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Text
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Barock (1600-1720)
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Lyrik des Barock
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Lieder
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Liederbücher
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Venus-gärtlein (1656)
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Textauswahl
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Bausteine
Das Lied im
Venus-Gärtlein (1456), das mit der
Verszeile ▪
ACh ich armes Mägdlein klage
beginnt, trägt die Überschrift
Die kan keinen Mann bekommen. In der Wiedergabe der Fassung des Gedichts von
Waldberg (1890,
S. 92-96) wird es im
Fließtext dargestellt. Die Auflösung der typographisch hervorgehobenen
Strophenform wird dabei wohl darauf zurückzuführen sein, dass der Raumbedarf
der Fließtextdarstellung sehr viel geringer als die Vers- und
Strophendarstellung ist und das Liederbuch – Papier war ohnehin kein
billiges Gut – weder übermäßig aufgebläht und damit auch unhandlich werden
konnte. Schließlich wären damit auch die Druckkosten erheblich gestiegen.
Gleichzeitig zeigt es aber auch, dass das Venus-Gärtlein in Format und
Aufmachung nicht vergleichbar ist mit den aufwändig gestalteten ▪
Liederbüchern in den Niederlanden
Anfang des 17. Jahrhunderts, wie z. B. die immer wieder nachgedruckte
und neu aufgelegte niederländische Liedsammlung ▪
Den
Bloem-Hof Van de Nederlantsche Ieught« (1608) oder der ▪"Friesche
Lusthof" von »Jan Jansz. Starter
(1593-1626). Auf der anderen Seite war die Reim- und Strophenform nicht
nur beim Lesen der alternierenden, am natürlichen Sprachgebrauch
orientierten Versfüße (Betonungen), dem Klang der auf
weibliche und
männliche Kadenzen endenden Verse sowie der Tatsache, dass dem Gedicht eine
bestimmte den Leserinnen und Lesern und Sängerinnen und Sängern bekannte
Melodie unterlegt wurde, leicht zu rekonstruieren.
Bei der ▪
unterrichtlichen
Behandlung des Liedes kann man, wenn der ▪
Text in der Fließtextfassung
präsentiert wird, durch Copy-and-Paste und eine entsprechende Bearbeitung
die eine Strophenfassung hergestellt werden. Alternativ könnte man
auch Virgel (/) zwischen die Verse setzen, um die Verse optisch sichtbarer
zu machen. Ansonsten sollten eher inhaltliche
Gesichtspunkte bei der Analyse des Textes im Vordergrund stehen.
Das Lied, das die Lage und Klage über die Situation darstellt, in der sich
eine Frau befindet, die in der frühen Neuzeit keinen Mann finden kann, steht
in einem kontrastiven Gegensatz zu dem Lied
▪
ICh habe offt vor vielen Jahren (Nr. 63),
das die gleiche Thematik aus der Sicht eines Mannes präsentiert.
Schon allein der Titel und die Eingangsstrophen beider Lieder signalisiert
eine ganz andere Lage des weiblichen und des männlichen Rollen-Ichs in den
ihren jeweiligen Liedern.
Während der Mann sich
damit auseinandersetzen will, ob an dem Gerede davon, dass ein Mann selbst
daran schuld sein könnte, wenn er keine geeignete Ehefrau finden kann, ist
die Frau vor allem damit beschäftigt, dass ihre Chance überhaupt noch
heiraten zu können, mit jedem Jahr geringer wird.
Währen der Mann am
Ende zum Schluss kommt, dass es jedenfalls nicht an ihm, an seinem Aussehen,
Alter oder seiner sozialen Stellung liegen kann, macht sich die Frau
Gedanken, wie sie ihre letzten Chancen nutzen kann. Während der Mann, gerade
mit zunehmendem Alter, so wie er es sieht, alle gesellschaftlichen
Erwartungen an einen Ehemann erfülle, läuft vor den Augen der Frau ihre
"biologische" Uhr ab. Altersmäßig läuft sie Gefahr kaum noch Chancen auf dem
Heiratsmarkt zu haben und womöglich das Leben einer "alten Jungfer" leben zu
müssen.
Krasser könnte die
Ausgangslage der Klage der beiden nicht ausfallen. Während das Alter bei dem
Mann keine Rolle spielt, im Gegenteil sogar, durch Lebenserfahrung und die
sukzessive Zunahme seiner Möglichkeiten, sich und einer Frau bzw. einer
Familie eine sichere Existenz zu bieten, implizit positiv bewertet ist, ist
junges Alter (mit Ende 20 galt eine Frau in dieser Zeit schon alt!) eine der
zentralen Qualitäten, die eine Ehefrau mitbringen muss. Als junge Frau wird
sie oft auch mit erheblich älteren Männern verheiratet. Auch wenn sie dabei
nicht regelrecht zwangsverheiratet werden, da sich zusehends auch das Modell
der Konsensehe durchsetzt, wonach die Frau einer Heirat grundsätzlich
zustimmen muss, geschieht dies sicher meistens unter einem hohen sozialen
Druck. In der Praxis dürfte dies wohl mit großen Unterschieden und Nuancen
noch lange vorherrschend gewesen sein, auch wenn sich verschiedentlich schon
in einem "langwierigen Prozess eine Aura des Gefühls und sogar der Romanze"
(Gestrich 2003,
S.369) entwickelt hat. Das Motiv der ungleichen Paare wird schon seit der
Renaissance in vielen Gemälden und in unterschiedlichen Texten thematisiert.
In dem Lied
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GErnn gesellt sich gleich und
gleich (Nr. 14) aus dem
Venus-Gärtlein (1456)
kommt es auch auf den Tisch.
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