Einen Mangel anzeigen bzw. rügen
Wer
heutzutage als Verbraucher eine Ware kauft oder als Kunde eine
Dienstleistung in Anspruch nimmt, geht im Allgemeinen davon aus, dass diese
in einem funktionsfähigen Zustand ist, oder, im Falle einer Dienstleistung,
so ausgeführt bzw. erbracht wird, wie das versprochen oder vereinbart worden
ist. Ist dies nicht der Fall, kann man reklamieren (lateinisch reclamatio =
Gegengeschrei, das Neinsagen, zu: reclamare)
Kommt es zu Beanstandungen
und Reklamationen können diese (fern-)mündlich oder schriftlich
vorgebracht werden. Oft empfiehlt es sich, solche Mängelanzeigen in
Schriftform abzufassen und mit Zustellungsurkunde (Einschreiben) dem
Verkäufer zukommen zu lassen, um sich rechtlich abzusichern. Dieser Brief
wird als ▪ privater Geschäftsbrief
abgefasst. Wenn kein Anspruch auf kostenlose Garantieleistungen
(Gewährleistungsfrist) besteht, muss man auftretende Mängel meistens
unverzüglich anzeigen. Wenn es kein verdeckter Mangel oder ein Mangel ist,
der mit Absicht verschwiegen wird, kann man sein Recht auf Gewährleistung
seitens des Verkäufers, des Vermieters oder des Reiseveranstalters gar nicht
oder nur schwer geltend machen. Im Handelsrecht bezeichnet man mit dem Begriff Mängelrüge
(Mängelrügenobliegenheit nach § 377 HGB) eine Sonderregelung, die beim
Handelskauf (ein Kauf, bei dem beide Vertragspartner Kaufmannseigenschaft
haben, B2B) gilt.
Arten
von Mängelanzeigen
Grundsätzlich lassen sich drei
verschiedene Arten von Mängelanzeigen unterscheiden:
-
Mängelanzeigen bei
einer gekauften Sache
-
Mängelanzeige bei einer
vermieteten Sache
-
Mängelanzeige beim
Reisevertrag
zu 1) Wer eine gekaufte Sache
gegenüber dem Verkäufer beanstandet, weil sie Mängel hat, sollte die Sache
eindeutig nennen (z. B. Artikelbezeichnung, Artikelnummer, Kaufdatum, ggf.
Ablauf der Gewährleistungsfrist (Garantie) und die Mängel genau beschreiben.
Allgemeine Formulierungen, wie z. B. "Das Ding funktioniert nicht richtig"
reichen dafür nicht aus und zwingen den Verkäufer nicht zur
Sachmängelhaftung.
zu 2) Wer an seiner Mietsache, z. B.
in seiner Mietwohnung, Mängel feststellt, kann diese unter genauer
Beschreibung der festgestellten Mängel gegenüber seinem Vermieter geltend
machen (Mängelhaftung). Allerdings ist der Mieter auch verpflichtet, dem
Vermieter rechtzeitig Mängel anzuzeigen, welche dieser zum Schutz der
Mietsache gegen nicht vorhersehbare Gefahren ergreifen muss.
zu 3) Wer auf einer gebuchten
Urlaubsreise dem Reiseveranstalter auftretende bzw. aufgetretene Mängel
nicht in einer bestimmten Frist anzeigt, darf nicht auf Mängelhaftung durch
den Dienstleister hoffen. Bestenfalls sind dann noch Kulanzleistungen drin.
Hat eine Kunde mit seiner Reklamation recht
und wird diese vom Verkäufer akzeptiert oder bekommt der Kunde in einem
Gerichtsverfahren Recht zugesprochen, kann er
-
Vom Kaufvertrag
zurücktreten (Wandlung)
-
Den Umtausch der Ware
verlangen (Ersatzlieferung)
-
Einen Preisnachlass
verlangen (Minderung)
-
·Die
Reparatur/Nachbesserung der Sache fordern
-
Ggf. Schadenersatz
geltend machen
Worum geht es?
Inhaltlich muss aus dem
Reklamationsschreiben klar und verständlich hervorgehen,
-
welche
Sache, welches Produkt oder welche Dienstleistung beanstandet wird
-
welcher
Art der reklamierte Schaden ist und welchen Umfang er hat
-
welche
Forderungen der Kunde an den Verkäufer stellt
-
welche
Fristen dem Verkäufer für seine Antwort, für die Beseitigung des Mangels
oder den Umtausch vom Käufer gesetzt werden
Diese Angaben müssen gemacht werden
Zwingend angeben werden müssen auch, soweit
vorhanden,
Sprachlich-stilistische Gestaltung
Sprachlich-stilistisch können
explizite (performative) Formulierungen wie "Ich/wir möchten beanstanden"
verwendet werden, um eine Reklamation als solche kenntlich oder verbindlich
zu machen, grundsätzlich bedarf es solcher Formulierungen indessen nicht.
Besser ist es im Betreff eine Formulierung
zu verwenden, welche die Funktion des Schreibens verdeutlicht, z. B. "Mängel
des Heimtrainers xy/Reklamation". (▪
Musterbrief
1/4) Vorgeschrieben ist dies allerdings nicht.
Die
inhaltliche Gliederung des Haupttexts
Der
▪
Haupttext (Brieftext i. e. S.) muss, abhängig von der
Kommunikationssituation und vorangehenden Kommunikationsereignissen, auf
die man u. U. Umständen Bezug nehmen kann oder muss, ohne einen
besonderen Briefeinstieg gestaltet werden. Es empfiehlt es also
direkt zur Sache zu kommen.
Als
mögliche inhaltliche Gliederung des Haupttextes bietet sich z. B. an:
-
Ggf. Bezugnahme auf den
Kauf, die Buchung oder die Sache, die beanstandet werden soll (Artikel,
Dienstleistung etc.) und ggf. auf die zugesagten Qualitäten der Sache
-
Genaue Beschreibung des
Mangels/der Mängel
-
Forderungen an den
Verkäufer oder Anbieter der Sache
-
Nennung der Fristen zur
Beseitigung der Mängel bzw. zur Erfüllung der Forderungen
Situation:Sie haben als
Betreuer einer Jugendgruppe eine Studienfahrt nach München
vorbereitet und geleitet. Für den Aufenthalt haben Sie zwei
Übernachtungen mit Halbpension in einem Jugendhotel gebucht. Mit der
Unterbringung und der Verpflegung der zwölfköpfigen Gruppe waren Sie und
alle Teilnehmer sehr unzufrieden. Die sanitären Anlagen und das Mobiliar
der Zimmer befanden sich in einem katastrophalen Zustand: Die Matratzen
waren durchgelegen, Schranktüren waren nicht verschließbar, die Zimmer
ungenügend gereinigt. Das Frühstück war sehr dürftig und die angeblich
warme Mahlzeit am Abend war kalt. Aufgabe:
Schreiben Sie einen privaten Geschäftsbrief unter Beachtung der formalen
Kriterien an die Hotelleitung und schildern Sie detailliert die zu
beanstandende Situation. Stellen Sie mit Ihrer Beschwerde eine
angemessene Forderung zur Entschädigung. Ergänzen Sie fehlende Details
sinnvoll und fügen Sie dem Schreiben alle erforderlichen Angaben hinzu.
Musterbeispiel


Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.06.2020
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