Mündliches und schriftliches Argumentieren weist als Sprech-
bzw. Texthandlung zahlreiche Gemeinsamkeiten auf. In der
Kommunikation können beide medialen Formen unterschiedliche
Funktionen übernehmen und beides zielt darauf ab,
dass "zwischen zwei Interaktanten strittige,
konkurrentielle
Wissenselemente durch verbale Interaktion in ihrem Status
geklärt werden sollen" (Ehlich
1993, S.53f.), kurz gesagt
einfach
Strittiges zur Sprache gebracht werden soll.
Schriftliches
Argumentieren stellt eine "zerdehnte Kommunikation"
(asynchrone Kommunikation) dar, bei der Schreiber und der Rezipient
mit Hilfe des Schreibkommunikats (Text) in einem zeitlichen Abstand
und in räumlicher Ferne miteinander kommunizieren. In einer solchen
Kommunikation hat der Schreiber bei seiner Textproduktion keine
Kontrolle darüber, wie der Empfänger (Rezipient Hörer, Leser) den
Text verstehen wird. Um zumindest bis zu einem gewissen Grade
gewährleisten zu können, dass der Rezipient des Textes diesen in der
beabsichtigten Weise versteht, muss der Textproduzent sich klar,
präzise und verständlich ausdrücken, d. h.
sprechakttheoretisch
ausgedrückt, insbesondere den
propositionalen
Gehalt seiner Aussagen mit den entsprechenden sprachlichen Mitteln
sichern.(vgl. Ehlich
1983)
Um entsprechend der
▪
in bestimmten sozialen Gruppen (Bayer
1999, S.149) oder der ▪
in einer Gesellschaft als Ganzes vorhandenen Vorstellungen
darüber, "was in einer Alltagsargumentation geeignet ist - oder
ungeeignet, plausibel - oder unplausibel, zulässig - oder
unzulässig" ist (Kolmer / Rob-Santer 2002,
S.150) seine Standpunkte argumentativ vertreten zu können, erwerben
wir schon unseren Kindheitsjahren erste ▪
Grundkompetenzen.

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Für das
konzeptionell literale Argumentieren reichen indessen die
Grundkompetenzen nicht aus, denn "argumentativ überzeugende Texte
sind quantitativ und qualitativ etwas anderes als eine Liste guter
Argumente für oder gegen eine strittige Behauptung." (Feilke
2010a, S.156)
In jedem Fall ist das "»natürliche«"
Argumentationsverhalten" (Feilke
2010a, S.153) nur "unter größeren Schwierigkeiten" (ebd.)
für das schriftliche Argumentieren zu gebrauchen. Soll der Erwerb
der besonderen konzeptionell-literalen Kompetenzen in schulischen
Lehr- und Lernprozessen gefördert werden, bedarf es einer speziell
daran orientierten Didaktik mit spezifischen für den Erwerb dieser
Kompetenzen arrangierten Kontexten. (vgl.
ebd.)
oder anders
ausgd

Mündlichkeit und Schriftlichkeit
unterscheiden sich auf vielfältige Weise
Im Alltag ▪ argumentieren
wir meistens mündlich, tun dies aber auch unter bestimmten Umständen
auch schriftlich. Auch in der Schule kommen beide Formen vor. Im
Unterrichtsgespräch werden zu einem Thema, Sachverhalt oder Text
Argumente mündlich vorgebracht und ausgetauscht und zahlreiche
Schreibformen, die im Deutschunterricht gelernt werden, haben in
dieser oder jener Weise mit argumentierendem Schreiben zu tun.
Es ist daher wichtig, sich die grundlegenden Unterschiede zwischen Schreiben und Reden bzw. schriftlichem und
mündlichem Argumentieren einmal klarzumachen.
Oralität (Mündlichkeit) und Schriftlichkeit (Literalität) können dabei unter
pragmatischem
und/oder
textuellem Aspekt betrachtet werden.
Oralität und Literalität unter pragmatischem Aspekt
Für das Reden bzw. die Mündlichkeit (Oralität) gilt unter pragmatischem Aspekt,
dem Sprachhandeln in einer bestimmten Kommunikationssituation mit
einem oder mehreren Kommunikationspartner*innen ganz allgemein:
-
Sprecher und Hörer sind beide an der
▪
Kommunikation
beteiligt.
-
Der Sprecher kann auf die besonderen
Eigenarten des Hörers eingehen.
-
Der Hörer kann
Rückfragen an den Sprecher richten.
-
Aussagen können oftmals ohne
weiteres wiederholt werden.
-
Ein Sprecherwechsel
ist möglich.
-
Ebenso wichtig wie das, was mit Worten gesagt wird, ist das, was wir mit
so genannten paraverbalen Mitteln (z. B. Stimmmodulation und -dynamik.
Betonung, Sprechmelodie (Prosodie),
Einschüben wie "mmh") oder allgemein über unsere ▪
Körpersprache
mitteilen.
-
Beim mündlichen
Sprechen ist nicht nur die Standardsprache,
sondern sind auch Soziolekte und Dialekte möglich.
-
Mündlichkeit
zeichnet sich durch
Spontaneität, Assoziationsmöglichkeiten und eine höhere
Emotionalität aus.
-
Und: Das gesprochene Wort ist "flüchtig", d.h. es existiert,
sofern keine schriftliche oder elektronische Aufzeichnung vorgenommen wird, nur im Hier
und Jetzt.
Beim geschriebenen Wort bzw. der Schriftlichkeit (Literalität) ist das ganz anders.
-
Hier sind der Verfasser und der Adressat (Empfänger) eines Textes nicht in
vergleichbarer Weise an der Kommunikation beteiligt. Diese ist situationsentbunden.
Man spricht in diesem Zusammenhang auch von
zerdehnter Kommunikation.
-
Die Produktion und die
Rezeption des Testes erfolgen nicht zur gleichen Zeit.
-
Der Verfasser kann - insbesondere wenn sich seine schriftlichen Ausführungen nicht an
einen bestimmten Empfänger oder einen genau eingrenzten Adressatenkreis richten
- kaum
auf besondere Eigenarten eingehen.
-
Der Empfänger kann keine unmittelbaren Rückfragen an den Verfasser richten.
Reaktionen sind nur zeitversetzt möglich. Dadurch werden
Wiederholungen (Redundanz) eher vermieden.
-
Es stehen keine
paraverbalen und körpersprachlichen Kontaktsignale zur Verfügung.
Eigentlich nut Interpunktion (z. B. Ausrufezeichen und ä. verwendbar;
Ausnahme: so genannte Emoticons in der SMS-Kommunikation).
-
Im Allgemeinen
wird beim geschriebenen Wort die Standardsprache
verwendet.
-
Schriftliche
sprachliche Äußerungen sind planbar, eher
überlegt und zeichnen sich im Allgemeinen durch ihre größere Distanzierung von Emotionen
aus.
-
Und: Das geschriebene Wort steht "Schwarz auf Weiß"
geschrieben, d.h. es ist schriftlich dokumentiert.
Oralität und Literalität unter textuellem Aspekt
Unter textuellem Aspekt unterscheiden sich Oralität
und Literalität ebenfalls.