 Die
lineare Erörterung*
ist ein Typ der
Problemerörterung, der
sich durch seine besondere Problemstellung und seine Art der Bearbeitung von
anderen Erörterungstypen, insbesondere der
dialektischen Erörterung,
abhebt. Nicht immer kommt dieser Typ in Reinform vor, da es auch
Mischtypen
gibt, bei denen nur ein Teil der Erörterung linear zu bearbeiten ist.
Linear bedeutet so viel wie geradlinig. Daher heißt dieser
Erörterungstyp deshalb linear, weil er seine inhaltlichen Gesichtspunkte in
einer geradlinig geordneten Abfolge entfaltet, die zweckmäßig ist und
sachlogisch begründet werden kann.
Die lineare
Erörterung als Sacherörterung
Der lineare Erörterungstyp wird auch als
Sacherörterung bezeichnet. Damit bringt man zum
Ausdruck, dass es dabei um die Erarbeitung und Abgabe begründeter
Sachurteile zu einem
Problem, Ereignis oder
Sachverhalt
geht. Passend zu diesem Begriff wird dann auch von einer
Sachfrage (= Ergänzungsfrage)
gesprochen, die es bei der linearen Erörterung zu beantworten gilt.
Nicht besonders hilfreich ist allerdings, die lineare Erörterung als
steigernde Erörterung zu bezeichnen.
Denn dieses
allgemeine Gliederungsprinzip
kann ebenso gut eine dialektische Erörterung strukturieren.
Die
lineare Erörterung als Antwort auf eine Ergänzungsfrage
Die Erörterungsthemen (Themenstellung)
geben im Allgemeinen klare Hinweise auf diesen Erörterungstyp. Lineare
Themen sind meistens als Ergänzungsfragen gestellt. Ist dies nicht der Fall, können
sie ohne großen
Aufwand in
Ergänzungsfragen
verwandelt werden. ("Die Ursachen des Waldsterbens" wird zu: "Welche
Ursachen hat das Waldsterben?") Die Ergänzungsfrage soll im Gegensatz zur so genannten
Entscheidungsfrage, die der
dialektischen Erörterung
zugrunde liegt, den Bearbeiter bzw. die Bearbeiterin des Themas
veranlassen, sich über einen Aspekt, ein Element oder eine Komponente eines
Sachverhaltes zu äußern. ( vgl.
Engel,
1996)
Grenzfälle zwischen linearer und dialektischer Erörterung*
Wird die Bestimmung des Erörterungstyps allein auf die Art, der ihr jeweils
zugrunde liegenden Frage (Ergänzungsfrage oder Entscheidungsfrage)
zurückgeführt, gibt es allerdings Themen, die sich, streng genommen,
zwischen diesen beiden Polen bewegen.
Themen wie "Welche Vor- und Nachteile hat der moderne
Massentourismus?", Chancen und Risiken der modernen
Informationsgesellschaft" oder "Welche Möglichkeiten und Grenzen sehen
Sie in der Entwicklung der Gentechnologie?" könnten nämlich durchaus
wie reine Ergänzungsfragen behandelt werden. Ihre antithetische Struktur (z.
B. Vor- vs. Nachteile) wird dann in zwei verschiedene Sachfragen als
Themafragen aufgelöst.
In diesem Fall werden aus dem Thema "Chancen und Risiken der
Informationsgesellschaft" zwei Ergänzungsfragen gewonnen, z. B.:
-
Welche Vorteile bringen die technischen und
sozialen Entwicklungen der Informationsgesellschaft dem Einzelnen und
der Gesellschaft?
-
Welche Nachteile und Gefahren bringen die
technischen und sozialen Entwicklungen der Informationsgesellschaft dem
Einzelnen und der Gesellschaft?
In der schulischen Praxis reicht dies freilich nicht aus.
Solche antithetisch angelegten Themen implizieren im Allgemeinen stets die
Entscheidungsfrage: "Überwiegen Ihrer Ansicht nach die Vor- oder die
Nachteile?" und damit wird eine Entscheidung verlangt. Insofern ist
in der Schule bei solchen antithetisch angelegten Themen in der Regel von
einem dialektischen Erörterungstyp
auszugehen. Dies entspricht auch dem Empfinden und den Erfahrungen von
Schülerinnen und Schüler, wenn sie auf "Pro-und-Contra-Themen"
treffen.
*Die Unterscheidung in einen einfachen linearen und einen
antithetisch-linearen Erörterungstyp wird unter dem Blickwinkel der
schulischen Schreibaufgabe aufgegeben.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.01.2017
|