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Hofmannswaldau (1616-1679): Poetische Grab-Schrifften

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FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren Christian Hofmann von Hofmannswaldau (1618-1679) Lyrische Texte Die Welt
Die Welt (2)Vergänglichkeit der Schönheit Beschreibung vollkommener Schönheit   Die Wollust - Die TugendAllegorisch SonettEr schauet der Lesbie durch ein loch zuAuf den Mund [ Poetische Grab-Schrifften Auswahl ] Links ins Internet   ... Barocklyrik Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

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»Christian Hofmann von Hofmanswaldau (1616 -1679) war einer der bedeutendsten Dichter des ▪ Barock (1600-1720), (auch: C. Hoffmann von Hoffmannswaldau), Sohn eines Breslauer Patriziers, Vater schlesischer Kammersekretär, ab 1622 Kaiserlicher Rat; Besuch des »Breslauer Elisabeth-Gymnasiums; 1636 Akademisches Gymnasium in »Danzig, dort  mit »Martin Opitz (1597-1639) bekannt; 1638 Immatrikulation im niederländischen »Leiden, dort Bekanntschaft mit »Andreas Gryphius (1616-1664); in »Amsterdam Besuch verschiedener Kollegs; 1639 mit einem Fürsten Reise nach England, Frankreich und Italien;1641 Rückkehr nach »Breslau; dort 1647 Ratsschöffe, 1657 Senator, 1677 Präses bzw. Bürgermeister;  bei Legationen an den Wiener Hof (1657, 1660 und 1669/70) sehr erfolgreich; 1657 vom  Kaiser zum Kaiserlichen Rat ernannt.
In seiner Vorrede zu seiner Sammlung von poetischen Grabinschriften an den "liebsten Freund und Bruder" betont der Autor, dass er die nachfolgenden Grabschriften nicht unter dem Eindruck eines Begräbnisses oder Todesfalls verfasst habe, sondern er einfach einer Laune gefolgt sei, sich an den "mehrenteils fantastischen Grabschrifften zu versuchen". Seine "Sterbensgedancken" seien eher als Reimversuche anzusehen und hätten eigentlich nichts anderes im Sinn als ihre Leser zu unterhalten.
Christian Hofmann von Hofmannswaldau (1616-79)
Poetische Grab-Schrifften

XIX.
Columbens.

Der Wind trieb meinen Leib / die Ehre meine Sinnen /
Des Höchsten starke Hand begleite mein Beginnen.
Ich fand die neue Welt / und trug nicht viel davon /
Vor alle meine Müh ist dieses Grab mein Lohn.

XXIV.
Diogenis.

Pracht / Reichtum / falscher Schein / ward von mir ausgelacht
Ich habe mehr nach Ruh als grossen Rum getracht.
Mein Wohnhaus war ein Faß / mein Becher war die Hand /
Die weite Welt mein Buch / und auch mein Vaterland.

XXV.
Opitzens.

Mich hat ein kleiner Ort der deutschen Welt gegeben /
Der wegen meiner mit Rom die Wette leben /
Ich sucht nicht viel / ich bin genug gepriesen /
Daß ich die Venus selbst im Deutschen unterwiesen.

XXXVII.
Kleopatren.

Hier liegt Kleopatra das Wunder Ihrer Zeit /
Wer sie gewesen ist das weiß man weit und breit.
Ein ieder hütte sich viel Perlen herzubringen /
Weil sie gewohnt ist dieselben zu verschlingen.

XLI.
Marien Stuarten.

Mir hat die Elisabeth die Freyheit weggenommen /
Ich bin durchs Henckers Hand von meinem Leben kommen.
Was der und jener klagt / ist mehrenteils erdacht /
Mich hat ein guter Koppff umb meinen Kopf gebracht.

XLII.
Königin Elisabeth

Ich habe Cron und Schwerd doch keinen Mann getragen /
Es mag mein Königreich von meinen Thaten sagen-
Die Todten reden nicht / wer hört den faulen Leib?
Ich sage nicht als diß: Hier ruht ein Englisch Weib.

XLIX.
Eines ungelehrten Dorfpriesters.

Ein Fremder in der Schrifft / ein Bürger in Postillen /
Muß dieser engen Raum mit seinem Leibe füllen;
Es weint das ganze Dorff / es schalt in allen Ohren /
Der Kreischem und Altar hat seinen Schatz verloren.

