeitgemäße modernere Sprache verlangen

  • welche die Umgestaltung eines ehedem an Erwachsene gerichteten Textes fordern, so dass er an Jugendliche adressiert ist

Dabei ist allerdings der Übergang zum literarischen Nacherzählen eher fließend.

Literarisches Nacherzählen

Hier soll der Verfasser / die Verfasserin der Nacherzählung bewusst selbst gewählte sprachliche Mittel zur Gestaltung seiner Nacherzählung verwenden.

Perspektivisch-umgestaltendes Nacherzählen

Außer den genannten Nacherzählungstypen lassen sich auch bestimmte textproduktive Verfahren beim kreativen Schreiben zur Nach- und Umgestaltung in schriftlicher Form vorgelegter Texte ( produktive Textarbeit) als Formen der Nacherzählung auffassen, auch wenn es sich dabei eher um einen Umerzählungsvorgang handelt. Weil es bei diesen Umerzählungen mehr auf die gestalterischen Fähigkeiten des Verfassers ankommt, hat man das dabei entstehende Textprodukt auch umgestaltende Nacherzählung  (N. Menzel 1984) genannt.

Solche nacherzählenden Umgestaltungen können sehr vielfältig sein und mit unterschiedlichen Schreibaufträgen verbunden werden, die bis hin zur Travestie oder Parodie gehen können. (vgl. Fritzsche 1994, S.140)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 28.06.2024

   
 

 
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