XIX.
Columbens.
Der Wind trieb meinen Leib / die Ehre meine Sinnen /
Des Höchsten starke Hand begleite mein Beginnen.
Ich fand die neue Welt / und trug nicht viel davon /
Vor alle meine Müh ist dieses Grab mein Lohn.
XXIV.
Diogenis.
Pracht / Reichtum / falscher Schein / ward von mir ausgelacht
Ich habe mehr nach Ruh als grossen Rum getracht.
Mein Wohnhaus war ein Faß / mein Becher war die Hand /
Die weite Welt mein Buch / und auch mein Vaterland.
XXV.
Opitzens.
Mich hat ein kleiner Ort der deutschen Welt gegeben /
Der wegen meiner mit Rom die Wette leben /
Ich sucht nicht viel / ich bin genug gepriesen /
Daß ich die Venus selbst im Deutschen unterwiesen.
XXXVII.
Kleopatren.
Hier liegt Kleopatra das Wunder Ihrer Zeit /
Wer sie gewesen ist das weiß man weit und breit.
Ein ieder hütte sich viel Perlen herzubringen /
Weil sie gewohnt ist dieselben zu verschlingen.
XLI.
Marien Stuarten.
Mir hat die Elisabeth die Freyheit weggenommen /
Ich bin durchs Henckers Hand von meinem Leben kommen.
Was der und jener klagt / ist mehrenteils erdacht /
Mich hat ein guter Koppff umb meinen Kopf gebracht.
XLII.
Königin Elisabeth
Ich habe Cron und Schwerd doch keinen Mann getragen /
Es mag mein Königreich von meinen Thaten sagen-
Die Todten reden nicht / wer hört den faulen Leib?
Ich sage nicht als diß: Hier ruht ein Englisch Weib.
XLIX.
Eines ungelehrten
Dorfpriesters.
Ein Fremder in der Schrifft / ein Bürger in Postillen /
Muß dieser engen Raum mit seinem Leibe füllen;
Es weint das ganze Dorff / es schalt in allen Ohren /
Der Kreischem und Altar hat seinen Schatz verloren.
LI.
Eines ungerechten Advokaten
Das schlechte macht ich krum / das krumme macht ich schlecht /
Drey Sachen nehrten mich / Verwirrung / Zanck / und Recht
Doch wo Justinian wird vor den Richtstuhl komen /
Da werd ich wohl gewiß verblassen und erstummen.
LIX.
Eines so sich am Moste
zu tode gesofft.
Der Schiffer wünschet ihm auff seiner See zu sterben
Der Bergman achtets nicht im Schachte zu verderben.
Der Buler stirbt an seiner Liebsten Brust /
Hier liegt ein volles Schwein erstecktet in den Most.
LXIII.
Eines Mohren.
Kein Europaer sol die schlechte Grabschrifft lesen /
Und lachen daß ich schwarz und nackend bin gewesen.
Ich trug das Mutterkleid / dich kleidet Bock und Kuh /
LXX.
Eines alten Bräutigams
Cupido jagte mir die Pfeile nach dem Herzen /
Es gab mir wenig Kraft und nicht geringe Schmerzen.
Der Wille war bereit / die Sehnen fehlten mir /
Mein Lieb küst frisches Fleisch / ich faule schon alhier.
LXXII.
Zweyer Verliebten
Hier sind zwey liebende in einer Grufft begraben /
So lange Zeit gebuhlt / doch nichts genossen haben /
Und riß der grimme Tod gleich ihrer Hoffnung ein /
So muste doch ihr Leib alhier vermischer seyn.
LXXXII.
Eines Henkers.
Die Marter und der Tod erworben mir das Brod /
Mein Handwerck war der Mord / mein Leben war der Tod.
Und welcher was ich war nicht gänzlich kan verstehen /
Der mag nach mehr Bericht an Rad und Galgen gehen.
LXXXV.
Einer keuschen Jungfrauen.
Nicht rede hier zu frey / entblösse dich auch nicht /
Hier ruhet Cynthia der Keuschheit helles Lict /
Den Leib soll so keine Brust vermochte zu versehren /
Den solst du Reisemann auch bey den Todten ehren.
LXXXVII.
Einer unkeuschen Ehefrauen.
Sieh erstlich deinen Leib und denn die Grabschrifft an /
In dem nicht iederman alhier bestehen kan.
Hier liegt ein geiles Weib so schmerzlich hat gebeten /
Es sol kein Joseph nicht zu ihrem Grabe treten.
XCIX.
Eines Hundes.
Das Bette macht mir auf meiner Frauen Brust /
Mein Zünglein war ihr Schwamm / ihr Bächlein meine Kost /
Nun Leser willst nu nicht der schlechten Leiche lachen /
So wil ich dir allein die Lagerstadt vermachen.
CII.
Einer Fliegen.
In einer Butter-Milch verlohr ich Geist und Leben /
Ein zarter Weiber-Bauch hat mir das Grab gegeben.
Sey nicht Domitian, vergönne mir die Ruh /
Und schleuß in dieser Grufft die förder Thüre zu.
CIII.
Eines Flohes.
Ein schwartzer Rittermann fiel durch ein weisses Weib /
In dem er ohne Scheu betrat den zarten Leib.
Doch ist sein alter Ruhm nicht ganz und gar verdorben /
In dem er eben so wie Curtius gestorben.
(Quelle: Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Poetische
Grab-Schriften, Leipzig und Breslau 1680, Auswahl - gemeinfrei)