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Barock (1600-1720)
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Lyrik des Barock
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Sonett
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Überblick
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Textauswahl
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Bausteine
Auch die neulateinischen
Gelehrtendichter versuchten bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, die
Modernität der neulateinischen Sprache dadurch unter Beweis zu stellen,
"dass sie die zeitgemäßen volkssprachlichen Formen wie Tragikomödie, Romanzo
oder Sonett lateinisch imitierten und assimilierten." (Aurnhammer
2006, S.189) So ging es für ▪ Martin Opitz
(1597-1639), der sich für eine neue deutschsprachige "Kunstdichtung"
einsetzte, vor allem auch darum, in der ▪
Auseinandersetzung mit der
lateinischen Gelehrtendichtung die Kunstfähigkeit der deutschen Sprache
unter Beweis zu stellen.
Ein
Weg, den er dabei beschritt, war die
Übersetzung der als vorbildlich geltenden
lyrischen Werke von »Francesco
Petrarca (1304-1374), dessen Werke mit ihren
Motiven und mit ihrer
Gestaltung als vorbildlich galten. Die lyrische Formensprache Petrarcas
wird aals ▪
Petrarkismus bezeichnet.
Wenn Opitz dessen Gedichte
immer wieder "eindeutschte", tat er dies, um den "petrarkistischen Nachholbedarf
in Deutschland [zu] mildem" und "den neulateinischen Petrarkismus [zu]
überbieten". Nur so glaubte er wohl, "die Akzeptanz des Dichtens in der Muttersprache unter den lateinischen
Gelehrten zu verbessern." (Aurnhammer
2006, S.193)
So sorgte Opitz dafür. dass
die ▪ petrarkistische
Formensprache zum Gradmesser der neuen humanistischen "Kunstdichtung"
in deutscher Sprache werden konnte.
Dabei hat Opitz das nachfolgende Gedicht des italienischen
Renaissance-Dichters nicht 1:1 und wortgetreu übersetzt, sondern sich
die Freiheit genommen, es leicht ▪ in Ausdruck und Gedankenführung
abzuändern. (vgl. u. a. Elit
2008. S.62) Wie für andere Autoren auch war das für Opitz überhaupt
kein Problem, denn ein solches Vorgehen entsprach der "Überbietungspoetik"
(ebd.) seiner
der Zeit und war für ihn daher wohl nur eine legitime Art der weiteren
Verbesserung des Gedichts, ein ästhetisch und inhaltlich legitimiertes,
frühneuzeitliches intertextuelles »"Mash
up" über die Sprachgrenze hinweg, das als "sprachliche
Neuschöpfung" angesehen wurde und zugleich als Beweis dafür, "´dass die
deutsche Sprache durch Opitz eine Geschmeidigkeit erreicht hatte, die
dem Italienischen, Französischen und Holländischen an Eleganz und
Ausdruckskraft gleichkam." (Maché
1982, S.128)
Daher konnte er Francesco Petrarca in den Teutschen Poemata "als
maßgeblichen Kronzeugen" (Aurnhammer
2006, S.193) anführen, um unter Berufung auf ihn "für eine »Poesie
in unserer Muttersprach«
und deren Überlegenheit gegenüber dem Latein zu werben" (ebd.).
Martin Opitz (1597-1639)
Sonnet. Aus dem Italienischen Petrarchae. (Canzoniere 132)
Ist Liebe lauter nichts / wie daß
sie mich entzündet?
Ist sie dann gleichwol was / wem ist jhr Thun bewust?
Ist sie auch gut vnd recht /wie bringt sie böse Lust?
Ist sie nicht gut, wie daß man Frewd' aus ihr empfindet?
Lieb' ich ohn allen Zwang / wie kan
ich Schmertzen tragen?
5
Muß ich es thun / was hilfft's daß ich solch
Trawren führ'?1
Heb' ich es ungern an / wer dann befihlt es mir?
Thue ich es aber gern' / vmb was hab' ich zu klagen?
Ich wancke wie das Graß, so von
den kühlen Winden
Vm Vesperzeit bald hin geneiget wird / bald her:
10
Ich walle wie ein Schiff, das durch das wilde Meer
Von Wellen vmbgejagt nicht kan zu Rande finden.
Ich weis nicht was ich wil / ich wil nicht was ich weis,
Im Sommer ist mir kalt / im Winter ist mir heiß.
(1624)
Worterklärungen:
1
Trawren führ': trawren = trauern, h.
i. S. v. jammern, klagen, wehklagen, sich beklagen, betrauern
(Quelle: Meid (Hg.) 1982, Gedichte und Interpretationen.
Renaissance und Barock, Stuttgart: reclam 1982, S.124; dort
abgedruckt nach: Martin Opitz, Gesammelte Werke. Krit. Ausgabe.
Hrsg. v. George Schulz-Behrend. Bd. 2.2. Stuttgart: Hiersemann
1979 (Text nach Ausgabe von 1625)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
23.12.2023