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Methoden des Literaturunterrichts

Textvergleich

Literaturunterricht

 
FAChbereich Deutsch
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Schreibaufgaben bei der Interpretation (Didaktische und methodische Aspekte)
Überblick
Vergleichende Interpretation

KMK-Operator: vergleichen

Wenn wir ein Geschichte, ein Buch oder einen anderen literarischen Text lesen, fallen uns dabei oft viele Dinge ein, mit denen wir das, was wir gerade lesen vergleichen. Wir denken bei der Rezeption einer Liebesgeschichte vielleicht an eigene Erfahrungen, lassen uns von einer Figur an einen Freund in unserem realen Leben erinnern oder führen uns ähnliche Situationen, die wir einmal erlebt haben, wieder vor Augen. Solche Vergleiche sind etwas ganz Selbstverständliches, tragen viele dazu bei, wie wir einen Text verstehen und welche Bedeutung wir ihm geben. Sind dies zunächst einmal textexterne (Vergleichs-)Faktoren, die wir zur Kohärenzbildung und, mehr oder weniger automatisch, zur ▪ Sinnkonstruktion verwenden.

Der Textvergleich ist eine der wichtigsten ▪ Methoden bzw. Verfahren des Literaturunterrichts. Der Vergleich von bestimmten Textphänomenen oder -merkmalen innerhalb eines Textes (intratextueller Vergleich bzw. intertextueller Vergleich) und der Vergleich zweier oder mehrerer Texte miteinander (intertextueller Vergleich) gehören daher auch zu den Standardaufgaben bei der mündlichen oder ▪ schriftlichen Textinterpretation in der Schule.

Der Textvergleich, der sich auch auf Textauszüge zweier oder auch mehrerer Texte beziehen kann, erfolgt im Allgemeinen unter Fokussierung auf einen oder zum Teil auch mehrere Vergleichsaspekte.

Vergleichsaspekte können dabei zum Beispiel die sprachlich-stilistische Gestaltung, die Verwendung von Motiven oder auch bestimmte, oft gattungsmäßig typische Strukturen. Vergleichen schärfe, so Spinner (2010, S.214ff.) in besonderer Weise den analytischen Blick und erleichtere textbezogene Argumentationen. Dabei könnten Vergleichsaufgaben in Form eines subjektiv wertenden, eher an Geschmacksurteilen orientierten Vergleichs, als Intertextueller, thematischer oder literarhistorischer Vergleich sowie als Stilvergleich, Fassungsvergleich, Gattungs- bzw. Textsortenvergleich, Adaptionsvergleich, Übersetzungsvergleich oder als Vergleich von Rezitationen, Vertonungen und Theateraufführungen sowie Vergleich von Rezensionen und Interpretationen gestellt werden (vgl. ebd.)

Kepser/Abraham (42016,S. 265ff.) bezeichnen diese Gruppe von "Methoden" als kontrastive Verfahren im Literaturunterricht. Unter dem Aspekt der Methoden die bei der Bewältigung ▪ schulischer Schreibaufgaben zur Interpretation verwendet werden, spricht man vom ▪ vergleichenden Interpretieren.

Dabei geht es im Kern immer um das Gleiche: "das Finden von Äquivalenzen (was ist gleich oder zumindest ähnlich) und das Erkennen von Unterschieden" (Spinner 2010., S.215) und die Nutzung dieser Erkenntnisse für ein vertieftes Textverständnis. Dabei kann der Vergleich durchaus von intuitiv und subjektiv empfundenen Analogien (subjektiv-wertender Vergleich) ausgehen, ehe die dabei gemachten Beobachtungen im Rahmen ▪ kognitiv-analytischer Umgangsweisen genauer analysiert wird. Dabei sollte allerdings das Verhältnis von ▪ Analyse und Interpretation schreibaufgabenabhängig sehr flexibel gestaltet werden.

Vergleich als literaturwissenschaftliches Konzept

Der Vergleich als literaturwissenschaftliches Konzept reicht dabei zurück bis in die »positivistisch geprägte Phase des Umgangs mit Literatur im 19. Jahrhundert, die es als eine ihrer Hauptaufgaben verstand, verschiedene Fassungen eines Werks miteinander zu vergleichen. (vgl. Klein/Vogt 31974, S.30)

In der neueren Literaturwissenschaft steht dagegen das »strukturalistische bzw.» poststrukturalistische »Konzept der Intertextualität Pate, das aufzeigen will, dass Texte und dabei vor allem literarische, sich nicht in einem Vakuum befinden, sondern stets auf andere Texte bezogen sind.

