SChoene Dam, hoert
mir ein Wort
1.
SChoene Dam, hoert mir
ein Wort, Weil wir seynd an diesem Ort, ewre Tugend vnnd zarte Jugend,
hat mich gebracht in schweres Leyd, welches mich quälet zu dieser Zeit.
2.
Monsiör ich dancke euch
sehr, daß ihr mir erzeiget so grosse Ehr, was ich habe, ist nur eine
Gabe vnd ist mir von Gott bescheret, womit jhr mich jetzund vexiert1.
3.
Schöne Dame das ist weit,
aus meine Gedancken zu dieser Zeit, was ich rede, auff dieser Stäte, das
gehet alles von Hertzen grund, glaubt schöne Dame zu dieser Stund.
4.
Monsiör ewer Wort seynd
gut, wenn ihr eine hätt die es glauben thut, vor mein Persohne, ich bin
nicht schone, schawet euch, vmb ein schöner als ich, biite Monsiör last
zu frieden mich.
5.
Schöne Dam ich meine
gewiß, daß ewer Hertz von Steinern ist, wenn jhr wüstet, wie mich
gelüstet, zu küssen ewren rothen Mund, von stunden wird mein junges
Hertze gesund.
6.
Monsiör der find man
viel, die da trachten nach solchen Spiel, wenn ihr habet, euch erlabet,
so zieht jhr alsdann darvon, vnd lasset ewre Liebe in schanden stahn.
7.
Die Felder vnnd die
wilden Thier, die sollen dienen vnd zeugen hier, was vor Liebe, ich
stetes übe, gegen euch zartes Jungfräwlein, wie könt jhr denn so
vnbarmhertzig sein.
8.
Lieben ist eine schwere
Pein, von ein der sich ergibt darein, wie viel Helde, streiten zu Felde,
endlich aber durch Liebes=Macht, jhr Lebend geendet in grosser Klag.
9.
Jungfraw ewer lieblichen
Wort, vnd grossen Verstand hab ich gehört, aber ich bitte, Schönste von
Sitte, kommet vnnd machet mich gesund, ich sterb zu dieser Stund.
10.
Monsiör es kan nicht seyn,
darzu bin ich kein Medicin, jhr müsset gehen, euch umbsehen, vmb einen
Doctor der euch curirt, mein Gemüht vnnd Willen einander spürt.
11.
Patentia2 das Kräutlein
schon, wil ich in mein Hertz beschliessen thun, aber meine Gedancken,
die sollen nicht wancken, vmb euch allezeit bedient zu seyn, ob schon
mein Hertz leyd grosse Pein.
12.
WIe offt hat man gehört.
daß manches Jungfräwlein wird verführt,
durch schön Worte,
vnnd liebliche Accorte,
endlich aber so weit gebracht, worwon kompt endlich groß Leyd und Klag.
13.
Ob gleich solches offt
geschicht, daran bin ich vnschuldig, meine Liebe, die ich übe, bleibet
beständig biß in den Todt, O allerschönstes Mündlein roht.
14.
Nun so wil ich meinen
Mund, zuschliessen thun zu dieser Stund, kompt vnd küsset, wenns euch
gelüstet, kompt vnf lindert ewren Schmertz, jhr habt verwund mein junges
Hertz.
15.
Die Amor vnd die Peine,
so ich gelitt'n im Hertzen mein, aber weil ich höre, die lieblichen
Worte, von der Hertzallerliebsten mein,
mein Hertz kan nicht in Trawren
seyn.
(Quelle: Venus-Gärtlein.
Ein Liederbuch des XVII: Jahrhunderts. Nach dem Drucke von 1656,
herausgegeben von Max Freiherrn von
Waldberg, Halle a. S.: Max Niemeyer 1890, S. 210-212) - pd -
gemeinfrei)
Worterläuterungen:
1 vexiert: h. i. S. v. lustig macht, zum besten
halten, necken,
2 Patentia:
Geduld