LI.
Eines ungerechten Advokaten

Das schlechte macht ich krum / das krumme macht ich schlecht /
Drey Sachen nehrten mich / Verwirrung / Zanck / und Recht
Doch wo Justinian wird vor den Richtstuhl komen /
Da werd ich wohl gewiß verblassen und erstummen.

LIX.
Eines so sich am Moste zu tode gesofft.

Der Schiffer wünschet ihm auff seiner See zu sterben
Der Bergman achtets nicht im Schachte zu verderben.
Der Buler stirbt an seiner Liebsten Brust /
Hier liegt ein volles Schwein erstecktet in den Most.

LXIII.
Eines Mohren.

Kein Europaer sol die schlechte Grabschrifft lesen /
Und lachen daß ich schwarz und nackend bin gewesen.
Ich trug das Mutterkleid / dich kleidet Bock und Kuh /

LXX.
Eines alten Bräutigams

Cupido jagte mir die Pfeile nach dem Herzen /
Es gab mir wenig Kraft und nicht geringe Schmerzen.
Der Wille war bereit / die Sehnen fehlten mir /
Mein Lieb küst frisches Fleisch / ich faule schon alhier.

LXXII.
Zweyer Verliebten

Hier sind zwey liebende in einer Grufft begraben /
So lange Zeit gebuhlt / doch nichts genossen haben /
Und riß der grimme Tod gleich ihrer Hoffnung ein /
So muste doch ihr Leib alhier vermischer seyn.

LXXXII.
Eines Henkers.

Die Marter und der Tod erworben mir das Brod /
Mein Handwerck war der Mord / mein Leben war der Tod.
Und welcher was ich war nicht gänzlich kan verstehen /
Der mag nach mehr Bericht an Rad und Galgen gehen.

LXXXV.
Einer keuschen Jungfrauen.

Nicht rede hier zu frey / entblösse dich auch nicht /
Hier ruhet Cynthia der Keuschheit helles Lict /
Den Leib soll so keine Brust vermochte zu versehren /
Den solst du Reisemann auch bey den Todten ehren.

LXXXVII.
Einer unkeuschen Ehefrauen.

Sieh erstlich deinen Leib und denn die Grabschrifft an /
In dem nicht iederman alhier bestehen kan.
Hier liegt ein geiles Weib so schmerzlich hat gebeten /
Es sol kein Joseph nicht zu ihrem Grabe treten.

XCIX.
Eines Hundes.

Das Bette macht mir auf meiner Frauen Brust /
Mein Zünglein war ihr Schwamm / ihr Bächlein meine Kost /
Nun Leser willst nu nicht der schlechten Leiche lachen /
So wil ich dir allein die Lagerstadt vermachen.

CII.
Einer Fliegen.

In einer Butter-Milch verlohr ich Geist und Leben /
Ein zarter Weiber-Bauch hat mir das Grab gegeben.
Sey nicht Domitian, vergönne mir die Ruh /
Und schleuß in dieser Grufft die förder Thüre zu.

CIII.
Eines Flohes.

Ein schwartzer Rittermann fiel durch ein weisses Weib /
In dem er ohne Scheu betrat den zarten Leib.
Doch ist sein alter Ruhm nicht ganz und gar verdorben /
In dem er eben so wie Curtius gestorben.

(Quelle: Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Poetische Grab-Schriften, Leipzig und Breslau 1680, Auswahl - gemeinfrei)

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 23.12.2023

   
   Arbeitsanregungen:

Untersuchen Sie die epigrammatischen poetischen Grabinschriften des Autors.

  1. Was sagt die Auswahl der Persönlichkeiten, der Personen und Tiere über darüber aus, welchen Zwecken die Grabschriften dienen? Weshalb nennt er sie poetische Grab-Schriften?
  2. Mit welchen sprachlichen und stilistischen Mitteln gestaltet der Autor seine Kurzlyrik, die der der (epigrammatischen) Gedankenlyrik zugerechnet werden können?
  3. Was unterscheidet diese Grab-Schriften von ▪ Paul Flemings Grabschrifft?
  4. Formulieren Sie selbst für zwei Personen oder Dinge ihrer Wahl solche scherzhaften oder satirischen Grabschriften.

 

 
 
 

 
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