Dabei spielt die wissenschaftliche Fundierung des postrukturalistischen Intertextualitätskonzeptes durch »Julia Kristeva (geb. 1941), »Roland Barthes (1915-1980) oder »Harold Bloom (1930-2019) im Rahmen des schulischen Literaturunterrichts sicherlich eine untergeordnete Rolle. Ansätze aber, wie die von »Harold Bloom (1930-2019), der "gar nicht den Text als das wesentliche Phänomen, sondern die Beziehung zwischen den Texten, und zwar auch zu den persönlichen Texten des Lesers" (Kepser/Abraham 42016,S. 265) für relevant hält, auch für die Literaturdidaktik mehr a interessant, zumal dahinter auch das Vergleichen als einer der fundamentalen Prozesse bei der Literaturrezeption sichtbar gemacht wird, wie es auch ▪ kognitionspyschologische Konzepte des Textverstehens immer wieder betonen. So sind Vergleiche, die mit schon vorhandenen mentalen Repräsentationen unterschiedlichster Art bei der Rezeption vorgenommen werden, für die ▪ Sinnkonstruktion, den Aufbau eines ▪ Situationsmodells, grundlegend: "Diese Figur erinnert mich an meinen Vater ..." oder "Dieser Schauplatz erinnert mich an den Ort, wo ich aufgewachsen bin ..." oder "Diese Geschichte erinnert mich an einen Film, den ich vor kurzem gesehen habe ..." und viele ähnliche "persönliche Texte" nehmen also großen Einfluss darauf, wie wir Texte verstehen.

Kontrastive Verfahren bei der schriftlichen Textinterpretation

Schreibaufgaben, die zu einem intratextuellen oder intertextuellen Vergleich auffordern, können sich auf ganz verschiedene Vergleichsaspekte beziehen. die in der Schreibaufgabe explizit vorgegeben sein sollten. Natürlich ist auch eine Schreibaufgabe in einem vollständig offenen Format (z. B. "Vergleichen Sie die beiden Texte ..." oder "Vergleichen Sie die beiden Fassungen") denkbar, stellen aber deutlich höhere Ansprüche, wenn Schülerinnen und Schüler eigenständig geeignete Vergleichsaspekte auswählen und anwenden müssen. Dies ist jedenfalls ohne ausreichende Übung und entsprechende Schreiberfahrungen kaum zu bewältigen.

Es gibt eine vergleichsweise große Zahl von Aspekten, die bei einer Schreibaufgabe zum Textvergleich eingefordert werden können. Dabei muss es nicht ein einzelner Vergleichsaspekt sein, sondern es können durchaus auch verschiedene Vergleichsaspekte vorgegeben werden. Immer geht es auf der Ebene des jeweiligen Vergleichsaspektes um das Erkennen, Analysieren, Interpretieren von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den Textstellen oder zum Textkorpus des Vergleichs zählenden Texten, die zudem abgestuft nach ihrer Differenzqualität beurteilt werden müssen.



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Tabellarischer Überblick über kontrastive Verfahren bei der Textinterpretation

Matthis Kepser und Ulf Abraham (42016,S. 265-270) haben die im obigen Mind Map und in der folgenden Tabelle aufgelisteten kontrastiven Verfahren unterschieden, die hier mit ein paar Aspekten aus Spinner (2010, S.217) und Beispielen auf der teachSam-Webseite ergänzt sind. In der schulischen Praxis werden sehr häufig verschiedene Vergleichstypen miteinander kombiniert und aus dieser Kombinatorik lassen sich, wenn man so will, weitere komplexere Vergleichstypen generieren.

Vergleichstyp

Zugrundegelegter Textkorpus

Merkmale und Beispiele

Synchroner Vergleich

  • Texte, die in demselben Zeitraum entstanden sind

  • Texte, die zu derselben Literaturepoche zählen

  • Texte, die der gleichen Strömung zugeschrieben werden

  • Texte ein und desselben oder verschiedener Autorinnen und Autoren

Diachroner Vergleich
(historischer Vergleich)

  • Texte, die aus zeitlich weiter auseinander liegenden Zeiträumen stammen

Thematischer Vergleich
(auch: Motivvergleich)

  • Texte, die ein bestimmtes Thema behandeln

  • Erkennen, wie bestimmte menschliche Erfahrungen und Vorstellungen über das Leben in unterschiedlicher Art und Weise literarisch gestaltet werden können

  • oft kombiniert mit Vergleichen zur sprachlich-stilistischen Gestaltung (Stilvergleich) (vgl. Spinner 2010, S.217)

Motivvergleich

  • Erkennen, wie typische Grundsituationen menschlichen Lebens in unterschiedlichen literarischen Texten in diesen strukturbildenden und bedeutungstragenden (semantischen) Einheiten gestaltet werden und welche Deutungspotential unterschiedliche Motive und ▪ Typen von Motiven dem Rezipienten zur Verfügung stellen

  • Beispiele: ▪ Robinsonmotiv, ▪ Farbmotive (z. B. Symbol der blauen Blume in der Literaturepoche ▪ Romantik, ▪ Motiv des Lichts

Lebensweltlicher Vergleich

  • reflektiertes Einbringen der eigenen persönlichen Situation, aktueller Fragestellungen und historischer Zeugnisse in den Vergleichsvorgang

Textsortenvergleich

  • Erkennen und Herausarbeiten bestimmter formal-ästhetischer gemeinsamer Merkmale, ihrer kommunikativen Funktion ...

  • Stilvergleich mit Bezug zur Gattung ; auch als Vergleich zwischen literarischen und nichtliterarischen Texten (vgl. Spinner 2010, S.217)

  • Beispiele: Zeitungsbericht und Ballade

  • Problem: Tendenz zu einem formalistischen Vergleich, Vernachlässigung von Kontexten, einseitig kognitiver Textzugang

Adaptionsvergleich
(intermedialer Vergleich)

  • Textkorpus, bei dem der ursprüngliche Text (Prä-Text) in einer anderen medialen Form vorliegt als der spätere Post-Text

  • Erkennen der Muster, der Intentionen beim Transfer eines Textes in ein anderes Medium und das Herausarbeiten der Unterschiede

  • Vergleich von Textvorlage und Umsetzung oder um den Vergleich verschiedener Rezitationen, Vertonungen und Inszenierungen der gleichen Vorlage

  • Beim Vergleich von Rezitationen oder von Theateraufführungen Akzentuierung der Frage, welche unterschiedlichen Sinnaspekte jeweils aufgegriffen, entfaltet, aktualisiert, vielleicht auch dekonstruiert werden (vgl. Spinner 2010, S.218)

  • Beispiele: Literaturverfilmungen, Hörspieladaptionen, Bühnenfassungen ehemaliger Prosatexte, Comicadaptionen oder Umsetzungen von Bilderbüchern in interaktive e-Books etc.

Plot- und Stoffvergleich

  • mindestens zwei oder auch mehrere Texte, von denen sich einer oder mehrere Post-Texte auf das Erzählgerüst (plot) des ursprünglichen Prä-Textes beziehen

  • mehrere Fassungen, die ein Autor oder eine Autorin für einen Text geschrieben hat (Fassungsvergleich) (vgl. Spinner 2010, S.217)

Übersetzungsvergleich

  • literarischer Text, der in einer oder verschiedenen Übersetzungen vorliegt

 

  • Erkennen von Art und Ausmaß der eigenständigen Interpretation und Inszenierung, die Übersetzungen an ihren Pärtexten vornehmen (interkultureller Vergleichsaspekt, der an der Multikulturalität unserer Gesellschaft ansetzt und die Integration fördern kann)

  • Beispiele: gemeinsame Stoffe, die z. B. in Märchen und Sagen unterschiedlicher Kulturen vorkommen

Zielgruppenvergleich

  • Texte, die klar oder weniger klar an eine bestimmte Rezipientengruppe als Zielgruppe adressiert sind

  • Erkennen und Herausarbeiten von relevanten Merkmalen für den Zielgruppenvergleich z. B. unter Alters-, Bildungs- und Genderaspekten; u. U. Reflexion der eigenen Leserbiografie, wenn z. B. Kinder- und Jugendliteratur Gegenstand des Vergleichs wird

  • Beispiele: Mädchen- und Jungenliteratur, Jugendkrimis vs. Erwachsenenkrimis etc.

Wertender Vergleich

  • zwei oder mehrere Texte

  • kritische Beurteilung der inhaltlichen, formal- und wirkungsästhetischen Aspekte der Texte im Vergleich miteinander auf der Basis plausibler, nachvollziehbarer Begründungen

Aufgabentypen für die vergleichende Textinterpretation

Bei der ▪ Konzipierung von Schreibaufgaben für die textvergleichende Interpretation ist besonders zu beachten, dass die dafür verwendeten ▪ Aufgabentypen sie nicht so leicht zum bloßen Aufzählen von Gemeinsamkeiten verleiten können, sondern Textanalyse und Interpretation als Wege zur Problemlösung stets eng aufeinander bezogen und ineinandergreifende Operationen darstellen müssen.

Schreibaufgaben bei der Interpretation (Didaktische und methodische Aspekte)
Überblick
Vergleichende Interpretation

KMK-Operator: vergleichen

Gert Egle, zuletzt bearbeitet m: 18.07.2024

   
 

 
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